Würde ein privater Bauunternehmer mehreren Abgeordneten des Landtags monatlich 2.000 Euro für Beratertätigkeiten zahlen, würden wir darin durchaus Interessenskonflikte sehen, insbesondere dann, wenn diese Abgeordneten über eine Änderung der Bauordnung entscheiden müssten.
Erst recht muss dies gelten, wenn nicht eine Bürgerin oder ein Bürger, sondern die zu kontrollierende Staatsregierung zahlt. Die Staatsregierung sieht die Gefahr eines Interessenskonflikts durchaus, aber nur anders. Deshalb heißt es im Gesetzentwurf in Artikel 1 Absatz 3 Satz 2: "Sie haben berufliche oder gewerbliche Tätig
keiten, die neben der Beauftragung wahrgenommen werden, offen zu legen." Die Staatsregierung fürchtet also schon, dass die Beauftragten in einen Interessenskonflikt geraten und der Regierung gegenüber nicht mehr loyal sein könnten, wenn sie von Dritten Geld erhalten. Der Interessenskonflikt mit der Tätigkeit als Abgeordneter wird jedoch geleugnet.
Die Begründung des Gesetzentwurfs ist von Widersprüchen geprägt. Das kommt daher, weil hilflos versucht wird, den Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz einfach wegzureden. Einmal heißt es: "Die Beauftragten sind keine Kontrolleure der Staatsregierung, sondern beratende und unterstützende Organe […]". Dann heißt es im selben Text:
Aufgabe des Landtags und jedes einzelnen Abgeordneten ist auch die Kontrolle der Exekutive. Die Ausübung der Kontrollfunktion darf und soll durch die Berufung von Abgeordneten als Beauftragte nicht angetastet werden.
In einer Antwort auf eine Anfrage zum Plenum vom 15. Mai 2018 schreibt die Staatskanzlei, dass die beratende Funktion der Beauftragten eine Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit ausschließt, denn beraten könne nur, wer eine entsprechend unabhängige Meinung bilden könne. In der Gesetzesbegründung heißt es nun – ich zitiere wieder –:
Die Beauftragten dürfen ihren Befugnissen nach daher keine unabhängige Stellung erhalten, die sie neben den jeweiligen Staatsministern ausüben dürften oder aus der heraus sie eine eigene Politik betreiben könnten.
Was denn nun? – Gerade die Doppelfunktion als Abgeordneter und Beauftragter führt unweigerlich zu diesen Widersprüchen. Sollen diese Personen nun kontrollieren oder nicht? Sollen sie abhängig oder unabhängig sein? In welche schizophrene Situation bringen Sie einen Abgeordneten, der als Beauftragter Informationen erhält, die er dem Staatsministerium gegenüber vertraulich behandeln muss, mit denen er als Abgeordneter aber einem Petenten helfen könnte? – Er kann es sich aussuchen, ob er als Abgeordneter einem Petenten zu seinem Recht verhilft und dabei seine Verschwiegenheitspflicht verletzt oder ob er umgekehrt die Interessen des Petenten verrät, um seine Verpflichtung gegenüber der Staatsregierung zu wahren.
Dieses Gesetz dient der Verteilung von lukrativen Posten. Es erweitert den Einfluss der Staatsregierung auf den Landtag in verfassungswidriger Weise. Es ist zudem handwerklich schlecht gemacht. Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird dieses Gesetz deshalb ablehnen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Schuberl für sein Wort und bitte Herrn Abgeordneten Hold um die Ehre seines Wortes. – Herr Vizepräsident, bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Schuberl, Sie sagen: Es fehlt das Problembewusstsein. – Es ist aber genau anders herum. Dieser Gesetzentwurf ist Ausfluss des Bewusstseins über ein Problem. Schauen Sie einfach einmal die Tätigkeitsberichte der Beauftragten in den früheren Zeiten an, zum Beispiel des Integrationsbeauftragten. Wenn Sie sich vor Augen halten, wie der frühere Abgeordnete Martin Neumeyer einen solchen Posten tatsächlich mit Leben erfüllt hat, dann kann doch im Grunde niemand daran zweifeln, dass dieses Amt sinnvoll und notwendig ist. Es erfüllt eine wichtige Brückenfunktion zwischen Staatsregierung und Parlament und eröffnet auch Möglichkeiten, sich für die Menschen in unserem Land einzusetzen, die weit über das hi
nausgehen, was der einzelne Abgeordnete im Rahmen seiner Möglichkeiten tun kann, gerade auch durch die Nähe zum Fachministerium bzw. zur Staatskanzlei. Es handelt sich um ein Amt, das im Gegenzug für die Betroffenen in die Staatsregierung hineinwirkt, und zwar in einer Art und Weise, die den Interessen dieser Menschen mehr als guttut.
Nehmen Sie die zunehmende Bedeutung der wichtigen Themenkreise Patienten und Pflege, aber auch Ehrenamt. Oder wenn Sie sich die wachsende Problematik beim Antisemitismus ansehen, dann gilt dafür das Gleiche eins zu eins. Hätten wir die für diese Bereiche in der letzten Periode installierten Beauftragten wieder abgeschafft, dann hätten Sie mit der gleichen Vehemenz, mit der Sie uns heute vorwerfen, dass wir sie weiterhin schaffen, behauptet, uns seien Integration, Patienten und Ehrenamt nichts wert und wir würden die falschen Zeichen setzen.
Unsere Fraktion hat es in der letzten Legislaturperiode gestört, dass der Ministerpräsident ohne gesetzliche Grundlage in unbegrenzter Anzahl Beauftragte benennen, nach Gutdünken ausstatten und für den Aufwand entschädigen konnte. Genau deshalb haben wir auch Verfassungsklage eingereicht. Wir haben sie zurückgenommen, weil mit diesem Gesetzentwurf unsere drei großen Bedenken und Vorbehalte ausgeräumt sind.
Das geht nun nicht mehr durch die bloße Bekanntmachung der Staatsregierung. Damit ist unser zentrales Anliegen erfüllt: Die Legislative muss in die Bestellung der Beauftragten eingebunden sein. Damit ist dem Gewaltenteilungsgrundsatz auch Genüge getan. Wenn Sie mehr fordern, dann frage ich mich: Wieso sollten wir bei der Berufung von vorwiegend Abgeordneten zu nebenamtlichen Beauftragten und Beratern der Staatsregierung päpstlicher und formaler sein als bei der Berufung von Abgeordneten zu hauptamtlichen Regierungsmitgliedern?
Ganz nebenbei bemerkt: Mit diesem Gesetzentwurf stehen wir verfassungsrechtlich auf sichereren und bescheideneren Beinen als der Bund. Beauftragte der Bundesregierung werden überwiegend schlicht und einfach ohne gesetzliche Grundlage bestellt, und zwar um die dreißig. Das muss man doch einmal sehen. Dort haben Sie diese Praxis noch nie moniert. Die jeweilige Regierung hat die Posten schlicht und einfach mitbesetzt, allerdings mit dem Unterschied, dass jeder der Beauftragten im Bund einen eigenen Dienstwagen hat und ähnlich wie ein Staatssekretär bezahlt wird. Meine Damen und Herren, wenn Sie jetzt andeuten, dass die Abgeordneten in Bayern nicht mehr unabhängig seien, weil sie zusätzlich zu den Abgeordnetendiäten eine Aufwandsentschädigung bekommen, dann muss ich ehrlich sagen: Erstens unterschätzen Sie die Abgeordneten und zweitens achten Sie das Selbstverständnis dieses Hauses gering.
Zweitens. Außerdem war uns die Begrenzung der Anzahl ein Anliegen. Der Ministerpräsident soll nicht nach eigenem Gutdünken so viele Beauftragte bestellen können, wie er will. Das ist jetzt in dem Gesetzentwurf klar geregelt. Es können höchs
Drittens. Dieser Gesetzentwurf deckelt außerdem nicht nur die Anzahl der Beauftragten, sondern auch deren Ausstattung und Entschädigung. In Artikel 3 Absatz 2 heißt es sogar: "[eine] auf das Notwendige beschränkte Geschäftsstelle". Damit ist klargestellt: Es geht hier nicht darum, dass jemand richtig viel Geld bekommt. Den Gedanken, dass hier jemand in eine wirtschaftliche Abhängigkeit kommen könnte, halte ich geradezu für abstrus. Hier soll jemand eine ausgabenbezogene, notwendige Sach- und Personalausstattung haben, um diesem Auftrag nachkommen zu können. Dafür bekommen die Beauftragten kein eigenes Dienstfahrzeug. Sie bekommen eine Aufwandsentschädigung. Diese war in der letzten Legislaturperiode höher. Auch das haben wir erreicht: Sie ist jetzt auf 2.000 Euro gedeckelt. Ich sehe, dass unsere beiden kommissarischen Beauftragten – dass sie nur kommissarisch tätig sind, ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass nicht alle Beauftragten diese Aufwandsentschädigung angegeben haben –, unsere Ehrenamtsbeauftragte und der Patienten- und Pflegebeauftragte, zusätzlich zur normalen Abgeordnetentätigkeit viel Zeit und Herzblut investieren. Da meine ich: Das ist mehr als vertretbar.
Wenn Sie hier dazwischenreden, dann müssen Sie auch redlich bleiben und klar sagen: Wir reglementieren die Bezahlung deutlich stärker, als das bisher in Artikel 15 des Integrationsgesetzes der Fall war, den ebenfalls fast alle Fraktionen dieses Hauses mitgetragen haben.
Insgesamt bringt dieser Entwurf einer durch die Legislative legitimierten Regelung Schranken für die Staatsregierung, die wir in der letzten Legislaturperiode vermisst haben. Meine Damen und Herren, ich glaube, dem Gesetzentwurf kann man guten Gewissens zustimmen. Sie haben gesagt, Herr Schuberl, dieser Gesetzentwurf kommt harmlos daher. – Ich glaube, er ist alles andere als das, was man hier hineinkonstruieren möchte. Das ist doch das Gegenteil von dem, hier Harmlosigkeit zu suggerieren. Dieser Vorwurf ist letzten Endes konstruiert. Deshalb kann man diesem Gesetzentwurf guten Gewissens zustimmen, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Ich darf als nächsten Redner Herrn Abgeordneten Christoph Maier von der AfD aufrufen.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! "Noch niemand entfloh dem verhängten Geschick, und wer sich vermisst, es klüglich zu wenden, der muss es selber erbauend vollenden." – Diese Worte stammen aus Schillers Drama "Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder". Ja, dieses Schicksal, das dort beschrieben wird, wird sich nun für die FREIEN WÄHLER unweigerlich erfüllen. Sie haben kurz nach der Bildung der Koalitionsregierung mit der CSU schon im vergangenen Dezember den Gesetzentwurf über die Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung – kurz genannt: Bayerisches Beauftragtengesetz – auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Funktion der bereits kommissarisch benannten Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung jetzt auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden soll. Bekanntlich gab es bisher dafür keine Rechtsgrundlage. Das Kabinett Söder I hat im vergangenen Jahr die Regierungsbeauftragten nach Gutdünken benannt und vor allem nach Gutsherren
art versorgt. Die Anzahl wurde von drei auf acht aufgestockt, und als Ministaatssekretäre sollten sie selbstverständlich auch mit einer angemessenen Aufwandsentschädigung bedacht werden. Angemessen waren in diesem Fall 3.000 Euro pro Monat, Dienstwagen und natürlich: Geschäftsstelle mit Sekretärin. – Welcher Abgeordnete wünscht sich das nicht?
Dagegen erhob sich allerdings Protest. Dieser Protest gipfelte vor der Landtagswahl sogar in einer Klage der FREIEN WÄHLER vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof.
(Dr. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER): Deshalb haben wir ein Gesetz gemacht, das wir heute verabschieden!)
Herr Hold hat gerade davon gesprochen. Prof. Piazolo stürmte mit Pauken und Trompeten ins Gerichtsgebäude. Die Interessierten können das noch heute im Internet verfolgen. Er prangerte die Unrechtmäßigkeit der Ernennung von insgesamt acht Regierungsbeauftragten an und hielt diese Ernennung sogar für verfassungswidrig. Jeder dachte: Ja, die FREIEN WÄHLER, die meinen es ernst. – Doch kaum sind Sie an der Regierung, tritt bei Ihnen dieser erstaunliche Sinneswandel ein.
Warten Sie es ab. – Die Klage wird jetzt zurückgenommen. Sie bekommen jetzt sogar zwei neue Posten als Regierungsbeauftragte, mit eigenen Leuten besetzt.
Zurück bleiben letzten Endes die enttäuschten Wähler der FREIEN WÄHLER, die dachten, sie würden eine Art harmlose Alternative bekommen. Letzten Endes aber haben sie nur Fleisch vom Fleische der CSU, der Systempartei bekommen; Sie aber haben nur darauf gewartet, ebenfalls im System anzukommen.
Aber zurück bleiben nicht nur die enttäuschten Wähler, sondern vor allen Dingen bleibt das höchste Gut einer Partei zurück: Das ist die eigene Glaubwürdigkeit.
Die FREIEN WÄHLER sind ein Beispiel dafür, wie schnell es eine Partei schaffen kann, vom jahrelangen, fast jahrzehntelangen Oppositionsmodus in den Regierungsmodus zu schalten.
(Dr. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER): Das werden Sie nie schaffen! – Christian Klingen (AfD): Abwarten!)
(Beifall bei der AfD – Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Das befürchten wir eben! Da haben wir schon Erfahrungen!)
Selbst wenn dieser Entwurf Gesetz wird, so sind – jetzt ist es interessant – noch längst nicht alle rechtlichen Fragen geklärt. Nach wie vor stehen diesem Gesetz verfassungsrechtliche Bedenken entgegen – zum Teil wurden sie von Herrn Kolle