Protocol of the Session on March 9, 2017

und das auch die Firmen mitmachen und leisten können. Deshalb geht das auch in einem Schnellschuss, in einem Wischiwaschi und "Angehänge" nicht.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Seit drei Jahren diskutieren wir darüber!)

Wissen Sie, dieser Freistaat Bayern hat sich schon deshalb ausgezeichnet entwickelt, weil wir eben keine Schnellschüsse starten, sondern wir machen Gesetze und Vorgaben gut überlegt und letztendlich auch in Abstimmung mit den entsprechenden Personen. Deshalb ist das kein Schnellschuss, und deshalb ist das ausgegliedert, liebe Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU: Ja- wohl!)

Ich will an dieser Stelle auch deutlich machen: Es ist ein sehr guter Tag für Tausende Helferinnen und Helfer. Ich will dabei nur Folgendes ansprechen: Für volljährige Schüler und Studenten wird für Einsätze zur Katastrophenabwehr ein Freistellungsanspruch geschaffen. Das ist Fakt, und das kann man nicht zerreden. Das hat es bisher nicht gegeben. Außerdem werden die Rechtsstellungen der sogenannten Unterstützungsgruppe des Örtlichen Einsatzleiters und die des Örtlichen Einsatzleiters klar definiert. Auch das war vorher in der Qualität und in dieser Ausführlichkeit nicht der Fall. Das Herzstück – darüber wurde bereits gesprochen – ist die Helferfreistellung insgesamt.

Liebe Damen und Herren, wir sind mit diesem Gesetz auf einem ausgezeichneten Weg. Zudem – das wurde bereits von Herrn Kollegen Tomaschko angesprochen –

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

wurde ein Antrag eingereicht, aufgrund dessen darüber diskutiert wird, wie wir die Fortbildung noch organisieren und managen. Dabei müssen auch die Wirtschaft und die Verbände bis ins letzte Detail mit einbezogen werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir dann letztlich einen vernünftigen Weg finden.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ich dachte, Sie wären schon auf dem Weg! – Dr. Paul Wengert (SPD): Der Weg ist noch nicht das Ziel!)

Herr Kollege Mistol, Sie haben den Betrag von 100.000 Euro für die Fortbildung genannt. Ich weiß nicht, ob Sie die Zahl falsch aufgeschnappt haben oder ob sie falsch in die Welt gesetzt wurde. Mit 100.000 Euro für Fortbildungsmaßnahmen werden wir das wohl nicht gestalten können.

Das ist auch der letzte Punkt, den ich nennen wollte: kein Schnellschuss, sondern wohlüberlegt.

Deshalb bitte ich Sie, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Über die weiteren Schritte werden wir miteinander ausführlich diskutieren. In diesem Sinne: vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Wegen der Wartezeit für die namentliche Abstimmung können wir über diesen Tagesordnungspunkt noch nicht abstimmen, sodass ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Landeswahlgesetzes (Drs. 17/14472) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und teile Ihnen mit, dass im Ältestenrat für diesen Tagesordnungspunkt 24 Minuten Redezeit der Fraktionen vereinbart worden sind. – Der erste Redner ist Herr Kollege Lorenz.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen! In vielen Teilen der Welt gibt es eine lebhafte Diskussion zum Thema Wahlrecht. Als Beispiel nenne ich Amerika. Dort ist jemand zum Präsidenten gewählt worden, der landesweit zwei Prozentpunkte weniger Stimmen als seine Konkurrentin gehabt hat. In Italien bekommt die stärkste Fraktion oder die stärkste Parteienfamilie automatisch die Mehrheit im Parlament. Selbst in der Bundesrepublik Deutschland wird immer wieder eine intensive Diskussion über das Bundestagswahlrecht geführt.

Heute wissen wir noch nicht, wie groß der Deutsche Bundestag sein wird. Die Standardzahl liegt bei 598 Abgeordneten. Vermutlich werden bei der nächsten Bundestagswahl 100 Abgeordnete mehr gewählt, sodass etwa 700 Abgeordnete dem nächsten Bundestag angehören würden. Für den Bayerischen Landtag würde das bedeuten, dass es etwa ein Sechstel mehr Abgeordnete geben würde, statt 180 also 210.

In der letzten Legislaturperiode haben wir in Bayern eine sehr intensive Diskussion zum Thema Wahlrecht geführt. Wir haben eine Expertenanhörung durchgeführt und uns wirklich viel Zeit genommen. Am Ende des Tages haben wir nur eine einzige Kleinigkeit ge

ändert bzw. ergänzt: Wir haben für die Bevölkerungsberechnung einen Stichtag eingeführt.

Im Übrigen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass unser bayerisches Wahlrecht vorbildlich ist, gerade im Hinblick auf die Mitwirkungsrechte der einzelnen Bürger. Wir können auf unser Wahlrecht sehr stolz sein. Ich möchte das im Einzelnen erläutern: Bei uns finden die Wahlen in den sieben Regierungsbezirken statt. Die Bürger haben außerdem die Möglichkeit, die Liste der Parteien zu verändern, da die Erst- und die Zweitstimme zusammengerechnet werden. Der Bürger hat also umfangreiche Möglichkeiten, die direkte Zusammensetzung des Parlaments zu beeinflussen. Ich halte das für sehr gut; denn der Bürger hat auf der Ebene der Regierungsbezirke mehr Kontakt und Beziehungen zu den Kandidaten sowie Kenntnisse über sie, als dies bei den Kandidaten der Fall ist, die auf einer landesweiten Liste kandidieren. Dieses System der Wahl in den Regierungsbezirken möchte ich auf keinen Fall ändern. Davon würde ich dringend abraten.

Durch den Volksentscheid in Bayern wurde die Zahl der Mandate auf 180 gedeckelt. Momentan wird vielfach bemängelt, dass dadurch in manchen Regierungsbezirken Mandate entfallen. Das tut mir sehr leid. Ich bedauere das ausdrücklich. Aber welche Möglichkeiten gibt es sonst? – Wir haben den klaren verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass jede Stimme gleich viel zählen muss und kein Regierungsbezirk strukturell bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Wir hatten schon Zeiten, da wurden die Stimmen unterschiedlich gewichtet, beispielsweise nach Steuerkraft. Gemäß dem Zensuswahlrecht erhielten Personen mit einer höheren Steuerklasse mehr Stimmen als andere. Diese Zeiten sind Gott sei Dank längst vorbei. Selbstverständlich darf es nicht so sein, dass ein Teil des Landes, zum Beispiel ein Regierungsbezirk im Norden, mehr Stimmen als ein Regierungsbezirk im Süden hat.

Was bleibt also dem bayerischen Innenministerium übrig? – Der politische Spielraum liegt bei null. Die Mandate werden streng nach dem Anteil der Bevölkerung auf die Regierungsbezirke verteilt. In der Folge ist es leider so, dass Unterfranken ein Mandat verliert und Oberbayern ein Mandat bekommt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Herr Kollege, wenn Unterfranken ein Mandat verliert, ist das eine Tragik!)

Das ist eine Tragik und letztlich eine Konsequenz aus der Bevölkerungsentwicklung.

(Volkmar Halbleib (SPD): Aus der Landesentwicklung!)

Wir wirken dem durch andere Maßnahmen entgegen. Sehen Sie sich die Entwicklung an: Dieser Trend hat sich in der letzten Zeit deutlich abgemildert. Im Übrigen stelle ich fest: Weite Teile des Landes verlieren keine Bevölkerung, sondern manche Teile gewinnen Bevölkerung hinzu. Unsere Bevölkerung wächst sehr stark. Deshalb gab es bereits Überlegungen, in der Konsequenz die Zahl der Mandate im Bayerischen Landtag zu erhöhen. Ich schlage das nicht vor, stelle diese Überlegung aber in den Raum. Eine andere verfassungskonforme Möglichkeit gibt es nicht, außer Sie wollten eine landesweite Wahl einführen. Auch davon rate ich dringend ab.

In Oberbayern kann ein zusätzlicher Stimmkreis gebildet werden. Die Zahlen sind relativ eindeutig. Auf die Stadt München entfallen rechnerisch 8,7 Sitze, mit einer äußerst stark steigenden Tendenz. Deshalb ist es logisch und für jedermann nachvollziehbar, dass ein zusätzlicher Stimmkreis im Herzen Münchens gebildet wird. Im Zuge der vor einigen Jahren durch Volksabstimmung erfolgten Verkleinerung des Landtags sind in München zwei Stimmkreise und im übrigen Oberbayern ebenfalls zwei Stimmkreise entfallen. Dann wurde ein Stimmkreis im Bereich NeuburgSchrobenhausen wiederhergestellt. Jetzt ist die Stadt München dran. Sollte in absehbarer Zeit in Oberbayern ein weiterer zusätzlicher Stimmkreis gebildet werden, gehe ich davon aus, dass dies im übrigen Oberbayern geschehen wird.

Für jeden, der sich die Zahlen ansieht, ist das logisch und nachvollziehbar. Vor einigen Jahren gab es schon einen Stimmkreis im Herzen der Landeshauptstadt München. Jetzt wird es wieder einen solchen Stimmkreis geben. Das ist sinnvoll und entspricht der jedermann bekannten Bevölkerungsentwicklung in ganz Bayern.

Sieht man sich die Karten an, stellt man fest, dass der Zuschnitt dieses Stimmkreises gegenüber dem früheren Stimmkreis eine deutliche Verbesserung darstellt. Ich möchte dazu einige Beispiele nennen: Bei dem bisherigen Zuschnitt war Laim einem Stimmkreis zugeordnet, der nördlich der S-Bahn-Stammstrecke liegt. Der östliche Teil von Laim wird künftig zu einem Stimmkreis gehören, der südlich der S-Bahn-Stammstrecke liegt. Die einzelnen Stimmkreise werden jetzt wesentlich kompakter sein. Das Innenministerium hat hier einen sinnvollen Vorschlag gemacht. In Haidhausen wurde eine winzige Kleinigkeit ausprobiert, um übersichtlichere Stadtgrenzen einzuführen. Dieser Vorschlag ist sehr gut und folgt den zwingenden Vorgaben des Gesetzes, wonach die Mandatszahl anzupassen ist. Der politische Handlungsspielraum liegt bei exakt null. Deshalb gibt es darüber überhaupt keine Diskussion.

Der zusätzliche Stimmkreis wird in Oberbayern gebildet. Das ist unstrittig. Deshalb ist es sinnvoll, diesen zusätzlichen Stimmkreis im Herzen der Stadt München anzusiedeln. Ich bitte Sie zu dem von der Staatsregierung vorgeschlagenen Gesetzentwurf um Zustimmung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Schindler.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme Bezug auf das, was ich zu diesem Gesetzentwurf in der Ersten Lesung gesagt habe. Damals haben alle Fraktionen ausgeführt, dass der Vorschlag der Staatsregierung in den Ausschüssen intensiv diskutiert werden müsste. Diese Diskussion ist nicht erfolgt. Ich habe festgestellt, dass nur der Haushaltsausschuss diesen Gesetzentwurf mitberaten hat. Im Rechtsausschuss wurde der Gesetzentwurf zwar behandelt, dort bestand aber keine große Bereitschaft, tiefer in die Materie einzusteigen. Das hat sicherlich auch etwas damit zu tun, dass die Änderung diesmal nur einen Wahlkreis betrifft, nämlich Unterfranken, der ein Mandat abgeben muss. Bei der letzten Änderung waren mehrere Wahlkreise betroffen.

Gleichwohl ist richtig, was bei der letztmaligen Diskussion zutage getreten ist, nämlich, dass wir auf Dauer nicht zusehen dürfen, wie die Zahl der Mandate in einzelnen Wahlkreisen ständig abnimmt, weil sich die Bevölkerung in Bayern anders verteilt. In den peripheren Gebieten nimmt die Zahl der Bevölkerung ständig ab, während sie in den Ballungszentren ständig zunimmt.

(Beifall bei der SPD)

Heute haben wir nicht die Gelegenheit, darüber eine grundsätzliche Diskussion zu führen. Dazu besteht keine zwingende Notwendigkeit, und offensichtlich ist das auch gar nicht gewünscht. Aber natürlich bleibt dieses Thema auf der Tagesordnung.

Meine Damen und Herren, das habe ich auch schon mehrfach gesagt: Wahlrechtsfragen sind Machtfragen. Das weiß niemand besser als die CSU.

(Beifall bei der SPD)

Entsprechend hat die CSU bei den vielen Änderungen der letzten Jahrzehnte auch immer gehandelt. Ich erinnere an die Diskussion beim letzten Mal und beim vorletzten Mal, als ganz eigenartige Gebilde heraus

gekommen sind, weil diese jeweils im Interesse der CSU-Bewerber waren.

Mit dem heutigen Gesetzentwurf wird vorgeschlagen, die Verteilung der Zahl der Abgeordnetenmandate auf die Wahlkreise Oberbayern und Unterfranken sowie die Stimmkreiseinteilung im Wahlkreis Oberbayern entsprechend den Vorschlägen der Staatsregierung abzuändern. Zugrunde gelegt sind die Zahlen, die bereits genannt worden sind. Unterfranken muss einen Sitz abgeben, da die deutsche Hauptwohnungsbevölkerung ausweislich der Zahlen in Unterfranken um 1,27 % abgenommen und in Oberbayern um 1,2 % zugenommen hat. Das wollen wir auch gar nicht bestreiten. Man kann, wie beim letzten Mal, darüber diskutieren, ob man tatsächlich die deutsche Hauptwohnungsbevölkerung zugrunde legt oder ein anderes Kriterium anlegt. Beispielsweise könnten nur die Wahlberechtigten oder die Gesamtbevölkerung mit den Nichtwahlberechtigten zugrunde gelegt werden. Würde man das tun, so wäre das Ergebnis noch schlechter. Es müssten noch mehr Mandate nach München und Nürnberg abgegeben werden, wenn die Gesamtbevölkerung und nicht nur die deutsche Hauptwohnungsbevölkerung zugrunde gelegt wird.

Meine Damen und Herren, die Tendenz, die wir feststellen, hängt nicht nur mit der demografischen Entwicklung zusammen, sondern hat auch etwas mit Politik zu tun. Die Entwicklung ist mindestens ein Indiz dafür, dass es entgegen den Behauptungen nicht ganz so gut gelungen ist, überall in Bayern gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. Natürlich ist uns bekannt, dass mit dem Wahlrecht keine Strukturpolitik betrieben werden kann. Umgekehrt aber muss eine gescheiterte Strukturpolitik nicht noch durch das Wahlrecht sanktioniert werden, wie das jetzt der Fall ist.

Die Konsequenz der Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist auch, dass beispielsweise der Bezirkstag von Oberbayern künftig 61 Mitglieder und die Bezirkstage der Oberpfalz und von Unterfranken nur 16 Mitglieder haben werden, obwohl die Bezirkstage überall genau die gleichen Aufgaben haben. Ich bestreite nicht, dass es in Oberbayern mehr Einrichtungen gibt, aber vom Grundsatz her sind es genau die gleichen Aufgaben.

(Dr. Paul Wengert (SPD): In Schwaben auch!)

Es ist nicht einzusehen, dass man in Oberbayern dafür 61 Leute braucht, und in der Oberpfalz müssen die Aufgaben von 16 Leuten erledigt werden.

Ich verweise noch einmal ausdrücklich auf die Anhörung, die der Rechts- und der Innenausschuss im Jahr 2011 durchgeführt haben. Ich verweise auch auf

die verschiedenen Berechnungsmethoden, die damals präsentiert worden sind.

Nun komme ich zu der vorgeschlagenen Schaffung eines zusätzlichen neuen Stimmkreises 109 "München-Mitte". Die vorgeschlagene Bildung des neuen Stimmkreises auf dem Gebiet der Stadt München ist verfassungsrechtlich nicht zwingend. Das wird auch gar nicht behauptet. Ein neuer Stimmkreis könnte auch außerhalb der Landeshauptstadt gebildet werden. Dort gibt es auch Stimmkreise, die schon bedenklich nahe an dem höchstzulässigen Abweichungswert liegen. Hier seien nur Weilheim-Schongau und Landsberg am Lech genannt. Dafür, den neuen Stimmkreis in München zu bilden, spricht, dass die Bevölkerung in München seit Jahren um jährlich etwa 25.000 Einwohner wächst. Herr Kollege Lorenz hat hier ausdrücklich recht. Der von der Staatsregierung nun vorgeschlagene Zuschnitt des neuen Stimmkreises "München-Mitte" ist aber keineswegs zwingend. Ich kenne doch die Begründung. Bei den Vorschlägen der Staatsregierung heißt es immer: Der Vorschlag sei gegenüber anderen Vorschlägen vorzuziehen. Aber zwingend ist der Vorschlag sicherlich nicht. Tangiert werden nämlich jetzt sechs von bisher acht Münchner Stimmkreisen. Ausgerechnet die Teile der bisherigen Münchner Stimmkreise, in denen die SPD immer gut abgeschnitten hat, sollen nun weggenommen und in der Mitte der Stadt zu einem neuen Stimmkreis zusammengesetzt werden. Das ist für die CSU-Bewerber in den bisherigen Stimmkreisen 108, 103 und 104 von einem gewissen Vorteil.

(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört!)