verwundert; denn was wir an Diskussionen erlebt haben und immer noch erleben, zeigt ja eines klar und deutlich: Es geht nicht um die Sache, sondern es geht um ideologische Befindlichkeiten der GRÜNEN und der SPD.
Die vorgelegten Änderungen sowie der Änderungsantrag sind eigentlich vom Prinzip her unstrittig. Das hören wir ja auch. Aber den Herrschaften auf der linken Seite des Hohen Hauses ist halt immer noch der Begriff der drohenden Gefahr ein Dorn im Auge. Dagegen sperren sie sich mit Zähnen und Klauen. Das hat nichts mit sachorientierter Politik zu tun. Das sind ideologisch aufgebaute Schaukämpfe.
Der Popanz eines Polizei- und Überwachungsstaates, den Sie hier beständig zumindest indirekt aufbauen, geht glatt an den Realitäten vorbei. Aber maximale Realitätsferne ist ja ohnehin das Markenzeichen grüner Politik.
Ich möchte mal ein Beispiel aus der polizeilichen Praxis bringen, damit sich auch der ganz normale Bürger ein Bild davon machen kann, wovon wir bei diesem umstrittenen Begriff der drohenden Gefahr eigentlich reden:
Eine Frau wird von ihrem gewalttätigen Ex-Mann bedroht, dass er sie bei passender Gelegenheit schon erwischen werde. Nach einer Weile taucht dieser gewalttätige Ex-Mann offensichtlich alkoholisiert in der Nähe seiner Ex-Frau auf, ohne dass er an diesem Abend eine konkrete Drohung ausgesprochen hätte. Das ist das klassische Beispiel einer drohenden Gefahr. In dieser Situation wollen Sie allen Ernstes den Beamten das Anhalten und Kontrollieren dieser tickenden Zeitbombe untersagen, nur weil Sie nicht hundertprozentig wissen, ob er nun in Kürze im wahrsten Sinne des Wortes tatsächlich losschlägt oder ob es eventuell heute Abend noch mal gut ausgeht? – Dazu sagen wir von der AfD ganz klar: Das ist gefährlicher Unfug. Das ist falsch verstandener Täterschutz und spielt auch auf fahrlässige Weise mit der Sicherheit der potenziellen Opfer.
Genau wie in meinem Beispiel verhält es sich auch bei den Abfragen der Telekommunikationsdaten, also im Wesentlichen von Namen, Alter, E-Mail-Adressen, Mobilfunkrufnummern und Kontoverbindungen, im Kampf gegen schwere Straftäter und Terroristen. Außerdem geht es beispielsweise auch um die Prävention bei Suizidabsichten, welche in den sozialen Medien angekündigt werden. Darauf hat der Herr Innenminister zu Recht hingewiesen.
Was die von Ihnen stets ins Feld geführten Grund- und Persönlichkeitsrechte der Bürger anbelangt: Selbstverständlich messen wir deren Einhaltung als Schutz gegen Übergriffe des Staates einen hohen Wert zu. Im vorliegenden Fall ist aber deren Missbrauch nun wirklich nicht zu erkennen, im Gegenteil. Der Landesdatenschutzbeauftragte war ja nach glaubhafter Darstellung eng in den Ausarbeitungsprozess eingebunden.
Ich denke, damit ist alles Wesentliche gesagt. Noch eine Anmerkung: Wenn die Staatsregierung bei so grundlegenden und schicksalhaften Fragen wie der Migrationsproblematik genauso konsequent und sauber arbeiten würde wie hier, könnten sich unsere Polizeibeamten vielleicht eine Menge der Abfragen ersparen, die jetzt neu geregelt werden sollen. – Meine Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu.
Danke schön, Herr Abgeordneter. – Nächster Redner ist der Kollege Horst Arnold für die SPD-Fraktion. Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Polizeiaufgabengesetz ist in der Tat ein Gebäude mit vielen Anbauten, mit vielen Umbauten, und das in der letzten Zeit häufiger – natürlich auch deswegen, weil sich die Rechtsprechung und die Bedürfnisse ändern. Wer daran schuld ist, sei jetzt mal dahingestellt.
Aber dennoch gibt es hier auch ein paar Punkte, die notwendigerweise anzumerken sind. Es ist kein Abschreckungsgesetz, wie der ehemalige Landespolizeipräsident in seinen Vorlesungen in der Universität verkündet, sondern es ist tatsächlich ein Gesetz, das die Aufgaben der Polizei, aber auch die Rechte der Bürgerinnen und Bürger insoweit in Einklang bringt, dass alle miteinander gut leben können und niemand beeinträchtigt ist.
Da ist es ganz entscheidend, dass diese drohende Gefahr, die jetzt angesprochen worden ist, kein Popanz ist, sondern diese drohende Gefahr, wenn sie denn jemals vom Bundesverfassungsgericht verkündet worden wäre, steht im Zusammenhang mit Straftäterverfolgung aus dem terroristischen Bereich, Schwerstkriminalität und sonstigen Bereichen. Dann bedeutet die drohende Gefahr auf die Allgemeinheit angewandt, dass jede Bürgerin und jeder Bürger hier im Freistaat Bayern mit einem Generalverdacht überzogen wird. Das ist die Eingriffsschwelle, die diese Bürgerinnen und Bürger nicht verdient haben.
Demzufolge ist diese Regelung im Polizeiaufgabengesetz auch eine Eingriffsschwelle für die notwendige Grunddatenspeicherung bzw. das, was jetzt besprochen worden ist.
Herr Grob, deswegen ist in diesem Zusammenhang die Vergleichbarkeit mit der Zustimmung im Vermittlungsausschuss des Bundestages tatsächlich gar nicht gegeben. Denn im Bundestag und auch im Bundesgesetz gibt es keinen Begriff der drohenden Gefahr als Eingriffsschwelle.
Das hat schon etwas damit zu tun, dass wir in der Tat versuchen, uns in Deutschland allgemeinpolizeilich anzunähern, damit die Bürgerinnen und Bürger nicht vor den Landesgrenzen überlegen müssen, was sie hier und was sie dort dürfen; denn es ist doch unser gemeinsames Anliegen, Sicherheit zu schaffen und nicht Unsicherheit zu säen, insbesondere sowohl bei den Bürgerinnen und Bürgern als auch bei den Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwendern, nämlich der Polizei selber.
Wenn Sie heute mal in einen Polizeifortbildungskurs gehen – ob das jetzt im Aufstieg ist oder nicht –, werden Sie sich mit denen über die drohende Gefahr, über die konkrete Gefahr oder sonst etwas unterhalten. Es bestehen erhebliche Unsicherheiten, und wir brauchen Sicherheit bei Rechtsanwendern und keine juristischen Grundsatzdiskussionen. Deswegen haben wir zu Recht, in dem Zusammenhang auch als SPD-Landtagsfraktion, diese Meinungsverschiedenheit beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof angestrengt und in Karlsruhe ebenfalls eine Verfassungsbeschwerde anhängig gemacht, damit nämlich dieser Begriff ein für alle Mal geklärt wird.
Aber wenn Sie schon sagen, dass das in diesem Zusammenhang eine stimmige Lösung ist, weise ich darauf hin, dass wir immer wieder zwischendurch etwas repariert haben. Sie sind mit der sogenannten Zuverlässigkeitsprüfung zwischen Erster und Zweiter Lesung zu Artikel 60a PAG daher geschneit gekommen, und offensichtlich scheint auch die Notwendigkeit der Installation der Digitallösung von Pa
lantir – Stichwort VeRA, Verfahrensübergreifende Recherche und Analyse – weitere Nachbesserungen nach sich ziehen zu müssen, um das PAG fit zu halten.
Deswegen ist es tatsächlich eine Riesenbaustelle, und diese Anbauten sind immer auch unter dem Begriff der drohenden Gefahr zu sehen. Solange dieser Begriff als Haupthindernis für weitere Diskussionen besteht, werden wir uns auch diesem entsprechenden Gesetzentwurf entziehen. Wir werden nicht zustimmen. Diesen Gefallen tun wir Ihnen nicht. Der Bund weiß, warum er zustimmt, und wir wissen es auch.
Danke schön, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Kollege Alexander Muthmann für die FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst wende ich mich an den Kollegen Ländner: Du bist ein Mann klarer Worte und auch klarer Gedanken. Aber dass du dich an dieser Stelle nicht genierst, zu behaupten, es gäbe noch eine bayerische Grenzpolizei! Wir wissen beide, dass die einzige Rechtfertigung für eine bayerische Grenzpolizei an dieser Stelle nur noch das Recht – –
Der einzige Grund, warum die bayerische Polizei Grenzpolizei heißen darf, besteht darin, dass das Innenministerium seine nachgeordneten Behörden nennen darf, wie es sie nennen will,
unabhängig von der Frage, was da inhaltlich noch passiert. Dass damit keine grenzpolizeilichen Kompetenzen mehr verbunden sind,
(Manfred Ländner (CSU): Aber das gibt es doch! Ist weder aufgelöst noch ist das in der Diskussion! – Zuruf von den GRÜNEN: Nichts dahinter! Framing!)
Früher ist Schleierfahndung durchgeführt worden, und das passiert jetzt auch noch, ohne dass es eine Grenzpolizei gab. Das, worum es eigentlich ging und womit der Ministerpräsident angetreten ist, der gesagt hat: Wir machen jetzt bayerische Grenzkontrollen, ist doch völlig in sich zusammengebrochen und vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof kassiert worden.
weil der Innenminister das immer noch erzählen kann. Um sich nicht auch noch diese Blöße zu geben, müssen wir jetzt eine polizeiliche Behörde und Einrichtung "Grenzpolizei" nennen, ohne dass sie grenzpolizeiliche Kompetenzen hat. Das
wäre – so habe ich dich kennengelernt – ein Punkt, bei dem du dann schweigst, wenn du nichts anderes behaupten darfst.
Kurz zum eigentlichen Thema. Dass es bei diesen Bestandsdaten der Telemedienanbieter und der Telekommunikationsbetreiber um sensible Daten geht, ist oft genug gesagt worden. Dass es Konstellationen gibt, in denen diese dringend benötigt werden, hat der Kollege Grob ein Stück weit erläutert. Diese verfahrensbezogenen Daten wie Namen, Anschrift, Zahlungsdaten, Anschlussnummern und all die Dinge sind sehr sensibel und betreffen das Fernmeldegeheimnis und die informationelle Selbstbestimmung. Deswegen muss man damit sehr vorsichtig umgehen. Wir erkennen an, dass an dieser Stelle zur Gefahrenabwehr rechtssichere Befugnisse gebraucht werden im Lichte der Erkenntnisse, die das Bundesverfassungsgericht uns vorgibt.
Aber ich will jetzt auch unter dem Eindruck der Debatten zu Palantir und VeRA daran erinnern, dass der Innenminister noch letztes Jahr der Meinung war: Angesichts des Umstandes, dass es die Daten im polizeilichen Gesamtgefüge einzeln da und dort schon gibt, wäre doch die verknüpfende Auswertung mit dem Ziel weiterer Erkenntnisse aus seiner Verwaltungs- und Exekutivkompetenz heraus kein Problem. – Das Bundesverfassungsgericht hat uns jetzt eines sehr viel Besseren belehrt, wie kompliziert, schwierig und ausdifferenziert das alles zu sein hat, wenn neben einzelnen Daten zusätzliche Erkenntnisse gewonnen werden sollen, und das auch vor dem Hintergrund des Problems des Dauerbrenners der drohenden Gefahr, –
– was in der Tat geklärt werden muss. Das Bundesverfassungsgericht hält die drohende Gefahr wohl für berechtigt, um daran Befugnisse zu knüpfen. Auf bayerischer Ebene ist es nicht abschließend geklärt. Deswegen bewegen wir uns da auf einem unsicheren Terrain. Das müssen wir auch an dieser Stelle entsprechend zum Ausdruck bringen. Herzlichen Dank – wir werden uns enthalten.
Danke schön, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der fraktionslose Abgeordnete Raimund Swoboda. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Verehrte Bürger, Hohes Haus! Mit dem CSUGen unter Polizeiminister Herrmann ist die Sicherheitsoffensive Bayern bei den Bürgerrechten stets im Rückwärtsgang, Herr Grob, auch wenn Sie das heute anders behaupten. Wir sind auf Augenhöhe. So unterschiedlich können Meinungen sein. Was die Regierungskoalitionäre polizeirechtlich konstruieren, ist keine Stärkung der Bürgerrechte, wie Sie behaupten, sondern die Fortschreibung unverhältnismäßiger Eingriffsbefugnisse für Polizei und Staatsschutz. Der Freistaat kommt so dem Polizei- und Überwachungsstaat immer näher.