Protocol of the Session on January 25, 2022

In § 74 Absatz 3 Satz 3 SGB VIII heißt es im Hinblick auf die Bemessung dieser Eigenbeteiligung kurz und knapp: "Bei der Bemessung der Eigenleistung sind die unterschiedliche Finanzkraft und die sonstigen Verhältnisse zu berücksichtigen." Die Vorschrift räumt also einen Spielraum ein, sowohl was den Umfang als auch die Mittel der Eigenleistung angeht. Damit ist auch festzuhalten: Einen festen bzw. einen Mindestbetrag als Eigenleistung kennt § 74 Absatz 3 Satz 3 SGB VIII nicht. Er schreibt außerdem vor, dass bei der Förderung auch die sonstigen Verhältnisse berücksichtigt werden müssen, und zwar auch dann, wenn ein Geldbetrag als Eigenleistung angesetzt wird.

Die Staatsregierung definiert die angemessene Eigenleistung als dann erbracht, wenn pauschale Sätze durch die Träger der freien Jugendhilfe, in der Regel 10 % der Fördersumme, durch bare Eigenmittel geleistet werden. Die Erbringung der erforderlichen Eigenmittel durch Sachmittel, etwa durch die Überlassung von Räumlichkeiten oder durch ehrenamtliches Engagement, ist hiernach schwierig. Das gesamte Fürsorgesystem und insbesondere auch die Kinder- und Jugendhilfe sind jedoch durch das ehrenamtliche Engagement geprägt. Insbesondere bestimmt schon § 73 SGB VIII, dass ehrenamtliche Kräfte angeleitet, beraten und unterstützt würden. Dies geschieht auch durch finanziellen Aufwand und durch Personaleinsatz der Freien Träger.

Stand jetzt trägt der Freistaat Bayern der bundesrechtlichen Vorgabe des § 74 des SGB VIII damit nicht ausreichend Rechnung. Die bundesgesetzliche Regelung lässt deutlich flexiblere Lösungen zu, sowohl im Hinblick auf die Höhe des Eigenanteils als auch im Hinblick auf die Art der Erbringung des Eigenanteils. Die bislang in Bayern bestehende Regelung bzw. Handhabung benachteiligt weiterhin kleinere Träger der Kinder- und Jugendhilfe und verhindert so einen fairen Wettbewerb. Mehr Flexibilität und mehr Wettbewerb wären aus unserer Sicht aber wünschenswert. Auf der anderen Seite ist selbstverständlich sicherzustellen, dass die Erbringung der Eigenleistung, egal in welcher Form sie erfolgt, auch adäquat ist.

Einen Änderungsbedarf bei den bestehenden Regelungen sehen wir als grundsätzlich gegeben an. Wir sehen den weiteren Beratungen mit Spannung entgegen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. – Nächster Redner ist der Abgeordnete Robert Riedl für die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Entschuldigung, jetzt habe ich meine Brille oben vergessen.

(Heiterkeit)

Kein Problem, wir haben Zeit. Es bleibt dabei: Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion hat mich gefragt, ob ich ins kalte Wasser springe und schon bei der ersten Plenarsitzung ein Gesetz bewerte. Als Tauchbeckensanierer habe ich natürlich sofort Ja gesagt, weil ich weiß, dass kaltes Wasser angenehm ist, wenn ich im heißen Wasser verbrüht werde.

(Heiterkeit)

Im Übrigen habe ich dann meine erste Rede hinter mir. Sollte ich heute aber trotzdem ein bisschen nervös sein, bitte ich, mir das zu verzeihen.

Aber nun zum Gesetzentwurf. Die mit dem Gesetzentwurf verfolgte Änderung betrifft die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Kommunen, und den Freistaat Bayern als überörtlichen Träger. Bei der Förderung der Freien Träger in der Jugendhilfe durch den Freistaat besteht bereits jetzt die grundsätzliche Möglichkeit, Eigenleistungen wie Sachwerte, Arbeitsleistung oder auch ehrenamtliche Leistungen als Eigenanteil zu berücksichtigen. In Bayern ist dabei jetzt, sofern sachlich erforderlich, ausnahmsweise auch eine Reduzierung des Eigenmittelanteils sogar bis auf null möglich.

Schon Anfang 2020 hat die Staatsregierung dieses Problem gesehen, und nach Prüfung der Gesetzeslage wurde unter anderem die Verwaltungsvorschrift zu Artikel 44 der Bayerischen Haushaltsordnung zum 01.03.2021 dahin gehend geändert. Seitdem kann auf die Erbringung des Eigenanteils vollständig verzichtet werden, weil eine staatliche Zuwendung nur bis zu einem Drittel erfolgen kann. Das heißt nicht, dass die Einrichtungen nur 33 % bekommen. Sie können auch noch von einer anderen Stelle Förderungen erhalten. Im konkreten Fall heißt es: Damit verzichtet der Freistaat beispielsweise bei der Förderung der Erziehungsberatungsstellen von staatlicher Stelle bereits auf einen Eigenanteil.

Auch im Bereich der Jugendarbeit werden die bisherigen Ausnahmemöglichkeiten zum Teil schon genutzt. Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe obliegt den Kommunen als örtlichen Trägern die Gesamt- und Finanzierungsverantwortung. Jugendhilfe ist kommunale Pflicht im eigenen Wirkungskreis. In diesem Zusammenhang sind in Zusammenarbeit mit den Freien Trägern der Jugendhilfe bedarfsgerechte Jugendhilfsangebote vor Ort sicherzustellen und zu finanzieren. Auch bei der Umsetzung der Förderung der freien Jugendhilfe obliegt es den Kommunen, über die Forderung bzw. Ausgestaltung eines Eigenanteils von Zuwendungsempfängern zu entscheiden. Hier besteht bereits die grundsätzliche Möglichkeit, Eigenleistungen in Form von Sachleistungen etc. als Eigenanteil zu berücksichtigen. Die konkrete Ausgestaltung obliegt den Kommunen. Sie soll in partnerschaftlicher Zusammenarbeit von öffentlicher und freier Jugendhilfe zum Wohle junger Menschen und ihrer Familien geschehen. In den kommunalen Jugendhilfeausschüssen sind sowohl Vertreter der Kommunen als auch der Freien Träger beteiligt. Deshalb sollen auf kommunaler Ebene sachgerechte Regelungen vor allem hinsichtlich der Förderung und Ausgestaltung von Eigenanteilen der Zuwendungsempfänger gewährleistet sein.

Auch nach dem neuen Gesetzesvorschlag bliebe es bei diesem Ermessen. In einer solchen Regelung wird deshalb kein Mehrwert gesehen. Nur wenn die Kommune als Hauptfinanzierer selbst beschließen würde, auf die Erbringung eines Eigenanteils zu verzichten, bestünde durch die Neuregelung für die staatliche Bewilligungsstelle die Möglichkeit, sich dieser Entscheidung anzuschließen, wodurch der

Träger tatsächlich auch bei einer staatlichen Mitfinanzierung keinen Eigenanteil tragen müsste. – Zu viel Konjunktiv.

Meine Damen und Herren, eine landesrechtliche Regelung war bisher nicht angezeigt. Das bewährte Konstrukt des Interessenausgleichs auf örtlicher Ebene sollte deshalb nicht durch landesrechtliche scheinbare Vorgaben unterminiert werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Doris Rauscher für die SPD-Fraktion. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sozialverbände, Wohlfahrtsverbände, Vereine – sie alle bereichern die sozialen Strukturen. Sie sind wie ein Seismograf ganz nah an den Menschen dran und spüren Bedarfe vor allem auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, gerade von Kindern und Jugendlichen in oftmals schwierigen Lebenssituationen auf. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat den großen Wert dieser Angebote gerade für Heranwachsende und ihre Familien eindrücklich deutlich gemacht. Die Träger erbringen hier eine Leistung, die von erheblichem staatlichen Interesse ist.

Deswegen irritiert es mich immer wieder, dass die Staatsregierung die Träger nicht wirklich als echten Partner auf Augenhöhe betrachtet. Vorher sind auch die Worte gefallen: Eigeninteresse in der Umsetzung muss auch sichergestellt werden. – Die Träger sozialer Arbeit fühlen sich oftmals als Bittsteller, der die Ernsthaftigkeit und gute Absicht seiner Arbeit mit einer Eigenleistung in Barmitteln beweisen muss. Das überfordert die Träger, und zwar nicht nur die kleinen, sondern mittlerweile auch die großen immer mehr; denn jede Erweiterung eines vernünftigen Angebots belastet finanziell mehr. Dabei geht es uns doch eigentlich darum, vernünftige Angebote weiter auszubauen.

Wenn man auf den Bundesgesetzgeber blickt – es wurde vorher schon erwähnt –, dann sieht man, dass man bewusst darauf verzichtet hat, die Eigenmittel konkreter zu definieren. Man spricht von "angemessener Eigenleistung". Die Bayerische Staatsregierung akzeptiert aber nicht, dass es ein Nebeneinander von Leistung gibt, das heißt, dass Bar- und Sachmittel und ehrenamtliche Leistung kombiniert werden. In Bayern werden die Träger mit der Fokussierung auf Barmittel belastet. Genau das muss sich ändern.

Eine Diskussion dazu führen wir im Hohen Haus schon relativ lang. Auch dem Sozialministerium ist diese Thematik sehr wohl bekannt. Ich möchte an einen Schriftverkehr von vor zwei Jahren erinnern, das war auch im Januar, mit der damaligen Sozialministerin Frau Schreyer, die ihre Unterstützung in einem Brief zugesichert hatte und darauf hingewiesen hatte, dass ihr sehr wohl bewusst ist, dass die Erbringung des Eigenanteils in Höhe von regelhaft mindestens 10 % der Kosten die Träger tatsächlich zunehmend belastet, nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer schwieriger werdenden Haushaltssituation vieler Trägerverbände. – Das fand ich damals sehr positiv, muss ich sagen. Die seinerzeitige Frau Staatsministerin hat damals tatsächlich zugestimmt, dass im AGSG den Überprüfungen des Eigenmittelanteils Rechnung getragen werden muss; gerne greife sie die Anregung für eine Verbesserung der Finanzierungssituation der Freien Träger auf. Wie gesagt, damals war ich eigentlich sehr positiv gestimmt und dachte mir, das könnte in die richtige Richtung gehen. Wenn wir uns das aber heute anschauen, dann muss man feststellen: Es waren vor allem schöne Worte; wirklich passiert ist bis auf diese kleine Verbesserung – so sage ich einmal – durch die Neuregelung, wenn der Staat mit weniger als einem Drittel der Gesamtkosten beteiligt ist, nichts. Ziel muss also sein, die Angebotslandschaft weiter auszubauen und auf jeden Fall si

cherzustellen; denn die Signale der Träger muss man schon ernst nehmen. Es gibt Hinweise, dass Träger wegen der finanziellen Belastung nicht weiter ausbauen und sogar überlegen, ihre Angebote zurückzufahren. Es geht also nicht um die Abschaffung dieser 10 %, sondern um eine flexiblere Gestaltung, als es bisher der Fall ist. Wir vertiefen das Ganze noch im Fachausschuss und sehen uns dann zur Zweiten Lesung wieder.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Julika Sandt von der FDP-Fraktion. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Im SGB VIII ist klargestellt, dass bei der Bemessung der Eigenleistung die unterschiedliche Finanzkraft und sonstige Verhältnisse zu berücksichtigen sind; interessanterweise wählte der Bund den Begriff "Eigenleistung" und nicht "Eigenmittel", Herr Enghuber. Wie Sie wissen, haben der Bayerische Jugendring, die LAG Jugendsozialarbeit und die Freie Wohlfahrtspflege im Jahr 2019 auch dort eine Anpassung an die Bundesregel gefordert. – Jetzt frage ich mich gerade, wo Herr Enghuber ist; er wird schon noch da sein. – Sie sehen auch schon, dass dort irgendwo ein Problem ist, haben sich an die Verwaltungsvorschrift begeben. Ich verstehe nicht, warum Sie die Konkretisierung dieses bayerischen Ausführungsgesetzes, die es ermöglicht, Sachmittel und das Ehrenamt, also auch geldwerte und freiwillige Leistungen, anzurechnen, hier nicht mittragen.

In Zeiten des Fachkräftemangels – und auch schon lange davor – ist doch das Ehrenamt eine Säule unserer Gesellschaft, ohne die unser soziales Gebäude zusammenbrechen würde. Das gilt auch und gerade für die Jugendhilfe. Gerade in den letzten Monaten hat die Corona-Krise gezeigt, dass auf die Ehrenamtlichen auch in diesen Zeiten Verlass ist. Sie setzen sich für Projekte und Programme ein, die die Träger der Jugendhilfe mit großem Engagement konzipieren und umsetzen. Das sind Programme, die jungen Menschen dabei helfen, sich tagtäglich aufzuraffen, auch wenn ihre Lebensumstände unerträglich sind. Das sind Projekte, die es Kindern und Jugendlichen ermöglichen, trotz aller Widrigkeiten den Weg in ein besseres Leben zu finden.

Genau diese Träger haben immer häufiger Mühe, den Eigenanteil aufzubringen. Wir brauchen in der Jugendhilfe Bayerns eine vielfältige Trägerlandschaft, damit unsere Jugend das bestmögliche Unterstützungsangebot hat. Sie gilt es aktiv zu fördern; denn Jugendliche brauchen gerade jetzt jede Unterstützung. Die COPSYStudie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf hat gezeigt, dass es bei jedem dritten Jugendlichen auch angesichts der Krise psychische Auffälligkeiten gibt. Jugendliche brauchen gerade jetzt jede Art von Unterstützung. Das darf kein Sparmodell sein, und es soll auch nicht daran gespart werden. Es soll nur möglich sein, dass man zum Beispiel Sachmittel, angemietete Räume und vor allem Man- und Womanpower hier mit anrechnet und einbringen kann. Würdigen Sie nicht nur Geldmittel und pekuniäre Mittel! Würdigen Sie auch menschliche Mittel und menschlichen Einsatz! Das ist, was wir von Ihnen erwarten.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist hiermit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Erhebt sich Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 c auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (Drs. 18/19570) - Erste Lesung

Begründung und Aussprache werden miteinander verbunden. Die Staatsregierung hat damit 14 Minuten Redezeit. Ich eröffne zugleich die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 32 Minuten. – Ich erteile dem Herrn Staatssekretär Gerhard Eck das Wort. Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist die Erste Lesung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung; es wurde angesprochen. Ich will es kurz und stichpunktartig machen. Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs ist, mindestens sechs statt bislang vier Außensenate in Ansbach zu errichten. Der Sitz des Verwaltungsgerichtshofs mit der Mehrzahl der Senate bleibt unangetastet in München; ich meine, das ist wichtig. Diese Maßnahme ist Teil der zweiten Stufe des Konzepts zur Behördenverlagerung 2030. Das müsste ebenfalls bekannt sein. Nach diesem Konzept sollen strukturschwache Gebiete gestärkt und München ein Stück weit entlastet werden; dies zur Begründung der Änderung.

Die geplante Umsetzung der Verlagerung sieht wie folgt aus: Sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes ist letztendlich die Unterbringung von sechs statt bisher vier Senaten im Gebäude am Montgelasplatz vorgesehen. Weitere Außensenate – voraussichtlich bis zu neun Senate – können in Ansbach untergebracht werden, sobald die Unterbringung gewährleistet ist. Im Gebäude am Montgelasplatz ist nur für insgesamt sechs Senate Raum; darüber müssen wir auch offen und ehrlich reden. Voraussichtlich wird deshalb ein neues Gerichtsgebäude erforderlich werden. Ein neues Gebäude könnte – auch hier sage ich: voraussichtlich – bis spätestens 2028 errichtet werden.

Es gibt auch Kritik; damit wollen wir ehrlich umgehen. Ich meine, sie ist unberechtigt. Diese Teilverlagerung ist eine wichtige Aufwertung für Ansbach; ich meine, sogar für ganz Nordbayern. Fakt ist: Die Eigenständigkeit der Gerichte bleibt gesichert; das muss man bei der Diskussion immer wieder in den Mittelpunkt rücken. Die Entscheidung über die Teilverlagerung trifft nicht die Exekutive, sondern der Landtag; das wird auch ab und zu kritisch angesprochen und vergessen. Auch die Funktionsfähigkeit bleibt gewährleistet, wenn es künftig sechs und später bis zu neun Außensenate in Ansbach gibt.

Auch die Personalpolitik ist ein wichtiger Punkt; darum spreche ich das noch einmal an. Personalpolitisch gilt der Grundsatz der Freiwilligkeit. Niemand muss unfreiwillig nach Ansbach gehen. Im Ergebnis der Anhörung gibt es vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und von den Verbänden volle Unterstützung bzw. keine durchgreifenden Einwände bei diesem Thema; auch das sollte angesprochen werden. Deshalb bitte ich um Zustimmung. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. – Nächster Redner ist der Kollege Toni Schuberl für die Fraktion von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein trockenes Thema, ein scheinbar trockenes Thema. Es geht um die Änderung

des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Verwaltungsgerichtshof soll weitere zwei Senate nach Ansbach verlagern. Es ist trocken, und es gibt natürlich Detailfragen, die wir in den Ausschüssen diskutieren können, wie zum Beispiel die Frage nach der Bestimmtheit. Es geht um mindestens sechs Senate; der Staatssekretär hat dann am Ende von neun Senaten gesprochen. Ist das bestimmt genug? Wer bestimmt am Ende eigentlich, wie viele Senate verlagert werden? Sind es sechs, sieben, acht oder neun? Das ist alles noch unklar. Es ist nicht ganz klar, ob die Norm der Verwaltungsgerichtsordnung, wonach jedes Bundesland nur ein OVG haben darf, noch erfüllt ist. Das kann man alles noch diskutieren. Das sind juristische Spitzfindigkeiten. Diese Diskussionen finden im Ausschuss statt.

Die Stärkung des ländlichen Raums ist super. Wir GRÜNE unterstützen sie. Wir unterstützen sie auf allen Ebenen, wobei hier schon fraglich ist, wie sehr man Ansbach als strukturschwach ansehen kann. Das ist doch eine sehr gut entwickelte Stadt. Aber auch das ist eine Frage, die man als Detail in den Ausschüssen diskutieren kann. Ansbach hat einen wunderbaren Altbau, da passen auch sechs Senate hinein. Sechs Senate werden es sein. Das ist doch alles sehr schön. – Das ist es auch.

Die Entstehungsgeschichte ist es aber nicht. In einem Rechtsstaat ist es notwendig, dass die drei Gewalten von sich aus Rücksicht auf die jeweils beiden anderen nimmt. Das gilt insbesondere für die Regierung. Außerdem gilt insbesondere, dass eine Regierung Urteile von Gerichten achtet und sie auch ausführt. Wir erinnern uns: das Feinstauburteil. In einer bemerkenswerten, eigentlich unvergleichlichen Situation hat die Bayerische Staatsregierung Urteile der bayerischen Gerichte, Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, missachtet. Das ging so weit, dass Zwangsgelder verhängt worden sind. Aber auch das hat die Staatsregierung ignoriert, bis der Verwaltungsgerichtshof vor den Europäischen Gerichtshof gezogen ist und gefragt hat, ob der Bayerische Ministerpräsident in Beugehaft genommen werden müsse. Bis zu diesem Machtkampf hat es Markus Söder getrieben; ein beispielloser Machtkampf zwischen der Exekutive und den Gerichten.

(Zuruf: Themaverfehlung!)

Just nach diesem Machtkampf verkündet Markus Söder auf einer CSU-Klausur, und zwar ohne vorher mit Richterinnen oder Richtern gesprochen zu haben, dass der gesamte VGH von München – wo er vor 150 Jahren von König Ludwig in der Ludwigstraße angesiedelt worden ist – nach Ansbach verlagert wird. Er soll also komplett nach Ansbach. Das alles fand ohne Rücksprache, ohne Gespräche, ohne Beratungen statt. Aus den Reihen der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichtern wurde es dann auch als das bezeichnet, was es war: der Versuch der Unterwerfung des Gerichts unter eine Machtgeste des Regierungschefs.

(Lachen)

Gerade diese Art der Verkündungspolitik à la Söder – in diesem Fall eines grantigen Söders –, ohne die Gerichte einzubinden, ist eine Art und Weise, wie man mit der dritten Gewalt nicht umgeht. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um das Gericht handelt, das originär dafür zuständig ist, die Staatsregierung und den Ministerpräsidenten zu kontrollieren. Aufgrund dieser Ankündigung gab es dann auch einen Brief der Vorsitzenden des Verbandes der Bayerischen Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen an den Ministerpräsidenten. Er ist bis heute unbeantwortet. Ist das der neue Stil des Markus Söder?

Im Nachhinein wurde das auf unterer Ebene alles wieder eingefangen. Es wurde wieder in Bahnen gelenkt, zerstörtes Porzellan wurde wieder gekittet. Auf den untergeordneten Ebenen funktioniert die bayerische Verwaltung nämlich sehr gut.

Der VGH und das Präsidium sind eingebunden worden. Der Plan ist so zurechtgestutzt worden, dass er gut wird. Der VGH wird nicht mehr komplett verlagert, sondern es sind nur noch zwei Senate. Am Ende ist das ein guter Entwurf geworden. Wir GRÜNEN werden ihn in den Ausschüssen wohlwollend prüfen. Ich plädiere aber mit Nachdruck dafür, dass wir in Zukunft eine Staatsregierung haben, die wieder zu einem angemessenen und respektvollen Umgang mit den Gerichten zurückkehrt.