Protocol of the Session on April 15, 2021

Was die Integrität betrifft, müssen wir dafür sorgen, dass das Mandat nicht für berufliche oder geschäftliche Vorteile missbraucht werden darf. Deswegen sind auch die Ansätze durch die vorliegenden Gesetzentwürfe für Transparenz und für die Vermeidung von Interessenkonflikten absolut richtig. Sie rennen bei uns mit dem Ziel, bezahlte Lobbyvertretung durch Abgeordnete grundsätzlich zu verbieten, sowieso offene Türen ein. Auch wir fordern schon seit vielen Jahren, dass jegliche Spenden an Abgeordnete direkt verboten werden. Wir gehen allerdings noch deutlich weiter: Wir lehnen jegliche Konzern- und Verbandsspenden überhaupt ab. Sie müssen sich auch gar keine Fragen zu hohen Spenden, die Sie bekommen haben, gefallen lassen, wenn Sie diese schlicht und einfach ebenfalls nicht annehmen, so, wie wir das schon immer tun und wie wir das bei uns festgeschrieben haben. Keine Konzern- und keine Verbandsspenden, meine Damen und Herren! Dies ist die einzige Möglichkeit, damit keine Schlupflöcher mehr bleiben. Nur so lässt sich eine unlautere Einflussnahme auf Abgeordnete durch Spenden wirklich wirksam verhindern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Auch den Vorschlag zur Offenlegung von Beteiligungen, der nicht neu ist, tragen wir absolut mit. Wir müssen nicht zuletzt aufgrund der Vorfälle rund um den Bundestagsabgeordneten Amthor zeigen, dass wir auch Aktienoptionen und Optionen auf Gesellschaftsanteile nicht außer Acht lassen dürfen. Schließlich macht der Fall Nüßlein klar, dass wir auch Beteiligungen mit dem Zweck der Beteiligung an anderen Unternehmen im Blick haben müssen; denn so lässt sich leider, wie wir es gerade erlebt haben, vieles, vieles verschleiern.

Um zum Gesetzentwurf der SPD zur Karenzzeit zu kommen, auch wenn Herr Kollege Halbleib ihn selbst noch nicht begründen konnte: Ja, auch Interessenkonflikte durch die Aussicht auf einen lukrativen Job nach der Regierungsarbeit müssen vermieden werden, ebenso wie die Ausnutzung der gewachsenen Verbindungen aus der Regierungszeit später in einem lukrativen anderen Job. Dafür ist eine Karenzzeit natürlich ein wirkungsvolles Instrument. Wie man es dann im Detail ausgestaltet, wird in der Diskussion und in der Ausschussarbeit sicher sehr spannend werden.

Wir brauchen wirkungsvolle Mittel, um Interessenkonflikte und Vermengung von Mandat und Beruf zu verhindern. Jede unmoralische Geschäftemacherei mit der Nähe zu den Regierenden muss unmöglich gemacht werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Leider zeigt die Erfahrung ganz klar – das ist eine kleine Schwäche des Gesetzentwurfs, den Sie vorgelegt haben und in dem Sie einen sehr starken Fokus auf die Transparenz legen –: Transparenz allein führt noch nicht unbedingt zu Integrität. Zugleich – Herr Kollege Bausback hat es zu Recht angesprochen – tragen wir eine große Verantwortung dafür, dass unsere Parlamente ein Spiegelbild der Gesamtbevölkerung bleiben und nicht zu reinen Ansammlungen von Berufspolitikern und Parteikarrieristen verkommen. Wir halten überhaupt nichts davon, dass sich jemand politisch vor allem deshalb engagiert, um etwas zu werden. Wir Abgeordnete der FREIEN WÄHLER sind dafür gewählt, dass wir Polizisten, Krankenschwestern, Gastwirte oder auch Rechtsanwälte sind, nicht für Parität und Parteizugehörigkeit. Unser Beruf macht uns aus. Unsere Erfahrungen sind die Grundlage unseres Expertenwissens und unseres Einsatzes für die Bürger. Ein Abgeordnetenmandat verstehen wir grundsätzlich als Mandat auf Zeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Erst der verfassungsrechtlich garantierte Fortbestand unserer Erstberufe und der Erfahrung, die wir daraus mitgenommen haben, ermöglicht eine Unabhängigkeit der Abgeordneten. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, man kann Abgeordneten die Ausübung eines privaten Berufs nicht verwehren. Verfassungsrechtlich wäre eine Einschränkung per Verhaltensregeln oder Gesetz gar nicht zulässig. Der private Beruf, den wir alle mitbringen, und die zulässige Nebentätigkeit stärken die Unabhängigkeit der Abgeordneten und die Bindung an das normale Leben. Das wissen Sie. Deswegen steht auch kein ausgesprochenes Berufsverbot in Ihrem Entwurf. Unter dem Strich muss man aber schon feststellen: Sie versuchen teilweise, es dem Abgeordneten unmöglich zu machen, dass er noch im heimischen Stall und am Samstag in der elterlichen Backstube oder an der Werkbank des Familienbetriebs steht.

(Zuruf)

Es genügt nicht, die Einkommensverhältnisse offenzulegen. Hier gibt es so viele Umgehungsmöglichkeiten.

(Zuruf)

Selbstverständlich! Ganz klar. Seien wir doch einmal ehrlich: Wenn Sie ein schwarzes Schaf scheren, bleibt es nur für den Moment nackt. So ist es schlicht und einfach.

(Heiterkeit – Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Deswegen kämpfen wir seit vielen Jahren für ein Verbot jeglicher Lobbytätigkeit durch Abgeordnete, für das grundsätzliche Verbot von Spenden an Abgeordnete und für ein wirksames Lobbyregister. Ich verspreche, dieses wird sehr schnell kommen. Hier werden wir keine halben Sachen machen, ganz sicher nicht. Herr Kollege Reiß wird sicherlich noch etwas dazu sagen. Im Detail formulieren Sie bei den Transparenzregeln aber einfach Vorschriften, die weder wirksam noch zulässig und auch nicht bis zum Ende gedacht sind. Ich bin sofort dabei, Einkommen ab dem ersten Euro offenzulegen. Das ist überhaupt kein Thema. Ich bin auch damit einverstanden, dass bei 100.000 Euro noch nicht die letzte Stufe erreicht ist. Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob jemand 101.000 Euro über ein Jahr verteilt durch ehrliche Arbeit verdient oder ob er zum Beispiel einen Beratervertrag mit über 300.000 Euro im Monat abgeschlossen hat. Hier müssen wir neue Stufen einführen, und zwar nach oben offene, würde ich sagen. Letzten Endes können Sie aber nicht immer alles auf Mark und Pfennig oder Euro und Cent offenlegen. Hier verstoßen Sie teilweise gegen Berufspflichten, vertragliche Pflichten, Vergaberichtlinien und Ähnliches. Man hat sich schon etwas dabei gedacht, als man diese Stufen damals eingeführt hat. Dabei sollten wir, glaube ich, blieben.

Insgesamt – ich komme zum Ende – gelange ich zu einer interessanten Feststellung: Integrität, Kontrolle und Transparenz sind eigentlich typische Oppositionsanliegen. Im Endeffekt konstatieren Herr Kollege Bausback und ich jedoch für die Regierungsfraktionen: Das, was Sie hier vorgelegt haben, geht uns nicht weit genug.

(Zurufe – Heiterkeit)

Aus meiner Sicht zeigt sich klar, das geht nicht weit genug. Sie haben gute Ansätze, keine Frage. Ich finde auch, wir sollten versuchen, zu gemeinsamen Lösungen zu gelangen. Sie haben einiges weggelassen, was aus meiner Sicht notwendig ist, um Interessenkonflikte –

Herr Abgeordneter, denken Sie an Ihre Redezeit!

– langfristig zu verhindern, zum Beispiel Stichwort Parteispenden. Wir arbeiten auch an etwas. Dessen können Sie sicher sein. Nur muss das, was wir letzten Endes vorlegen, auch verfassungskonform sein. Das ist der kleine Unterschied. Ich freue mich aber auf die Diskussion in den Ausschüssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nächster Redner ist Herr Kollege Volkmar Halbleib von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man muss schon noch einmal daran erinnern, warum wir uns heute mit diesem Thema befassen und neu über die Verhaltensregeln des Bayerischen Landtags nachdenken müssen. Es sind insbesondere die Führungspersönlichkeiten der CSU in diesem Bayerischen Landtag, aber auch im Deutschen Bundestag, die ihr vom Bürger verliehenes Mandat dazu missbraucht haben, in großem Umfang private Nebeneinkünfte zu erzielen, und die ihre Stellung als Abgeordnete dazu nutzen, sich privat zu bereichern. Es sind insbesondere die Führungspersönlichkeiten der

CSU, die durch eine unzulässige Verquickung von politischen Aufgaben und geschäftlichen Interessen für einen Vertrauensverlust der Politik insgesamt gesorgt haben. Es sind insbesondere Führungspersönlichkeiten der CSU im Bayerischen Landtag wie auch im Deutschen Bundestag, die dafür verantwortlich sind, dass die ganz, ganz überwiegende Mehrzahl der Abgeordneten im Deutschen Bundestag und im Bayerischen Landtag in einen völlig falschen Verdacht geraten.

Nur, Herr Kollege Prof. Bausback, so einfach kann man es sich nicht machen. Es geht nicht um das Fehlverhalten einzelner früherer Kollegen der CSU-Fraktion. Sie wissen ganz genau, dass Alfred Sauter mit seinen vielen Funktionen und auch seiner Arbeitsweise hier im Parlament und innerhalb der CSU dafür bekannt war, dass er seine Rechtsanwaltstätigkeit und seine politische Tätigkeit eben nicht sauber trennte; von der CSU-Spitze über die Ministerien bis zur Staatskanzlei war allgemein bekannt, welche Verquickung von Mandat und Geschäft bestanden hat. Das wussten Sie alle. Berücksichtigt man die aktuellen Presseberichte und jüngsten Enthüllungen, kann man sagen: Sie wussten, dass Alfred Sauter Mandat und politische Tätigkeit verquickt. Sie haben es vonseiten der CSU über einen viel zu langen Zeitraum geduldet und akzeptiert. Das ist unser Vorwurf an Sie. Sie können sich nicht so einfach davon freisprechen. Der Skandal betrifft die CSU insgesamt!

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Bausback, ich hätte schon erwartet, dass die CSU sich heute zu dieser politischen Verantwortung bekennt. Sich hierher zu stellen und zu sagen, das sei das Fehlverhalten eines einzelnen Kollegen, den Sie aus der Fraktion ausgeschlossen hätten, wird dem Problem, das Sie haben und auch selbst verursacht haben, natürlich nicht gerecht.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU))

Ich habe erwartet, dass der Parteivorsitzende der CSU heute in diesem Parlament klarstellt, wie die CSU diesen massiven Vertrauensschaden, den das Parlament erlitten hat, wiedergutmachen will. Ich finde, das ist ausgeblieben. Anscheinend nehmen Dinge, die außerhalb von Bayern liegen, seine Aufmerksamkeit in Anspruch. Es wäre wichtig gewesen, hier in diesem Parlament Klartext zu reden. Diese Gelegenheit hat der Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende heute nicht genutzt.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss mit aller Deutlichkeit sagen: Ich finde nicht nur den Sachverhalt skandalös, sondern auch Ihre bisherige parlamentarische Reaktion; denn der CSU-Vorsitzende hat am 21. März nichts anderes gemacht, als wegen der Skandale die Notwendigkeit einer neuen CSU auszurufen. Der Parteivorsitzende ist offensichtlich der Auffassung, bei der alten CSU sei die politische Tätigkeit mit Geschäftsinteressen verquickt und mit Intransparenz und Machtmissbrauch verbunden. Anders kann man es nicht interpretieren. Am gleichen Tag hat der Parteivorsitzende ein Maßnahmenpaket für Vertrauen und Integrität mit zehn Eckpunkten vorgestellt; sechs Punkte von ihnen betreffen unmittelbar Regelungen für den Bayerischen Landtag.

Sehr geehrter Herr Kollege Prof. Dr. Bausback, außer den sehr dürren Andeutungen von Ihnen gerade eben haben wir vonseiten der CSU bzw. der CSU-Fraktion kein Wort gehört, wie man sich die Umsetzung dieser lauthals verkündeten Neuregelung der CSU hier im Parlament vorstellt. Sie sind diese Antworten heute leider schuldig geblieben. Wir hätten von Ihnen klare Worte erwartet, was jetzt umgesetzt werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Wir fordern die CSU auch auf, eine substanzielle Antwort auf den schriftlichen Vorschlag der SPD-Fraktion und ihres Vorsitzenden Horst Arnold vom 22. März 2021 zu geben. Die SPD-Fraktion hat alle demokratischen Fraktionen im Bayerischen Landtag, allen voran die CSU-Fraktion, dazu aufgefordert, zügig die notwendigen Regelungen des Abgeordnetengesetzes und der Verhaltensregeln, aber auch die Schaffung eines effektiven bayerischen Lobbyregisters, dem Sie sich bisher versperrt haben, gemeinsam auf den Weg zu bringen.

Die Eckpunkte der SPD sind klar: umfassende Anzeige- und Veröffentlichungspflichten der Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte, wie wir dies schon 2013 in diesem Hohen Haus gefordert haben; umfassende Anzeige- und Veröffentlichungspflichten bei Einkünften aus Unternehmensbeteiligungen, aus Dividenden und Aktienoptionen; die Regelung und Beschränkung beruflicher Tätigkeiten, die zu Interessenkonflikten mit dem Mandat führen oder führen können; ein Spendenannahmeverbot für Mandatsträger, wie wir das seit 2013 fordern.

Die CSU hat es in diesem Hohen Haus leider immer verweigert, ein wirksames Lobbyregister, das wir vorgeschlagen hatten, zu beschließen. Sie verweigern das. Das ist die politische Realität. Sie verweigern sich den wichtigen Änderungen seit Jahr und Tag. Bis in die jüngsten Tage hinein haben Sie als CSU-Fraktion wichtige Regelungen in dieser Richtung verweigert. Das ist die Wahrheit!

(Beifall bei der SPD)

Es gibt viele Punkte, denen die GRÜNEN in dem heute zu beratenden Gesetzentwurf folgen. Er ist eine gute Grundlage für die Beratung. Wichtig ist, dass die CSU ihr dröhnendes Schweigen und ihre Andeutungen beendet und im Klartext sagt, was wir von ihr zu erwarten haben.

Ich habe am 16. Juli 2013 bei der letzten Sitzung des Bayerischen Landtags in der 16. Legislaturperiode im Rahmen der letztmaligen Befassung mit Verhaltensregeln an diesem Pult ausgeführt:

Die vorgelegten Verhaltensregeln enthalten zwar längst überfällige Klarstellungen […] aber an den zentralen Punkten bleiben Sie leider […] unzureichend, lückenhaft und unausgegoren, leider auch mit offenbaren, gefährlichen Schlupflöchern, die uns hier im Landtag, wovon ich fest überzeugt bin, noch beschäftigen werden.

Dieser Tag ist heute gekommen. Die CSU hat durch ihre damalige Verweigerungshaltung und das inakzeptable Verhalten ihrer Mandatsträger dafür gesorgt, dass diese Prophezeiung jetzt Realität geworden ist. Wenigstens diesmal müssen Sie dafür sorgen, dass die CSU notwendigen Veränderungen nicht entgegensteht, sondern endlich mit uns gemeinsam das auf den Weg bringt, was wir einführen sollten, nämlich vernünftige und transparente Verhaltensregeln. Dazu fordere ich Sie auf. Leider haben wir seit drei Wochen dazu keine Auskunft von Ihnen erhalten.

Die SPD wird sich aktiv in die Beratungen einbringen. Ich glaube, wir müssen auch hinschauen, was die Frage der freien Berufe anbetrifft; der Teufel steckt im Detail. Ja, wir wollen ein Parlament mit freien Berufen, mit Handwerkern und mit Unternehmern. Es ist wichtig, dass wir einen guten Ausgleich finden. Wenn man vom Aufbrechen eines Anwaltsprivilegs spricht, kann man das tun, ich glaube trotzdem, dass es wichtig ist, eine zentrale Säule des Rechtsstaates – das ist nämlich das Anwaltsprivileg für den Mandanten und nicht für den Anwalt – mit den notwendigen Anforderungen an Transparenz in Einklang bringen.

Herr Abgeordneter, bitte denken Sie an Ihre Redezeit.

Ich sehe dafür ähnlich wie bei dem Ministergesetz eine gute Chance. Auch hier haben wir einen Gesetzentwurf vorgelegt, dem sich die GRÜNEN annähern.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Dazu sind wir gerne bereit. Ich glaube, wir sollten das Angebot annehmen, das heute von der CSU gekommen ist, und substanziell über Fortschritte reden. Wir erwarten jetzt aber substanzielle Vorschläge.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Diese müssen jetzt endlich kommen. Nur über sie zu reden, reicht nicht. – Herr Präsident, danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist der Kollege Martin Hagen für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Anlass, weshalb wir heute über dieses Thema sprechen, ist unerfreulich. Ich möchte eingangs einmal klarstellen, dass wir kein Problem als bayerisches Parlament haben. Wir haben kein Problem des Parlaments, kein Problem des Parlamentarismus und auch kein Problem der Politik an sich, sondern wir sprechen über ein Haltungsproblem in Teilen einer Partei, in Teilen der CSU.