Bereits 2001 hat die damalige Kultusministerin Monika Hohlmeier gesagt, dass Schülerinnen und Schüler die Mundart als eigenständige Sprachform mit ihren Besonderheiten, Parallelen und Differenzen zur Hochsprache erfahren sollen. Ich darf kurz zitieren:
Deswegen darf die Deutschlehrkraft die beiden Formen nicht gegeneinander ausspielen. Ein gelungener Unterricht zum Thema "Dialekt" wird die Unterschiede zwischen Mundart und Hochsprache in Wortschatz und Grammatik bewusst machen und für deren spezifische Ausdrucksmöglichkeiten sensibilisieren. Dann werden die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass Dialekt nicht "plump" oder "vulgär" ist, sondern durch eigene, teilweise sehr differenzierte sprachliche Mittel wirkt.
Das war bereits 2001. Das ist seit über 20 Jahren in unseren Schulen präsent, angekommen und selbstverständlich. Hirnforscher gehen übrigens davon aus, dass durch den Wechsel von Dialektsprache und Standardsprache das Sprachzentrum im Gehirn besser ausgebildet wird. Bundesländer mit stark ausgeprägten Dialekten schnitten auch bei den Pisa-Studien besonders gut ab, was auch ein Beleg dafür ist.
Meine Damen und Herren, die Staatsregierung bemüht sich, Dialekte auch in den Schulen präsenter zu machen. Allerdings kann dies nicht von oben herab durch irgendein Gesetz geschehen. Dialekt ist Gegenstand des LehrplanPLUS. Die Pflege von Mundarten ist eng verknüpft mit dem fächer- und schulartübergreifenden Bildungsziel der sprachlichen Bildung.
Natürlich kann man das Thema nicht überall gleich gut umsetzen. Klassen, in denen kaum einer Dialekt spricht, oder solche, in denen fast alle mit Dialekt aufgewachsen sind, werden unterschiedlich mit dieser Frage umgehen. Auch die Lehrer spielen natürlich eine Rolle. Wer selbst mit Dialekt aufgewachsen ist, kann ihn bes
ser mit Leben füllen und deutlich machen. Wenn ein Lehrer versucht, Dialekt zu sprechen, der nicht damit aufgewachsen ist, riskiert er eher, dass es wirkt, als wenn er sich über die Sprache lustig machen würde. Gerade das soll ja nicht passieren.
Auch gibt es zusätzliche Handreichungen. Erlauben Sie mir noch dieses Beispiel: Die Handreichung "MundART WERTvoll – Lebendige Dialekte an bayerischen Schulen" wurde von denen gestaltet, die nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis wissen, wovon sie reden. Federführend waren zum Beispiel der Bayernbund e.V. und das Wertebündnis Bayern, gemeinsam mit Lehrkräften, Schülern, Eltern und vielen anderen.
Ja, natürlich ist es richtig, wenn Sie sagen, dass unsere Dialekte gefördert werden sollen und schützenswert sind. Aber, meine Damen und Herren, Sprache lebt davon, dass sie gesprochen wird und nicht durch ein Gesetz festgeklopft wird. Dialekte werden vor allem gesprochen und keinesfalls einheitlich geschrieben. Wir haben unterschiedliche Dialekte in unserem Land und sehr viele verschiedene Färbungen, die innerhalb weniger Kilometer schon unterschiedliche Varianten haben, selbst innerhalb eines Landkreises. Was wollen Sie da mit einem Gesetz festschreiben?
Es ist doch eine wichtige Aufgabe, nicht nur an den Schulen in Bayern das Bewusstsein dafür zu wecken, Dialekt als Wurzel und bereicherndes Element der deutschen Sprache zu erleben. Die in Bayern gesprochenen Mundarten sind auch ein unverzichtbarer Teil der Sprachkultur, und sie tragen ganz wesentlich zu unserer bayerischen Identität bei. Das allerdings muss gelebt und gesprochen werden, und nicht gesetzlich festgeklopft.
Ich erspare es Ihnen und uns, auf weitere Fehler im Gesetzentwurf selbst einzugehen. Nur eines möchte ich noch nennen. Ich zitiere noch einmal aus Ihrem Entwurf:
Das Gesetz soll die Gleichheit zwischen der Standardvarietät und den Dialektvarianten fördern und den Schutz und Status der deutschen Sprache sicherstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Formulierung ist alles andere als ein Schutz der bairischen Sprache. Es ist schlicht das Gegenteil: Dialekte und die Standardsprache sind gerade nicht gleich und sollen es auch nicht sein. Sprache lebt, und keine öffentliche Einrichtung soll die Verantwortung für die Nutzung oder Entwicklung der Sprache, noch dazu unserer Dialekte übernehmen. Den Menschen draußen, die die Sprache nutzen und leben, obliegt die Entwicklung und Nutzung. Wir können nur versuchen, sie mit Wertschätzung und aktivem Gebrauch auch zu stärken. Unsere vielfältige Mundartlandschaft hier, unter uns im Landtag, unter den Kolleginnen und Kollegen, ist ein erfreuliches Beispiel, wie ich finde.
Besuchen Sie die Theater, die Stücke in Mundart spielen, welche oftmals von hochkompetenten Laien auf die Bühne gebracht werden. Bestärken Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk darin, Programme in Mundart zu gestalten. Aber solche Gesetze sind – höflich ausgedrückt – der falsche Weg oder auf gut Bairisch gesagt: An recht‘n Schmarrn habd‘s do zsammgschrieben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liewes Präsidium, liewe Kollechinne und Kolleche! Die AfD will uns hait vorschreiwe, wie mir do bei uns in Bayern zu redde hän. Die Herre do vun ganz vum rechde Rand, wenn dodebei am liebschte glei ä Mundverboods-Gsetz erlosse: Wu ä Gsetz ist, do kann dann ach die Sprochbolizei vum Höcke glei vorbeikumme, hän Sie sich vielleicht gedänkt.
Sie sagen, das versteht kein Mensch? Die Pfalz war viele Hundert Jahre länger bayerisch wie Frange. Un es wär ä Aufgabe vun de Staatsregierung, de Dialekt mal so zu pfleche, dass mer ach den pfälzische Dialekt do wieder versteht bei uns hait im Landtag dodrin.
Das änziche Probläm von dene do driwwe is: Mir Abgeordnede von den demokratische Fraktione machen bei ihre Schpielcher ned mit!
Sproch, liebe Laid, is ebbes, was mit Heimat und Idendidäd zu due hot. Äbbes, wu mer kä AfD braucht, um zu lerne, was es is.
Nä: Mer braucht en Babbe un e Mamme, un mer braucht änner, wu em gän hot un mit äm red. – Liebe, mein lieber Herr Kollege, des is ebbes, was ganz viel domid zu due hot, was Sproch is.
Mei Kollechin hot mir vorhin noch gsacht: Mit Dialekt werd mer diskriminiert. Ich hab ned gedenkt, dass ich vun der CSU diskriminiert werd, weil ich do halt Pfälzisch red. Des find ich uumechlich.
Sie, Herr Brofessor Hahn, zum Beispiel hän im Ausschuss unser Dichidaal-Minischderin ämmol gnadelos genervt, awwer ned zum Thema! Sondern dozu, wie sie ebbes gsacht hot.
Jetzt froch ich aich emmol, liewwe Kollechinne und Kolleche von de andere Fraktione, von de demokratische: Derf ä Minischderin net babble, wie se will? Muss do die AfD die Schproch-Bolizei spiele? Und dann wars ach noch verkehrt, wann de Herr Hahn gsacht hot: "Sheet hääßt Folie.” Und do debai wäß er noch neddemol, dass des uf Daitsch Blatt häßt. Bläddelcher als Folie hänn uns nämlich die Römer erscht vergliggert. Sheet, Blatt, Folie: Es hot noch käm gschaad, drei Werder fer ä Sach zu kenne, und des is ach sehr gut für die Hirntätichkait.
Awwer zurigg zu dem, was sie do gschriwwe hän, liebe AfD: Ern Gesetzentwurf is waitgehend abgschriwwe aus änre dpa-Meldung vum Februar, "Lesezeit eine Minute”. Sie hän sich awwer ned ämol die Mih gemacht un gegoogelt, wie die des in Norweche iwwerhaupt machen: dreihunnert Johr lang war Norweche Däl vun Dä
nemark. Do hot mer dann hait zwä Schbroche, ennie, die mehr am Dänische orientiert is, wann mer do ebbes schraiwt. Außerdem sin vun de fünf ä halb Millione Lait, die in Norweche wohnen, ugfähr 50.000 Sami. Es hot elf Sami Schbroche. Vun denne sin awwer bloß drei in Norweche offiziellie Sproch.
Komischerweis läst mer awwer in ihrm Babierle kä Wort zu de in Bayern offiziell anerkannte Minderhaide-Schproche. Sie wissen schun, dass do in Bayern Sinti und Roma wohnen, die wu schun sechshunnert Johr un länger do gewohnt hän?
Länger als die mänschte Famillie, die vun ihne do wohnen, Kollechinne und Kolleche. Und ganz sicher länger, als de AfD do im Landtach schon Rabbatz macht!
Rabbatz is ä gudes Stichwort: Mir is jo glai de Hut-Bennel nuff gange, wie ich er Idee fer des naie Gsetz geläse hab. Weil ich do nämlich mit käm Word drin vorkum. Ned, weil ich ä Fra bin un die AfD jo noch ned gemerkt hot, dass Fraue ach do sin uff de Welt. Nä, weil sie komplett ignorieren, dass die Palz hunnnert Johr lang und mehr bayerisch war, länger wie Frange. Main Dialekt, mai Pälzisch basst in de enge Kopp vun de AfD in Bayern ned mit nei. Derf ich do jetzt dann nimmie mitmache? De CSU deed des vielleicht ach gfalle, wann mer ignoriert und nausgschmisse wärn. Awwer soweit is es noch ned kumme.
Bei uns dehäm in de schäne Palz am Rhai babbeln die Lait schun immer, wie ihne de Schnawwel gewachse is. Dehäm, genau, wu is dann dehäm? – Heimat, des is do, wu du de Baam vorm Haus kennscht un im Schadde vun demm Baam mit de annere Mädle in de Klass Gligger gschpielt hoscht. Heimat is für mich ach do, wu ich haimlich abghaut bin vun dehäm un dann am Brunne mit de Buwe boussiert hab. Awwer mit ihne von de AfD, do boussiert kenner!
Heimat kann uff de ganze Welt sai. Fer manche isses ach mä wie än Ort. Mai Kinner hän ihr Haimat do bei uns. Mit ihre Vädder babbeln se awwer – un jetzt muss die AfD ganz, ganz tapfer sai, sehr tapfer – Russisch, Hebräisch un Englisch.
Nadierlich hab ich uffgebasst, dass se ach wissen, was e Grumbeer is, en Botschamber, ä Gummer oder ä Dubbeglas. Sie wissen des alles, un se wissen ach, dass se mer kä Vissemadente mache sollen un dass – wann Bolligo is – ufgeraamt werre muss un dass mer sich nochm Persching die Schnuud abzubuzze hot. Sie kennen ach des Pälzer Lied singe – mit hochdaitschem Akzent –, awwer main Babbe un mai Mamme frän sich trotzdem, wann die Engel do sin un singen, trotz hochdaitschem Akzent. Sie mergen: Haimat un Schbroch is Liebe. Do kommt von Ihne do driwwe rechts ned viel.
Frau Kollegin Kurz, ich kann nicht zu hundert Prozent sicherstellen, dass das alles im Protokoll richtig aufgeschrieben worden ist.
Und wenn, dann mache ich jetzt ein großes Kompliment an den Stenografischen Dienst; denn das wäre dann eine Höchstleistung. Das wollte ich jetzt nur einfließen lassen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Redebeitrag der Kollegin Kurz kann und will ich natürlich nicht toppen. Dies hängt vielleicht auch damit zusammen, dass ich geografischmundartmäßig überhaupt keinen Dialekt habe, da ich aus dem Altmühltal komme, wo sich der fränkische, der schwäbische und der oberbayerische Dialekt überlappen. Dazu gibt es eine Reihe von Doktorarbeiten. Ich würde also in Ihrem Gesetz untergehen, was ich natürlich nicht möchte.