Wir als FDP begrüßen die Gesamtidee und Gesamtstrategie, die ländlichen Regionen auch durch die Verlagerung von öffentlichen Institutionen, wie es Behörden und Gerichte sind, zu stärken. Wir haben aber immer darauf hingewiesen, dass wir bei dieser Strategie nichts davon halten, im Klein-Klein zu agieren und quasi mit der Gießkanne über das Land zu ziehen. Stattdessen sollte man durch wirksame, durch größere und in der Region auch spürbare Impulse besondere Wirkungen erzielen. Das ist an dieser Stelle, wenn wir in einem ersten Schritt von einer Steigerung der Anzahl der Senate von 4 auf bis zu 6 und später auf 9 Senate reden, nur ein Stück weit gelungen.
Kollege Schuberl hat die Unsicherheit, die damit verbunden ist, angesprochen. Wir – und sicherlich nicht nur wir hier, sondern auch die Richter am VGH – würden hier schon auch erwarten, dass baldmöglichst für Klarheit darüber gesorgt wird, bis zu welchem Zeitpunkt weitere Senate verlagert werden sollen. Der Staatssekretär hat davon gesprochen, dass es bis zum Jahr 2028 bis zu neun Senate sein sollen. – Das ist unbefriedigend. Wir als die letztendlich verantwortlichen Entscheider sollten uns das in dieser Form auch nicht gefallen lassen.
Ich darf an dieser Stelle – Kollege Faltermeier hat noch einmal dezent, aber doch deutlich vernehmbar die besonders gute Erreichbarkeit Ansbachs betont – schon auch darauf hinweisen, dass im Zuge dieser zweiten Stufe noch über die Verlagerung des Verwaltungsgerichts Regensburg, soweit Niederbayern betroffen ist, nach Freyung entschieden werden soll. Ich weise auch darauf hin, dass da exekutiv über Grundstücke nicht nur gesprochen, sondern auch verhandelt wird; da ist nach Lösungen zu suchen.
Man mag auch diese Entscheidungen – das ist ja auch bekannt – kontrovers bewerten; die Entscheidung ist aber exekutiv getroffen. Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich denke, es gebietet die Achtung vor dem Gesetzgeber und dem eigentlich Verantwortlichen, hier rechtzeitig einen Gesetzentwurf vorzulegen, damit auch da die Weichen entsprechend gestellt werden können.
Die Umsetzungsfragen – die Frage nicht nur der Erreichbarkeit, sondern auch der wertschätzenden Miteinbeziehung des VGH und aller Verantwortlichen, was die Umsetzung betrifft – stehen noch aus, werden im Ausschuss sicherlich vertieft zu behandeln sein. Im Gesamtverfahren fehlt mir aber doch die Verdeutlichung, dass wir über die Verlagerung von Gerichten zu entscheiden haben und dass nicht in der Staatsregierung an einem Dienstag –
Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Weitere Redevorschläge liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist hiermit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration als federführendem Ausschuss zu überweisen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Nein, dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung über die Digitalisierung im Freistaat Bayern (Bayerisches Digitalgesetz - BayDiG) (Drs. 18/19572) - Erste Lesung
Begründung und Aussprache werden miteinander verbunden. Damit gibt es 14 Minuten Redezeit für die Staatsregierung. Ich eröffne zugleich die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 32 Minuten. – Ich erteile zunächst Frau Staatsministerin Judith Gerlach das Wort. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr darüber, dem Hohen Haus das erste Digitalgesetz Bayerns vorstellen zu dürfen. Ich darf mich bereits heute bei allen bedanken, die dieses Gesetz so wertschätzend und wohlwollend begleitet haben.
Wir haben eine fortschreitende Digitalisierung. Diese betrifft alle Lebensbereiche – die Gesellschaft, die Wirtschaft, natürlich auch die Politik und den Freistaat Bayern im Allgemeinen. Sie stellt mit Sicherheit eine der großen Herausforderungen der letzten Jahrzehnte dar. Ich finde, sie ist aber auch eine der ganz großen Chancen, die wir in Bayern nutzen müssen, um in vielerlei Hinsicht auch weiter an der Spitze des Fortschritts marschieren zu können.
Uns in Bayern ist das nicht nur bewusst, sondern das wird auch aktiv gestaltet. Man sieht das zum Beispiel an sehr hoch budgetierten, sehr aufwändigen und nachhaltigen Digitalisierungsprogrammen wie BAYERN DIGITAL I und BAYERN DIGITAL II oder zuletzt an der Hightech Agenda. Bisher fehlte aber ein wirklich übergreifender, programmatischer, vor allem rechtlicher Rahmen, der sehr allgemeine, aber innovationsoffen ausgestaltete Eckpunkte für die gesellschaftliche Digitalisierung im Ganzen insgesamt definiert.
Wie haben wir mit dem Digitalgesetz also angefangen? Was waren unsere Ausgangsüberlegungen? – Wir wollten ein Gesetz, das den politischen und rechtlichen Leitplanken für die Digitalisierung in Gesellschaft, Wirtschaft, in Staat und Verwaltung wirklich im Ganzen gerecht wird. Eine Überlegung haben wir immer in den Mittelpunkt gestellt: Was erwarte ich denn als Bürgerin, was erwarte ich als Bürger von diesem Gesetz? – Wie können wir das Digitalgesetz also so gestalten, dass es der Digitalisierung in all ihrer Breite wirklich gerecht wird und damit auch wirklich alle Lebensbereiche betrifft, für die es Auswirkungen hat? Wie können wir das Gesetz so gestalten, dass wir in einer digitalen Welt wirklich einen modernen und serviceorientierten, einen bürgerfreundlichen Staat bieten können?
Ich möchte kurz die Kernbausteine und Hauptüberlegungen, die durch das Gesetz führen, skizzieren: Es ist zum einen eine Festlegung von Zielen, von Grundsätzen der Digitalisierung, die sich der Freistaat Bayern auch in den nächsten Jahren auf die Fahnen schreibt. Es ist aber auch eine Verankerung von digitalen Rechten der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Unternehmen in Bayern. Letztendlich – und das ist sehr wichtig – geht es um den Bürokratieabbau und die Modernisierung von Staat und Verwaltung durch ein effizientes, innovationsoffenes und digitales Verwaltungsrecht. Im Grunde genommen ziehen sich diese drei Hauptziele durch das komplette Regelwerk und sollen von vorne bis hinten eingehalten werden. Das ist unser Anspruch.
Wir haben einen allgemeinen Teil. Mit diesem zieht das Digitalgesetz allgemeine Ziele und Bestimmungen vor die Klammer, bevor der besondere Teil des Gesetzes kommt. Der allgemeine Teil wird ergänzt durch eine Reihe von Schlüsselthemen
Dem Gesetz ist eine Art Digital-Charta vorangestellt. Dort werden die ganz wesentlichen Ziele der bayerischen Digitalisierungspolitik sehr umfassend umschrieben. Beispielsweise geht es um die Stärkung des Digitalstandorts Bayern, die Förderung innovativer digitaler Geschäftsmodelle und Spitzentechnologien, die Förderung von Barrierefreiheit und einen gleichberechtigten Zugang von Männern und Frauen zu Digitalberufen. Dazu zählen aber auch die Stärkung der digitalen Daseinsvorsorge im Freistaat Bayern einschließlich digitaler Netze, unsere Infrastruktur, der Ausbau digitaler Verwaltungsangebote für unsere bayerischen Unternehmen sowie die Stärkung von digitaler Aus- und Weiterbildung in der Verwaltung selbst für die Menschen. Das sind nur ein paar Zielbestimmungen, die ich skizzieren möchte.
Uns war es wichtig, diesen Katalog von digitalen Zielbestimmungen wirklich an den Anfang des Gesetzes zu stellen und das Digitalgesetz zu eröffnen, um klarzumachen, dass alle unsere staatlichen Bemühungen sich daran orientieren müssen. Um die Bürgerinnen und Bürger ganz bewusst in den Mittelpunkt des Gesetzes zu stellen, war es uns wichtig, auch digitale Rechte selbst auf den Weg zu bringen. Neben den schon gewährleisteten digitalen Zugangsverfahrensrechten gibt es beispielsweise ein Abwehrrecht auf Zugang zum Internet und Regelungen zur digitalen Identität und Teilhabe. Außerdem sollen mobile digitale Dienste angeboten werden. Was heißt das konkret? – Jede Bayerin und jeder Bayer hat das Recht auf seine eigene digitale Identität und damit ein Recht auf digitale Kommunikation mit dem Staat durch einen nutzerfreundlichen und sicheren Zugang.
Wir wollen außerdem das digitale Verfahren als Regelfall – also Digital First. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis wird umgekehrt. Zuerst wird das Verfahren digital geregelt und gedacht und dann auch umgesetzt. Bisher war das analoge Verfahren die Regel. Das heißt im Übrigen nicht, dass der Bürger das analoge Verfahren nicht mehr in Anspruch nehmen kann. Allerdings sollen die geeigneten Verfahren vorrangig wirklich digital angeboten werden und nicht, wie bisher, die Ausnahme sein. Wir regeln im Digitalgesetz, dass geeignete Online-Dienste für Bürger auch über Mobilfunkgeräte in Anspruch genommen werden können. Mit der BayernApp haben wir zum Beispiel letztes Jahr einen großen Schritt in diese Richtung gemacht. Wir erweitern dieses Angebot beständig.
Zur Nutzerfreundlichkeit zählt auch die Möglichkeit, erforderliche Belege über die Behörde direkt abzurufen und auf ein Postfach zugreifen zu können. Ebenso ist es unser Ziel, das Once-Only-Prinzip zu verwirklichen. Das Nutzerkonto des Bürgers soll mit Melderegistern vernetzt werden, damit man nicht immer erneut Angaben machen muss, wenn man Formulare ausfüllt. Stattdessen kann man vorgefertigte Formulare erwarten.
Wir gehen den konsequenten Weg, alle Interaktionen mit dem Staat zu vereinfachen und vor allem digital zu gestalten. Das gilt für die Antragstellung, den Identitätsnachweis, aber auch für die Bezahlung und die Kommunikation. Der Freistaat unterstützt auch die kommunale Ebene. Das ist ganz wichtig beim Angebot öffentlicher digitaler Dienste. Die Kommunen können über das BayernPortal und das Nutzerkonto, das wir zur Verfügung stellen, auf viele zentral bereitgestellte Leistungen zugreifen. Wir haben Förderprogramme wie das "Digitale Rathaus", die Fortbildungen zum Digitallotsen und vieles mehr. Das wird durch das Digitalgesetz unterstrichen. Dies soll natürlich weitergeführt werden.
Wir wissen, ohne die kommunale Ebene ist der digitale Freistaat nicht zu machen. Deswegen unterstützen wir die kommunale Ebene mit vielfältigen Möglichkeiten. Aber – das ist auch klar – jede Ebene, egal ob Bund, Land oder Kommunen, muss
in ihrem Bereich selbst einen Beitrag leisten, um spürbare und flächendeckende Fortschritte zu verzeichnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir ist es wichtig, den Blick auf unsere Unternehmen zu richten, die unseren Wirtschaftsstandort Bayern und unsere Wirtschaftskraft ausmachen, sowie Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Im Gegensatz zu uns normalen Bürgern haben Unternehmen wesentlich mehr Behördenkontakte im Jahr. Für die Wirtschaft ist es deshalb ganz entscheidend, dass wir effiziente, digitale und bürokratiearme Verfahren zur Verfügung zu stellen. Diesem Umstand trägt das Digitalgesetz mit Regelungen für ein auf der ELSTER-Technologie, die Sie alle kennen, basierendes Unternehmens- und Organisationskonto angemessen Rechnung. Wir führen gerade den Roll-out in Deutschland durch. Ich bin wirklich stolz darauf, dass wir das mit unserem bayerischen Konto im Grunde genommen für die gesamte Bundesrepublik anstoßen konnten.
Der Mensch steht im Mittelpunkt der Digitalisierung. Das ist für uns nicht einfach dahingesagt. Das gilt auch für das Digitalgesetz. Uns geht es zentral um die Befähigung und die Teilhabe der Menschen im Digitalen. Wir ergreifen geeignete Maßnahmen zur Stärkung der digitalen Grundkompetenzen von natürlichen, aber auch juristischen Personen. Wir wollen weiterhin insbesondere Qualifizierungsmaßnahmen zur digitalen Barrierefreiheit aufsetzen und vieles mehr. Ohne Menschen ist kein Staat zu machen. Ohne Menschen ist auch kein digitaler Staat zu machen. Ohne menschliche Intelligenz hilft die ganze künstliche Intelligenz relativ wenig. Deshalb haben wir ganz besonders unsere Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter im Blick. Wir unterstützen noch mehr die Qualifizierung von Ansprechpartnern für die digitale Entwicklung und die digitale Ausbildung in den Kommunen vor Ort. Beispielsweise werden bei der Einführung neuer digitaler Verfahren mehr angemessene Fort- und Weiterbildungen unserer Staatsbediensteten gemacht. Es wird noch mehr investiert. Wir statuieren dieses auch im Digitalgesetz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben wirklich ein Digitalgesetz aus einem Guss, das einen Unterschied machen kann. Ich hoffe, dass es den Unterschied machen wird. Damit auch all diese Ziele erreicht werden, regeln wir im Digitalgesetz, einen Digitalplan aufzustellen. Mit dem Digitalplan Bayern 2030 geben wir uns im Grunde genommen eine zukunftsweisende Strategie mit konkreten Umsetzungsmaßnahmen. Wir warten nicht, bis das Digitalgesetz beschlossen ist. Es gibt keine Zeit zu verlieren. Wir haben bereits alle Ressorts einbezogen. Wir haben über 50 Interviews mit Expertinnen und Experten geführt und ausgewertet. Aktuell finden Themenforen zu den Themen Gesellschaft, Wirtschaft, Lebensräume, Wertschöpfung und Staat statt. Wir bekommen eine virtuelle Beteiligungsplattform, die nächste Woche startet. Daran sollen sich möglichst viele beteiligen. Wir schreiben über 50.000 Personen an. Wir haben über 200 Verbände im Blick, die Verbandskonsultationen machen werden. Ich kann auch Sie alle nur ermutigen, mitzumachen, sich einzubringen und diesen Digitalplan mit Leben zu füllen.
Flankiert wird der Digitalplan von regelmäßigen Berichtspflichten gegenüber dem Hohen Haus. So etwas gibt es bisher in keinem Bundesland. Apropos – wir brauchen mit der Vorlage des Bayerischen Digitalgesetzes wirklich keinen Vergleich zu scheuen. Die TUM hat uns bestätigt, dass wir mit dem Entwurf unseres Bayerischen Digitalgesetzes europäischer Spitzenreiter sind. Das Digitalgesetz regelt erstmals die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung, nicht nur punktuell, sondern möglichst umfassend. Es geht nicht mehr nur um das klassische E–Government, sondern wesentlich umfassender um die Regelungen digitaler Rechte, digitale gesetzliche Zielbestimmungen, umfassende Verwaltungsmodernisierung, aber auch effiziente Gremienarbeit, um das Know-how, das wir haben und verbreitern wollen, im digitalen Bereich besser zu bündeln und den
bayerischen Anliegen Gehör zu verschaffen. Ein solches Digitalgesetz gibt es einfach bisher noch nicht. Das TUM Center for Digital Public Services hat das Bayerische Digitalgesetz bewertet. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das geplante Digitalgesetz sogar im internationalen Vergleich deutliche Akzente setzt und eine Alleinstellung Bayerns in der Digitalgesetzgebung nach sich zieht. Kein anderes Vergleichsland kann wirklich ein derart umfassendes Regelwerk vorweisen, das auch die Rechtssicherheit und Rechtsverbindlichkeit für Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmen im digitalen Raum schafft. Man kommt zu dem Schluss, dass wir uns auf dem allerbesten Weg zum Digital Government Champion befinden. Das muss auch unser Anspruch sein.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ein Gesetz macht noch keinen digitalen Staat – Ja. Aber auch ein digitaler Staat braucht Leitlinien, eine Richtschnur und ambitionierte Zielbestimmungen. Ich möchte Sie daher alle herzlich bitten, dieses Gesetz auch nachhaltig zu unterstützen. Nur durch diese neuen Zielbestimmungen und den neuen Rechtsrahmen können auch E–Government und digitale Entwicklung im Freistaat weiter wachsen. Ich denke, dieses Ziel eint uns alle.
Herzlichen Dank, Frau Staatsministerin. – Nächster Redner ist der Kollege Benjamin Adjei für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Gerlach hat gerade ausgeführt, wie wichtig das Thema Digitalisierung für uns als Gesellschaft ist und wie stark es unsere verschiedenen Lebensbereiche beeinflusst. Was in der Rede nicht ganz vorkam, ist die Frage, wie weit wir in dieser Hinsicht eigentlich als Staat sind. Der Digitalreport 2022, der gerade veröffentlicht worden ist, hat ergeben, 98 % der Bürgerinnen und Bürger sind der Meinung, die Digitalisierung der Verwaltung hinke hinterher. Hier muss etwas passieren. Dies ist eine klare Handlungsaufforderung.
Daher ist es gut, dass die Bayerische Staatsregierung das Thema jetzt angehen möchte und ein Digitalgesetz vorlegt, um den rechtlichen Rahmen der Digitalisierung der Verwaltung zu entwickeln. Hier wird ein ganz neuer Ansatz versucht: Es wird versucht, Rechte zu definieren. Sie haben das ausgeführt. Mit einer Charta, haben Sie gesagt, wird versucht, Aufgaben des Staates zu definieren. Leider ist es nur bei diesem Versuch geblieben. Das Konkrete fehlt. Das ist sehr schade; denn an sich sind diese verschiedenen Bereiche sehr wichtig. Hier könnte eigentlich sehr viel passieren.
Im ersten Teil gibt es von 15 Artikeln nur einen, der den Menschen konkret etwas bringt. Dies ist Artikel 7, in dem es um Personal und Qualifizierung geht. Dort schaffen Sie die Möglichkeit oder die Pflicht, dass Bedienstete, wenn sie im öffentlichen Dienst mit neuen Technologien konfrontiert werden, ein Recht auf Weiterbildung und Fortbildung haben. Dies ist sehr konkret. Wird dem nicht entsprochen, kann ich zum Chef oder zur Chefin gehen und sagen: Im Digitalgesetz steht, du musst mir das bieten. Das ist gut, aber in den übrigen 14 Artikeln überhaupt nicht enthalten. Darin definieren Sie sehr viele Rechte. Sie wollen Nachhaltigkeit verankern, ohne zu sagen, welche Handlungsaufforderungen hier konkret auf den Staat zukommen, und ohne Pflichten zu definieren. Sie haben das Recht auf Zugang zum Internet definiert, ohne zu sagen, was eigentlich dahintersteckt und welche Handlungsaufforderungen das Ganze bringt. Dies sind sehr viele Ziele und Visionen. Im Grunde ist das Ganze eine Präambel in Artikelform, aber kein echtes Gesetz.
Der eigentliche Hauptteil des Gesetzes sind die konkreten Ausführungen zur Digitalisierung der Verwaltung. Hier sind gute Ansätze dabei, zum Beispiel "Digital First". Im Onlinezugangsgesetz wird bisher vor allem das Antragswesen digitalisiert. Was dabei im Rathaus im Hintergrund passiert, ist egal. Dies kann dazu führen, dass ich einen digitalen Antrag stelle, der im Rathaus ausgedruckt und per Hand eingetragen wird. Hier fordern Sie nun, das müsste auch intern digitalisiert werden. Dies ist zwar der richtige Ansatz, aber hier fehlt wieder eine Konkretisierung, wie das Ganze eigentlich vonstattengehen soll. Die Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist in dem Gesetz komplett ausgespart; dabei braucht man diesen Rahmen, um die Kooperation zwischen den verschiedenen Bundesländern, dem Bund und den Kommunen zu stärken, weil die digitale Verwaltung auf allen drei Ebenen entwickelt und vorangetrieben werden muss.
Wir geraten jetzt in die Situation, dass die anderen Bundesländer kritisieren, Sie hätten im Gesetz das Nutzerkonto Bund ausgeschlossen bzw. es nicht nativ eingebunden und wollten dies nun über die BayernID tun. Wie das die anderen Bundesländer handhaben, ist Ihnen egal. Dies führt am Ende dazu – ich übersetze es einmal ins Analoge –, dass es, wenn ich mit meinem Bundespersonalausweis ins Rathaus gehe, heißen wird: Nein, du brauchst erst einmal einen bayerischen Personalausweis, weil der Bundespersonalausweis hier nicht passt. – Frau Gerlach, hier können Sie jetzt den Kopf schütteln, aber das ist die Reaktion,
Hier sind wir beim Thema Konkretisierung. Konkretisieren Sie doch, was das heißt. Zu sagen, alles muss über die BayernID laufen, auch das Nutzerkonto Bund, ohne konkret zu definieren, wie das Ganze passieren soll, ist keine Kooperation mit anderen Bundesländern. Dies wird bundesweit gerade sehr massiv kritisiert, auch von den Menschen, die gerade daran arbeiten. Ich habe E-Mails von Personen erhalten, die selbst in der operativen Umsetzung und in der Programmierung tätig sind und fragen: Wie sollen wir das bitte schön tun, wenn Bayern hier plötzlich einen Sonderweg geht?
Wir müssen die Kommunen besser einbinden und besser unterstützen. SchleswigHolstein hat dies beispielsweise mit dem IT-Verbund getan, einer Plattform, auf der Kommunen und das Land aktiv miteinander kooperieren, sich austauschen und vernetzen. Solche Plattformen müssen wir schaffen, auch fest verankert. Davon finde ich im Digitalgesetz leider nichts.
Der Kern der digitalen Verwaltung ist am Schluss die Digitalisierung von Prozessen und Daten. Auch dies sprechen Sie nicht an. Sie haben kurz erwähnt, Sie wollten Open Data irgendwann irgendwie über ein separates Gesetz regeln. Das Thema datengetriebene Prozesse und Technologien haben Sie gar nicht angesprochen. Aber wenn ich mir als Entwicklerin oder Entwickler überlege, ich möchte etwas umsetzen und entwickeln, brauche ich einen Rahmen, der jetzt vorhanden ist. Schleswig-Holstein hat dies getan. Dort haben sie auch ein Digitalgesetz vorgelegt. Sie haben ein Open-Data-Gesetz und ein IT-Einsatzgesetz mitgeliefert. Auch dies brauchen wir hier in Bayern. Daher wage ich zu bezweifeln, dass wir hier Vorreiter sind. Schleswig-Holstein geht hier deutlich weiter und regelt dies detaillierter.
Wir merken, hier ist noch einiges zu verbessern. An einigen Stellen brauchen wir Nachbesserungen. Deswegen werden wir dazu im Ausschuss eine Anhörung beantragen, um die Expertise der verschiedenen Fachgebiete einzubinden. Ich freue mich schon auf die Debatte im Ausschuss und auf eine sicherlich spannende Anhörung zu diesem Thema.
Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Kollege Sandro Kirchner für die CSU-Fraktion. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Digitalisierung ist mehr als Glasfaser, mehr als Mobilfunk und auch mehr als Computerspielen. Digitalisierung betrifft alle Lebens-, Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche, angefangen bei der intelligenten Vernetzung von Prozessketten über die Erfassung, Aufbereitung, Analyse und Kommunikation von Daten bis hin zur Automatisierung. Natürlich stellt auch die künstliche Intelligenz Digitalisierung dar. Sie fordert Transparenz und Teilhabe, genießt und generiert neue Geschäftsmodelle und Wertschöpfung und führt zu einem eigenen, neuen Sozialverhalten in vielfältiger Weise. Gerade die Corona-Krise hat uns aufgezeigt, dass es bei der Digitalisierung auch Defizite gibt: bei Prozessen und Prozessoptimierung, durch fehlende Tools und auch in der Alltagsdigitalisierung, wie wir an der einen oder anderen Stelle schmerzlich gesehen haben. Natürlich stellt sich auch die Frage der Transformation. Diese wird langfristig und grundlegend sein. Der Prozess betrifft die Gesellschaft, die Wirtschaft, den Staat und auch die Verwaltung.