Protocol of the Session on October 10, 2019

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie sagten, KI müsse dem Menschen dienen, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich bin bei Ihnen. Beim Abbiegeassistenten für Lkw handelt es sich zwar um eine Sensortechnik, aber Sensortechnik, die dem Menschen dienen kann, sollten wir auch einsetzen. Ich bitte Sie, Ihrem CSU-geführten Bundesministerium in Berlin endlich klar zu sagen: Wir brauchen eine Änderung und den verbindlichen Einsatz dieser wirklich lebensrettenden Technologie bei uns im Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich nenne einen weiteren Fall aus der Praxis. Nehmen wir einmal das Thema Mikroplastik. Viele Forscher aus vielen unterschiedlichen Bereichen arbeiten

daran, Alternativen zu finden. Das ist auch ganz entscheidend. Ich habe jedoch Berichte gelesen, denen zufolge erst im September im menschlichen Darm Rückstände von Mikroplastik festgestellt worden sind. Die Partikel werden über die Nahrungskette aufgenommen. Das Fraunhofer-Institut – das wissen nur die wenigsten – hat erhoben, dass ein Drittel der Mikroplastik-Partikel vom Abrieb der Reifen stammt. Jetzt werden wir selbst beim E-Auto die Reifen nicht gleich ändern können. Das ist mir auch klar. Wir brauchen eine Technik, welche Mikroplastik herausfiltert, bevor es in die Nahrungskette kommt. Übrigens gibt es in Berlin eine Firma, die diese Gully-Filter bereits getestet und vorangebracht hat. Ich würde mir wünschen, dass Bayern diese Technik aufgreift und voranbringt. Diese Technik macht unser Leben besser. Sie sorgt dafür, dass Boden, Luft und Wasser sauber bleiben. Das ist unsere Aufgabe, um den Fortschritt gut zu gestalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kommen wir zum Thema Verlässlichkeit, Planbarkeit und Orientierung. Es gibt ein gutes Beispiel, das zeigt, wie Forschung eine Richtung gegeben werden kann und was der Einsatz von Technik im realen Leben bedeutet, den Sonnenstrom. Alle reden von Photovoltaik. In diesem Hohen Haus sind wir uns darüber einig, dass wir Photovoltaik voranbringen wollen. Im Jahre 1990 lagen die Kosten pro Watt bei 10 Euro. Bis zur Jahrtausendwende hat man es geschafft, diese Kosten auf 4 Euro zu drücken und mehr als zu halbieren. Schließlich kam das Erneuerbare-EnergienGesetz, ein verlässlicher Rahmen, der einen Business Case geschaffen hat. Bis heute haben wir die Kosten pro Watt auf 0,2 Euro gesenkt. Weltweit ist Solarstrom die meistinstallierte Erneuerbare-Energie-Anlage, die wir überhaupt haben. Daran sieht man: Wir müssen die Technik raus aus dem Labor, rein in den praktischen Einsatz bekommen.

Ein weiteres Beispiel hat gezeigt, dass auch der Ordnungsrahmen entscheidend ist. Ich erinnere an Phosphat im Waschmittel. Vielleicht können sich die älteren Kollegen daran erinnern. In den Achtzigerjahren hat der Gesetzgeber ganz klar vorgegeben, den Phosphatanteil in Waschmitteln schrittweise zu reduzieren. Es wurden Lösungen geliefert mit dem Ergebnis, dass unsere Flüsse und Seen in Bayern wieder sauber geworden sind. Jetzt können wir in ihnen wieder baden. Deswegen muss beides zusammengehen. Die beste Technik im Labor hilft uns relativ wenig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte noch etwas zur besseren finanziellen Ausstattung der Forschung in unserem Land sagen. Ich bin ein Freund davon, unser Bruttoinlandsprodukt mit dem anderer Länder zu vergleichen. Als eines der stärksten und größten Bundesländer können wir kaum einen anderen Vergleich ziehen. Wenn wir das Bruttoinlandsprodukt als Grundlage hernehmen, stellen wir fest, dass Bayern im Jahre 2017 Forschungsausgaben in Höhe von 3,09 % hatte. Im deutschlandweiten Vergleich liegen wir damit auf Platz 4 hinter Niedersachsen, Baden-Württemberg und Berlin. Wir brauchen deutlich mehr Anstrengungen. Jetzt wird einiges nachgeholt – das ist richtig und dringend notwendig. Zwischen den Jahren 2015 und 2017 – das ist interessant – sind die Forschungsausgaben in Baden-Württemberg um 15 % gestiegen, während sie in Bayern um 1,59 % gesunken sind. Wir brauchen einen verlässlichen finanziellen Rahmen, um neue Investitionen wirklich voranzubringen. Die politischen Weichen müssen richtig gestellt werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit einer Politik, die entschlossen und mutig den neuen Innovationen den Weg in den Markt ebnet, viele Herausforderungen der Zukunft meistern können. In unserem Land haben wir viele gute Ingenieurinnen und Ingenieure, die entschlossen anpacken wollen.

Das beweisen sie täglich mit ihren Forschungsarbeiten. Unsere Aufgabe ist es, mit neuen Regeln auch neue Türen zu öffnen. Mit einer besseren Unterstützung müssen wir den Weg freimachen, damit die technischen Möglichkeiten im realen Leben auch wirklich umgesetzt werden. Dann nützen diese Techniken auch wirklich dem Menschen. Darauf kommt es doch letztendlich an.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Rahmen der Transformation unserer Wirtschaft hin zu nachhaltigen Techniken ist es wichtig, diese weltweit zu exportieren. Auf diese Weise exportieren wir auch Umwelt- und Naturschutz. Genau darauf kommt es doch an. Daran sollten wir arbeiten. Ich bin davon überzeugt, dass wir auf die Bürgerschaft bauen können – auf den Erfindergeist und die Schaffenskraft in unserem Lande allemal. Das haben die Hochschulen in den letzten Jahrzehnten immer wieder bewiesen. Jetzt kommt es wirklich darauf an, dass wir auch den Mut haben, die Ideen entschlossen in den Markt zu bringen. Packen wir es gemeinsam an.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Hartmann, bitte bleiben Sie am Rednerpult. – Es gibt eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Dr. Mehring.

Lieber Herr Kollege Hartmann, bei Ihnen als Single-Issue-Partei sehe ich ein, dass Sie einen klimapolitischen Einstieg in die heutige Aussprache gewählt haben. Trotzdem habe ich das Bedürfnis, Ihnen noch einmal eine Minute Redezeit zu verschaffen. Denn während Ihrer gesamten Redezeit ist mir nicht gelungen, den Konnex zwischen Ihrem Wortbeitrag und der Tagesordnung herzustellen. Unser Bayerischer Ministerpräsident hat heute ein zwei Milliarden starkes, weltweit unvergleichbares Hightech-Offensivpaket verkündet.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Sie haben uns jetzt etwas über Kühlschränke, Abbiegeassistenten und Dienstwagenflotten erklärt.

(Beifall bei der CSU)

Müssen wir daraus schlussfolgern, dass die GRÜNEN keine Position zum Hightech haben, oder gelingt es Ihnen, in einer Minute darzustellen, wie Sie uns als GRÜNE-Landtagsfraktion auf diesem zukunftsweisenden Weg unterstützen wollen?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

(Beitrag nicht autorisiert) Vielleicht reicht Ihnen die Auszeichnung, dass man etwas entwickelt hat. Wir wollen, dass Hightech den Weg in die Realität findet und auch eingesetzt wird. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Ansonsten kommen wir nicht voran.

(Zurufe von der CSU: Wie?)

Das wollen wir machen. Ich habe das deutlich und mehrfach angesprochen. Wir brauchen einen Ordnungsrahmen, der Regeln vorgibt. Wir brauchen Unterstützung. Wie soll jemand die Motivation dazu aufbringen, am sauberen Auto der Zukunft zu forschen, wenn die Staatsregierung auf eine Schriftliche Anfrage antwortet: Für unseren Einsatz kommen die Autos nicht infrage. Was ist das für eine Motivation? – Das bedeutet: Zurück, weitermachen, das brauchen wir nicht. Das ist die falsche Ansage.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lasst uns doch die Techniken einsetzen. Wir sollten die Motivationsschübe mitnehmen und sagen: Wir wollen das. Das bringen wir voran.

Gleiches gilt für das Thema Wasserstoff. In einem anderen Bundesland wird eine halbe Milliarde Euro – das ist ein Viertel des gesamten Paketes des Ministerpräsidenten – für einen Verkehrsverbund in die Hand genommen, um die Züge in die Praxis zu bekommen. Das ist ein Schritt, mit dem es zügig nach vorne geht. Die werden dort Erfahrungen sammeln, was besser werden muss. Da müssen wir anpacken. Wir wollen eine tolle Entwicklung in den Hochschulen – vollkommen richtig. Wir wollen aber auch den Praxisbezug und das Anpacken im ganzen Land. Das ist der große Unterschied.

(Beifall bei den GRÜNEN – Tanja Schorer-Dremel (CSU): Das ist kein Plan, das sind nur leere Worte!)

Als nächster Redner spricht der Kollege Thomas Kreuzer für die CSU-Fraktion.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Wer heute in Wissenschaft und Innovation investiert, zeigt, dass er die Zeichen der Zeit erkannt hat. Herr Kollege Hartmann, Ihr Beitrag hat gezeigt, dass Sie und die GRÜNEN die Zeichen der Zeit eben nicht erkannt haben.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Zunächst weinen Sie Krokodilstränen, dass heute der Klimaschutz nicht das Hauptthema ist. Ich verstehe das. Nachdem Frau Kollegin Schulze aus bekannten Gründen nicht mehr zu diesem Thema sprechen kann, haben Sie die alleinige Führerschaft in Ihrer Fraktion zu diesem Thema übernommen.

Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN

Sie sind eine Ein-Thema-Partei, die von anderen Themen überhaupt keine Ahnung hat. Ihnen ist das auch nicht wichtig. Sie wollen, dass nur über dieses Thema diskutiert wird, nicht der Sache wegen, sondern aus rein parteipolitischen Gründen, Herr Kollege Hartmann.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Natürlich sind erneuerbare Energien, Windräder, Solarstrom wichtig. Natürlich ist es auch wichtig, die Wasserstofftechnik voranzutreiben. Das haben wir längst erkannt und die entsprechenden Maßnahmen ergriffen. Natürlich sind wir auch dafür, dass Abbiegeassistenten für Lkw eingeführt werden.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): (Beitrag nicht autorisiert) Aber Sie machen es seit Jahren nicht!)

Aber dies ist doch heute nicht das Thema, Herr Kollege Hartmann. Das sind alles Dinge, die bereits erfunden sind und die man umsetzen muss. Uns geht es darum, dieses Land in die Zukunft zu führen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Ludwig Hartmann (GRÜNE): (Beitrag nicht autorisiert) Sie müssen es umsetzen! Das ist der Unterschied!)

Die Bayerische Staatsregierung verfügt über wenige Lkw, in die sie das einbauen kann, Herr Kollege Hartmann. Darum können wir es nicht ohne Weiteres selbst umsetzen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Eines sage ich Ihnen: Ich bin Kemptener. Carl von Linde war ebenfalls Kemptener. Er würde es sich verbitten, dass er von jemandem aus der Partei der GRÜNEN mit all ihrer Technikfeindlichkeit und Rückwärtsgewandtheit zitiert wird. Das dürfen Sie mir glauben.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Zurufe von den GRÜNEN)

Eines haben Sie in Ihrem Redebeitrag immer wieder hervorgehoben, und insoweit gebe ich Ihnen recht: Wir müssen unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis umsetzen.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): (Beitrag nicht autorisiert) Ein Beispiel ist die Lkw-Abgastechnik!)

Dazu steht beispielsweise viel in diesem Programm. Aber ich sage Ihnen auch: Dabei geht es auch um Rahmenbedingungen in der Wirtschaft. Dabei geht es darum, dass wir bei der Körperschaftsteuer wettbewerbsfähig sind, wenn umgesetzt wird, dass wir bei der Einkommensteuer wettbewerbsfähig sind, dass wir den Soli auch für die Betriebe abschaffen, liebe Freunde. Dies ist Mittelstandpolitik. Die GRÜNEN sind zusammen mit den rot-grünen Regierungen in Länderparlamenten immer dadurch aufgefallen, dass sie alle diese Initiativen abgelehnt haben, was unserer Wettbewerbsfähigkeit schweren Schaden zugefügt hat.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Die Welt ist im Aufbruch. Die Halbwertzeit von Wissen wird immer kürzer. Wir müssen Innovationsprozesse beschleunigen, und dies im Zeitalter der Digitalisierung ganz besonders. Der globale Innovationswettbewerb nimmt ungeahnte Ausmaße an. Nach den USA gibt mittlerweile China den größten Anteil am Bruttoinlandsprodukt für Forschung und Entwicklung aus. Unsere wichtigsten Wettbewerber folgen dem Grundsatz: Die Innovationen von heute sind der Wohlstand von morgen. Gleichzeitig trüben sich die konjunkturellen Aussichten aktuell ein.

Deshalb braucht es gerade jetzt einen bedeutenden Impuls in Richtung Zukunft. Dieser Zukunftsimpuls heißt: Investitionen in Forschung und Innovation, bei Digitalisierung und Robotik genauso wie bei der Medizintechnik, bei der künstlichen Intelligenz, bei der Raumfahrt oder beim Quantencomputing. Jetzt ist der Zeitpunkt, um die Weichen auf Zukunft zu stellen; denn neue Ideen schaffen Innovationen, und Innovationen sind der Schlüssel für ein nachhaltiges Wachstum und für Beschäftigung in der Zukunft. Nur mit neuen Produkten, Verfahren und Dienstleistungen können sich Unternehmen immer wieder neu erfinden und sich auf den sich stets wandelnden globalen Märkten erfolgreich behaupten. Das bedeutet Wohlstand, Arbeitsplätze und soziale Sicherheit für die Menschen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Bayerns Zukunft steht mit Ihnen an der Spitze unter einem ganz ausgezeichneten Stern. Mit Ihrer Regierungserklärung zur Hightech Agenda Bayern haben Sie heute einen wegweisenden Aufschlag gemacht, für die technologische Zukunft und die Innovationskraft Bayerns, für die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft und für das künftige wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der Menschen, die heute in Bayern leben. Dafür möchte ich Ihnen im Namen der CSU-Fraktion und der Menschen in unserem Land herzlichen Dank sagen. Das ist Zukunftsgestaltung!

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)