Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 72. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Vom BR wird die Sitzung wieder live übertragen. Auch diese Sitzung findet in halber Besetzung statt.
Wir werden gleich die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder hören und im Anschluss daran über die Dringlichkeitsanträge debattieren.
Die Kollegin Gabi Schmidt von den FREIEN WÄHLERN hat für eine persönliche Erklärung vor Eintritt in die Tagesordnung um das Wort gebeten. Das steht ihr nach der Geschäftsordnung zu. Fünf Minuten Redezeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werter Herr Ministerpräsident! Zusammenschnitte und Veränderungen von Videomaterial, von Debatten und Reden hier im Landtag sind ein Werkzeug der Satire oder der Kabarettisten, sind ein Stilelement der Satire.
Was sich die AfD erlaubt hat, ist aber stillos. Die AfD hat auf ihrer steuergeldfinanzierten Fraktionsseite eine Rede ihres Mitstreiters Ingo Hahn und eine Zwischenbemerkung von mir zusammengestückelt, verfälscht und manipuliert. Dass Herr Hahn seine Redeinhalte entfernt haben wollte, kann ich verstehen. Ich aber stehe zu jedem Wort, das ich gesagt habe. Aber bitte reißen Sie das nicht aus dem Zusammenhang.
Ich weiß, wo sie ist. Es steht ja in Ihren Kommentaren, dass die blöden Frauen an den Herd und nicht in die Politik gehören. – Frau Ebner-Steiner, ich hoffe, Sie hören mich an Ihrem Herd. Bei mir ist daneben ein WLAN-Anschluss.
Lebensmittelzubereitung ist übrigens keine Schande. Die andere Kollegin – daran erkennt man Ihren Stil – hat man schon seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. Ich kenne Ihren Stil.
Wenn Sie Ihre Rede zerlegen und protokollierte Aufzeichnungen aus dem Landtag verändern müssen, bedeutet dies im Nachhinein vielleicht Heilung. Das dürfen Sie aber nicht, und Sie dürfen das erst recht nicht, wenn das der Steuerzahler bezahlt. Stehen Sie zu Ihrem Wort, und diffamieren Sie andere Menschen nicht!
Sie bezeichnen die Presse als Lügenpresse, als Staatsmedien, als Systempresse. In all den Jahren habe ich noch nie so etwas Zusammengestückeltes und Verändertes gelesen. Außer Ihnen macht dies niemand. Schämen Sie sich!
Jetzt rede ich! Jetzt sind Sie ruhig! – Jetzt komme ich zu den Kommentaren, die Sie auf einer steuergeldfinanzierten Seite unten stehen lassen. Da ist das "Zurück
der dummen Frauen an den Herd" das Harmloseste. Dort stehen sexuelle Belästigungen und Diffamierungen der Familie. Sie aber lassen dies unkommentiert stehen. Pfui Deifl!
Ich kann nicht verstehen, dass eine Landtagsfraktion Reden verändert, Reden verfälscht. Sie werden – da haben Sie in mir genau die Richtige gefunden – damit nicht ungestraft davonkommen.
Auf welchem Niveau sind Sie denn, wenn Sie von Kolleginnen und Kollegen die Familie beschimpfen lassen und dies unkommentiert stehen lassen? Eines muss ich sagen: Auf dieses Niveau werden wir nie gehen. Das ist einfach nur ekelhaft. Das hat weder meine Familie verdient noch hätte es Ihre Familie verdient. Es mag ja sein, dass Sie Redebeiträge zusammenschnippeln müssen, wenn Sie politischinhaltlich nicht weiterkommen. Aber nicht hier! Dies ist ein Parlament! Es hat bis jetzt mit Anstand gearbeitet. So wollen wir es auch beibehalten. Ich lasse mir das so nicht gefallen!
Zur Gegenrede hat jede Fraktion theoretisch fünf Minuten. Natürlich muss nicht von jeder Fraktion ein Redebeitrag kommen. Herr Hahn hat sich als Erster gemeldet. Sie dürfen auch gerne vom Rednerpult aus sprechen.
Ich bin zu allen Menschen freundlich; das haben Sie schon mitbekommen. Ich versuche auch, allen Menschen gegenüber einen freundlicheren Ton anzuschlagen, auch dem politischen Gegner gegenüber. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich meine, ein bisschen Anstand täte uns gut und würde mich auch freuen.
Liebe Kollegin, Sie haben soeben auch das Wort "Anstand" in den Mund genommen. Für mich ist es sehr traurig, wenn Sie sich mit einer Rede an mich richten, sich aber dann, wenn ich spreche, mit dem Rücken zu mir drehen.
Meiner Meinung nach ist das nicht in Ordnung. Da Sie eben auch von Anstand gesprochen haben, möchte ich sagen, was ich nicht anständig finde – das haben alle hier gehört; das hat man auch im Fernsehen gehört –: Sie haben der Fraktionsvorsitzenden der AfD-Fraktion, Frau Ebner-Steiner, eben gesagt, dass sie in der Politik nichts zu suchen hätte. Meine Damen und Herren, das ist eine Unglaublichkeit!
Wer muss man sein, um irgendjemandem hier aus diesem Plenum so etwas zu unterstellen? Ich meine, wir sollten alle Demokraten genug sein,
um zu sagen, dass jeder Mensch in diesem Land Politiker sein darf, der sich um die Sorgen und Nöte der Menschen kümmert. Genau deshalb sitzen wir doch alle hier: um die beste Lösung zu finden.
Jetzt sage ich etwas zu Ihrem konkreten Fall. Wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist, dann nimmt man doch den direkten Weg und sagt es dem Menschen selbst. Das hätte ich mir von Ihnen auch gewünscht. Sie aber versuchen jetzt, die große Bühne hier zu wählen, da Sie wissen, dass der Ministerpräsident da ist, da Sie wissen, dass das Fernsehen da ist. Sie holen dann, sozusagen als Überraschungscoup, so etwas aus dem Hut.
Ich erinnere mich noch gut an das, was Sie beim letzten Mal hier in den Mittelpunkt gestellt haben. Sie haben mir etwas unterstellt. Ich habe lange Jahre in Südamerika Forschung betrieben. Ich habe über drei Jahre auf diesem Kontinent gelebt und gearbeitet und habe darüber ein Buch geschrieben. Sie haben mir unterstellt, ich wäre Robinson, weil ich ein Buch mit dem Titel "Ich war Robinson" geschrieben habe, und ich wäre sozusagen aufgrund dieser Einsamkeit nicht mehr gesellschafts- oder menschenfähig – so ähnlich waren Ihre Worte. Sie unterstellen einem Naturwissenschaftler, er wäre nicht mehr gesellschaftsfähig oder wäre isoliert, nur weil er in der Feldforschung in der Natur, in der Umwelt draußen ist. Das ist mein Metier. Ich bin Landschaftsökologe. Da ist es eben so, dass man die Dinge, von denen man spricht, hier im Landtag auch mal benennen muss. Das kann man nicht einfach immer nur aus einer Wohnzimmeratmosphäre heraus tun.
Insofern hoffe ich, dass wir einen angemessenen Ton finden. Ich werde mich auch gleich bemühen, den Ministerpräsidenten anständig zu behandeln, so wie ich das immer tun werde, und ich freue mich auf eine anregende, inhaltlich kontroverse Debatte. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich will die Kolleginnen und Kollegen nur darüber unterrichten, dass Urheberrechtsverletzungen natürlich nicht zulässig sind, das heißt, dass Mitschnitte aus dem Plenum nicht in einen anderen Kontext gesetzt werden dürfen. Wir haben die AfD-Fraktion deshalb vonseiten des Amtes angeschrieben und gebeten, in einer Stellungnahme die Verantwortlichen zu benennen. Zudem haben wir uns als Träger des Urheberrechts weitere rechtliche Schritte vorbehalten – das zu Ihrer Information.
Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten zur aktuellen Lage hinsichtlich der Corona-Pandemie
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Prof. Dr. Winfried Bausback, Alexander König u. a. und Fraktion (CSU), Florian Streibl, Dr. Fabian Mehring, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Corona - Positiven Trend verfestigen, Gefahr durch Mutanten begegnen, Maßnahmen fortführen, Perspektiven aufzeigen: Erste Schritte in Richtung Normalität gehen (Drs. 18/13543)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Kerstin Celina u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einsamkeit der Menschen mit Behinderung und Seniorinnen und Senioren in Einrichtungen beenden - Empfehlung des Deutschen Ethikrats umsetzen! (Drs. 18/13544)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Prof. Dr. Ingo Hahn, Katrin Ebner-Steiner, Christoph Maier u. a. und Fraktion (AfD) Maßnahmen beenden - Verhältnismäßigkeit wahren! (Drs. 18/13545)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Horst Arnold, Klaus Adelt, Volkmar Halbleib u. a. und Fraktion (SPD) Bayerische Corona-Maßnahmen nachbessern und tragfähig ausgestalten (Drs. 18/13546)