Protocol of the Session on May 15, 2019

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal muss ich dem Kollegen Kirchner meinen vollen Respekt zollen. Seine Ausführungen zum fehlenden Energiekonzept gehören tatsächlich zum Stärksten, was ich zu dem Thema von einem Oppositionspolitiker in diesem Haus in der letzten Zeit vernommen habe.

(Volkmar Halbleib (SPD): Ja, sehr gut! – Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wer ist denn eigentlich zuständig für ein energiepolitisches Konzept und für ein Konzept für die Organisation der Energiewende in Bayern?

(Volkmar Halbleib (SPD): Gute Frage!)

Das ist ja wohl die Bayerische Staatsregierung! Bayern ist ein Industriestandort, an dem sich die Energiewende mit Sicherheit nicht durch im Wald zusammengeklaubtes Holz, eine der vielen Ideen des Wirtschaftsministers, organisieren lässt, sondern da sind ganz andere Maßnahmen erforderlich. Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit, diesen Industriestandort weiter zu entwickeln und die Arbeitsplätze zu erhalten, vor dem Hintergrund der Umwelt-, der Ressourcen- und der Klimaprobleme, die auf uns zukommen, brauchen wir Grundsätze für eine zukunftsorientierte bayerische Energiepolitik:

(Beifall bei der SPD)

Sparsamkeit und Energieeffizienz, CO2-neutrale Energieerzeugung, den vorhandenen Energieverbrauch und CO2-Emissionen eindämmen, den sinnvollen Mix an CO2-neutralen Energiequellen zur Energieversorgung sicherstellen und die Schaffung eines leistungsfähigen Verteilernetzes. Wenn man sich die Diskussion in diesem Haus und vor allem die Äußerungen aus dem Wirtschaftsministerium in den letzten Monaten anschaut, stellt man fest: Die Staatsregierung hat dafür keinen Plan. Am orientierungslosesten ist in diesem Fall der Wirtschaftsminister, auch wenn er jede Woche eine andere Idee hat. Es wundert mich gar nicht, Kolleginnen und Kollegen, dass sich der Kollege Pohl in seiner Rede so massiv dagegen gewehrt hat, Vorgaben oder Ziele zu definieren. Bei dem Wirtschaftsminister ist das kein Wunder. Am Ende hätte man dann noch etwas in der öffentlichen Debatte, woran man sich messen lassen müsste.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Haben Sie mir zugehört?)

Das kommt Ihnen natürlich gar nicht entgegen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Bernhard Pohl (FREIE WÄH- LER))

Was Sie Energiepolitik nennen, ist vor allem Verhinderungspolitik: Verhinderung der Windkraft, Verhinderung von Stromtrassen, keine Position zu Nord Stream 2

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Lesen Sie den Bericht!)

und keine Konzeption für eine sichere und nachhaltige Energieversorgung für den Industriestandort Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Die Trennung des Landes – das ist noch gar nicht zur Sprache gekommen – in zwei Strompreiszonen mit massiven Auswirkungen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher in Bayern und für unsere Industrie nehmen Sie damit billigend in Kauf. Auch da, wo der Freistaat die Energiewende in den Regionen und Kommunen tatsächlich mit wenigen Mitteln bei der Organisation wirklich flächendeckender Energienutzungspläne, die die Voraussetzung für die Energiewende darstellen, besser fördern könnte, stellen Sie noch nicht einmal die notwendigen Mittel zur Verfügung. Das Gleiche betrifft die Mittel für das 10.000-Häuser-Programm. Energieeffizienz und CO2-Neutralität sind eine große Aufgabe beim Thema "Bauen und Wohnen". Deshalb ist die Reduzierung dieser Mittel, wie Sie von der Bayerischen Staatsregierung vorgesehen ist, genau das falsche Signal und genau der falsche Weg. Es ist wichtig, dass Bauherrinnen und Bauherren für den Neubau oder die Sanierung ausreichend Förderung bekommen und dass diese Gelder unbürokratisch und niederschwellig ausgereicht werden.

Kolleginnen und Kollegen, gerade vor dem Hintergrund der Herausforderungen der Energiewende und des Umbaus der Energieerzeugung in Bayern ist das, was uns heute vorgelegt worden ist, alles andere als ein Zukunftshaushalt.

Herr Abgeordneter, denken Sie an Ihre Redezeit?

Es gäbe aber nichts Dringenderes, um in Bayern sowohl Wohlstand als auch Arbeitsplätze und die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Wir werden diesem Haushalt nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. Bleiben Sie bitte am Rednerpult. – Der Kollege Sandro Kirchner von der CSU-Fraktion hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte, Herr Kirchner.

Herr Kollege Ritter, ich möchte jetzt gar nicht lospoltern, weil ich denke, zu dem Thema Energie werden wir uns noch sehr ausführlich unterhalten, vor allem auch weil der Energiedialog noch stattfindet. Ich möchte Ihnen aber vor Augen halten, dass Sie meinen Redebeitrag nicht verdrehen sollten. Ich habe ganz klar darauf hingewiesen, dass der Freistaat Bayern und die Bayerische Staatsregierung ihren Gestaltungsspielraum haben, um Energiepolitik zu steuern und zu lenken, dass aber viele Themen übergeordnet zu sehen sind und dass da die Bundesebene gefordert ist. Ich will Ihnen nur kurz vor Augen führen, wer auf der Bundesebene aktiv ist. Da sind natürlich Sie als Regierungspartei mit Ihrer Bundesumweltministerin an vorderster Front dabei,

(Unruhe bei der SPD)

aber auch die vielen Bundesländer, an deren Regierungen Sie in vielfältiger Form beteiligt sind, wenn der Bundesrat die Rahmenbedingungen festlegt. Darüber müssen wir uns ausführlich unterhalten. Da bin ich eher der Meinung, dass Sie den Ball ein bisschen flach halten sollten, bevor Sie einen Steilpass spielen.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Sie aber erst recht! Ausstieg aus der Kernenergie! – Weitere Zurufe von der SPD)

Den zweiten Punkt, den ich ansprechen wollte, führe ich direkter aus. Wir haben in der letzten Periode

Herr Sandro Kirchner – –

das 10.000-Häuser-Programm eingeführt.

Herr Kirchner, wir haben nur noch eine Minute Zeit für die Zwischenbemerkung.

Wenn ich nicht unterbrochen würde, hätte ich auch Zeit zu reden. – Wir hatten in der Legislaturperiode das 10.000-Häuser-Programm eingeführt. Ich glaube, Ihre Fraktion hat tausend Gründe gewusst, warum das schlecht ist und warum man es nicht braucht.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): Weil Sie Ölheizungen gefördert haben, das war das Problem!)

Es war ein toller Erfolg des Freistaates Bayern. Wenn Sie die energetische Gebäudesanierung unterstützen wollen, dann blockieren Sie nicht auf Bundesebene die Steuerentlastung hierfür. Dann könnten wir viel erreichen, ohne etwas anderes tun zu müssen.

Herr Kirchner, vielen Dank. – Herr Ritter, Sie haben das Wort.

Ich stelle fest, Herr Kollege Kirchner ist da, wo es ihm hineinpasst, nämlich im Bund, in der Regierung und da, wo es ihm nicht hineinpasst, ist er in der Opposition. So einfach kann man es sich am Ende aber nicht machen.

(Beifall bei der SPD – Sandro Kirchner (CSU): Tolle Antwort!)

Danke schön. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Christian Zwanziger vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Durch die Fridays-for-Future-Bewegung ist die Energie- und Klimapolitik ganz oben in den Newstickern und in den Regierungsreden angekommen. Wenn man sich aber den Haushalt anschaut, dann tun sich große Lücken auf. Zur Beseitigung der schlimmsten Folgen des Klimawandels, auch bei uns – Überschwemmungen, Dürre, Schäden in der Landwirtschaft, Schäden in den Wäldern –, wird seit Jahren mehr Geld eingestellt als für vorbeugenden Klimaschutz oder für vorausschauende Politik. Unsere Anträge zum Klimaschutz wurden allesamt abgelehnt.

(Prof. Dr. Ingo Hahn (AfD): Schauen Sie doch mal aus dem Fenster!)

Beherzte Investitionen in die energetische Sanierung von staatlichen Gebäuden, von kommunalen Gebäuden gibt es nicht. Sie kürzen sogar. Kommunale Klimaschutzmanager, regionale Energieagenturen, Nahwärmenetze und vieles mehr, das wäre vorausschauende Politik. Das ist grüne Politik, die die Herausforderung der Zukunft anpackt. Das sind Vorschläge, die für die nächste Generation Chancen ermöglichen. Sie haben aber alles abgelehnt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Landesentwicklung: Gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land zu schaffen und zu fördern, das ist der klare Auftrag des Artikels 3 der Bayerischen Verfassung. An diesem Verfassungsauftrag werden wir Sie messen. Wer, wenn nicht Sie, Herr Aiwanger, muss sich als der zuständige Minister diesen Verfassungsgrundsatz hinter die Ohren schreiben?

(Unruhe bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Statt zu gestalten, gehen Sie lieber den Weg des geringsten Widerstandes. Die Enquete-Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern" legte beispielsweise gute Vorschläge vor. Da waren auch etliche Kollegen dabei. Dazu gehört zum Beispiel verstärkte Forschung zu den Indikatoren für die Gleichwertigkeit. Aber unser Haushaltsantrag dazu wurde abgelehnt. Oder schauen wir die Stärken der Regionalen Planungsverbände an: Auch da besteht eine schwarz-orange Blockade. Dabei könnten Regionale Planungsverbände als Zusammenschlüsse der Gemeinden und Landkreise die interkommunale Zusammenarbeit fördern und das Konkurrenzdenken bei der Siedlungsentwicklung überwinden.

(Beifall bei den GRÜNEN – Staatssekretär Roland Weigert: Die Förderung er- folgt doch bereits!)

Aber die deutliche Erhöhung, die Stärkung haben Sie abgelehnt. Das können wir festhalten. Oder gehen wir auf die kommunale Ebene: Kommunale Flächenmanager, die Baulücken, Leerstände und andere innerörtliche Baupotenziale erheben und mit den Eigentümern Kontakt aufnehmen, um die Potenziale zu heben – abgelehnt. Landesweite Forschung, Regionale Planungsverbände oder die kommunalen Flächenmanager – auf allen Ebenen verweigern Sie sich selbst das Handwerkszeug, um dem Verfassungsauftrag ordentlich nachzukommen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Katharina Schulze (GRÜNE): Genau!)

Von einer guten Landespolitik erwarte ich mehr. Ich erwarte mehr Ausgleich zwischen den Interessen. Ich erwarte, geballtes Wissen, beispielweise bei der Akademie Ländlicher Raum, abzurufen und das in konkrete Politik zu übersetzen. Ich erwarte einen Minister, der Lösungsvorschläge macht, statt die Verantwortung allein auf die Kommunen abzuwälzen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Katharina Schulze (GRÜNE): So ist es! – Zuruf des Staatssekretärs Roland Weigert)

Herr Aiwanger, bisher warte ich vergeblich. Machen Sie sich auf den Weg, gehen Sie nicht immer nur den Weg des geringsten Widerstandes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Zu einer Zwischenbemerkung hat sich Herr Kollege Prof. Dr. Hahn gemeldet. Herr Prof. Dr. Hahn, bitte schön.

Herr Zwanziger, Sie versäumen es nicht, wieder den Klimawandel anzusprechen. Allerdings hat man den Eindruck, wenn es ein bisschen wärmer ist, dann wird sofort der Klimawandel thematisiert, und zwar gemeinsam mit der Presse, die mit Ihnen zusammen argumentiert. Wenn wir jetzt aber den kältesten Maianfang seit vielen, vielen Jahren haben, dann hört man dazu immer nur ganz allgemeine Sachen.