Protocol of the Session on July 17, 2024

Das Schlimme an der ganzen Geschichte ist, dass man als Parlamentarier aufpassen muss, gegenüber diesen Entgleisungen nicht abzustumpfen. Deswegen weise ich mit aller Entschiedenheit zurück, dass Sie hier von einem CSU-Regime sprechen. Sie wollen bewusst Begrifflichkeiten in Ihrem Sinne verändern, damit die Menschen draußen keine Sensibilität mehr dafür haben, was richtig und was falsch ist.

Ihr Verhalten zielt nur auf eines ab – wir haben das in diesem Parlament oft genug erklärt –: Ihnen geht es allein um die Spaltung. Viel schlimmer ist aber noch, dass Sie hier Reden halten, in denen es Ihnen gar nicht um die parlamentarische Auseinandersetzung geht. Ihnen geht es nur um das Verbreiten über die digitalen Netzwerke. Dabei schrecken Sie nicht einmal vor Lügen zurück. Um die Bevölkerung aufzuhetzen, um Ihre eigenen Wählerinnen und Wähler aufzuhetzen, schrecken Sie nicht einmal vor Lügen zurück. Deswegen erzählen Sie hier am Pult die Unwahrheit. Das ist schäbig und unverschämt; denn Sie haben Rechtsmittel, gegen die entsprechenden – –

(Christoph Maier (AfD): Wann? Wann denn? Sagen Sie es! Weisen Sie es nach! Sagen Sie, wann!)

Gerade soeben. Sie müssen mir einfach zuhören. Aber Sie können nicht zuhören; Sie müssen immer reinkrähen.

(Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Eine Lügenpartei ist das!)

Sie haben hier erklärt, es gäbe keine Rechtsmittel gegen die Ordnungsmaßnahmen. Das ist schlicht und ergreifend eine Lüge. Lesen Sie das Abgeordnetengesetz; lesen Sie die entsprechenden Gerichtsentscheidungen, die es dazu gibt, dann wissen Sie, dass Sie gegen solche Maßnahmen vorgehen können. Aber eines ist vollkommen klar: Spätestens nach der heutigen Rede brauchen wir niemandem mehr zu erklären, warum wir niemanden von Ihnen zum stellvertretenden Landtagspräsidenten wählen; denn bei Ihnen hat niemand mehr den Mumm, irgendjemand anderen zu rügen,

(Widerspruch bei der AfD)

nicht einmal aus Ihrer eigenen Fraktion, weil die so derartig unter psychischen Druck gesetzt werden, dass sich niemand von Ihnen in der Lage sehen würde oder trauen würde, gegen einen Ihrer Kollegen vorzugehen. Sie können dieses Haus nicht repräsentieren. Sie können es sich in Zukunft sparen, solche Punkte auf die Tagesordnung zu setzen. Es war bodenlos, was Sie heute geliefert haben. Bodenlos!

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration empfiehlt die Annahme des Antrags. Es wird vorgeschlagen, in § 2 als Datum des Inkrafttretens den "17. Juli 2024" einzufügen.

Wer dem Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag auf Drucksache 19/2786 mit dem vorgeschlagenen Inkrafttretensdatum zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FREIE WÄHLER, CSU. Gegenstimmen bitte anzeigen. – Fraktion der AfD. Stimmenthaltungen? Liegen nicht vor. Somit ist der Antrag angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katrin Ebner-Steiner, Christoph Maier, Martin Böhm u. a. und Fraktion (AfD) Neutralität der Justiz stärken - Weisungsgebundenheit von Staatsanwaltschaften abschaffen! (Drs. 19/1817)

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 29 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten

Fraktion. – Der erste Redner ist der Abgeordnete Dierkes von der AfD-Fraktion. Bitte schön.

(Beifall bei der AfD)

Herr Vizepräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie alle zunächst auf ein kleines Gedankenexperiment, nämlich ein Waswäre-wenn-Szenario, einladen. Stellen wir uns eine perfekte Welt vor, nämlich eine, in der die AfD den Justizminister stellt und damit den obersten Dienstherrn der Staatsanwaltschaft. Stellen wir uns vor, dieser blaue Justizminister würde hinsichtlich der Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft genauso vorgehen, wie es bislang geschieht. Was wäre in so einem Szenario, wenn zum Beispiel eine Bundestagsabgeordnete der CSU, Dorothee Bär, wie am 2. Februar 2018 geschehen, folgenden Text twittern würde – ich zitiere –: "Alles für Deutschland#irgendeinentodmussmansterben" oder wenn eine Claudia Roth fröhlich lachend hinter einem "Deutschland verrecke"-Plakat marschieren würde oder wenn ein Marco Wanderwitz von der CDU die Auslöschung der AfD fordern würde oder wenn eine Jutta Boden von den GRÜNEN nach einer Alkoholfahrt gleich zweimal vorsätzlich den Hitlergruß zeigen würde oder wenn Abgeordnete eines deutschen Parlamentes einem Redner den Rücken zukehren würden, wie es einst die Nationalsozialisten taten, und damit womöglich verfassungswidrige Kennzeichen verwenden würden?

Diese Liste könnte man noch ewig fortsetzen. Was also wäre, wenn die AfD in diesem Fall das Justizministerium stellen würde und damit auch Einfluss auf die Staatsanwaltschaft ausüben könnte? Die Folge wäre ganz einfach: Die Immunität der genannten Personen würden aufgehoben werden. Es würde Ermittlungsverfahren hageln, Hausdurchsuchungen würden folgen und Strafbefehle beantragt. Dann kann man noch von Glück reden, wenn nicht gleichzeitig die Aberkennung des passiven Wahlrechts beantragt wird.

Ich hoffe, Sie merken anhand meiner Beispiele, dass es einen Trend gibt, dass in unserer Justiz insbesondere bei Aussagedelikten, die interpretationsfähig und damit missbrauchsanfällig für politischen Einfluss sind, nicht mehr maßgeblich ist, was gesagt wird, sondern wer es sagt, insbesondere welcher Partei derjenige angehört.

(Beifall bei der AfD)

Die Unabhängigkeit der Justiz aus Artikel 97 des Grundgesetzes und die Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat werden damit vollständig torpediert und im Zuge dessen auch die Möglichkeit, sich als echte Opposition zu betätigen. Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft, die es übrigens schon im Dritten Reich gab und die da natürlich auch ausgenutzt wurde, um politische Gegner zu verfolgen, ist im europäischen Vergleich einmalig. Das führt unter anderem dazu, dass deutsche Staatsanwaltschaften keine europäischen Haftbefehle ausstellen können, weil der Europäische Gerichtshof bereits vor fünf Jahren entschieden hat, dass die Staatsanwaltschaft nicht neutral ist, weil Einfluss Dritter in der Theorie möglich ist. Dieser Rechtsumstand wurde bis heute nicht beseitigt. Deswegen würde es mich nicht wundern, wenn die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik einleiten würde. Eine Regierung, die keine Scheu mehr hat, gegen die Opposition mit allerlei Willkür vorzugehen!

Wir brauchen daher dringend eine Reform. Wieso soll diese Initiative denn nicht von Bayern ausgehen, wenn schon der Bund untätig bleibt? Dazu komme ich später noch. Dass eine solche Reform möglich ist, haben die Italiener bewiesen. Im Jahre 1989 haben diese eine Entpolitisierung der Justiz und insbesondere der Staatsanwaltschaften durchgesetzt. Dadurch wurden zahlreiche zuvor verschonte

Politiker wegen Korruption und Vetternwirtschaft angeklagt. Als Reaktion auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und auch des Deutschen Richterbundes, der übrigens wie wir eine Abschaffung der Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft fordert, hat das Bundesministerium der Justiz 2021 einen Entwurf vorgelegt, der eine Einschränkung bzw. Transparentmachung des Weisungsrechts anstrebt.

Trotz der großspurigen Ankündigung im aktuellen Koalitionsvertrag der Ampel bleibt ein konkreter Zeitplan für die Umsetzung aus. Zu Recht kritisiert daher der Deutsche Richterbund, dass dieses Thema nicht mit aller Entschlossenheit vorangetrieben wird. Auch die EU-Kommission moniert, dass Deutschland bislang keine Anstrengungen unternommen hat. Wir fordern daher wie der Deutsche Richterbund eine Abschaffung des Weisungsrechts, und zwar deshalb, weil die Justizminister in der Praxis zwar nur sehr selten selbst die Weisungen erteilen, allerdings ein gewisser Karrieredruck dazu führt, dass Staatsanwälte ihrem Dienstherrn politisch gefallen wollen und daher Angst vor Repressalien oder vor einem Karrierenachteil haben, wenn sie nicht im Sinne des politischen Mainstreams agieren. Deswegen ist die Weisungsgebundenheit vollkommen abzuschaffen, wie es auch der Richterbund fordert. Alternativ fordern wir, dass die Reform umgesetzt wird und Weisungen dementsprechend verschriftlicht und begründet werden.

(Beifall bei der AfD)

Nächster Redner für die CSU-Fraktion ist Martin Stock. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste auf der Besuchertribüne! Es ist zwar nicht der 2. Februar, und es gibt weiß Gott in unserem Land weit wichtigere Probleme, dennoch heißt es heute wieder: "Und täglich grüßt das Murmeltier". Der hier aufgerufene Antrag der AfD wurde inhaltsgleich bereits vor über einem Jahr, im März 2023, gestellt und mit Beschluss des Landtags vom 18. April letzten Jahres abgelehnt. Da aber die Forderung zur Abschaffung der Weisungsgebundenheit von Staatsanwaltschaften in der Vergangenheit bereits auch von verschiedenen anderen Fraktionen im Ergebnis erfolglos gestellt wurde, lassen Sie es mich gleich zu Beginn unterstreichen und auch beruhigen: Es besteht hier keinerlei Änderungsbedarf. Unsere Justiz war, ist und bleibt neutral. Das ist nicht zuletzt auch ein Verdienst der tagtäglich hervorragenden Arbeit der in den verschiedenen Justizbehörden Beschäftigten, denen ich hiermit ausdrücklich meinen großen Respekt, Dank und Anerkennung aussprechen möchte.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Anträge wie der heutige ebenso wie die in der Vergangenheit bereits gestellten zeichnen ein völliges Zerrbild der tatsächlichen Situation in der bayerischen Justiz und verkennen die Lebenswirklichkeit. Mit Ihrem Antrag "Neutralität der Justiz stärken – Weisungsgebundenheit von Staatsanwaltschaften abschaffen!" spielen Sie ein übles Spiel, indem Sie der Justiz implizit vorwerfen, politischer Spielball und verlängerter Arm eines Justizministers zu sein. Sie untergraben damit die Autorität unserer Justiz und beschädigen so leichtfertig das hohe Vertrauen, das die Bürgerinnen und Bürger zu Recht in die bayerische Justiz haben dürfen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, dürfen wir uns nicht bieten lassen und verdient vehemente Gegenrede. Wir können sehr stolz auf die auch im Bundesvergleich hoch anerkannte Arbeit unserer Justizbehörden sein.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Lassen Sie es sich von jemandem sagen, der selbst über zehn Jahre hinweg als Staatsanwalt, Amts- und Landrichter in der bayerischen Justiz tätig sein durfte. Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte fühlen sich frei. Sie arbeiten objektiv, verspüren keinen Karrieredruck hinsichtlich einer Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder einer bestimmten Richtung, und sie arbeiten politisch völlig unabhängig. Dass es in den letzten zehn Jahren zu keiner einzigen Weisung kam, belegt doch, wie selten von diesem Recht überhaupt Gebrauch gemacht wird. Auch wenn es schon wiederholt erklärt wurde – die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, dass es der eine oder andere vielleicht jetzt verstehen wird –: Das ohnehin bundesgesetzlich in § 147 GVG vorgeschriebene externe Weisungsrecht des Justizministers ist gesetzgeberischer Ausfluss des in Artikel 20 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich festgeschriebenen Demokratieprinzips. Nach dem Demokratieprinzip verbietet sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein weisungsfreier Raum innerhalb der Exekutive. Um das noch mal klarzustellen, weil immer von der Unabhängigkeit der Justiz gesprochen wird: Unsere Gerichte sind nach dem Grundgesetz und auch nach der Bayerischen Verfassung als Judikative und dritte Gewalt im Staatsaufbau selbstverständlich davon ausgenommen und in der Tat weisungsfrei und unabhängig.

Die Staatsanwaltschaften gehören aber gerade nicht zur Judikative, sondern sind Teil der Exekutive. Demgemäß bedarf es auch hier einer demokratischen Legitimation für die seitens der Staatsanwaltschaften ausgeübte staatliche Hoheitsgewalt. Es muss also zumindest die Möglichkeit geben, die Exekutive auch in diesem wichtigen, eingriffsintensiven Bereich einer parlamentarischen Kontrolle zu unterziehen, was einer Befugnis des Ressortministers bedarf, in engen Grenzen auch gegebenenfalls einzelbezogene Weisungen zu erteilen.

Dieser Möglichkeit bedarf es schon deswegen, da andernfalls ein Justizminister, der ohne Einfluss auf die Amtsführung der Staatsanwaltschaften wäre, schlichtweg hierfür im Einzelfall auch nicht die parlamentarische Verantwortung, etwa hier bei uns im Landtag, übernehmen könnte. Zudem wird – lassen Sie mich das als letzten Punkt noch erwähnen – von der Möglichkeit einer Weisungserteilung ohnehin praktisch so gut wie kein Gebrauch gemacht; wir halten uns hier also eher im Bereich der Rechtstheorie auf.

Das führt mich dann wieder zur Ausgangsfrage, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob es nicht noch ein paar wichtigere Themen gibt, über die wir hier reden sollten, anstelle zum wiederholten Mal über die Abschaffung eines Weisungsrechts zu diskutieren, das, wie ausgeführt, seinen notwendigen Platz in unserem Staats- und Behördenaufbau hat. Zumal eine Weisung – wenn sie denn einmal erteilt wird – ohnehin nur in engen Grenzen möglich wäre, da sie frei von sachfremden Erwägungen zu sein und nur objektiven Erfordernissen zu entsprechen hat; denn auch für die vielen Landesjustizverwaltungen gilt selbstverständlich das Legalitätsprinzip, wonach die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, sofern nur zureichende tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, wegen aller verfolgbarer Straftaten einzuschreiten; und zwar unabhängig von einer externen Weisung.

Externe Weisungen dienen folglich in erster Linie dazu, eine sachgerechte Handhabung der strafprozessualen und strafrechtlichen Vorschriften und damit eine einheitliche Strafrechtspflege zu gewährleisten. Das gern gezeichnete und auch jetzt wieder angeführte Schreckgespenst einer einzelfallbezogenen politischen Weisung seitens eines Justizministers existiert nicht; denn eine solche Weisung wäre bereits nach geltendem Recht unzulässig. Das Verhalten eines Justizministers wird nicht nur durch die Beobachtung seitens der Medien, der Öffentlichkeit und der Opposition kritisch geprüft. Letztlich kann auch jeder Abgeordneter, jede Abgeordnete eine Anfrage stellen, ob in einem konkreten Ermittlungsverfahren eine Weisung erteilt worden ist, und somit den vermeintlich bösen Schein entkräften.

Ein Reformbedarf, was die grundsätzliche Existenz dieses Weisungsrechts betrifft, kann hier also beim besten Willen nicht erkannt werden. Das System ist transparent, und es hat sich auch bewährt.

Es ist ja auch im Gegenteil paradoxerweise sogar so, dass in Einzelfällen seitens der Öffentlichkeit immer wieder die Forderung erhoben wird, der Justizminister möge sein Weisungsrecht ausüben, um etwa ein Wiederaufnahmeverfahren anzuordnen. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass hinsichtlich dieser Möglichkeit bereits eine hohe Sensibilität besteht und die von manchen aus mehr oder weniger durchsichtigen Gründen gern gezeichnete Gefahr einer politischen Einflussnahme nicht vorhanden ist.

Da durch das Bundesministerium der Justiz seit diesem Frühjahr bereits ein Referentenentwurf vorliegt, wonach künftig nochmals ausdrücklich als formale Vorgabe klargestellt ist, dass Weisungen im Regelfall in Textform und mit einer Begründung zu ergehen haben, hat sich im Hinblick auch darauf dieser heutige Antrag zudem überholt, sodass zu hoffen bleibt, dass er nun der letzte seiner Art gewesen sein wird. Der Antrag ist abzulehnen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Mir liegt noch eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung vom Abgeordneten Markus Striedl von der AfD-Fraktion vor.

Herr Kollege Stock, vielen Dank. Ich hätte noch zwei Nachfragen.

Erstens.: Wie erklären Sie sich, dass Deutschland das einzige Land ist, meines Wissens zumindest, das keinen europäischen Haftbefehl anordnen kann?

Punkt zwei: Wie erklären Sie sich die Forderung des Deutschen Richterbundes?

Punkt eins habe ich schon erwähnt: Das Weisungsrecht ist Ausfluss unserer Verfassung. Das muss einfach akzeptiert werden. Auch eine Verfassung könnte man natürlich ändern, aber es gibt gute Gründe, wie ich gerade erwähnt habe, in Form des Demokratieprinzips, dies nicht zu tun. Das Weisungsrecht ist Ausfluss der Verfassung, und im Übrigen hat auch die Parlamentarische Versammlung des Europarats bestätigt, dass in Deutschland eine hohe Sensibilität besteht, dass es also keine wie auch immer geartete Einflussnahme politischer Art gibt, was ja auch das Beispiel hier zeigt, dass wir in den letzten Jahren nie eine solche Weisung benötigt haben.

Letztendlich bleibt es dabei: Das Weisungsrecht sollte erhalten bleiben. Wir machen davon sensibel Gebrauch, und damit haben sich auch alle Gedankenspiele über "Was wäre, wenn…?" erübrigt.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Nächster Redner ist der Kollege Toni Schuberl für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für uns GRÜNE ist das Weisungsrecht der Staatsanwaltschaft eine zweischneidige Sache. Die Staatsanwaltschaft ist natürlich Teil der Justiz, aber auch Teil der Exekutive. Es ist klar, dass sie als Teil der Justiz nicht völlig weisungsabhängig, ohne jegliche Kontrolle und Transparenz, von einem Minister sein darf, der ja aus der Politik kommt. Andererseits brauchen wir natürlich die Verantwortlichkeit der Staatsanwaltschaft als Teil der Exekutive gegenüber einem demokratisch legitimierten Organ, nämlich in diesem Fall dem Landtag. Wie kann der Landtag, auch als politi

sches Gremium, überhaupt Einfluss auf das Handeln der Staatsanwaltschaft als Teil der Exekutive nehmen? – Über die Verantwortlichkeit des Justizministers. Der Justizminister ist nur dann verantwortlich für die Staatsanwaltschaft, wenn er auch irgendwie Einfluss auf sie nehmen kann.

Das heißt, wir haben hier eine Situation, in der es durchaus Reformbedarf gibt, die man aber nicht einfach so lösen kann, indem man sagt: Ja, dann schafft man das halt ab. – So einfach ist es eben nicht.

Die Bundesregierung hat hier einen ersten Schritt getan, was wir sehr begrüßen. Sie legt fest, dass Weisungen grundsätzlich immer schriftlich zu erfolgen haben und auch dokumentiert werden müssen. Das ist schon mal ein erster und weiter Schritt, der besonders wichtig ist; denn wir als Parlament können ja auch nur dann kontrollieren, wenn wir wissen: Was ist überhaupt gelaufen? Gab es eine Weisung oder nicht?