Protocol of the Session on December 14, 2022

Vielen Dank. – Jetzt kommt der Kollege Lorenz, CSU-Fraktion. Bitte schön.

Sehr geehrte Damen und Herren, werte Kollegen! Die Bundestagswahl ist jetzt, glaube ich, knapp 15 Monate her, die Bildung der neuen Regierung ein gutes Jahr. Es ist daher etwas verwunderlich, dass die Ampel-Re

gierung, die bei vielen Themen nicht einer Meinung ist – da spreche ich jetzt von Energie und anderem –, bei einem Thema, bei dem sie sich absolut einig ist, trotzdem bisher keinen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Trotz völliger inhaltlicher Übereinstimmung der drei Ampel-Parteien ist es ihnen nach 12 respektive 15 Monaten immer noch nicht gelungen oder möglich gewesen, zu diesem Thema einen entsprechenden Antrag vorzulegen. Das zeigt, dass das offensichtlich rechtlich gar nicht so leicht möglich ist.

(Tim Pargent (GRÜNE): Gründlichkeit vor Schnelligkeit!)

Der Vorredner hat darauf verwiesen, dass beispielsweise das EU-Recht dem entgegensteht, ebenso entsprechende Vereinbarungen, die seitens der UN getroffen wurden. Es ist offenbar gar nicht so ohne Weiteres möglich, das zu machen. Sonst hätten Sie es längst gemacht. – So viel als allgemeine Vorrede zum Cannabisprojekt der Ampel-Regierung.

Jetzt zum konkreten Antrag der AfD: Ihr Antrag gliedert sich letztendlich in drei Teile. Der erste Punkt: Sie fordern die Staatsregierung auf, sich dafür einzusetzen, eine lizenzierte Abgabe von Cannabis nicht zu erlauben.

Der zweite Punkt: Für den Fall, dass die Legalisierung auf Bundesebene ermöglicht wird, sollen im Rahmen der Landesgesetzgebung weitere Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sichergestellt werden, zum Beispiel der Konsum nur in privaten Räumen zulässig sein.

Der dritte Punkt: Staatliche Programme zur Suchtprävention, insbesondere im Rahmen der schulischen Ausbildung, sind zu verstärken.

Ich gehe jetzt Ihren Antrag Punkt für Punkt durch. – Der erste Punkt: Die Staatsregierung oder die sie tragenden Parteien werden aufgefordert, sich politisch zu positionieren. – Es gibt doch kein einziges politisches Thema – ich glaube, das würden auch die Kollegen von den Ampel-Fraktionen nicht behaupten –, wo sich die Staatsregierung und die die Staatsregierung tragenden Parteien, zum Beispiel die CSU, so eindeutig und inhaltlich positioniert haben wie bei der Cannabislegalisierung. Wir haben das eindeutig abgelehnt. Wir lehnen da jegliche Orientierung an gesellschaftlichen Trends ab. Wir sind der Meinung, dass das ein Suchtmittel ist. Da möchten wir die rechtlichen Schutzwälle nicht aufbrechen. Wir möchten auch alles dafür tun, dass die Gesundheit und der Schutz des Lebens gewährleistet werden.

(Beifall bei der CSU)

Wir sehen bei der Legalisierung von Cannabis ganz eindeutig die gesellschaftlichen Risiken und sind uns dessen voll bewusst. Die bayerische Suchtpolitik besteht ganz klar aus drei Säulen: Das sind Prävention, Repression und Hilfe. Was diese ablehnende Haltung Bayerns angeht, haben wir in den letzten Jahren oder in den letzten Jahrzehnten keinen Spielraum für Interpretation gelassen. Insofern ist der Punkt eins Ihres Antrags aus unserer Sicht vollumfänglich erledigt.

Punkt zwei mit der Aufforderung, landesgesetzgeberisch tätig zu werden. – Ihr Anliegen ist schlicht juristisch nicht umsetzbar bei der Form, in der das Gesetz vermutlich kommen wird. Ich sage das etwas hypothetisch, weil wir noch keinen konkreten Gesetzentwurf vorliegen haben. Aber es ist doch zu erwarten, dass die Ampel-Fraktionen da einen vollumfänglichen Gesetzentwurf vorstellen. Wenn das so ist, dass der Bund das vollumfänglich geregelt hat, dann ist es nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben – ich könnte jetzt zur konkurrierenden Gesetzgebung ausführen – schlichtweg nicht mehr möglich, dass das Land Bayern dazu noch an

dere Regelungen verfasst. Es darf sich nicht mal dazu äußern oder irgendwas bekräftigen. Wenn das abschließend geregelt ist, dann können wir nichts machen.

Sollte das nicht abschließend geregelt sein, dann kann ich Ihnen versichern, dass wir mit Sicherheit sämtliche Möglichkeiten suchen und auch finden werden, da eine ergänzende bayerische Regelung zu erlassen und den von Ihnen und uns gewünschten Effekt, nämlich möglichst eine Cannabislegalisierung zu verhindern oder sie, so weit es geht, einzudämmen, veranlassen werden. Wenn das möglich sein sollte, sage ich jetzt mal im Konjunktiv, dann werden wir genau das, was Sie fordern, auch machen.

Der Punkt drei: Sie fordern weitere Maßnahmen zur Suchtprävention. – Ich darf darauf verweisen, was da alles gemacht wird. Beispielsweise gibt es das Angebot "Cannabis – quo vadis?" an bayerischen Schulen. Es gibt das Projekt "MOVE" zur Beobachtung eines riskanten Konsumverhaltens. Es gibt die Initiative "ELTERNTALK" als niedrigschwelligen Ansatz. Und es gibt das Projekt "Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten", das sich an Jugendliche und junge Erwachsene richtet. Die Fachexperten aus den jeweiligen Bereichen könnten da noch wesentlich mehr aufzählen.

Ich fasse jetzt also einmal zusammen: Zwei der drei geforderten Punkte machen wir. Der dritte Punkt ist mutmaßlich oder höchstwahrscheinlich aus juristischen Gründen einfach nicht möglich; ihm kann man also aus formalen Gründen nicht nachgeben. Ich komme zum Schluss: Insofern müssen wir diesen Antrag der AfD ablehnen. Ich bitte um Ablehnung dieses Antrags.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Kerstin Celina von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Statt Weihnachtsfrieden gibt es unnötige Anträge der AfD-Landtagsfraktion im Plenum, die schon im Ausschuss abgelehnt worden sind. Zu Beginn sollten Sie vielleicht Folgendes wissen: Der Konsum von Cannabis ist nicht strafbar.

Die bayerische Politik ist gescheitert, die die Menschen, die Cannabis verantwortungsvoll konsumieren, durch massive Strafverfolgung kriminalisiert. Die bayerische Polizei und die Gerichte könnten sich viele Arbeitsstunden sparen, wenn die gescheiterte Drogenpolitik in Bayern endlich ein Ende hätte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bayern geht besonders hart gegen Kleinkonsumenten und -konsumentinnen von Cannabis vor. Wenn es um Marihuana geht, dann ist Wallung angesagt. Die Polizei muss verfolgen, die Justiz wird mit Verfahren beschäftigt, die nichts und absolut gar nichts bringen. Selbst Kleinkonsumenten und Minianbauer, die ihr eigenes Gras anpflanzen, werden hier in Bayern massiv verfolgt.

(Ulrich Singer (AfD): Weil sie es nicht dürfen!)

Wenn zum Beispiel mit einem teuren DNA-Gutachten bewiesen werden muss, dass ein junger Mann mindestens einmal an einem herumgereichten Joint gezogen hat, damit er vor Gericht landet, dann zeigt das die strukturelle Überreaktion in Bayern. Das ist dann das Ergebnis der komplett gescheiterten CSU-Drogenpolitik, an die Sie von der AfD sich mit Ihrem Antrag anbiedern.

(Franz Bergmüller (AfD): Anbiedern, hey, hey!)

Sie wollen mit Ihrem Antrag eine sinnvolle und wichtige Änderung in der Drogenpolitik verhindern. Sie wollen die CSU auf ihrem Dauerirrweg unterstützen, und am Ende werden Sie beide – die AfD und die CSU – Verlierer sein; denn die Prohibition von Cannabis ist ebenso gescheitert wie einst das Alkoholverbot in den USA.

(Beifall bei den GRÜNEN – Unruhe)

Die Bundesregierung geht zum Glück einen anderen Weg, einen neuen Weg,

(Petra Guttenberger (CSU): Skandalös!)

den viele unterstützen. Der Weg, den die Bundesregierung beschreiten wird, hat übrigens nicht viel mit dem gemein, was Sie in Ihrem Antrag beschreiben. Im Koalitionsvertrag steht, dass wir die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften einführen. Dadurch wird die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

und der Jugendschutz gewährleistet. Es geht also um die kontrollierte Abgabe von zertifiziertem, sauberem und nicht gesundheitsschädlichem Cannabis nur an Erwachsene.

(Unruhe)

Es geht um die Reduzierung des blühenden Schwarzmarkthandels, und es geht darum, dass erwachsene Menschen einen Joint rauchen können, wenn sie das lieber tun, als Bier oder Wein zu trinken.

(Zuruf von der CSU: Oh!)

Während das kollektive Besäufnis in Bayern legal ist und regelmäßig öffentlich zelebriert und beworben wird, wird das gelegentliche Rauchen von Cannabis massiv verfolgt. Das ist absurd. Sie von der AfD haben sich offensichtlich noch nie mit den Zahlen und Fakten zu diesem Thema beschäftigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen hier etwas Nachhilfe, auch für die Vertreter der CSU-Fraktion: In der Altersgruppe von 18 bis 64 Jahren haben knapp 6 % der Menschen in den letzten zwölf Monaten Cannabis konsumiert; das sind etwa 476.000 Menschen und 70 % mehr als 2012. Damals waren es nur 280.000 erwachsene Menschen, die in den letzten zwölf Monaten Cannabis konsumiert haben, und circa 130.000, die es in den letzten 30 Tagen konsumiert haben. Beide Zahlen stammen aus unseren Anfragen an die Bayerische Staatsregierung. Die Zahlen sind durchgehend gestiegen. Die bayerische Repressionspolitik hat nichts, aber auch gar nichts bewirkt und verfehlt das von ihr verfolgte Ziel, den Cannabiskonsum zu reduzieren, jedes Jahr in höherem Maße.

Fast eine halbe Million Menschen in Bayern ist deswegen aktuell potenziell gefährdet, kriminalisiert zu werden. Statistisch gesehen sind garantiert auch AfDler und CSUler darunter. Vor allem wenn man bedenkt, dass wesentlich mehr Männer als Frauen konsumieren, ist die Wahrscheinlichkeit in Ihren beiden Parteien relativ hoch.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

Wo sitzen sie denn? Finger hoch! – Ich vergaß: Der Cannabiskonsum nimmt mit steigendem Alter ab. Dann haben Sie als eher männliche Fraktion mit hohem Altersdurchschnitt vielleicht doch nicht so viele hier sitzen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Tanja Schorer-Dremel (CSU): Das ist primitiv!)

Jedenfalls ist ein Cannabiskontrollgesetz der bessere Weg zu mehr Gesundheit und zu mehr Jugendschutz. Ich hoffe, Sie haben angesichts der Zahlen, die ich Ihnen genannt habe, nachvollziehen können, dass es absolut keinen Sinn hat, Ihren Antrag zu unterstützen. – Wir lehnen ihn ab und positionieren uns für ein besseres Cannabiskontrollgesetz.

(Beifall bei den GRÜNEN – Unruhe)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf bitten, auch bei den nun folgenden Rednern die notwendige Ruhe walten zu lassen. Das ist wahnsinnig schwierig und auch unfair gegenüber den Rednerinnen und Rednern, wenn sie hier am Pult permanent mit einer sehr hohen Geräuschkulisse zu kämpfen haben. – Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Susann Enders, FREIE-WÄHLER-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Anhaltende Unruhe)

Entschuldigung, ich muss noch einmal unterbrechen. – Darf ich die Kollegen von der FREIE-WÄHLER-Fraktion, aus meiner Sicht hinten etwas links, bitten, ihr Gerede entweder einzustellen oder rauszugehen?

(Zurufe)

Genau das. Immer auf die anderen deuten, die schuld sind. Das kennen wir schon.

(Allgemeine Heiterkeit – Alexander König (CSU): Leute, jetzt macht doch mal fertig!)