Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gilt jetzt als Europäische Union zusammen mit unseren transatlantischen Partnern mit einer Stimme zu sprechen und Verantwortung für die Sicherheit auf diesem Kontinent zu übernehmen. Es gilt jetzt an der Seite der Demokratie zu stehen, an der Seite aller, die Frieden wollen, aber Frieden nicht mit Unterwerfung verwechseln. Eine harte Linie gegenüber Russland ist kein Selbstzweck, sondern die notwendige Reaktion auf das Handeln der russischen Regierung.
Kolleginnen und Kollegen, es ist also gut, dass der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das Genehmigungsverfahren für Nord Stream 2 gestoppt hat. 2015 wurde Nord Stream 2 beschlossen, also nach dem aggressiven Akt Russlands auf der Krim. Die beiden letzten Bundesregierungen haben das damals vollkommen falsch bewertet.
Kolleginnen und Kollegen, es ist gut, dass Außenministerin Annalena Baerbock zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen zusammen gestern Nacht weitreichende Sanktionen gegen Russland beschlossen hat.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist gut, dass wir jetzt eine Bundesregierung haben, die geschlossen hinter einer wertegeleiteten Außenpolitik steht. Frieden, Freiheit, Menschenrechte, Demokratie, all das müssen wir zu einem Grundpfeiler
unserer Außen- und Wirtschaftspolitik machen. Das bedeutet in diesem Fall: Solidarität mit der Ukraine und klare Kante gegen den Aggressor Russland.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen, dass die Bundesebene für die Außenpolitik zuständig ist. Aber auch wir hier im Bayerischen Landtag, auch wir auf Landesebene können etwas tun. Deswegen begrüße ich es außerordentlich, dass Markus Söder heute endlich die Verhandlungen über die Produktion und den Import des Impfstoffs Sputnik V für beendet erklärt hat. Wir GRÜNE hatten die Verhandlungen von Anfang an kritisiert; denn Sputnik V war und ist kein unpolitischer Impfstoff.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist es auch an uns, am Freistaat Bayern, uns so schnell wie möglich von Gas- und Kohleimporten unabhängig zu machen. Energiepolitik ist auch Machtpolitik. Energiepolitik ist auch Geopolitik, und Energiepolitik ist auch Sicherheitspolitik.
Robert Habeck hat es gestern richtig gesagt: Wir müssen uns von der Preis- und Kriegstreiberei anderer Länder unabhängig machen. Dazu gehört auch der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien, auch hier in Bayern. Dazu gehört der beschleunigte Ausbau der Stromleitungen, auch hier in Bayern; denn nur so kommen wir aus der Abhängigkeit raus.
Natürlich können wir als Bürgerinnen und Bürger Bayerns weiter unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zeigen. Nicht nur gestern gab es viele Mahnwachen für Frieden, Solidarität und für die Menschen in der Ukraine in ganz Bayern. Auch wir im Bayerischen Landtag senden heute dieses Zeichen aus. We stand with Ukraine!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulze. – Damit kommen wir zum nächsten Redner: Martin Böhm von der AfD-Fraktion. Bitte schön, Herr Abgeordneter Böhm.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! FDP und SPD verurteilen in ihren Anträgen Aggression und Gewalt. Das ist richtig und wichtig. Natürlich darf man bei dem Schritt, den der Kreml jetzt getan hat, nicht einfach so zur Tagesordnung zurückkehren.
Was mich allerdings irritiert, ist die unglaubliche Eilfertigkeit gerade des SPD-Antrags, diese Undifferenziertheit, die dort zu erkennen ist, und dieser Mangel an korrekter historischer Einordnung. Wo sehen denn eigentlich die Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN die Feindseligkeiten der Sowjetunion gegenüber den Ländern der östlichen Partnerschaft oder gegenüber der EU? Von "Sowjetunion" spreche ich nur, weil unser Kollege Zierer gerade gerne in diesem antiquierten Weltbild geblieben ist. Warum bleibt in Ihrer Forderung nach Solidarität die russische Minderheit im Osten der Ukraine ausgeklammert? Weshalb erwähnen Sie nicht die jahrelangen und mit Abermillionen an Dollar finanzierten Versuche der USA, die Ukraine in gewisser Weise zu ihrem Vorposten auszubauen? Darf ein Land nicht an seine legitimen Sicherheitsinteressen denken, wenn sich ein
Mit diesen Einwänden will ich Moskaus Handeln keineswegs entschuldigt wissen; aber all das, was ich eben erwähnt habe, fehlt in Ihren Anträgen und auch in dem nachgezogenen Antrag der Kollegen der CSU.
SPD und FDP geht es bei ihren beiden Anträgen in erster Linie darum, der Politik der bunten Koalition in Berlin von Bayern aus zuzujubeln. Das ist der eigentliche Sinn solcher Anträge. Natürlich untergräbt Putin gerade völkerrechtliche Vereinbarungen. Aber wäre es nicht auch die Pflicht cleverer deutscher und bayerischer Politik gewesen, solche Verträge über Jahrzehnte geostrategisch abzusichern? Diese Versäumnisse sind nicht neu, sondern gehen bis auf das Jahr 2003 zurück. Immer und überall war es das wirtschaftliche Interesse unseres großen Hegemons auf der anderen Seite des Atlantiks, auf das wir bei der Gestaltung eines gemeinsamen friedlichen Kontinents Rücksicht nehmen mussten.
Wie tief bundesdeutsche Politik diesen Kniefall verinnerlicht hat, zeigt sich an dem Nord-Stream-2-Debakel, das gestern in Berlin seinen Höhepunkt fand. Anstatt mit seinem wichtigsten Pfund in der Hand clever zu spielen, versenkt Scholz die bereits am Grunde liegenden Röhren endgültig. Der letzte schmale Steg hinaus aus der Energiepreisinflation wurde gestern mutwillig zerstört. Dafür werden Millionen Bürger, auch bayerische Bürger, bald wahlweise tiefer in die Tasche greifen oder frieren müssen.
ohne dabei zu überlegen, wem sie eigentlich verpflichtet sind, nämlich zuerst den Menschen hier im Land. Diese spüren gerade, dass die Sanktionen uns selbst am allermeisten treffen, nicht die USA oder Russland und auch nicht Brüssel.
Wenn ich zurückdenke: Schmidt und Kissinger diskutierten schon vor Jahrzehnten über die Chancen einer neutralen Ukraine, und China tat es gerade auf der Münchner SiKo genauso. Man wollte es nicht hören, da es nicht zum transatlantischen Verständnis passt. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg gab es die Idee eines "Intermarium" von der Ostsee bis hinunter zum Schwarzen Meer. Heute kann man darin die Vision eines dritten, neutralen Machtblocks erkennen, und morgen kann dies ein freiwilliger neutraler Status der Ukraine sein, den zu garantieren sich Russland und Nato gemeinsam verpflichtet sehen.
Dies zu unterstützen ist gut für den Frieden in Europa. Das hartnäckige Streben der Ukraine nach einem Anschluss an den Westen wird hingegen zu keinem guten Ende führen. Schlecht für den Frieden und für unsere deutschen Interessen ist es allerdings weiterhin, vollkommen ohne Not den Forderungen aus Brüssel und Washington hinterherzulaufen, ohne solche gerade geschilderten eigenen Visionen einer künftigen stabilen Ordnung unseres Kontinents zu entwickeln.
Ich bedanke mich für Ihren Beitrag, Herr Abgeordneter Böhm. – Ich sehe keine Meldung zu einer Zwischenbemerkung. Damit darf ich gleich den nächsten Redner aufrufen. Wir brauchen noch ein bisschen Zeit, um das Pult zu reinigen. – Nun bitte ich den Abgeordneten Alex Dorow für seine Rede ans Pult. Bitte schön, Herr Abgeordneter Dorow.
Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sache ist seit vorgestern eigentlich völlig klar: Präsident Putin pfeift auf das Völkerrecht sowie auf die europäische Nachkriegsordnung und die Verhandlungsangebote des Westens gleichermaßen. Seit über siebzig Jahren garantiert uns nach den Erfahrungen des Ersten und Zweiten Weltkriegs die unbedingte Haltung, Grenzen nicht gewaltsam zu verschieben, Frieden und Wohlstand in ganz Europa. Lieber Herr Kollege Böhm, dass auch postkolonialer Schmerz kein Grund sein kann, diese eiserne Regel zu beachten – ob Neutralität oder nicht –, das zeigen doch demokratisch gefestigte Staaten wie etwa Frankreich. Ich erinnere daran: In der Geschichte kam es auch mehrmals bei uns vor, dass man sich mit postkolonialen Zuständen nicht abfinden mochte. Als zum Beispiel in Frankreich 1962 Offiziere der OAS putschten, weil General de Gaulle Algeriens Unabhängigkeit akzeptierte, war der Spuk in einem demokratisch gefestigten Land wie Frankreich schnell beendet.
Für Putins Russland gilt dies über dreißig Jahre nach Ende des sowjetischen Zwangsimperiums leider immer noch nicht. Nach Georgien, Moldawien und der Krim macht Russland mit der Anerkennung der infiltrierten Gebiete im Donbass als souveräne Staaten und dem offiziellen Truppeneinmarsch sehr deutlich, dass rote Linien für Moskau offensichtlich nicht gelten. Lieber Herr Kollege Böhm, ich frage mich, was man hier planerisch verhandeln will. Das Minsker Abkommen ist damit schlicht Makulatur. Es gibt derzeit keine Vorlage mehr für eine friedliche Konfliktlösung mit dem Westen. Damit ist der Grundkonsens der europäischen Nachkriegsordnung zerstört, wonach Staatsgrenzen nicht mehr mit Gewalt verändert werden sollen. Nach über siebzig Jahren Frieden ist dies eine bittere Erfahrung.
Die langfristigen Folgen können nach meinem Ermessen – ich kann es abkürzen, weil die Vorredner es schon gesagt haben – kaum mehr überschätzt werden. Nichts weniger als die Sicherheitsinteressen Europas auch in Zukunft stehen auf dem Spiel. Dabei ist es strategisch – wenn ich dies sagen darf – nicht entscheidend, welche Schritte der Kreml jetzt genau ergreifen wird. Dem von Russland 2014 entfachten Krieg im Donbass sind seither – Herr Kollege Hagen hat es zu Recht gesagt – mindestens 14.000 Menschen zum Opfer gefallen. Die Hoffnung, Präsident Putin mit weiteren Verhandlungen über den Status der Ukraine von einem größeren Feldzug oder sogar weiteren Attacken auf andere ehemalige Mitgliedstaaten – ich nenne nur Kasachstan – abzuhalten, ist erkennbar unrealistisch geworden.
Dennoch – daher auch unser Antrag gemeinsam mit den FREIEN WÄHLERN – müssen wir die diplomatischen Kanäle selbstverständlich offen halten. Wir, FREIE WÄHLER und CSU gemeinsam, bekräftigen in diesem Zusammenhang, dass die elementaren Grundregeln der globalen und europäischen Friedensordnung sakrosankt sind und dass Angriffe auf die westliche Werteordnung solidarisch und im engen Schulterschluss aller liberalen Demokratien abgewehrt werden müssen. Krieg ist niemals eine Zukunftsperspektive, auch deshalb müssen wehrhafte Demokratien auf der Basis unserer westlichen Werte verteidigt werden. FREIE WÄHLER und CSU begrüßen vor diesem Hintergrund das entschlossene Auftreten der westlichen Bündnispartner durch die sofortige Verhängung von weitreichenden Sanktionen als Antwort auf diese russische Aggression. Wir sehen in
dieser eindeutigen Reaktion der Bündnispartner übrigens zugleich ein wichtiges Signal, um einer Präzedenzfallwirkung mit Blick auf andere globale Krisenherde vorzubeugen.
Klar ist auch – und es ist mir wichtig, dies hier anzuführen –, dass sich diese Politik weder gegen die Russische Föderation als solche noch gegen das russische Volk richtet. Ziel ist es vielmehr, einen Völkerrechtsbruch als solchen klar zu benennen und daran mitzuwirken, dass dieser Konflikt eine, wo irgend möglich, diplomatische Lösung findet, um Frieden für ganz Europa, Freiheit, Demokratie und Wohlstand zu garantieren. Wir stehen deshalb solidarisch an der Seite der Ukraine und ihrem Volk und bekräftigen, dass Souveränität, territoriale Integrität und Unabhängigkeit unverhandelbar sind. Wir bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
Ich bedanke mich, Herr Abgeordneter Dorow. – Als nächste Rednerin rufe ich die zuständige Staatsministerin auf. Frau Staatsministerin Huml, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Letzte Woche waren wir hier im Hohen Haus noch vorsichtig optimistisch gewesen. Heute müssen wir leider feststellen, die Lage ist nicht so. Ich glaube, wir alle haben in den letzten Tagen immer wieder die Nachrichten angeschaut. Wir haben wissen wollen: Was tut sich? Was entwickelt sich?
Die heutige Sitzung des Bayerischen Landtags findet in einem Moment größter Spannung statt – eine Spannung, wie wir sie in der jüngeren europäischen Geschichte in dieser Art und Weise noch nicht erlebt haben. Die Russische Föderation bedroht einen Nachbarstaat militärisch, sie greift in seine territoriale Souveränität ein und spricht ihm das Existenzrecht ab. Gleichzeitig fordert die russische Seite eine Revision der Nachkriegs- und Friedensordnung Europas ein. Die Dramatik der Situation ist wirklich enorm. Wir stehen vor einer epochalen Zäsur. Was Russland hier tut, ist ein inakzeptabler Bruch des Völkerrechts. Das Vertrauen ist an dieser Stelle vielfach zerstört worden.
Noch ist nicht klar, wie weit die russische Führung nach der Anerkennung der Separatistengebiete in der Ostukraine als eigene Staaten, als die sogenannten Volksrepubliken, gehen wird und wie weit die zu befürchtenden Angriffe reichen werden. Aber allein diese Tatsache ist doch schon dramatisch. Herr Kollege Dorow hat es schon richtig ausgedrückt: Es geht nicht darum, dass wir Russland, der Bevölkerung Russlands, negativ gegenüberstehen wollen. Es muss aber klar angesprochen werden, was die russische Führung hier tut und dass dieser Völkerrechtsbruch inakzeptabel ist.
Klar ist, schon jetzt verstößt Russland gegen die Vereinbarungen von Minsk. Den Friedensprozess, den wir alle angestoßen haben, bei dem man so gehofft hat, dass er in der Ostukraine weitergeht, den hat Russland konterkariert, ebenso wie die vielen diplomatischen Beziehungen. Klar muss aber auch sein, dass wir auch weiterhin die Wege der Diplomatie beschreiten, dass wir diese Türen, diese Kanäle offen halten wollen. Auch das erscheint mir in dieser Situation wichtig. Trotzdem muss es Maßnahmen geben. Wir stehen als Freistaat Bayern zu den Maßnahmen, die der Bund und Europa jetzt ergreifen, weil sie einfach notwendig sind. Dabei müssen wir uns auf größere Verwerfungen einstellen, militärisch, politisch, aber auch weltwirtschaftlich. Das waren Erkenntnisse, die man am vergangenen Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz bei vielen Diskussionen gewinnen konnte. Ich durfte selbst dabei sein. Etliche Mitglieder der Staatsregierung und
auch dieses Hohen Hauses waren mit dabei. Die Diskussionen drehten sich um die Fragen: Was bedeutet das? Was sind die Konsequenzen?
Jetzt ist es Aufgabe der Bundesregierung, mit allen Verbündeten, aber auch im Dialog mit Russland und der Ukraine die nächsten Schritte zu setzen. Wir unterstützen die aktuellen Maßnahmen des Bundes, das habe ich bereits erwähnt, beispielsweise auch das Aussetzen von Nord Stream 2. Für die Staatsregierung kann ich aber auch klar betonen, dass wir zur NATO stehen, dass wir zu den Werten des Westens stehen. Wir stehen aber auch an der Seite der Ukraine. Im letzten Oktober durfte ich selbst die Ukraine und Kiew bereisen. Ich war tief beeindruckt davon, wie sich die Menschen dort eine engere Anbindung an Europa wünschen, wie dort der klare Wille gegeben ist, sich am Westen, Richtung Europa, zu orientieren. Das fördern wir.
Wir haben eine Regierungskommission, wir arbeiten zusammen in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Landwirtschaft, Inneres, Justiz und auf kommunaler Ebene. Diese Dinge werden wir, soweit das geht, fortführen. Das ist wichtig, und es ist ein Signal in die Ukraine hinein, dass wir diese Solidarität mit der Ukraine, mit den Menschen in der Ukraine fortführen und von Bayern her pflegen wollen. Wir wurden gebeten, ziviles medizinisches Hilfsmaterial zu liefern. Wir wollen und werden die Ukraine mit Schutzausrüstungen im Wert von etwa 250.000 Euro unterstützen. Ich denke, das ist ein Gebot der Stunde.
Wie schon gesagt, Bayern steht zu den Werten des Westens. Es kann diesen inakzeptablen Völkerrechtsbruch nicht unwidersprochen stehen lassen. In diesem Sinne stehen wir auch zu den Maßnahmen, die getroffen wurden.
Danke, Frau Ministerin. Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. – Zu einer Zwischenbemerkung hat sich Herr Bergmüller von der AfD-Fraktion gemeldet. Herr Bergmüller, bitte.