Protocol of the Session on March 14, 2017

Allerdings hob sich auch die Modellbautherapie im BKH Straubing nach der Verlegung dorthin von anderen Arbeitstherapien ab. Die zwischen dem Zeugen Dr. Haderthauer und der Klinikleitung geführten Preisverhandlungen waren intransparent. Zudem ließ man sich über etliche Jahre in den Verhandlungen von Dr. Haderthauer massiv unter Druck setzen. Das hat der Untersuchungsausschuss eindrucksvoll belegt. Vom BKH Straubing geforderte Preiserhöhungen wurden stets mit dem Argument abgelehnt, dass sich die Modellbautherapie für die SAPOR Modelltechnik GbR dann nicht mehr lohnen würde. Sie hat sich also doch gelohnt. Es ist keineswegs so, dass hier die Haderthauers oder später Dr. Haderthauer das Opfer einer wirtschaftlichen Fehlinvestition gewesen wären. Er hat auch noch spät in den Verhandlungen mit dem BKH Straubing deutlich gemacht, wo seine wirtschaftliche Schmerzgrenze liegt. Das impliziert aber, dass er nach wie vor gute Gewinne machte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Handlungsempfehlungen aus dem Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses des Bezirks Niederbayern und der Beschluss des Niederbayerischen Bezirkstags vom 12.05.2009 wurden ignoriert. Statt der dort zum Beispiel vorgeschlagenen 5.100 Euro wurde auf Druck von Haderthauer ein Preis von nur 4.100 Euro pro Modellauto ausgehandelt. Obwohl bei der Modellbautherapie im Vergleich zu den meisten anderen Arbeitstherapien eine bessere Kostendeckung möglich gewesen wäre, wurde das Gewinninteresse einer externen Firma im Verhältnis zum öffentlichen Interesse bevorzugt. Die Firma SAPOR Modelltechnik GbR profitierte extrem von dem niedrigen Arbeitstherapieentgelt in der Forensik.

Steigerwald war quasi in personam die Modellbautherapie. Ohne ihn wäre das alles nicht durchführbar gewesen. Das haben uns alle anderen Maßregelvollzugsleiterinnen und –leiter im Untersuchungsausschuss bestätigt. Das war von Anfang an nicht fachgerecht und unzulässig; denn eine Arbeitstherapie kann man nicht an einen Patienten binden. Die Ausgänge und Urlaube des Zeugen Steigerwald in seiner Zeit in Ansbach waren in dieser Form einzigartig und unter Sicherheitsaspekten nicht zu verantworten. Wir haben die Hintergründe der Verlegung nach Straubing nicht wirklich aufklären können. Für mich bleibt aber der Verdacht, dass es auch

hier nur darum ging, die Modellbautherapie in irgendeiner Form weiterführen zu können, nachdem das in Ansbach aufgrund des Wechsels in der Leitung nicht mehr möglich war.

Auch da standen im Kern betriebswirtschaftliche Interessen dahinter. Das BKH Straubing ist die am besten gesicherte und teuerste Maßregelvollzugsanstalt. Hier darf man auch mal erwähnen, dass damit der Allgemeinheit höhere Kosten aufgebürdet wurden, die nicht angefallen wären, wäre der Patient Steigerwald in Ansbach oder in einer weniger stark gesicherten Anstalt geblieben. Der Zeuge Steigerwald war jahrelang ohne ernsthafte Therapie im BKH Straubing untergebracht. Er arbeitete nur im Modellbau. Zusammenfassend kann man sagen, dass er ungefähr ein Vierteljahrhundert lang in Maßregelvollzugseinrichtungen untergebracht war, bevor der erste ernsthafte Versuch einer Besserung mittels geeigneter Therapie unternommen wurde. Das geschah erst in den letzten Jahren. Ich erinnere hier nur mit einem Satz daran: Überlegen Sie, hier wurden auch die Rechte des Patienten oder des Insassen Steigerwald massiv verletzt. Auch das ist eine Facette, die in diesem Untersuchungsausschuss deutlich herausgekommen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Sozialministerium wurde noch vor Amtsantritt von Frau Haderthauer im Herbst 2008 über die Vorgänge rund um die Arbeitstherapie Modellbau in Kenntnis gesetzt. Der Amtschef erklärte das Thema zur Chefsache und schnitt die zuständige Mitarbeiterin, Zeugin Dr. Bollwein, vom Informationsfluss ab. Trotz einer zum damaligen Zeitpunkt stattfindenden Rechnungsprüfung des Bezirks Niederbayern erfolgte keine umfassende Aufarbeitung des Themas durch das für die Fachaufsicht zuständige Sozialministerium. Im Oktober 2009 verschwand ein Vorgangsteil der Akte Modellbau, der erst im Juni 2013 wiedergefunden wurde. Hierzu haben wir heute einiges Verwunderliches gehört. Im Ausschuss haben wir nicht eindeutig klären können, wie das passiert ist und ob möglicherweise Absicht dahintersteckte. Allerdings ist der Vorfall in der Rückschau schon fragwürdig.

Der sogenannte Bollwein-Vermerk und die dazugehörigen dienstlichen Stellungnahmen wurden dem Untersuchungsausschuss verspätet zugeleitet. Zeugin Frau Dr. Bollwein war eine wichtige und gute Zeugin für uns. Die Frau hat ihre Arbeit in ihrer Funktion in diesem Ministerium korrekt gemacht. Dafür sind wir ihr dankbar. Frau Dr. Bollwein machte bereits pflichtbewusst im Februar 2015 die damalige Landtagsbeauftragte des Sozialministeriums auf ihren Vermerk aufmerksam. Ohne ihre Angaben hätte der Untersuchungsausschuss von weiteren dienstlichen Stellung

nahmen, die innerhalb des Sozialministeriums in diesem Zusammenhang eingefordert wurden, gar keine Kenntnis erlangen können. Diese Kenntnis erhielt der Untersuchungsausschuss erst im Mai 2016. Man muss schon sagen, dass das Sozialministerium den Untersuchungsausschuss viel zu spät mit relevanten Unterlagen bediente. Das sind in aller Kürze die wesentlichen Ergebnisse aus grüner Sicht.

Bei meinen Reden in den Jahren 2013 und 2014 zur Modellbau-Affäre der CSU-Ministerin Haderthauer wurde ich von Ihnen, CSU-Kolleginnen und CSU-Kollegen, massiv angegriffen und mit in Inhalt und Form heftigen Zwischenrufen gestört. Sie bestritten alle Vorwürfe, die ich damals erhob, und wiesen meine Kritik am Verhalten Ihrer Ministerin zurück. Wenn es in der CSU sumpft, werden die Reihen wie immer geschlossen. Kritikerinnen und Kritiker wurden niedergemacht. Ich habe mir die Reden nochmals im Detail angeschaut. Der Untersuchungsausschuss hat alles bestätigt, was ich damals vorbrachte – alles, jeden einzelnen Punkt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das lässt sich auch nicht mehr wegdiskutieren. Das sind Fakten. Wer dies bestreitet oder gar behauptet, alles sei widerlegt und die Ex-CSU-Ministerin reingewaschen, bewegt sich ins Terrain der alternativen Fakten, Herr Herrmann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Untersuchungsausschuss war ein Erfolg. Ich bin beruhigt, dass unser demokratisches System so weit funktioniert, auch wenn die Aufklärung – das haben wir an manchen Stellen ausgeführt – noch hätte größer sein können. Eine Rehabilitierung der ehemaligen Ministerin Haderthauer ist nicht zu erkennen. Mit den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses ist dies auch nicht zu rechtfertigen. Noch einmal: Bis heute gibt es beim genialen Team Haderthauer kein Zeichen der Einsicht zu ihrem Fehlverhalten. Sie zeigen keine Reue – im Gegenteil. Auch eine Neubewertung dieser Geschäftsidee oder einzelner Details ihres Handelns hat nicht stattgefunden.

Kolleginnen und Kollegen, das ist auch Ihr Problem. Wer die Geschäfte der Haderthauers mit all ihren Begleitumständen noch immer verteidigt, macht sich deren Maßstäbe zu eigen. Das ist die alte CSU, wie wir sie aus vielen Skandalen kennen: Unfähig zur Transparenz und Selbstreinigung und überzeugt, dass für sie andere Maßstäbe gelten als für alle anderen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Fehlverhalten einzelner Personen ist die eine Seite des Problems. Die Tatsache, dass das System Forensik und die Fachaufsicht versagt haben, es kein Korrektiv gab und keine der zuständigen Ministerinnen über die Jahre Einhalt geboten hat, ist die andere unerfreuliche Seite der Affäre. Damit das nicht wieder passiert oder passieren kann, muss sich einiges ändern. Wir brauchen beispielsweise mehr Transparenz bei den Rahmenvereinbarungen von Einrichtungen mit externen Anbietern. Die Schriftform muss immer gewahrt sein. Um dem Verdacht etwaiger Korruption vorzubeugen, sollten die schriftlichen Rahmenvereinbarungen nach dem Mehraugenprinzip geschlossen werden. Das hat sich im Untersuchungsausschuss immer wieder gezeigt. Zwei Personen haben mündlich verhandelt, und das Haus wusste nicht, worüber verhandelt worden ist. Die Compliance-Regelungen sollten in allen bayerischen Maßregelvollzugseinrichtungen vereinheitlicht werden. Wirtschaftliche Überlegungen sollten in der Arbeitstherapie grundsätzlich außen vor bleiben. Es handelt sich um Therapiemaßnahmen für kranke Menschen, bei denen Zeitdruck und Kostendeckung keine Rolle spielen sollten. Die Systematik der Therapieentgelte sollte in den bayerischen Maßregelvollzugseinrichtungen bestmöglich und transparent angeglichen werden. Schließlich sollte die Fachaufsicht über die Maßregelvollzugseinrichtungen finanziell und personell so ausgestattet werden, dass künftig auch ausreichende Mittel für präventives und nicht nur für reaktives Handeln zur Verfügung stehen. Insgesamt wäre zu wünschen, dass diese Abteilung im Ministerium nicht mehr so schlecht beleumundet ist, wie dies lange Zeit der Fall war. Niemand wollte dort arbeiten. Das hat sicherlich auch dazu geführt, dass sich unhaltbare Zustände verbreiten konnten.

Bleibt zu hoffen, dass am Ende doch alle beteiligten Personen und das beteiligte System aus der Modellbau-Affäre gelernt haben. Ich hoffe, wir haben alle daraus gelernt, damit sich so etwas nicht mehr wiederholen kann.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Nachdem die Redezeiten alle erfüllt sind, liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist geschlossen. Damit ist Tagesordnungspunkt 11 erledigt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 bis 35 gemeinsam auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Umsetzung der Ergebnisse der Enquete Kommission "Jungsein in Bayern" I Politische Bildungsarbeit für und mit jungen Menschen ausbauen (Drs. 17/11616)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der Anhörung "Jungsein in Bayern" IV: Fachprogramm Umweltbildung wiederauflegen (Drs. 17/12793)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der Anhörung "Jungsein in Bayern" V: Interkulturelle Öffnung der Jugendarbeit in Bayern (Drs. 17/12794)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der Anhörung "Jungsein in Bayern" VI: Fachprogramme für geschlechtersensible Jugendarbeit fortsetzen (Drs. 17/12795)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der Anhörung "Jungsein in Bayern" VIII: Förderprogramm zum Ausbau der medienpädagogischen Arbeit und Forschung (Drs. 17/12797)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der Anhörung "Jungsein in Bayern" IX: Politische Teilhabe stärken Wahlalter senken (Drs. 17/12798)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der Anhörung "Jungsein in Bayern" X: Stärkung der Jugendfreiwilligendienste Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) (Drs. 17/12799)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der Anhörung "Jungsein in Bayern" XI: Akzeptanz für sexuelle Vielfalt fördern Homosexualität enttabuisieren (Drs. 17/12800)

und

Antrag der Abgeordneten Doris Rauscher, Hans Ulrich Pfaffmann u. a. (SPD) Ergebnisse der Anhörung "Jungsein in Bayern" ernst nehmen I: Möglichkeit zur Freistellung zum Zwecke der Jugendarbeit auch für Studierende gewährleisten! (Drs. 17/14138)

und

Antrag der Abgeordneten Doris Rauscher, Hans Ulrich Pfaffmann u. a. (SPD) Ergebnisse der Anhörung "Jungsein in Bayern" ernst nehmen II: Freiwilliges Soziales Jahr und Freiwilliges Ökologisches Jahr ausbauen! (Drs. 17/14139)

und

Antrag der Abgeordneten Isabell Zacharias, Doris Rauscher u. a. (SPD) Ergebnisse der Anhörung "Jungsein in Bayern" ernst nehmen III: Förderung der LGBTIAkzeptanz Aktionsplan gegen Homophobie vorlegen! (Drs. 17/14140)

und

Antrag der Abgeordneten Doris Rauscher, Martina Fehlner u. a. (SPD) Ergebnisse der Anhörung "Jungsein in Bayern" ernst nehmen IV: Politische Teilhabemöglichkeiten für Jugendliche erweitern! (Drs. 17/14141)

und

Antrag der Abgeordneten Doris Rauscher, Hans Ulrich Pfaffmann u. a. (SPD) Ergebnisse der Anhörung "Jungsein in Bayern" ernst nehmen V: Auflegung eines neuen Fachprogramms für geschlechtersensible Teilhabe in der Jugendarbeit (Drs. 17/14142)

und

Antrag der Abgeordneten Doris Rauscher, Hans Ulrich Pfaffmann u. a. (SPD) Ergebnisse der Anhörung "Jungsein in Bayern" ernst nehmen VI: Aktionsprogramm "Flüchtlinge werden Freunde" durch Regelförderung verstetigen! (Drs. 17/14143)

und

Antrag der Abgeordneten Doris Rauscher, Hans Ulrich Pfaffmann u. a. (SPD) Ergebnisse der Anhörung "Jungsein in Bayern" ernst nehmen VIII: Partizipation in Erziehungseinrichtungen sicherstellen! (Drs. 17/14145)