Ich sehe keine Intervention. – Damit kommen wir zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen empfiehlt die Ablehnung des Antrags.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag der AfD-Fraktion zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist ausschließlich die Fraktion der AfD. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist das übrige Hohe Haus. Stimmenthaltungen? – Das ist der fraktionslose Abgeordnete Plenk. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Prof. Dr. Ingo Hahn, Ralf Stadler, Christian Klingen u. a. und Fraktion (AfD) Bayerische Solaroffensive stoppen - Umwelt und Kulturlandschaft schützen (Drs. 18/10727)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 32 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Verteilung: CSU 9 Minuten, GRÜNE 6 Minuten, FREIE WÄHLER 5 Minuten, AfD 4 Minuten, SPD 4 Minuten, FDP 4 Minuten, Staatsregierung 9 Minuten. Die fraktionslosen Abgeordneten können jeweils 2 Minuten sprechen. – Erster Redner ist Herr Prof. Dr. Ingo Hahn von der AfD. Bitte schön, Herr Professor.
Herr Vizepräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, ist der Raum in Bayern begrenzt. Insbesondere seit der Energiewende kommt es vermehrt zu Flächennutzungskonflikten mit der Landwirtschaft. Bayern rühmt sich mittlerweile damit, die meisten Biobauern in Deutschland zu haben. So titelte "top agrar online" vor einigen Tagen, dass 38 % der deutschen Ökolandwirte in Bayern wirtschaften. Dieser Erfolg hat allerdings eine Kehrseite; denn Biolandwirtschaft nimmt weit mehr Fläche in Anspruch als konventionelle Landwirtschaft. Für diese wird die Luft immer dünner;
denn mit dem zusätzlichen Solarausbau droht ihr auch von anderer Seite zusätzliches Ungemach. Ihnen sollte klar sein, meine Damen und Herren von der CSU, dass wir hier über die große Mehrheit der Landwirte in Bayern sprechen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Hauptgewinner des staatlich induzierten Photovoltaikbooms Investoren sind, denen herzlich wenig daran gelegen ist, die einzigartige bayerische Kulturlandschaft zu bewahren und den dortigen Menschen, die diese tagtäglich bewirtschaften, Zukunftsperspektiven zu geben. Eines muss Ihnen endlich klar werden, Herr Minister Herrmann: Bayern ist alles andere als eine geeignete Umgebung für weitere Freiflächen-Photovoltaik!
Die Amortisationszeit der Energie alleine erfordert je nach Standort mehrere Jahre. Allein um die elektronische Energie zu erwirtschaften, die bei der Herstellung aufgewendet wurde, vergehen mehrere Jahre. Das muss man sich vorstellen. Dabei ist noch nicht einmal die Energie einbezogen, die zu Rohstoffgewinnung, Raffinierung und Transport der fertigen Photovoltaikzellen benötigt wird. Nennen Sie das etwa einen Beitrag zum nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgang mit unserer Umwelt?
Ich nenne außerdem zwei Risiken: Die Gewässer werden durch Ihre Photovoltaikplatten künstlich erwärmt. Die Gefahr der kenternden Photovoltaikplatten für unsere bayerischen Gewässer ist gegeben. Der Sondermüll kann ewig auf unseren bayerischen Seen zurückbleiben. Zudem werden die zur Herstellung benötigten Rohstoffe unter teils umwelt- und menschenunwürdigen Bedingungen gewonnen. Fragen Sie doch einmal, wieso weder in Deutschland noch in Europa überhaupt nennenswerte Mengen an Photovoltaikmodulen hergestellt werden, warum chinesische Fabriken aber konkurrenzlos günstige Photovoltaik- und Solarmodule auf den Markt werfen können. Warum nur? – Das können sie nur, weil sie mit billigem Kohlestrom produzieren und nicht staatlich gegängelt werden, wie zum Beispiel unsere Unternehmen.
Stattdessen befinden wir uns in einem von einer katastrophalen Politik befeuerten Teufelskreis aus steigenden Energiepreisen auf der einen Seite und einer langsam, aber sicher nach Fernost schielenden Industrielandschaft auf der anderen Seite. Anstatt einmal kurz innezuhalten, um sich über die Kosten und Risiken Ihrer Politik Gedanken zu machen, beten Sie goldene Kälber in Form von unwirtschaftlichen Silikatplatten an, liebe Staatsregierung. Wir dürfen unseren Bürgern, die mittlerweile weltweit die höchsten Strompreise zahlen und die höchsten Steuerlasten zu tragen haben, –
Letzter Satz: Lassen Sie uns dort investieren, meine Damen und Herren, wo wir schon immer zu den Besten gezählt haben, in Forschung und Entwicklung echter Alternativen für Deutschland.
Danke, Herr Abgeordneter. – Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Klaus Steiner von der CSU. Herr Abgeordneter Steiner, bitte.
Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, bevor ich zum Antrag der AfD Stellung nehme, ein paar persönliche Anmerkungen. Wie einige von Ihnen wissen, war ich in den letzten Wochen und Monaten sehr, sehr schwer an Corona erkrankt. Ich habe immer noch sehr, sehr massive Spätfolgen zu spüren. Ich möchte mich an dieser Stelle für die vielen Genesungswünsche und das Mitgefühl bedanken, das ich über die Fraktionsgrenzen hinweg erfahren habe. Das hat mich sehr berührt. Glauben Sie mir, es ist gut, wenn man in den schier atemlosen Nächten, in denen man nicht weiß, ob man die nächsten Tage überlebt, und in denen man das Leid der Menschen miterlebt, die auf den Intensivstationen sterben und von denen sich die Angehörigen nicht einmal richtig verabschieden können, diese Solidarität und dieses Mitgefühl spürt.
Gestatten Sie mir eine weitere Anmerkung: Es ist aber auch sehr deprimierend und es tut sehr, sehr weh, wenn man dann aus dem Krankenhaus die Debatten in der Öffentlichkeit miterlebt, auch hier in diesem Hohen Hause, wo die Maskenpflicht oder die Ausgangsbeschränkungen als gravierende Einschnitte in die Grundrechte bezeichnet werden, oder wenn man Stimmen auch von Parlamentariern aus diesem Hause hört, dies sei bloß eine harmlose Grippe. Man denkt dann an die Menschen. Was würden viele, die dies nicht überlebt oder die Langzeitschäden haben, darum geben, wenn sie das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit noch hätten! Wie lächerlich sind dann Argumente, man könne nicht mehr in den Biergarten gehen. Man entwickelt wirklich andere Maßstäbe.
Ein einfacher Wunsch, den man dann auch hat, ist, sich endlich wieder an Fakten zu orientieren, weil die Fakten Leitplanken für gute Lösungen sind.
Um Fakten, Herr Kollege Hahn, geht es auch bei Ihrem Antrag. Die Grundlage Ihres Antrags ist das hartnäckige Leugnen der Klimakatastrophe. Fakt ist, dass der Klimawandel knallharte Realität ist, dass wir handeln müssen, dass wir bereits jetzt massive Verluste bei der Biodiversität haben. Diese sind schon immens.
Herr Kollege Hahn, Sie behaupten doch ständig, Sie hätten das Ohr am Bürger und an der Bevölkerung. Jetzt würde ich Sie einmal inständig darum bitten: Reden Sie mit den Weinbauern in Franken! Reden Sie mit den Fischern bei mir am Chiemsee oder mit denen am Bodensee! Reden Sie mit den Almbauern bei mir im Chiemgau! Reden Sie mit den Waldbauern in ganz Bayern, speziell auch mit den Franken, die die Klimakrise bereits massiv spüren. Sie sagen zu uns: Ihr müsst etwas tun! Ihr müsst handeln! – Sie sind doch angeblich mit dem Ohr am Bürger dran. Nein, Herr Hahn, Sie sind es nicht. Dann würden Sie nämlich endlich realisieren, dass dieses Thema bereits lange in der Bevölkerung angekommen ist. – Ich
bitte um Entschuldigung, wenn ich ein bisschen Probleme mit der Stimme habe. Das ist auch eine Folge meiner Erkrankung.
Herr Kollege Hahn, Sie kommen mir vor wie ein Geisterfahrer, der nach tausend Kilometern noch nicht merkt, dass er auf der falschen Spur fährt. Das ist genau das Problem. Wie in der Corona-Krise
so ist es auch hier beim Klimawandel. Sie haben es immer noch nicht kapiert. Bitte entschuldigen Sie, aber geben Sie mal Ihre geistige Schonhaltung ein bisschen auf, und denken Sie einmal darüber nach, was Ihnen viele andere – objektive Stellen – sagen.
Es geht um verschiedene Säulen: um Vermeidung, um Effizienz, um aktiven CO2Entzug entweder durch Bindung bzw. Entzug über Pflanzenkohle oder über Holznutzung und um den Einsatz erneuerbarer Energien. Deswegen brauchen wir alternative Energieformen. Wir müssen diese vorantreiben. Daher verankern wir das auch im Bayerischen Klimaschutzgesetz.
Wir müssen die verschiedenen Maßnahmen weiterentwickeln. Dazu gehört eben auch der Ausbau der Photovoltaik entweder an Neubauten oder Lärmschutzeinrichtungen an der Autobahn usw. Da gibt es sehr viele Möglichkeiten: auf Konversionsflächen, auf stillgelegten Flächen und Deponien. Die Chancen und Möglichkeiten muss man natürlich nutzen. Wir wollen hier eine Gesamtstrategie, eine Vernetzung in ein gesamträumliches Energiekonzept unter Beachtung des Grundsatzes eines schonenden Umgangs mit Grund und Boden. Dazu gehört auch der Ausbau von Solaranlagen in der Fläche im Bereich der Landwirtschaft.
Sie unterstellen, dass die Förderung der Photovoltaik schädliche Umweltauswirkungen auf Fauna und Flora und das Mikroklima hätte und die bayerische Kulturlandschaft verunstalte; außerdem würde wertvolle landwirtschaftliche Fläche entwertet. Herr Kollege Hahn, verunstaltet wird die Landschaft in der Zukunft vielmehr durch schwere Sturmschäden und durch Überschwemmungen. Das genau wird kommen. Deswegen müssen wir reagieren.
Darin liegt auch eine Chance. Natürlich müssen wir eine Balance in der Abwägung mit dem landwirtschaftlichen Nutzgrund finden. Aber es ist auch eine Chance für die Landwirte, in der Zukunft als Energiewirte tätig zu werden und einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz zu leisten. Die Agro-Photovoltaik ist eine Chance für die Landwirtschaft. Das müssen wir vorantreiben. Wir müssen natürlich die Balance und den Ausgleich finden. Aber es ist zwölf oder fünf Minuten nach zwölf oder was auch immer. Wir müssen handeln und können uns nicht verstecken, wie Sie es machen, wenn Sie die Entwicklungen leugnen. Deswegen müssen wir hier vorankommen. Wir lehnen Ihren Antrag ab. Wir haben keine andere Möglichkeit, als die Energiewende insgesamt anzugehen und zu schaffen.
Ich bitte Sie eindringlich um das, was ich auch eingangs gesagt habe: Orientieren Sie sich an haltbaren Fakten! Sie können Klimafakten leugnen. Man kann auch mit Ihnen oder einigen Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion darüber diskutieren, ob die Erde eine Scheibe oder eine Kugel ist. Das können wir auch machen. Wir können ganz von vorne anfangen, wie im Mittelalter.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Steiner. Bitte bleiben Sie noch am Rednerpult. – Es kommt noch eine Zwischenbemerkung von Herrn Prof. Hahn.
Geschätzter Herr Kollege, ich weiß, dass Sie uns das immer gern unterstellen, wie die anderen Altparteien hier auch. Ich sage es Ihnen aber deshalb jetzt jedes Mal: Die AfD leugnet den Klimawandel nicht und hat ihn noch niemals geleugnet. Schreiben Sie es sich hinter die Ohren.
Ja, ich sage es Ihnen jedes Mal wieder hier. Sie sind halt so vergesslich. Das kann ich aber auch nicht ändern. – Im Übrigen tun Sie so, als ob diese 2 % Anteil, die Deutschland am weltweiten CO2-Ausstoß hat, allein unser Anteil am Klimawandel wären. Was ist denn mit dem natürlichen Klimawandel, den wir immer schon hatten? – Den können Sie zum einen gar nicht differenzieren. Zum anderen ist es so, dass allein der Zuwachs von CO2-Ausstoß in China
in wenigen Jahren genau diese Dimension hat. Sie stufen China nach dem Pariser Klimaabkommen immer noch als Entwicklungsland ein, das dies ja darf, und intervenieren nicht. Das macht überhaupt keinen Sinn. Im Übrigen eine kleine Lektion als Geograf: Die Erde ist weder eine Scheibe noch eine Kugel. Sie hat eine etwas unförmige Oberfläche. Schauen Sie mal genau hin. Man kann es mit einer Kartoffel vergleichen.
Sie können mir eines glauben: Ich bin seit 40 Jahren in der Entwicklungspolitik tätig und in Afrika unterwegs. Ich weiß sehr wohl, was in Afrika passiert. In Afrika werden derzeit an die 800 bis 900 Kohlekraftwerke geplant, und ein großer Teil wird auch umgesetzt. Aber es gibt ein Sprichwort, das heißt: Der Klügere gibt nach. – Ich wandele es um: Der Klügere fängt an. – Wir müssen anfangen.
Wir müssen das Signal setzen. Die anderen Länder und Erdteile werden massiv die Zeche bezahlen. Afrika bezahlt die Zeche bereits. Deswegen ist es wichtig, dass wir dort auch das Heft in die Hand nehmen und es nicht den Chinesen überlassen. Das ist jetzt ein anderes Thema. Wichtig ist, dass wir eine intelligente Entwicklungspolitik und Partnerschaft betreiben. Da können wir genau unsere Standards umsetzen. Das ist die große Chance. Denken Sie einmal ein bisschen nach.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, ich spreche in Ihrer aller Namen, wenn ich dem Kollegen Steiner für die persönlichen Schilderungen seiner Erfahrungen mit Corona und seine wichtigen Warnhinweise sehr herzlich danke. Ich möchte dem Kollegen Steiner wirklich für das ganze Haus von Herzen eine völlige Genesung auch bei möglichen Spätfolgen wünschen. – Lieber Klaus, wir sind froh, dass du wieder hier im Parlament bist. Alles Gute, werde und bleibe gesund!