Dazu passt auch der heutige Titel. Ich sage es Ihnen ganz offen: Man kann ihn originell finden oder kritisieren, aber er passt auf jeden Fall besser auf ein Wahlkampfplakat denn als Motto für eine Regierungserklärung. Fakt bleibt: Sie ziehen heute lediglich eine Zwischenbilanz der Hightech Agenda. Das passiert offensichtlich vor dem Hintergrund, dass die Staatsregierung, vor allem wahrscheinlich die Staatskanzlei höchstselbst, mit der Rezeption ihrer milliardenschweren Forschungsagenda in der Öffentlichkeit nicht zufrieden ist. Ich kann diese Enttäuschung sogar nachvollziehen. Schließlich sollte die Hightech Agenda – ich erinnere mich noch an die Worte des Ministerpräsidenten bei der ersten Erklärung – von Anfang an durchstarten und fliegen.
Ich sage Ihnen, warum es nicht dazu gekommen ist: Die Hightech Agenda – und das haben wir hier oft genug wiederholt – hatte von Anfang an einen Geburtsfehler. Sie ist nämlich eine Forschungsagenda, eine wichtige und richtige Forschungsagenda, und sie wurde mit der Frage verknüpft, ob und wie in Zukunft in Bayern das
bayerische Hochschulrecht aussehen soll. Die Entfesselungsrhetorik des Ministerpräsidenten und des damaligen CSU-Generalsekretärs Blume hat dieser Agenda von Beginn an massiv geschadet. Sie hat vor allen Dingen zwei Jahre lang zu einer enormen Verunsicherung in der Hochschullandschaft geführt, noch dazu in Corona-Zeiten. Fast zwei Jahre lang wurden die Hochschulen in Bayern mit diesem völlig verhunzten Gesetzgebungsverfahren in Geiselhaft genommen.
Ihr Vorgänger hat sich – ich sage einmal – gerade nicht nur wegen dieses Themas zwischenzeitlich ins Landratsamt Deggendorf geflüchtet. Der Flurschaden ist aber geblieben. – Man muss Ihnen, Herr Blume, zugutehalten, dass Sie nach Ihrem Amtsantritt die Reformen dann tatsächlich sehr schnell auf den Weg gebracht haben; ich gestehe wirklich ein, dass es dann sehr zügig ging. Aber vergessen Sie bitte nicht: Ohne uns, ohne die Arbeit der Opposition wäre ein solcher Kompromiss in dieser Weise auch nicht zustande gekommen.
Wir haben auf die Anhörungen in Zeiten gedrängt, als man uns noch die Eckpunktepapiere vorenthalten hat, die dann schon bei den Gutachtern kursierten.
All diese Dinge sind jetzt Vergangenheit, aber ich sage es heute deswegen, weil wir uns über die Hightech Agenda unterhalten, und die Frage, warum Sie sich hier ein drittes Mal erklären, damit zu tun hat. Die erwarteten La-Ola-Wellen der Hochschulen sind eben ausgeblieben. Die Hochschulen waren eben zwei Jahre lang mit diesen Fragen beschäftigt, und das war ein lähmender Prozess.
Meine Damen und Herren, ja, es ist richtig: Im Bereich Wissenschaft und Forschung wurde in dieser Legislaturperiode ordentlich Geld in die Hand genommen, so viel wie nie zuvor. Wir als SPD-Landtagsfraktion sagen deutlich: Das ist richtig und gut so. Die Summen sind bereits referiert worden; ich brauche sie jetzt nicht zu wiederholen.
Die Hightech Agenda wird uns noch viele Jahre beschäftigen, nicht nur, weil bisher nicht alle Professuren besetzt sind, sondern auch, weil viele Projekte erst begonnen werden, vor allem auch Großprojekte wie die Neugründung der TU Nürnberg. Sie wird uns noch viele Jahre und auch viele Haushaltsmittel in Anspruch nehmen. Ich sage aber auch Folgendes: Wenn man sich einmal die Zahlen insgesamt anschaut – ich sehe mich als Vertreter des ländlichen Raums aus Niederbayern –, dann stellt man fest, dass die Hightech Agenda die Zentralisierung der bayerischen Wissenschaftslandschaft weiter forcieren und weiter verschärfen wird. Die Zahlen sprechen hier eine eindeutige Sprache. Das große Geld fließt überwiegend in die Metropolregionen München und Nürnberg. Ich gönne es den Metropolregionen; wir werden auch gleich noch dazu kommen, warum das so ist.
Wir können aber noch so viele Transferzentren in der Fläche eröffnen; wir wissen und jeder in der bayerischen Hochschullandschaft weiß, dass in der bayerischen Hochschullandschaft mit zweierlei Maß gemessen wird. Hier wäre es dann auch Zeit, sich wirklich ehrlich zu machen. Ihre Priorität – das haben Sie heute unterstrichen – gilt dem nationalen und internationalen Wettbewerb. Sie wollen sich mit den Großen messen; hier fällt oft der Begriff Champions League.
Ich sage: Wenn wir das tun – ich halte es nicht für falsch –, dann darf dies aber nicht zulasten der Hochschulen im ländlichen Raum gehen. Das war auch einer der Gründe dafür, dass das Technologiefeuerwerk in der Fläche nicht so richtig
zündete. Ich sage es Ihnen ganz offen: Wenn wir uns die Altlasten anschauen, zu denen ich gleich noch einmal komme, dann stellen wir fest, dass der Hightech Agenda insgesamt ein ganzheitliches Konzept, ein strategischer Überbau fehlt.
Ich habe Ihrer Rede sehr aufmerksam zugehört; wir haben es wieder gesehen: Es ist eine Aufzählung von Einzelprojekten. – Ja, jedes einzelne ist wichtig, ist richtig. Aber am Ende müssen wir eine solche Investitionsagenda auch in eine ganzheitliche Strategie einbetten, die sich insbesondere um die Altlasten der bayerischen Hochschullandschaft kümmert. Diese Dauerbaustellen sind mehr als bekannt. Das hat übrigens nichts mit den Echokammern des Schlechtredens zu tun. Sie wissen, worauf ich hinauswill.
Seit vielen Jahren sind die Universitäten und Hochschulen bei der Grundfinanzierung unterfinanziert; das ist bekannt, und ich werde auch nicht müde, das zu betonen. Das ist seit vielen Jahrzehnten so. Das ist schlicht und ergreifend eine Dauerbaustelle, die auch Sie, Herr Blume, offensichtlich nicht willens sind anzugehen. Es kann doch nicht sein, dass einzelne Hochschulen gerade jetzt wieder im vergangenen Winter auf Distanzlehre umstellen wollten, also nicht wegen Corona, sondern schlicht und ergreifend, weil die gestiegenen Heizkosten für die Hörsäle nicht mehr zu stemmen waren. Sie sind dann wieder reaktiv tätig geworden. Aber der Hintergrund ist doch, dass die Hochschulen keine auskömmliche Grundfinanzierung haben
Ich verdamme Drittmittel nicht wirklich. Drittmittel sind eine Möglichkeit, um Praxis und Forschung miteinander zu verbinden. Aber wenn in der Praxis an Lehrstühlen mittlerweile viel zu viel Zeit darauf verwendet wird – den Bürgermeistern geht es im Übrigen ganz ähnlich –, Projektanträge auszufüllen, dann ist das Zeit, die am Ende schlicht und ergreifend für die Kernaufgaben in Forschung und Lehre fehlt. Ich halte diesen Weg für falsch.
Ich bin überzeugt, dass eine bessere Grundfinanzierung zu einer Verbesserung der Qualität in Forschung und Lehre führen würde. Angesichts dieser seit Jahrzehnten nicht abgearbeiteten Aufgabe wäre das mittlerweile auch eine Innovation, leider Gottes. Eine gute, auskömmliche Grundfinanzierung wäre für die Hochschulen in Bayern mittlerweile fast gleichbedeutend mit einer Innovation.
Der Sanierungsstau ist angesprochen worden, Hochschulbau. Kollege Halbleib und ich haben mehrfach darauf aufmerksam gemacht. Die Sanierung und die Erneuerung der Hochschulbauten stellen eine der größten politischen und finanziellen Herausforderungen für den Freistaat in den nächsten Jahrzehnten dar. In etwa 10 Milliarden Euro stehen hier im Raum. Es ist höchste Zeit, dass wir den Hochschulbau stärken und ihm auch in der Hochschulpolitik einen höheren Stellenwert einräumen. Da geht es nicht nur um Beschleunigung, wie Sie, Herr Blume, heute Morgen im "BR" gesagt haben, sondern da geht es schlicht und ergreifend auch um mehr Substanz und am Ende um mehr Geld; denn eine gute Infrastruktur an den Hochschulen ist mindestens genauso ein Standortfaktor wie all das, was Sie in Ihrer Rede zu Recht angesprochen haben.
Uns ist doch auch klar – das weiß jeder Häuslebauer –: Je länger wir hier warten, umso höher werden die Kosten, die auf uns zukommen. Deswegen brauchen wir
ein nachhaltiges strukturelles Programm – jährlich mindestens 1 Milliarde Euro –, um diese Altlasten abzutragen. Auch hier stehen Sie in der Pflicht. Da vermisse ich jede strukturierte Herangehensweise, Herr Blume.
Stichwort Digitalisierung: Es war nicht die Staatsregierung, die an den Hochschulen die Digitalisierung gepusht hat. Nein, es war tatsächlich Corona. Ich ziehe den Hut davor, wie an einzelnen Hochschulen tatsächlich schnell und teilweise mit kreativen Lösungen mit den Leuten, die man vor Ort hatte, auf die Situation reagiert wurde. Alles, was in diesem Bereich zu finanzieren war, ging aber von der Grundfinanzierung weg. Alle Vorschläge, die wir gemacht haben, das mit staatlichen Haushaltsmitteln zu stützen, um diesen enormen Sprung nach vorne in der Digitalisierung zu verstetigen, liefen bisher ins Leere. Das hat mit einer nachhaltigen Hightech-Strategie nichts zu tun.
Die soziale Lage ist angesprochen worden. Wenn heute ein Lehrbeauftragter oder eine Lehrbeauftragte an einem Sprachenzentrum, die dort seit vielen Jahren als Lehrbeauftragte arbeiten, Ihre Rede gehört haben, dann werden sie die Frage stellen: Was habe ich eigentlich von der Hightech Agenda? – Nichts!
Klar, nichts! – Das sind 15.000 Leute. Wir reden nicht über die Anwälte aus Münchner Großkanzleien, die sich noch mit dem Titel "Lehrbeauftragter an der Hochschule XY" schmücken
(Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU): Das ist typisch sozialistisch! Jedes Programm muss alle angehen!)
das ist ein ganzer Hausname –, sondern wir reden über Leute, die seit Jahren Daueraufgaben an Hochschulen wahrnehmen, ohne jemals die Aussicht zu haben, in eine Dauerstelle übernommen zu werden.
Da sage ich Ihnen ganz offen: Das ist eine sozialpolitische Schieflage an den Hochschulen, die wir – darauf haben wir als SPD-Fraktion immer hingewiesen – dringend angehen und abarbeiten müssen, weil diese Leute im Laufe ihrer sogenannten Hochschulkarriere – ich sage bewusst "sogenannten Hochschulkarriere" – von Anfang an sehenden Auges in die Altersarmut gedrängt werden. Das kann nicht sein. Das passt nicht zu den Hochglanzbroschüren, die gerade in unseren Abgeordnetenfächern ausgelegt werden.
Studentisches Wohnen; das ist auch ein Riesenthema. Die Zahl der Studierenden hat zugenommen. Es sind über 70.000 Studierende mehr als noch vor zehn Jahren eingeschrieben. Gleichzeitig hat sich die Unterbringungsquote von Studierenden in geförderten Studierendenwohnungen weiter verschlechtert. Sie hatten mal das Ziel 15 % angegeben. Die Staatsregierung hat 15 % zum Ziel gesetzt. – Fakt ist: Die Quote ist gesunken von 11 % auf knapp 9 %. Da ist München-Freimann nur die Spitze des Eisbergs. Im Übrigen nehmen wir Sie mit Ihren Ankündigungen heute beim Wort, weil es in der Antwort auf die Anfrage, die ich zuletzt gestellt habe, hieß: Wir müssen noch bis Mitte des Jahres alles gutachterlich prüfen. Das ist alles auf einem guten Weg, aber es wird geprüft, geprüft, geprüft. – Wenn Sie das Ganze wirklich beschleunigen wollen, Herr Blume – bitte schön, unsere Unterstützung haben Sie. Aber Sie werden auch beim Wort genommen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch Anmerkungen machen, die mir in diesem Zusammenhang wichtig sind.
Erstens. Es ist bereits von einigen Kollegen angesprochen worden: Die Vielfalt und Stärke der bayerischen Hochschullandschaft lässt sich nicht einfach unter dem Hightech-Begriff subsummieren. Hightech ist wichtig. Hightech ist ein wichtiger Bestandteil und Baustein, aber nicht die Klammer, die wir sozusagen um die gesamte bayerische Hochschulfamilie ziehen können. Ich bin überzeugt, dass unsere Hochschullandschaft im Freistaat immer dann besonders erfolgreich war, wenn wir auf ihre Vielfalt gesetzt haben. Die Hochschul- und Forschungslandschaft ist breit aufgestellt. Auf diese Vielfalt können wir alle miteinander stolz sein. Wir wollen sie auch nachhaltig weiter fördern. Ich bin überzeugt, dass wir eben nicht nur KI, Ingenieure und Informatiker brauchen, sondern wir werden in Zukunft bei den großen Transformationsaufgaben und -prozessen, vor denen unsere Gesellschaft steht, mehr denn je auch Politik-, Kultur- und Sozialwissenschaftler brauchen. Wir werden Historiker brauchen, und wir werden Philosophen brauchen, weil vor allen Dingen viele ethische Fragen zu klären sind.
Zweitens. Sie haben das Beispiel BMW gebracht. Ich will das rausgreifen. Ich, der ich aus Niederbayern komme, habe mich sehr gefreut, dass ein Weltkonzern ein Commitment abgibt zu einer solchen Investition in Niederbayern. Ich will das hier an alle Adressen richten: Ich mache mir Sorgen, dass wir in diesem Land langsam in eine investitionsfeindliche Stimmung geraten.
Ich verstehe Landwirte und Umweltschützer, aber wenn ich nur noch Berichte sehe, dass man sich Sorgen um den wertvollen Gäuboden, um den Ackerboden macht, und gleichzeitig aus der IHK in Niederbayern höre, dass zum Beispiel der Industrieausschuss die Ankündigung von BMW als eine Kriegserklärung empfindet, weil man Angst hat, die letzten guten Fachkräfte an BMW zu verlieren – das ist wenigstens ein Argument, das ich noch nachvollziehen kann –, dann halte ich diese Stimmung insgesamt für massiv gefährlich. Wenn sich da nicht alle über alle Parteien hinweg miteinander unterhaken, dann wird am Ende eine Stimmung entstehen, die für den Industriestandort Bayern mit seinen guten Arbeitsplätzen brandgefährlich ist.
Da bitte ich darum, dass wir über alle Parteigrenzen hinweg jenseits des Wahlkampfes deutlich machen: Wir wollen Industriearbeitsplätze im Freistaat. Wir wollen dafür sorgen, dass man hier gut investieren kann. Darum geht es, und um nichts anderes.
Ganz zum Schluss noch eine Anmerkung, weil Sie den schönen Begriff "Echokammer des Schlechtredens" verwendet haben: Die Regierung hat ihr parlamentarisches Selbstverständnis, und die Opposition hat es auch. Wenn hier nicht jeder seinen Aufgaben gerecht werden würde, dann würde das Ganze nicht "Parlament" heißen. Sie haben gerade Ihr Feuerwerk abgebrannt. Ich gönne es Ihnen. Das bedeutet aber nicht, dass jetzt die Opposition hergeht und händeringend nach irgendetwas sucht, um es irgendwie schlechtzureden. Nein, es ist unsere Aufgabe, auch strukturelle Versäumnisse immer wieder anzusprechen, und zwar so lange, bis es endlich von der jeweiligen Regierung – wir alle hoffen, dass sich die im Herbst ändern wird – umgesetzt wird.
Das würde ich jetzt nicht desavouieren, Herr Blume, sondern das ist Teil des Geschäfts, das wir alle kennen. Das gehört dazu. In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Zusammenarbeit, hoffe aber, dass wir keine vierte Regierungserklärung zur Hightech Agenda bekommen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Zuschauer auf der Tribüne, verehrter Herr Staatsminister! Es ist noch mal bestätigt worden: In sechs Monaten sind Wahlen in Bayern. Genauso war Ihre Rede – leider. Sie haben viele Chancen vergeben. Sie haben – klar – keinen einzigen Fehler zugegeben. Es lief alles extrem super in Bayern, und in Berlin ist das totale Chaos.