Protocol of the Session on July 21, 2021

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Albert Duin, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Gründerboom in Bayern I: Gründer-BAföG (Drs. 18/11253)

und

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Albert Duin, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Gründerboom in Bayern III: Zukunftsfonds (Drs. 18/11255)

und

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Albert Duin, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Gründerboom in Bayern IV: Meisterbonus (Drs. 18/11256)

und

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Dr. Wolfgang Heubisch, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Gründerboom in Bayern V: Anrechenbarkeit von Gründungserfahrung für das Studium (Drs. 18/11257)

und

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Dr. Wolfgang Heubisch, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Gründerboom in Bayern VI: Founding Sabbatical im Rahmen der Unternehmensgründung (Drs. 18/11258)

und

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Dr. Wolfgang Heubisch, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Gründerboom in Bayern VII: Ausbau der Vermittlung von Studieninhalten aus dem unternehmerischen Bereich (Drs. 18/11259)

und

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Dr. Wolfgang Heubisch, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Gründerboom in Bayern VIII: Hochschulgebundener Investitionsfonds für hochschuleigene Spin-offs bzw. Startups (Drs. 18/11260)

und

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Dr. Wolfgang Heubisch, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Gründerboom in Bayern IX: Innovationsmanagerin bzw. Innovationsmanager an jeder Hochschule des Freistaates (Drs. 18/11261)

Vorweg gebe ich bekannt, dass die FDP-Fraktion zu Ihrem Antrag "Gründerboom in Bayern IV: Meisterbonus" namentliche Abstimmung beantragt hat.

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Vereinbarung im Ältestenrat 54 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die Verteilung ist wie folgt: CSU 16, GRÜNE 10, FREIE WÄHLER 8, AfD und SPD je 7, FDP 6 und Staatsregierung 16 Minuten. Die fraktionslosen Abgeordneten können jeweils 3 Minuten sprechen.

Erster Redner ist der Abgeordnete Duin – – Ich sehe ihn noch nicht auf meiner Anzeige, aber er steht schon hier. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen unbedingt einen Gründerboom in Bayern. Unsere Unternehmensdynamik ist im internationalen Vergleich extrem niedrig. Neue innovative Unternehmen mit skalierbarem Geschäftsmodell wie FlixBus, Lilium, Celonis oder Rocket Factory entstehen nicht von alleine. Sie brauchen die richtigen Rahmenbedingungen. Dazu müssen wir in Bayern nahezu ein Ökosystem für Unternehmen und Gründer schaffen. Wissen ist dabei unsere wertvollste Ressource. Daher möchte ich Sie bitten: Gewähren Sie den jungen Leuten, unseren Gründerinnen und Gründern, morgen alle Chancen, die sie verdienen. Aber wie geht das? – Im Folgenden einige ganz konkrete Punkte dazu:

Fangen Sie im Studium an, in der Schule und in der Ausbildung. Wenn unsere jungen Leute später einmal Gründerinnen und Gründer werden sollen, dann müssen sie mit der Thematik bereits möglichst früh in Kontakt kommen. Reine Theorie hilft uns nicht weiter, man muss auch wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen.

(Beifall bei der FDP)

Ideen brauchen Platz und Zeit, um zu wachsen. Das bedeutet: Schaffen wir Freiräume in Form eines Founding Sabbaticals.

Rechnen Sie an den Hochschulen diese Gründungserfahrung den Studierenden auch an, wenn sie sie während des Studiums machen.

Beteiligen Sie die Hochschulen an ihren eigenen Start-ups und Spin-offs. Schaffen Sie einen Innovationsfonds, mit dem Sie die Hochschulen direkt beteiligen können.

Schaffen Sie Stellen für Innovationsmanager. In Unternehmen ist das gang und gäbe. Warum nicht an den Hochschulen?

Gewähren Sie endlich ein Gründer-BAföG. Eröffnen Sie Unternehmensgründern unbürokratisch die Chance, ihre innovativen Geschäftsideen auf den Weg zu bringen.

Richten Sie einen bayerischen Zukunftsfonds ein, der in junge, digitale, bayerische Unternehmen investiert, vor allem in der Wachstumsphase.

Und jetzt kommt mein Herzensthema als Unternehmer, als Mittelständler, als Handwerker: Sorgen wir endlich für die Gleichstellung von Meister und Master! Davon sprechen wir seit vielen Jahren. Dabei ist die Ausbildung der jährlich

10.000 Meister, je zur Hälfte von Handwerkskammer und IHK, in Bayern im Grunde genommen schon ein Studiengang. Die Meisterausbildung findet sogar großteils während der Freizeit statt, also zusätzlich zu der regulären Arbeit. Das ist schon ein irrer Aufwand, den diese jungen Leute da betreiben, die tatsächlich was erreichen wollen. Das machen die ja nicht zum Spaß. Das kann man genauso honorieren wie an der Uni, nämlich indem wir die Ausbildungskosten zu 100 % staatlicherseits übernehmen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist an der Zeit. Diesen ganzen Lippenbekenntnissen, die wir in den vergangenen Jahren immer wieder gehört haben, müssen endlich Taten folgen. Wenn ich mir überlege, was wir hier schon hatten: Wollen wir zusätzliche Titel an Meister vergeben, damit sie sich besser fühlen? Aber zahlen sollen sie nach wie vor selber! Die jungen Leute machen das doch nicht zum Spaß, sich abends hinzusetzen und am Wochenende ihre Schule zu besuchen, um diesen Meisterkurs zu absolvieren.

Meister gründen Unternehmen, Meister bilden junge Leute zu Facharbeitern aus. Das ist unsere Zukunft. Ohne Meister gibt es auch keine Facharbeiter. Wir müssen dafür sorgen, dass die Gleichstellung endlich herbeigeführt wird. Das kann doch wirklich nicht so schwierig sein. Jetzt werde ich wahrscheinlich wieder hören: Da sprechen diese und jene Gründe dagegen, dass man das macht, weil es verschiedene Ministerien betrifft. Das ist mir egal. Das ist doch eine Willenserklärung, die wir jetzt brauchen, für uns, für die Meister, für draußen, für die jungen Leute, dass ein Meister genauso viel wert ist wie ein Master.

Ich höre aus den Betrieben tatsächlich: Wenn ich heute die Wahl habe, einen Meister einzustellen oder einen Master, dann nehme ich einen Meister, weil der Meister noch die praktische Beziehung hat. Das finde ich super. In meinem Betrieb wird ausgebildet. In meinem Betrieb bilde ich zum Meister aus. Dann kommt natürlich: Ja, dann können da doch die Unternehmen einspringen. Wenn wir das tun, dann müssten die jungen Leute das als geldwerten Vorteil versteuern. Das kann doch nicht richtig sein. Es muss einfach Fairness her und nicht nur Lippenbekenntnisse: Meister und Master sind einfach theoretisch gleichzustellen.

(Beifall bei der FDP)

Die Ausbildung muss tatsächlich auch der Staat übernehmen. Wir übernehmen sonst auch alle Bildungsunternehmungen an den Universitäten. Alle Studiengänge sind kostenfrei. Ganz ehrlich: Es wird einfach mal Zeit. Warum diese Verweigerungshaltung? Das habe ich doch von CSUlern schon so oft gehört: Ja, eigentlich hast du ja recht.

Gleich wird garantiert die Ablehnung kommen. Deswegen habe ich speziell für diesen Punkt namentliche Abstimmung gefordert. Denn damit ziehe ich los: zu den Handwerkskammern, zur IHK und überall hin. Ich werde vorzeigen, dass die CSU es nicht will, dass sie eben nicht Meister und Master gleichstellt, so wie wir es tun.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen, dass diese Meister wirklich unsere Zukunft gestalten. Jedes erste Teil, das Sie sehen, jedes, in der Industrie, überall, im Handwerk, egal, wo Sie hingehen, ist von einem Handwerker gemacht. Egal, ob er heute schon eine hochkomplexe Maschine bedient, egal, ob er 3D-Druck macht: Es ist ein Handwerker, der das gemacht hat. Und dieser Handwerker ist Meister. Tatsächlich ist es so: Unsere zukünftigen Facharbeiter werden von Meistern ausgebildet. Wenn sie sich die Meisterausbildung womöglich nicht leisten können, weil das Leben immer schwe

rer wird, auch für junge Familien, dann haben wir keine Meister mehr. Stimmen Sie also bitte diesen Anträgen zu.

(Beifall bei der FDP)

Ich bedanke mich bei Herrn Abgeordneten Duin für seine Rede. – Als nächsten Redner darf ich den Abgeordneten Martin Mittag von der CSU-Fraktion aufrufen. Bitte schön, Herr Abgeordneter Mittag. Ihnen gehört gleich das Rednerpult – für fünf Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Nachdem mein Vorredner und geschätzter Kollege Albert Duin jetzt sehr emotional an die Thematik rangegangen ist, versuche ich, das Ganze ein bisschen ruhiger rüberzubringen. Ich werde bei dem Antragspaket zu den Tageordnungspunkten 25, 26 und 27 Stellung nehmen. Der erste Punkt, zu dem ich sprechen möchte, ist der Vorschlag eines Gründer-BAföGs. Dieses Gründer-BAföG baut im Großen und Ganzen auf das 2018 in Nordrhein-Westfalen eingeführte Gründer-Stipendium auf. Liebe Kollegen von der FDP, es ist erst einmal nichts Schlechtes, auch woanders zu schauen, wo etwas läuft, aber das bayerische Wirtschaftsministerium hat sich ganz bewusst dafür entschieden, einen anderen Weg zu gehen.

Zum einen bringt das Gründer-BAföG einen riesengroßen bürokratischen Aufwand mit sich, wobei der Output sehr überschaubar ist; wir reden von maximal 12.000 Euro pro Gründer. Außerdem brauchen wir gewisse Verwendungsnachweisprüfungen, um das Ganze zu steuern, damit am Schluss auch etwas herauskommt, dass sich Unternehmen tatsächlich ansiedeln, dass langfristig Arbeitsplätze geschaffen werden können, dass es kein Gießkannenprinzip gibt, sondern spezialisiert und punktgenau gefördert wird.

Wir haben jede Menge Angebote wie Coaching-Angebote neben dem Sitz im Digitalen Gründerzentrum. Sie haben in Ihrem Antrag geschrieben, dass die Gründerszene eher schwierig oder schlecht oder zu klein ist. Bei den Digitalen Gründerzentren, mit denen ich mich auseinandersetzen durfte, war es ganz anders: Die Plätze waren schneller voll, als die Gründerzentren überhaupt ans Netz gegangen sind. Das ist also ein sehr gutes Projekt bzw. eine gute Einrichtung, auf der man aufbauen kann. Das alles schlechtzureden, tut den Gründern Unrecht; deshalb sollte man das in diesem Fall nicht tun. Der Freistaat fördert auch noch Vorgründungscoaching-Programme.

Uns eint die Meinung, dass das Angebot für die Gründer generell erweitert werden muss. Das ist völlig richtig, aber dafür gibt es Möglichkeiten. Durch die Hightech Agenda Plus soll die Mittelausstattung gerade der bestehenden Programme unterstützt werden – ob es das Programm FLÜGGE, die Validierungsforschung, "Start? Zuschuss!" oder BayTOU sind. Des Weiteren soll auch noch ein Scale-up-Fonds mit einem Volumen von 250 Millionen Euro aufgelegt werden. Wer vor diesem Hintergrund davon spricht, dass hier zu wenig passiert, liegt meiner Meinung nach falsch.

Damit komme ich zu Tagesordnungspunkt 26, zum Zukunftsfonds, der auf den Scale-up-Fonds aufbaut. Dazu muss man ganz klar sagen, dass Sie zum einen einen bayernweiten Zukunftsfonds fordern, der aber nicht weit genug geht. Zumindest laufen die Diskussionen auf Bundesebene, einen Fonds aufzulegen, bei dem es nicht um Millionen, sondern um Milliarden Euro geht: Geplant sind 30 Milliarden Euro deutschlandweit.

Selbstverständlich könnte man fragen, was übrig bleibt, wenn man die 30 MilliardenEuro auf ganz Deutschland aufteilt, aber gerade weil Bayern gut aufgestellt ist, weil wir verschiedene Fonds haben – ob das Bayern Kapital ist, den der Freistaat

schon 1995 gegründet hat, oder all die anderen Möglichkeiten der Start-up-Unterstützungen sind –, werden wir in Bayern beim Bundesprogramm sehr viele Möglichkeiten haben, Geld zu den Gründern in Bayern zu bringen.

Darauf aufzubauen ist viel sinnvoller, als einen Bayernfonds zu generieren, der selbstverständlich gar nicht so viel Kapital aufbauen kann wie der bundesweite Fonds. In Bayern laufen mehrere Fonds, die mit dreistelligen Millionenbeträgen dotiert sind. Zu behaupten, dass es nichts gibt bzw. dass wir alles nur durch einen bayernweiten Zukunftsfonds lösen können, ist einfach nicht richtig. Man sollte sich schon anschauen, was funktioniert, auch wenn es in diesem Fall nicht von der FDP kommt.

Aus diesem Grunde ist auch der Zukunftsfonds abzulehnen. Wir sollten uns wirklich auf unsere Stärken vor Ort konzentrieren und die Möglichkeiten, die durch die Bundesmittel bestehen, gut abgreifen.

Der letzte Punkt war beim Kollegen Duin der emotionalste, nämlich der Meisterbonus. Lieber Albert, wir haben uns oft über das Thema ausgetauscht. Auch hier eint uns, dass wir die Gründer unterstützen wollen, aber auch hier muss man die bereits geschaffenen Möglichkeiten sehen: Wir sind jetzt schon so weit, dass 75 % der Gebühren nach einer positiv abgeschlossenen Ausbildung von uns generell erstattet werden, dass wir nebenbei noch den Meisterbonus mit 2.000 Euro obendrauf legen, dass über das AFBG immer wieder Geld nachgeschoben wird, dass wir am 1. August 2020 die Förderung wirklich stufenweise auf Masterniveau eingeführt haben, dass wir den einkommensunabhängigen Kinderbetreuungszuschlag für die Alleinerziehenden erhöht haben. Ich könnte noch weiter aufzählen, was alles nach vorne getrieben und erhöht worden ist. Deshalb bin ich der Meinung, dass man auch hier nicht sagen darf: Wir tun nichts für die Gründer oder machen zu wenig.