Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Und täglich grüßt das Murmeltier. – Bereits zum sechsten Mal haben wir diesen Gesetzentwurf hier im Bayerischen Landtag: 2010 – –
2010, 2013, noch mal 2013, 2018, 2019 und heute. Im Gegenteil: Man kann nicht sagen, die Lage habe sich nicht verändert, sondern sie hat sich sogar so verändert, dass jetzt noch weniger Grund dazu besteht, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Er ist einfach überflüssig wie ein Kropf. Wir stehen dazu, dass man Betriebe von Bürokratie eher entlastet und nicht noch mehr Bürokratie schafft, die sowohl den Kommunen als auch den Firmen und Betrieben draußen Probleme bereitet.
Warum? – Das Gesetz ist vollkommen überflüssig, denn wir haben bereits jetzt das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und das Mindestlohngesetz. Gesetze sind in Deutschland einzuhalten. Ich brauche kein Gesetz, das sagt, die Vorschriften des anderen Gesetzes hätten zu gelten. Grundsätzlich gelten das Mindestlohngesetz und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Wir haben deshalb bereits eine Bindung. All die Betriebe, die in Deutschland arbeiten, haben sich an das Mindestlohngesetz und an das Arbeitnehmer-Entsendegesetz zu halten. Deshalb bedarf es dieser Regelung nicht.
Wir brauchen auch keine spezielle Regelung zum Personennahverkehr. In Bayern sind alle Eisenbahngesellschaften, die Personen befördern, tarifgebunden. Alle! – Im Straßenpersonennahverkehr haben wir eine weitgehende Tarifbindung, denn bei Ausschreibungen von Kreisen und Kommunen haben wir bereits jetzt die Regelung des § 5 Absatz 1 Tarifvertragsgesetz. Das heißt, wir haben einen für allgemeinverbindlich erklärten Lohntarifvertrag zwischen dem Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen und Ver.di. Dementsprechend besteht überhaupt kein Bedarf.
Man muss sich mal überlegen, wozu es führte, wenn wir einen eigenen vergabespezifischen Mindestlohn einführten. Das heißt, ein Betrieb bräuchte dann möglicherweise zwei Lohnsysteme. Das heißt einmal: entweder ein Lohnsystem, bei dem mindestens der gesetzliche Mindestlohn gehalten werden muss; oder, wenn sich der Betrieb um einen öffentlichen Auftrag bewirbt, bräuchte er ein anderes, höheres Lohnsystem. Oder der Betrieb hätte nur den höheren vergaberechtlichen Tariflohn, den Sie durch das Gesetz haben wollen. Damit ist der Betrieb dann aber im Wettbewerb im Nachteil gegenüber Betrieben, die sich beispielsweise überhaupt
nicht um öffentliche Aufträge bemühen und die deshalb auch sagen, wir brauchen diesen Vergabetariflohn dann nicht zu zahlen. Das heißt, das hätte eklatante Nachteile für die Betriebe, die sich nicht nur im öffentlichen Auftragswesen, sondern auch in der normalen Wirtschaft bewerben. Wir lehnen den Gesetzentwurf deshalb ab; denn er ist ein Bürokratiemonster. Er führt nur zu mehr und mehr Verunsicherung.
Wir sehen dieses Vergabegesetz zudem als einen Eingriff in die Tarifautonomie an. Gerade die SPD hält doch immer die Tarifautonomie hoch. Ich verstehe deshalb überhaupt nicht, warum man dann ein Gesetz braucht, durch das man die Tarifautonomie beispielsweise sogar aushebelt.
Meines Erachtens ist ja das plastischste Beispiel, warum dieses Gesetz überflüssig ist wie ein Kropf, der Mindestlohn von 12 Euro. Wir haben ab Herbst eine bundesweite Regelung, dass 12 Euro gelten. Das heißt, wir würden eine bundesgesetzliche Festsetzung des Mindestlohnes auf 12 Euro dann in ein Landesgesetz übernehmen. Das heißt, wir könnten genauso reinschreiben, dass bei Vergabe öffentlicher Aufträge in Bayern der Mindestlohn des Bundes gilt. Das ist doch Quatsch. Oder sind die 12 Euro dann auch schon wieder obsolet? Brauchen wir da einen anderen Bereich? – Nach unserer Überzeugung ist der Gesetzentwurf deshalb nicht notwendig und nicht sinnvoll.
Verleiher und Subunternehmer waren im Ausschuss Thema. Auch das ist Quatsch. Wenn ich heute einen Subunternehmer beauftrage, dann gilt nämlich auch für mich das AÜG, das Mindestlohngesetz usw. Es gibt sogar Durchgriffshaftung. Das heißt, derjenige, der einen Subunternehmer beauftragt, haftet dafür, dass sich der Subunternehmer an die gesetzlichen Vorschriften hält. Wenn sie nicht eingehalten werden, müssen auch die Differenz und die entsprechende Sanktion gezahlt werden.
Sie schlagen neue Kontrollausschüsse vor; die Vergabestellen sollen kontrollieren. – Ich bin der Meinung, dass Sie dem Zoll zu Unrecht vorwerfen, er mache seine Arbeit nicht richtig. Nach unserer Überzeugung ist der Zoll sehr, sehr effektiv und macht das sehr, sehr konsequent. Ganz im Gegenteil: Ich habe sogar eher Beschwerden von Betrieben und mittelständischen Unternehmen darüber, dass die Kontrollen des Zolls, wenn sie einmal durchgeführt werden, eher ziemlich hart sind. Es ist deshalb schon etwas ernüchternd, wenn Sie schreiben, der Zoll mache das irgendwie nicht so richtig; deshalb brauche man jetzt zusätzliche Kontrollgremien und die Vergabestellen sollten das jetzt noch zusätzlich prüfen.
Man muss sich das mal überlegen: Eine Gemeinde mit 3.000 Einwohnern muss zukünftig noch ein Kontrollgremium einführen, das dann die Vergaben entsprechend überwacht. Das ist doch Wahnsinn. Auch deshalb lehnen wir das ab. Auch Vertragsstrafen sind bereits jetzt möglich.
Eine der eklatantesten Schwächen des ganzen Vergabegesetzes ist es, dass man gegebenenfalls bei zukünftigen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden kann. – Das ist doch jetzt schon der Fall. Ich bin selbst Fachanwalt für Arbeitsrecht und hatte schon mit solchen Konstellationen zu tun. Wenn jemand einen Mindestlohnverstoß begeht, verurteilt wird und es zu einer Sanktion kommt, dann wird das im Gewerbezentralregister eingetragen. Bereits jetzt sind die öffentlichen Auftraggeber bei einer Auftragssumme von über 30.000 Euro dazu verpflichtet, eine Gewerbezentralregisterauskunft einzuholen, oder sie machen das so. Das heißt: Sie sind per se ab dem Moment ausgeschlossen, ab dem es einen Mindestlohnverstoß oder einen Verstoß gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz gibt. Dann ist man jetzt schon von öffentlichen Auftragsvergaben ausgeschlossen. Auch deshalb braucht es dieses Gesetz überhaupt nicht; das ist einfach nur noch mehr Bürokratie.
Sie sagen, überall gebe es das und nur in Bayern nicht. – Erstens hat sich die Zeit total geändert. Sie haben eine ganz falsche Vorstellung vom bayerischen Arbeitsmarkt. Wir haben nicht die Situation, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer quält oder schlecht behandelt. Jeder Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer heute nicht anständig behandelt und anständig bezahlt, wird keine Mitarbeiter mehr haben, weil es nämlich einen Fachkräftemangel gibt. Das heißt: Der Mitarbeiter geht dann woanders hin, weil er heute als Facharbeiter im Baugewerbe, was die öffentliche Vergabe häufig betrifft, sofort woanders einen entsprechenden Job findet.
Es wird dazu führen, dass die öffentliche Auftragsvergabe schwieriger wird. Wir erleben doch schon jetzt in den Kommunen, die Aufträge vergeben und Angebote einholen wollen, dass sich viele Unternehmen gar nicht mehr bewerben, weil schon jetzt die Vergabeunterlagen und Bewerbungen so kompliziert sind, dass die Kommunen eigentlich froh sein müssen, wenn sie überhaupt noch Angebote kriegen. Wenn man zusätzlich noch ein solches bürokratisches Vergabeverfahren draufsetzt, dann haben wir die Sorge, dass das eher dazu führt, dass sich noch weniger Firmen um öffentliche Aufträge bewerben. Dann wird es für die Kommunen entsprechend noch schwieriger.
Ein weiterer Punkt: Wir haben bereits jetzt ein hohes Maß an Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen. Auch deshalb brauchen wir das nicht. Warum? – Allgemeinverbindliche Tarifverträge sind einzuhalten. Die Abfallwirtschaft ist bei der öffentlichen Auftragsvergabe vielleicht nicht so wichtig, aber Helfer im Bauhauptgewerbe bekommen 12,85 Euro, Facharbeiter 15,70 Euro. Das ist allgemeinverbindlich und einzuhalten. Ungelernte im Dachdeckerhandwerk bekommen 13 Euro, Gelernte 14,50 Euro. Im Elektrohandwerk gibt es in der niedrigsten Qualifikationsstufe jetzt 12,90 Euro, bald 13,40 Euro. Wir haben das im Gerüstbau- und Elektrohandwerk, bei den Dachdeckern, beim Bauhauptgewerbe, bei der Abfallwirtschaft, bei Malern und Lackierern und beim Steinmetz. Das heißt: Nahezu alle Gewerke sind bereits über allgemeinverbindliche Tarifverträge geregelt. Deshalb brauchen wir kein zusätzliches Bürokratiemonster.
Ich komme auf Ihre Frage zurück, warum das alle anderen Länder hätten und nur wir in Bayern nicht. – Franz Josef Strauß hat einmal gesagt, in Bayern gingen die Uhren anders. Wir haben das Landespflegegeld; das haben andere Bundesländer nicht. Wir haben das Familiengeld; das haben andere Bundesländer nicht. Wir haben einen unbürokratischen Sonderweg bei der Grundsteuer im Sinne der Bürger; das haben andere Bundesländer nicht. Wir lehnen dieses Vergabegesetz ab, weil wir es nicht brauchen. In Bayern gehen die Uhren anders. In Bayern gehen die Uhren nämlich richtig. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CSU-geführte Staatsregierung ist für ihre Alleingänge bekannt. In diesem Fall ist es ein Alleingang auf Kosten der bayerischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist auch ein Alleingang auf Kosten der hiesigen regionalen Unternehmen. Seit Jahren ist Bayern das einzige Bundesland ohne ein Vergabe- und Tariftreuegesetz. Das ist ein Armutszeugnis, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es gibt so viele gute Gründe, diesem Gesetzentwurf der SPD zuzustimmen. Sei es beispielsweise, um die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich wieder etwas zu schließen. Wir müssen doch ein Interesse daran haben, dass Aufträge des Freistaats Bayern an Unternehmen gehen, die sich an
Tarifverträge halten und vorbildlich bezahlen. Es müssen die Vorbildlichsten sein, die hier in Bayern die staatlichen Aufträge ausführen.
Die Angst vor Armut ist zurzeit eine Zukunftsangst, die sehr viele Menschen umtreibt. Hier muss der Freistaat Bayern doch mit gutem Beispiel vorangehen und die Rahmenbedingungen so gestalten, dass zumindest die Unternehmen belohnt werden, die die Mindeststandards und die besonderen Mindeststandards einhalten. Da reicht es ganz sicher nicht, einfach nur mit dem Finger auf andere und nach Berlin zu zeigen. Die Hausaufgaben müssen hier vor Ort in Bayern gemacht werden, und es muss dafür gesorgt werden, dass die Menschen, die für staatliche Aufträge arbeiten, gut verdienen und von ihrer Arbeit ohne Zukunftsängste sehr gut leben können.
Die Tarifbindung, auf die heute schon so viel Bezug genommen worden ist, nimmt in Bayern immer weiter ab und ist in absolut besorgniserregenden Tiefen angelangt. Binnen der letzten zehn Jahre ist sie um 13 % gesunken; die Zahl der tariflich beschäftigten Menschen ist also wahrlich eingebrochen. Seit 2005 ist Bayern noch dazu Spitzenreiter bei der Altersarmut, ganz besonders von Frauen. Das sind doch Zahlen, die belegen, dass es einen großen Handlungsbedarf im Freistaat gibt. Jeder oder jede soll von seiner oder ihrer Hände Arbeit leben können. Das sollte doch zumindest bei den demokratischen Fraktionen hier im Hohen Haus nicht umstritten sein, liebe Kolleg*innen.
Wir GRÜNEN fordern in Bayern ein Vergabegesetz, das nicht nur in Richtung Mindestlohn und Tariftreue Rahmenbedingungen setzt, sondern auch darüber hinaus. Neben sozialen Kriterien brauchen wir auch ökologische Kriterien. Wir müssen bei der Vergabe bezüglich umweltverträglicher Beschaffung und Entsorgung deutlich mehr verlangen. Wenn wir von unseren Unternehmen in Bayern erwarten, sich sozial-ökologisch zu transformieren, und sie auf diesem Weg begleiten wollen, dann muss der Freistaat Bayern hier vorangehen. Es kann doch nicht sein, dass Unternehmen in Bayern weiter sind als die Politik und dass sie dann bei öffentlichen Aufträgen den Kürzeren ziehen, weil sie nicht den Kostenkriterien des Freistaats entsprechen, nicht in diese Kriterien passen, weil sie eben längst mehr in Klimaschutztechnologien und in bessere Bezahlung investieren und dann nicht zu Dumpingpreisen Aufträge annehmen können.
Klar ist deswegen, dass nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem solchen Gesetz profitieren, sondern auch die bayerische Unternehmenslandschaft profitiert. Schauen wir doch zum Beispiel einmal auf das bayerische Handwerk. Wir schaffen es durch die Vergabe von Aufträgen des Freistaats nach ökologischen und sozialen Kriterien, dass diese Aufträge möglichst regional an unsere Handwerkerinnen und Handwerker vergeben werden. Liebe Kolleg*innen, damit hat unser regionales Handwerk dann endlich den Standortvorteil, den es verdient; denn die Schreinerei ums Eck kennt ja ganz klar die Gegebenheiten des Dorfs und der Stadt vor Ort. Sie können in den meisten Fällen sogar passgenauere Lösungen anbieten.
Darüber hinaus sind soziale und ökologische Kriterien eine Unterstützung, weil sie eben ganz klar dafür sorgen, dass aus Umweltschutzgründen der kürzeste Trans
portweg gewählt wird. Der kürzeste Transportweg wird wiederum von unseren lokalen Unternehmen hier vor Ort erreicht.
Wir GRÜNE fordern ein Vergabegesetz, das neben den ökologischen Kriterien auch den Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit aufgreift.
Wir wollen, dass Betriebe ab zehn Mitarbeiter*innen konkrete Maßnahmen zur Frauenförderung anbieten sollen, damit auch die hier viel diskutierte Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich endlich überall unterstützt wird. Das hilft den Betrieben; denn sie brauchen die Fachkräfte, auch die Frauen.
Berlin geht hier schon seit zwölf Jahren voran und war Vorreiterin. Dort wird beispielsweise die Vergabe von Bauleistungen ebenfalls mit der Einhaltung von Frauenfördervorgaben verknüpft und die Kontrolle der Beachtung von Frauenfördervorgaben auch verstärkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so vieles ist zu tun, so vieles gäbe es zu verbessern; aber die Staatsregierung setzt hier offensichtlich mal wieder lieber auf das Aussitzen und schaut nur zu. Wir GRÜNEN werden diesem – zugegebenermaßen auch immer noch nur einen Schritt darstellenden – Gesetzentwurf der SPD zustimmen. Es muss endlich etwas getan werden, damit wir diesen unsäglichen und schädlichen Alleingang Bayerns beenden und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bayern optimale Bedingungen schaffen.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen! Liebe Kollegin Eva Lettenbauer, genau das Gegenteil deines Eingangsstatements ist richtig. Bayern hat ein Alleinstellungsmerkmal – das stimmt. Wir sind das einzige Bundesland, das dieses Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen hat, und zwar aus gutem Grund. Der Kollege Vogel hat das ausgeführt.
Wir stellen fest, dass die Löhne in Bayern weit über dem bundesweiten Durchschnitt liegen. Unser Lohnniveau steht im bundesweiten Vergleich an der Spitze. Wir haben die größtmögliche Fürsorge für unsere mittelständischen und für unsere Handwerksbetriebe. Deshalb müssen wir sie vor zusätzlicher Belastung und vor zusätzlichen Sanktionen schützen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen die Betriebe in der Produktion halten und sie auf die Baustellen und nicht in die Kontrollmechanismen bringen.
Nun zum Gesetzentwurf: Ja, er wurde zum sechsten Mal eingereicht. Deswegen wird er aber nicht besser. Wir haben am 10. April 2019 hier über ihn abgestimmt, und auch richtig abgestimmt, indem wir ihn abgelehnt haben. Der jetzige Gesetzentwurf ist im Grunde der gleiche; er enthält aber zwei Änderungen. Diese zwei Änderungen sind bemerkenswert. Zum einen werden in Artikel 3 Absatz 3 12 Euro Mindestlohn gefordert. Es müsste aber jedem bekannt sein, dass das bereits vollzogen ist. Insofern hat sich dieser Gesetzentwurf auch ein Stück weit erledigt. Der
Bundestag hat am 3. Juni 2022 diesen Mindestlohn zum Oktober 2022 beschlossen. Insofern ist dieser Bereich substanziell erledigt.
Zum anderen sollten wir alle miteinander wissen, dass die Löhne natürlich der Tarifautonomie unterliegen. Wir wissen alle, dass die Vollbeschäftigung natürlich den Lebensunterhalt in allen Regionen sichern soll. Deshalb ist ein Mindestlohn von 12 Euro keine Wegmarke, er bietet lediglich eine Orientierung. In vielen Bereichen ist er viel zu niedrig. Das können wir an dieser Stelle auch sagen. In München kann kein Mensch von 12 Euro Mindestlohn leben oder Miete bezahlen. Das gehört zur Wahrheit auch dazu.
Die zweite Änderung gegenüber dem Antrag von 2019 besteht darin, dass es hier nur noch um ein Bayerisches Vergabegesetz geht. Im Jahr 2019 hatten wir neben dem Vergabegesetz auch noch das Mindestlohngesetz. Das haben Sie jetzt anscheinend bewusst herausgenommen, weil Sie die verfassungsrechtlichen Bedenken wohl zur Kenntnis genommen und ernst genommen haben. Ich gehe davon aus, dass Sie die konkurrierende Gesetzgebung und auch die Koalitionsfreiheit der Tarifparteien respektieren; denn sonst hätten Sie sie ja noch in den Gesetzentwurf geschrieben. Werte Kolleginnen und Kollegen, bereits heute können Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten, erstens seitens des Bundesministers für Arbeit und Soziales nach § 5 TVG oder zweitens, indem sich die Tarifparteien einigen.
Dem Bieter sollen nach dem neuen Gesetzentwurf Tariftreueerklärungen abgenommen werden. Auch jetzt schon haben wir gesetzliche Bestimmungen, nämlich die gesetzlichen Bindungen an die vorgeschriebenen Löhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder die Einhaltung der Mindestentgelte nach dem Mindestlohngesetz. Ein Bieter, der sich daran nicht hält, hat keinen Anspruch auf Nachfolgeaufträge. Kollege Vogel hat das eben noch einmal gesagt.
Die Forderung nach zusätzlichen Vergaberichtlinien widerspricht der allseits geforderten Vereinfachung und Entbürokratisierung. Sie widerspricht auch unserer Paragraphenbremse. Auch das muss man sich vor Augen führen.