Protocol of the Session on October 10, 2019

Meine Damen und Herren, Carl Friedrich von Weizsäcker hat gesagt: Angst schließt die Augen. Handeln kann man nur mit offen Augen. Wir haben die Augen offen, wir handeln, wir setzen zwei Milliarden Euro für die Zukunft Bayerns ein. Das ist ein ganz großes Pfund, das wir hier auf den Weg bringen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Bayern ist stark, Bayern ist Zukunft, und Bayern ist Heimat.

Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung deutlich gemacht, wie die Staatsregierung, getragen von der CSU-Fraktion und den FREIEN WÄHLERN, handeln möchte, um die Zukunft in Bayern zu gestalten und den Wohlstand und die Freiheit im Land zu sichern. Manche sehen in Bayern zwar immer noch die Insel der Glückseligen, aber unser Staat ist eingebettet in die Bundesrepublik Deutschland, in Europa und befindet sich im Wettbewerb in einer globalen Wirklichkeit.

Bayern steht in der Welt immer noch gut da; aber wir müssen klug und mutig handeln, um nicht Gefahr zu laufen, in der Welt den Anschluss zu verlieren. Wir dürfen uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen, die Generationen vor uns in der Politik geschaffen und die Bayern zu diesem Wohlstand gebracht haben.

Bayern hat bis heute besonderen Stellenwert in der Welt. Bayern ist der Motor in Deutschland, Deutschland der Motor in Europa. Europa hat global immer noch eine besondere Bedeutung. Das heißt, was in Bayern geschieht, hat Bedeutung für unsere Welt. Das bürdet uns allen eine besondere Verantwortung auf. Deshalb ist es richtig, wenn wir kraftvoll in den Wettbewerb der Technologien eintreten; denn nur mit neuen, besseren, innovativen Technologien können wir die Probleme und Situationen, von denen wir derzeit stehen, bewältigen, zum Beispiel auch den Klimawandel. Hierfür brauchen wir die neuen Technologien und die neuen Ideen, die umgesetzt werden müssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Ein nicht unbeachtlicher Nebeneffekt ist, dass wir hierbei gleichzeitig Exportschlager kreieren können, auf die die Welt wartet. Das, meine Damen und Herren, heißt Bayern innovativ.

Bayern wird sich – wir haben es gesehen – in einer sich wandelnden Welt immer wieder erneuern und neu erfinden müssen, um dieser Motor zu bleiben. Dazu benötigen wir die besten und klügsten Köpfe, die besten Hochschulen und die beste Spitzenforschung. Ökonomie und Ökologie müssen Hand in Hand gehen. Die Mobilität müssen wir neu denken, mit CleanTech, mit neuen Antrieben, aber auch mit Verbesserungen der alten Technologien: Die Digitalisierung, die künstliche Intelligenz, dass hier ein Netzwerk in Bayern geschaffen werden soll, sind ganz große

Punkte, die Bayern weiter voranbringen. Es darf aber nicht bei Schlagworten bleiben, sondern sie müssen jetzt mit Leben erfüllt werden. Dafür stehen zwei Milliarden Euro.

Es geht auch nicht nur darum, dass wir das alles entwickeln, sondern wir müssen es auch im Land behalten. Es nützt uns nichts, wenn ein findiger bayerischer Geist eine neue Technologie entwickelt und sie dann ins Ausland verkauft oder wenn die Technologien im Ausland produziert werden. Wir müssen das Wissen, das Können und die Techniken sowie die Kunstfertigkeiten im Land behalten. Hierzu müssen wir Rahmenbedingen schaffen, ein Klima schaffen, das Lust auf Bayern macht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Meine Damen und Herren, das alles ist wichtig und richtig. Aber ungeachtet dessen dürfen wir nicht vergessen, dass Bayern auch Heimat ist. Die Politik lebt von den Handlungen für die Zukunft. Deshalb dürfen wir uns nicht nur in den transzendentalen Sphären der Spitzenforschung verlieren. Wenn es um die klügsten Köpfe geht, dürfen wir nicht nur schauen, wo diese im Ausland sind, sondern wir müssen auch hier unsere Kitas, Grundschulen und Mittelschulen und unser gesamtes Bildungssystem im Blick haben; denn irgendwoher müssen die klugen Köpfe kommen, und am besten ist es, wenn sie aus Bayern kommen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Was nützt uns ein innovativer Spitzenforscher oder kreativer Ingenieur, der in Computern fantastische Dinge und neue Welten entwirft, wenn uns derjenige fehlt, der diese Welten herstellt und ihnen erst Wirklichkeit verleiht? Der Architekt kann das Haus auf dem Reißbrett entwerfen; herstellen und bauen, Stein für Stein, müssen es die Facharbeiter und Handwerker. Das heißt, zu den innovativen Ideen gehört genauso wie der Spitzenakademiker auch der Spitzenhandwerker. Das soll in diesem Paket mitenthalten sein, wenn wir die berufliche Bildung stärken und unterstützen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die unzähligen Menschen, die in den vielen Tausend mittelständischen Betrieben und Unternehmen im Land denken und arbeiten, sind die Menschen, die unserem Land auch die Zukunft geben. Sie verdienen Respekt, Anerkennung, Hilfe und Unterstützung; denn sie sind die stärksten Träger und Schöpfer des Erfolges unserer bayerischen Gesellschaft. Deswegen gibt es die Mittelstandsoffensive, mit der Autoindustrie, mit den Digitalen, mit den Start-ups, die wir weiter begleiten und unterstützen, um sie voranzubringen. Aber wir dürfen nicht der Gefahr erliegen – und das tun wir auch nicht –, Bayern allein auf die Metropolen zu reduzieren. Das zeigt dieses Paket auch: Es strahlt in das Land aus, nicht nur bis München, Ingolstadt und Nürnberg, sondern weit in die Verästelungen des Landes hinaus. Überall werden Stützpunkte geschaffen, überall im Land wird angestoßen. Wir bringen die gleichwertigen Lebensverhältnisse im Land weiter voran.

Wenn alles so umgesetzt wird, wie es jetzt angedacht und geplant ist, dann werden wir Bayern einen Quantensprung voranbringen, dann wird das ein völlig neues, besseres und zukunftsstarkes Bayern sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Wir widerstehen der Gefahr, dass Stadt und Land sich entfremden. Wir wissen: Es gibt nur ein Bayern, das aus Stadt und Land besteht. Wir bauen die Brücken und legen auch die Leitungen.

Meine Damen und Herren, 60 % der Menschen leben und arbeiten im ländlichen Raum. Das Land prägt das Land Bayern und gibt ihm sein Antlitz. Deswegen müssen wir auch schauen, wie wir im ländlichen Bereich die Daseinsvorsorge weiter voranbringen, und dürfen uns nicht nur auf die Metropolen konzentrieren.

Bei aller Hightech dürfen wir auch nicht diejenigen vergessen, die das Land bestellen, pflegen und höchstwertige Lebensmittel für uns alle produzieren. Bayern hat sich zwar vom Agrarstaat zum Technologiestaat entwickelt und steht im Wettbewerb mit der Welt, die sich immer weiter wandelt. Aber das bayerische Herz schlägt in einer besonderen Weise immer noch für die Landwirtschaft, die das Land prägt. Landwirtschaft und Handwerk gehören zum Rückgrat unserer Gesellschaft, zum einen durch die herstellende Tätigkeit, zum anderen durch das gesellschaftliche Engagement. Im Brauchtum werden die Traditionen gelebt, welche die Erdung und Verwurzelung Bayerns ausmachen.

Meine Damen und Herren, nur wer in der Tradition, der Geschichte und auch im Glauben fest verwurzelt ist, kann nach dem Himmel greifen und Sterne herunterholen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das macht bayerisches Leben aus, dass wir die Technologie, den innovativen Fortschritt auf der einen Seite haben, aber die Verwurzelung auf der anderen Seite. Das macht das Besondere des Landes aus, gibt uns die besondere Note und entwickelt auch unsere Kraft und Stärke. Diese typisch bayerische Mischung aus Traditionsbewusstsein und Neugier gibt der Beständigkeit Bewegung und gibt Gelassenheit in der Dynamik. Das Alte wird mit dem Neuen harmonisch verbunden. Neue Wirklichkeiten im Leben und Leben lassen entstehen.

"Bayern innovativ" und "Bayern Heimat" gehören somit zusammen und ergeben ein starkes Bayern. So wie ein Dr. Markus Söder und ein Hubert Aiwanger zusammengehören und das ganze Bayern abbilden.

(Heiterkeit bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Horst Arnold (SPD): Das ist eher eine Zwangsehe! – Volkmar Halbleib (SPD): Das zeigt die Bandbreite!)

Ganz genau, das zeigt die Bandbreite dieser Regierung. Meine Damen und Herren, das ist die Stärke dieser Regierung und die Stärke Bayerns.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ihnen beiden sei Danke schön gesagt für den Dienst, den Sie für Bayern leisten, den Sie mit dieser Regierungserklärung unter Beweis gestellt haben. Das wird sich alles großartig auswirken und wird auch das Gemeinwohl in Bayern stärken. Ich bin davon überzeugt: Bayern ist dank der bürgerlichen, orange-schwarzen Regierung fit für die Zukunft. – Meine Damen und Herren, die Zukunft beginnt jetzt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Danke schön. – Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der SPD, Horst Arnold.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayern ist Forschungsland, Bayern ist Innovationsland. Der Freistaat genießt in der Tat in diesen Bereichen nach wie vor einen exzellenten Ruf und lockt mit seinen Möglichkeiten Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Unternehmerinnen und Unternehmer aus der ganzen Welt an. Darauf dürfen wir in Bayern zu Recht stolz sein. Zur Wahrheit gehört aber auch: Andere Bundesländer

haben aufgeholt, andere Weltregionen sowieso. Der Freistaat muss zum Teil aufpassen, den Anschluss nicht zu verpassen.

Deshalb begrüßen wir als SPD-Fraktion die Innovationsoffensive, die Sie, Herr Ministerpräsident, angekündigt haben. Es ist richtig und notwendig, hier Tempo zu machen und den Wandel zu gestalten. Turbo erzeugt aber nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch Turbulenzen. Es ist wichtig, dass die Menschen, die Regionen und die Institute in diesen Turbulenzen nicht abgehängt werden und bei dieser Entwicklung zum Opfer werden.

(Beifall bei der SPD)

Was den Bestand betrifft: Zur Wahrheit gehört auch – das haben Sie ja ausgesprochen –, dass in Universitäten der Putz bröckelt, sogar in Universitäten, die sich anschicken, Exzellenzuniversität zu werden. Ich spreche von Erlangen-Nürnberg. Dazu muss man eines sagen: Es gehört auch zur Wahrheit, dass Sie seit über vierzig Jahren in der Verantwortung stehen, die Geschicke in Bayern zu lenken. Der Putz bröckelt in Ihrer Verantwortung.

(Beifall bei der SPD)

Da hilft es nicht, in einer Regierungserklärung zu sagen: Wir machen besser, was jahrelang versäumt worden ist. Für uns als SPD-Fraktion geht es in diesem Zusammenhang ganz entscheidend darum, diesen Wandel, den Sie ankündigen, modern, sozial und nachhaltig zu gestalten. Soziale Sicherheit gerade in Zeiten des Umbruchs, der Modernisierung und struktureller Reformen zu gewährleisten, ist aus unserer Sicht unverzichtbar. Soziale Sicherheit hilft und dient zuallererst denen, die den Wandel gestalten: den Forscherinnen und Forschern, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Nachwuchskräften, aber auch den langjährig Beschäftigten.

Damit kann soziale Sicherheit selbst zum Innovationsfaktor, zum Standortvorteil für Bayern werden. Anders gesagt: Nachhaltige Innovation und nicht nur ein kurzzeitiges Ideen- oder Turbofeuerwerk muss unverzichtbar auch sozial sein. Herr Söder, diesen Aspekt zu bedenken, das würde ich Ihnen gerne für die ganze Staatsregierung mitgeben; denn das ist nicht nur eine kosmetische Fußnote, ein Alibi für das "S" in Ihrem Parteinamen, sondern sollte ein Leitmotiv Ihres politischen Handelns sein.

(Beifall bei der SPD)

Wie essenziell dieser Aspekt für uns als SPD-Fraktion ist, möchte ich an zwei Bereichen, an zwei Arbeitsorten deutlich machen, die beide ganz zentrale Motoren für Forschung und Innovation im Freistaat sind, zum einen an Bayerns Hochschulen und zum andern an Bayerns Unternehmen.

Wenn wir über Bayerns Hochschulen reden, habe ich jenseits aller zweifellos wichtigen Debatten, Exzellenzprofessuren und Spitzenuniversitäten ein ganz konkretes Anliegen, und zwar die Verbesserung der Arbeitsbedingungen unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

(Beifall bei der SPD)

Denn wenn es uns gelingt, hierfür Änderungen einzuleiten, die den Beschäftigten sichere und verlässlichere Perspektiven ermöglichen, zeigen wir als Politiker auf, dass wir willens und in der Lage sind, hier den Wandel sozial zu gestalten. Der Status quo sieht allerdings anders aus. Der Anteil der befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegt in Bayern bei etwa 85 %. Der

Anteil der Lehrbeauftragten hat sich in den vergangenen 15 Jahren dagegen nahezu verdoppelt. Bayernweit sind inzwischen an den Hochschulen über 13.000 Lehrbeauftragte beschäftigt. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich gibt es auch Situationen, in denen befristete Arbeitsverhältnisse oder bloße Lehraufträge erwünscht sind – auch vonseiten der Beschäftigten, weil diese es als Sprungbrett oder Nebenbeschäftigung nutzen wollen. Grundsätzlich ist es aber zu verhindern, dass solche Konstellationen völlig überhandnehmen, aus dem Ruder laufen und missbraucht werden;

(Beifall bei der SPD)

denn dies führt zu schlechter Bezahlung und unsicherer Zukunft, und das ist wiederum innovationshemmend.

Auch das Betreuungsverhältnis ist an Bayerns Hochschulen dringend verbesserungsbedürftig. Laut Uni-Barometer, das auf Daten des Statistischen Bundesamtes basiert, kommen in Bayern im Durchschnitt rund 65 Studierende auf einen Hochschullehrer bzw. eine Hochschullehrerin. Damit liegt der Freistaat im Bund-LänderVergleich gerade einmal auf Platz 12. Auch dies gehört zur Wahrheit. Das kann nicht unser Anspruch sein.

(Beifall bei der SPD)

All dies zeigt: Es muss uns ein dringendes Anliegen sein, die Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule in Bayern zu erhöhen, und zwar sowohl für den Mittelbau als auch für die Professorinnen und Professoren; denn die Ankündigung und Schaffung von Lehrstuhlstellen im Tausenderbereich ist das eine, sie aber kompetent und leibhaftig zu besetzen, ist das andere. Da sind Sie wirklich gefragt.