Danke schön, Herr Kollege. – Für die Staatsregierung spricht jetzt die Staatsministerin Michaela Kaniber. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorneweg ein herzliches Dankeschön an alle, die an diesem Einzelplan gearbeitet haben. Wir haben diesen Haushalt ja im Haushaltsausschuss schon intensiv beraten. Ich danke allen Berichterstattern und natürlich vor allem auch unserem bayerischen Finanzminister Albert Füracker, der trotz der schwierigen Herausforderung, das Geld zusammenzuhalten, immer ein Ohr für die bayerischen Landwirte hat.
Ich glaube, wir dürfen stolz sein: 61 Millionen Euro mehr, das ist eine Steigerung von über 3,8 %. Der Haushalt umfasst, wie Martin Bachhuber richtig erwähnt hat, 1,7 Milliarden Euro.
Es ist in diesen Krisenzeiten keine Selbstverständlichkeit, so viel Geld in die Hand zu nehmen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist aber nur richtig und wichtig.
Erstens. Die Land- und Ernährungswirtschaft hat sich in dieser Krisenzeit in der Tat als systemrelevant erwiesen. Trotz dieses positiven Aspekts sind unsere bayerischen Betriebe bedauerlicherweise unter Druck geraten. Wenn man sich anschaut, was gerade schon erwähnt worden ist: Auch wenn sich unsere Verbraucherinnen und Verbraucher während dieser Krise tendenziell für regionale, aber auch für Bioprodukte entscheiden, darf man nicht vergessen, dass derzeit einfach viele Absatzmöglichkeiten – die Großkantinen, die Gastronomie – fehlen.
Ich möchte auch nicht verschweigen, dass es gerade den Schweinebauern unglaublich schwergefallen ist, diese Zeit durchzuhalten. Auch wenn sich der Druck auf dem Schweinemarkt gerade ein bisschen löst, sind die Reserven bei vielen Betrieben aufgebraucht. Wir brauchen uns da überhaupt nichts vorzumachen. Gerade jetzt sind Agrarinvestitionen wahnsinnig wichtig.
Eines ist auch klar: Die Bayerische Staatsregierung bietet hier in der Tat Hilfe an. Ob kurzfristig, mittelfristig oder langfristig – es geht um die Aufstockung der Investitionsfördersätze. Es geht um Schwerpunktberatung. Wir lassen hier unsere Landwirte nicht alleine.
Dasselbe, was für Zuchtsauenhalter gilt, gilt auch für die Anbindehaltungsbetriebe. Wir müssen da raus. Wir müssen es tatsächlich schaffen, mehr in tierwohlgerechte Laufställe zu investieren. Wir negieren hier nicht die Wünsche der Gesellschaft oder gar das Tierwohl.
Lieber Herr Stadler, Sie haben gesagt "auf Druck der Bauernschaft". – Ich muss jetzt schon einmal sagen: 40 % auszuschöpfen heißt im Übrigen, das EU-Beihilferecht maximal auszureizen. Das dürfte Ihnen wahrscheinlich auch nicht schmecken, weil es dann tatsächlich um diese Frage geht. Klar ist aber, dass unser oberstes Ziel darin besteht, Bayern auch in Zukunft mit Lebensmitteln aus tierwohlgerechten Haltungsverfahren versorgen zu können. Wir müssen das gewährleisten können.
Zweitens. Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Ich verwahre mich dagegen, immer so zu tun, als gäbe es eine Spaltung zwischen Umweltschutz und der Bauernschaft. Unsere bayerischen Bauern sind Umweltschützer par excellence!
Es gibt nichts Besseres. Man braucht da auch nicht "Ah!" zu schreien. – Schon heute beteiligt sich jeder zweite Landwirt an unseren Agrarumweltmaßnahmen. Mehr als ein Drittel unserer Äcker und Wiesen profitieren davon.
Wie heißt es aber so schön? – Das Bessere ist der Feind des Guten. Wir in Bayern wollen nicht nur das Bessere; nein, wir wollen sogar das Beste. Wir werden auf diesem Weg deswegen weitergehen.
Liebe Frau Kollegin Sengl, ich verstehe ehrlich gesagt nicht, dass das für Sie, als Helmut Brunner diesen Weg bereitet hat, alles super war, aber wenn wir auf diesem Weg weitergehen und ihn sogar noch ausbauen, dies auf einmal nichts mehr wert sein soll.
Ich kann nur sagen: Das bayerische Flaggschiff Kulturlandschaftsprogramm wird um weitere 12 Millionen Euro aufgestockt. Wir liegen mittlerweile bei 327,8 Millionen Euro, die uns hierfür zur Verfügung stehen. Das ist ein noch nie dagewesener Wert. Kein anderes Bundesland unterstützt seine Betriebe auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Ökologie so umfassend.
Die zusätzlichen Mittel sind übrigens gerade für Maßnahmen zum Insektenschutz. Wir steuern gerade in diese Richtung. Wir sagen, dass wir eine Reduktion des chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes brauchen. Wir brauchen und fördern im Übrigen Blühstreifen, aber in ganz besonderem Maße auch die extensive Grünlandbewirtschaftung.
Es ist ein deutliches Zeichen an Landwirte und Gesellschaft, dass mit dem Nachtragshaushalt 2019/2020 zusätzliche Mittel für Klima- und Artenschutz in Höhe von 61 Millionen Euro bewilligt wurden; diese Mittel stehen auch im Jahr 2021 wieder in voller Höhe zur Verfügung.
Wir als Bayerische Staatsregierung halten unser Versprechen. Wir bewältigen die Herausforderungen tatsächlich. Wir versuchen, die weiteren Verschärfungen und weiteren Maßnahmen durch das Volksbegehren gemeinsam mit unseren Bäuerinnen und Bauern zu bewältigen.
Angesicht des rasanten Klimawandels stehen unsere rund 700.000 Waldbesitzer unter enormen Druck. Es geht um rund 80 Millionen Euro. Ich verstehe da, ehrlich gesagt, vereinzelte Ansätze und Anträge nicht. Ich finde es schon richtig und wichtig, Zeichen zu setzen. Aber zu sagen, man brauche hier 500.000 Euro und hier vielleicht 3 Millionen Euro, während der Freistaat Bayern für den Waldumbau 80 Millionen Euro ausgibt – manche Anträge wirken dann geradezu ungut.
Bayern bewegt sich hier auf einem absoluten Rekordniveau. Die Waldumbauoffensive 2030 ist damit absolut im Plan. Seien es die 200 Stellen bis 2030, seien es die 200 Millionen Euro, wir sind sogar dazu bereit, rückwirkend zum 1. Januar höhere Zuschüsse für den Bau von Holzlagerplätzen, für Erneuerungen und Ausbesserungen bestehender Waldwege und, ganz besonders wichtig, für die Erbringung freiwilliger Naturschutzleistungen im Wald zu bezahlen. Wir unterstützen unsere Bäuerinnen, aber auch unsere Waldbauern auch hier.
Jetzt vielleicht noch einmal zur Mehrgefahrenversicherung, ein Thema, das mir ganz wichtig ist. Wer den Klimawandel und extreme Unwetterereignisse aushalten muss, braucht Unterstützung. Liebe Kollegen von der FDP, ich glaube, wir sind uns einig, man muss das eine tun, darf aber das andere nicht lassen. Deswegen sind wir absolut der Meinung, dass wir die Mehrgefahrenversicherung für unsere Wein- und Obstbauern durchaus ermöglichen können. Es gibt ein Sonderprogramm, mit
dem wir versuchen, die Versicherungsprämien zu untermauern. Ich glaube, das ist die beste Möglichkeit, eine eigenverantwortliche betriebliche Risikovorsorge zu machen.
Das Thema Regionalität liegt mir extrem am Herzen. Wir brauchen dafür weiter Unterstützung. Durch die Pandemie haben wir einen regelrechten Auftrieb erfahren. Das heißt, wir müssen die Regionalstrategie, aber auch den Trend zu mehr Wertschöpfung nutzen, und deswegen stärken wir mit dem "VuVregio"-Programm weiterhin unsere kleineren Strukturen, darunter insbesondere auch die Schlachthäuser.
Ganz besonders wichtig ist mir auch der Öko-Landbau. Liebe Kollegin Gisela Sengl, ich bin wirklich froh und dankbar, dass wir uns zumindest jetzt in der Frage einig sind, nicht einfach blind Öko-Modellregionen auszurufen. Ich weiß, Frau Fehlner hat das gewünscht. Wir haben wirklich aktive und innovative Öko-Modellregionen. In einem Punkt sind wir uns endlich Gott sei Dank einig: Wir müssen am Markt entlang arbeiten. Ich lasse die Landwirte nicht in eine Umstellerphase pressen, sodass sie am Ende des Tages ihre Öko-Produkte gar nicht verkaufen können. Der Einklang muss klar sein, Absatz und Konsum müssen ganz klar im Visier bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir einen Hinweis an unsere politischen Mitbewerber. Wir sind gerade mitten im Kampf um die EU-GAP-Reform. Dabei werden ganz große Weichenstellungen durchgeführt. Ich möchte hier schon sehr deutlich werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, seien wir doch bitte ganz ehrlich! Manche Bundesländer sind mit ihren eigenen Öko-Leistungen so weit von uns in Bayern entfernt, dass sie Jahre brauchen, um dorthin zu kommen, wo wir jetzt schon stehen. Bayern kann auch in dieser Frage eine Blaupause sein. Eines ist aber auch klar: Wenn wir so weitermachen, wenn wir auf unserem extrem hohen Niveau mit unseren extrem guten Standards die Anforderungen an diese Öko-Leistungen immer weiter verschärfen, was passiert denn dann? Was passiert, wenn es unermessliche Forderungen und Anforderungen an unsere Bauern gibt? – Das liegt auf der Hand. Dann werden wir unsere Lebensmittelerzeugung ins Ausland verlagern.
Dazu müssen wir nur sehen, was aktuell passiert. In Russland sollen bis 2030 insgesamt 12 Millionen Hektar zurzeit ungenutzter Ackerfläche in die agrarische Nutzung zurückgeführt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist die gesamte Ackerfläche Deutschlands. Das muss man sich einmal vor Augen führen. Über alle Agrargüter hinweg sind die Exporte aus Russland allein 2020 um 16 % gestiegen. Dabei setzt Russland auch noch auf einen extremen Öko-Landbau. Ich glaube, wir sind uns einig: Selbstverständlich wollen wir einen Öko-Weizen aus Schwaben und nicht aus Sibirien oder wie die GRÜNEN aus Italien. Wir wollen Gemüse aus Nürnberg und nicht aus dem Nordkaukasus.
Deshalb geht heute mein Appell an Sie, liebe Vertreter der GRÜNEN. Ich habe jetzt zwei Agrarministerkonferenzen hinter mich gebracht, einmal waren es zwölf Stunden, einmal zehn Stunden, und immer ohne Ergebnis. Ich weiß, dass Herr Habeck die Prämisse ausgegeben hat, sich nicht zu entscheiden, um diese emotionalen Themen im Bundestagswahlkampf aufgreifen zu können. Ich bitte Sie von ganzem Herzen: Wirken Sie auf Ihre Kolleginnen und Kollegen ein, damit wir tatsächlich heute zu einem Ergebnis kommen! Ich fahre jetzt gleich nach Berlin.
In der Tat ist es traurig, liebe Kollegin Sengl. Der Wahrheit müssen wir ins Auge schauen. Wir lassen uns nicht von Berlin oder von Schleswig-Holstein erklären, wie Landwirtschaft zu funktionieren hat. Ein Berliner Senator, der 50 Höfe mit
2.000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche hat, darunter wahrscheinlich nicht einmal einen einzigen Milchbauern, erklärt uns in Bayern, wie Landwirtschaft zu funktionieren hat. Das kann nicht sein.
Lügen Sie sich bitte auch nicht in die Tasche, denn viele Bundesländer haben in der zweiten Säule gar kein Geld. Deswegen müssen Umschichtungen vorgenommen werden, damit sie Geld für ihre grünen Ideologien haben. Wir in Bayern stellen dieses Geld freiwillig für unsere Bäuerinnen und Bauern bereit. Seien Sie bitte endlich einmal ehrlich! Schauen Sie, was tatsächlich machbar ist, und versuchen Sie wirklich auf Ihre Kolleginnen und Kollegen einzuwirken.
Wie schaut denn die Landwirtschaft in Bayern aus, liebe Kollegin Sengl? – Sie kommen aus dem Chiemgau und sagen, die Welt in Bayern sei nicht in Ordnung. Ehrlich gesagt, ich würde mich wahrscheinlich schämen.
Wir wollen Umweltschutz und Klimaschutz, wir wollen Tierschutz, und wir wollen Biodiversität, aber nicht gegen unsere Bauern, sondern mit ihnen. Das lassen wir uns auch nicht nehmen, denn das ist die tatsächlich gelebte Nachhaltigkeit im allumfassenden Sinne.
Ich komme noch ganz kurz zu den ländlichen Räumen. Da lassen wir auch nicht nach. 148 Millionen Euro sind dafür vorgesehen, das ist eine Steigerung um weitere 5 Millionen Euro. Damit sollen jungen Menschen Perspektiven gegeben werden, soll Wasserrückhalt in der Fläche geschaffen werden; die Biodiversität soll gestärkt werden, aber auch der Moorschutz soll unterstützt werden. Das alles kostet Geld; das alles gibt es nicht zum Nulltarif, und deswegen sage ich Vergelts Gott an alle, die dafür gekämpft haben, dass wir unsere bayerischen Bäuerinnen und Bauern nicht alleinlassen.
Ganz wichtig in diesen schwierigen Zeiten ist es, hinzuschauen, wer unsere wirklichen Ernährer sind. Wer hat uns nie verlassen? Wer war immer an unserer Seite? Im Übrigen bringen uns gefälschte Statistiken, Herr Stadler, auch nicht weiter. Wir haben 134.000 bäuerliche Betriebe in Bayern und nicht 84.000, wie Sie es gerne errechnen. Sie lassen offenbar die ganz kleinen Betriebe weg, die Ihnen wahrscheinlich gar nichts wert sind.
Zum Schluss muss ich sagen: Unsere Ernährer und auch die Ernährungssouveränität sind in höchstem Maße zu schützen. Das tun wir, das tut diese Staatsregierung gemeinsam mit unserem bayerischen Finanzminister. Vielen Dank für die vielen Akzente und für die Verlässlichkeit für Bayerns Landwirtschaft. Ich bitte von Herzen um Zustimmung zu diesem Haushaltsplan.
Danke schön, Frau Staatsministerin. – Es liegen zwei Zwischenbemerkungen vor. Für die erste erteile ich dem Abgeordneten Martin Böhm für die AfD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin, Sie reden heute von allem Möglichen, nur nicht davon, wo der "Casus knacksus" liegt. Der liegt nämlich in Brüssel. Die von Ihnen angesprochenen EU-Beihilferichtlinien gehören genauso dazu wie die diversen Verordnungen, die fast alles bedingen, worüber wir in den letzten Minuten geredet haben. Das ist für uns der eigentliche Grund des Übels unserer Landwirtschaft. Freiheit von Brüssel bedeutet auch Freiheit für unsere Bau
Anfügen will ich noch Folgendes: Sie haben die Ernteversicherungen angesprochen. Wenn ich mich über Ernteversicherungen unterhalte, brauche ich gar nicht so weit zu gehen. In Europa gibt es dafür sehr viele verschiedene Modelle. Eines der bewährtesten Modelle gibt es bei unseren Nachbarn in Österreich. Das österreichische Ernteversicherungssystem ist zwar nicht billig, aber es hat sich seit über fünfzig Jahren sehr bewährt. Sich daran zu orientieren, könnte auch für uns in Bayern wertvoll sein. Wir sollten den Blick darauf richten, wie es die Österreicher machen, was dort alles Gutes passiert. Wenn Sie nähere Informationen brauchen, müssen Sie mit den österreichischen Kollegen reden. Glauben Sie mir, dieses Modell ist sehr gut und hat sich sehr bewährt.
Das ist ein netter Hinweis. Ich wohne direkt an der österreichischen Grenze. Ich weiß, wie es die Österreicher machen. Wir versuchen natürlich, uns immer wieder gegenseitig zu unterstützen. Wir suchen aber auch immer wieder die Varianten heraus, die für Bayern das Richtige sind.
Danke schön. – Für eine weitere Zwischenbemerkung erteile ich der Abgeordneten Gisela Sengl für das BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN das Wort.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin, ich glaube, Sie müssen einmal Ihre Zahlen in Ordnung bringen. Jetzt stehen drei Zahlen im Raum. Ich habe 105.000 Betriebe genannt. Diese Daten kommen aus Ihrem Ministerium. Sie haben gerade von 134.000 Höfen gesprochen. Ich weiß nicht, woher diese Zahl kommt. Der Kollege hat von 84.000 Höfen gesprochen. Ich meine, das ist auch eine Zahl aus Ihrem Ministerium. Das sollten Sie vielleicht einmal auf die Reihe bringen.