Protocol of the Session on February 22, 2017

Sie haben gesagt, dass zum Datenschutz im Gesetz nichts geregelt sei. Das Widerspruchsrecht ist geregelt. Wir brauchen auch möglichst vollständige Daten. Damit komme ich zu der Frage, wie wir mit den Daten umgehen. Deswegen ist das Widerspruchsrecht auch beschränkt auf die Speicherung der Identitätsdaten, um die Vollzähligkeit und Vollständigkeit der Daten nicht zu gefährden. Die Daten brauchen wir, wenn wir von Versorgungsqualität sprechen. Wir wollen uns gerne evaluieren lassen, damit wir zeigen können, dass wir auch bereit sind, bessere Vorschläge zu übernehmen. Deshalb werden wir das Gesetz nach zwei Jahren auf den Prüfstand stellen. Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Gerade bei seltenen Krebserkrankungen ist es wichtig, dass wir vollständige und vollzählige Daten haben. Nur dann sind die Datenqualität und die Finanzierung auf Dauer gesichert.

Warum brauchen wir eine Meldepflicht? – 96 % der Erkrankungen haben wir bisher gemeldet. Deswegen könnten wir jetzt sagen: Wir lehnen uns zurück, es klappt doch. Außer in Hessen gibt es in allen anderen Bundesländern auch Meldepflichten. Nicht nur wir in Bayern sind auf diese Idee gekommen. Wir wollen den Ärzten auch signalisieren, wie wichtig es ist, diese Daten zu melden. Wenn die Ärzte es so wie bisher machen, dann klappt es auch. Ich glaube, es besteht mehr Angst, als in Wirklichkeit sein müsste. Die Registrierung soll möglichst so wie bisher weiterlaufen, allerdings mit einer zentralen Stelle.

Mit den Änderungsanträgen der CSU-Fraktion haben wichtige Aspekte im Gesetz Aufnahme gefunden. Ich denke nur an die Entwicklung des landesweiten Konzepts zur Qualitätssicherung, an den Datenschutz oder an die Evaluation des Meldeverfahrens. Alles das wurde jetzt im Gesetz verankert, weil es notwendig war.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben das Gesetz einfach abgelehnt. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben an den Beratungen und Anhörungen im Ausschuss teilgenommen. Sie sind dort aber gar nicht gefragt worden. Sie konnten gar nicht Stellung beziehen. Wenn Sie Fragen gestellt hätten, hätte das eine oder andere noch geklärt werden können. Vielleicht wäre es dann auch möglich gewesen, das eine oder andere noch mit aufzunehmen. Ein Gesetz nur abzulehnen, ohne wesentliche Verbesserungsvorschläge zu machen, finde ich doch etwas wenig. Wie schon gesagt, es gibt die Möglichkeit der Änderungsanträge. Die CSU-Fraktion hat da und dort, wo sie es

für notwendig erachtete, von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Die Opposition hätte es jederzeit auch tun können.

(Beifall bei der CSU)

In unseren Augen ist der Gesetzentwurf ausgewogen. Er enthält die wesentlichen Aspekte, die in einem Gesetz zu regeln sind. Die innerorganisatorische Umsetzung muss jetzt erst fruchten. Ich habe ein Interesse daran, dass die Krebsregistrierung funktioniert. Ich habe auch ganz persönlich ein Interesse daran, dass die regionalen Zentren vor Ort ihre Arbeit weiter machen können. Wir brauchen aber eine Zentrale, wenn wir Datenqualität für die Krebspatienten und -patientinnen haben wollen. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. Wir wollen vorankommen, um den Krebs noch besser besiegen zu können.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. Bitte bleiben Sie noch am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung der Kollegin Sonnenholzner.

Zur Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums ist zu sagen, dass sich Herr Dr. Zapf als Leiter des LGL sehr bei dieser Anhörung eingebracht hat. Laut Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags hätte jeder Ihrer Mitarbeiter zu jeder Zeit die Möglichkeit gehabt, Stellung zu beziehen. Das ist nicht geschehen. Das war aber nicht der Grund für meine Wortmeldung.

Frau Ministerin, Sie haben zum wiederholten Male gesagt, die Ärztekammer habe das Register nicht haben wollen. Nachdem ich diese Aussage schon geahnt habe, habe ich mir erlaubt, bei der Ärztekammer nachzufragen. Am 16. Februar habe ich um 8.59 Uhr folgende Antwort bekommen: Wir sind nie ernsthaft befragt worden, ob wir das Krebsregister bei uns haben wollen. – Diese Antwort kann ich Ihnen gerne zuleiten. Das ist die Aussage der Bayerischen Landesärztekammer zu diesem Thema.

Richtig ist, dass die Ärztekammer nicht besonders scharf darauf gewesen ist, dieses Register zu führen. Das hat der Geschäftsführer in der Anhörung gesagt. Die Führung dieses Registers hätte einen enormen personellen Aufwand bedeutet. Die Ärztekammer hat nicht gewusst, ob sie diesen Aufwand schultern kann. Das hat der Geschäftsführer in dem Zusammenhang mit dem Hinweis gesagt, dass er es vom LGL mutig fand, sich diese Aufgabe zuzutrauen.

Dass die Aussage, die Ärztekammer sei nie gefragt worden, richtig ist, ist schon dadurch bewiesen, dass bereits im Doppelhaushalt 2015/2016 Mittel für die 36 Stellen bei der Registerstelle in Gemünden am Main vorgesehen waren. Leider – diesen Schuh ziehe ich mir an – haben wir, die Opposition, dies damals übersehen; denn sonst hätten wir viel früher einsteigen können. Mit diesen 36 Stellen und einem offensichtlich schon hinterlegten Konzept haben Sie diese Registrierungsstelle durch die Hintertür eingeführt, ohne vorher mit den Beteiligten zu reden. Diese Chance haben Sie vertan. Mit einer ernst gemeinten Anfrage an die Ärztekammer hätte man unter Umständen zur Einsicht kommen können, dass die Ärztekammer dieses Register nicht führen will. Gemeinsam hätte man aber einen anderen Vorschlag entwickeln können, als das LGL mit der Führung dieses Registers zu betrauen. Auch das werfen wir Ihnen vor.

(Beifall bei der SPD)

Wie schon gesagt: Wir haben uns immer wieder mit der Ärztekammer ausgetauscht. Dabei ist auch das Krebsregister zur Debatte gestanden. Wenn es in der Antwort auf Ihre Frage heißt, dass das Thema nie konkret angefragt wurde, dann ist das korrekt. Es gibt von meiner Seite kein ministerielles Schreiben, in dem hochoffiziell angefragt wird. Wir haben aber wahrgenommen, dass die Ärztekammer die Sache personell nicht "handlen" und nicht schultern kann. Das haben Sie selber ja auch geschildert. Deshalb haben wir uns sehr wohl darüber Gedanken gemacht, wo wir das Krebsregister ansiedeln. Selbstverständlich haben wir darüber sehr ernsthaft mit der Ärztekammer gesprochen. Aber wie schon gesagt: Es ist richtig, dass es von meiner Seite kein Ministerschreiben gegeben hat. Jedoch ist man auf Mitarbeiterebene im Gespräch darüber gewesen.

(Beifall bei der CSU)

Bitte bleiben Sie weiter am Rednerpult. – Wir haben eine weitere Zwischenbemerkung vom Kollegen Dr. Vetter.

Frau Ministerin, wahrscheinlich ist es eine Kleinigkeit, aber Sie haben mich ein bisschen aufgeschreckt, als Sie eben in Ihrer Rede versucht haben, das zu relativieren, was da beim Datenschutz passiert ist. Sie haben gesagt, dass es in der Vergangenheit immer wieder Arztbriefe gegeben hat, die weitergeleitet wurden, ohne den Datenschutz zu beachten. Die Frage ist: Wie meinen Sie das? Haben Sie damit die Krebsregister gemeint? Waren es ein bzw. zwei Arztbriefe, die weitergeleitet worden sind? Haben die Wei

terleitungen System? Wie haben Sie diese Aussage gemeint? Die Aussage, die Sie gemacht haben, ist ja gravierend. Man kann aus der Tatsache, dass früher gelegentlich Arztbriefe an den falschen Adressaten verschickt worden sind, keine Relativierung des Datenschutzes ableiten. Deshalb ist meine konkrete Frage: Wie haben Sie das gemeint?

Mir ist das so geschildert worden. Ich kann Ihnen aber gerne bilateral nähere Informationen geben. Das wurde mir aber so geschildert. Deshalb habe ich das vorhin so formuliert. Wir konzentrieren uns im Moment nur auf wenige Daten. Teilweise ist es im Vorfeld durchaus um mehr gegangen. Aber ich kann Ihnen gerne bilateral noch genauere Informationen dazu geben.

Danke schön. – Wir haben noch eine weitere Zwischenbemerkung vom Kollegen Leiner.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Ministerin, leider sind Sie auf unsere Ausführungen nicht eingegangen. Mir wurde nicht erklärt, warum der für uns wirklich wichtige Datenschutz nicht in diesem Gesetz geregelt ist. Dem Kollegen Seidenath ist der Datenschutz anscheinend nicht so wichtig, sodass er in eine Verordnung ausgegliedert werden kann. Uns wurde nicht klar, wieso der Datenschutz nicht im Gesetz geregelt ist. Herr Kollege Seidenath, Sie haben gesagt: Man kann dann weniger wichtige Sachen anders regeln. Aber für uns ist der Datenschutz eine wirklich wichtige Sache und gehört ins Gesetz.

Wir waren auch ohne eine neue Gesetzesvorlage sehr aktiv. Sie haben von uns die Schreiben aller bisherigen bayerischen Krebsregister bekommen. Warum war es nicht möglich, die von uns angedachte Lösung im Gesetz zu verankern? Sie haben vorhin nur auf die Finanzierung hingewiesen. Ich glaube nicht, dass die Finanzierung ein Hindernis gewesen wäre, die Eigenständigkeit der einzelnen Krebsregisterstellen zu erhalten. Natürlich muss man die Daten dann zentral erfassen. Da sind wir einer Meinung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kollege Leiner, der entscheidende Punkt für die Vergleichbarkeit der Daten ist, eine zentrale Stelle einzurichten, die sich darum kümmert. Ist Ihnen beispielsweise bewusst, dass wir im Moment die klinischen Daten für das Jahr 2014 noch nicht vollständig erfasst haben? Bei solchen Dingen erhoffen wir durch eine etwas zentralere, koordinierende Struktur Verbesserungen. Sie wissen aber auch, dass ich darauf

Wert lege, dass die Strukturen vor Ort erhalten bleiben können. Diese müssen die Daten lediglich an eine Zentrale melden, damit es eine bessere Koordinierung und bessere Abstimmungen gibt. Damit lassen sich die Daten auch besser vergleichen. Das ist wichtig, wenn ich noch mehr Informationen erhalten will. Ich möchte nicht nur wissen, wo welcher Krebs auftaucht. Ich möchte auch vergleichen können, wie welche Behandlung wirkt. Ich hoffe, dass jeder an der Vergleichbarkeit der Daten interessiert ist. Daraus können auch Ergebnisse gewonnen werden.

Zum Datenschutz sei Folgendes gesagt: Das Gesetz beinhaltet das Widerspruchsrecht. Das ist in meinen Augen bereits ein sehr wichtiges Recht des Patienten. Es ist nicht so, dass im Gesetz gar nichts geregelt ist. Mehr wird dann in der weiterführenden Verordnung geregelt. Aber das Gesetz beinhaltet sehr wohl auch schon Regelungen. Wir sind hinsichtlich der Verordnung mit dem Datenschutzbeauftragten im Gespräch. Er braucht jedoch ein Gesetz als Grundlage, um die Verordnung konkreter angehen zu können. Deswegen brauchen wir heute den Beschluss.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Es gibt keine weiteren Zwischenbemerkungen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt. Zuerst folgt die Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/14482, da die Staatsregierung mit dem Antrag dazu aufgefordert wird, den vorgenannten Gesetzentwurf zurückzuziehen und einen überarbeiteten Neuentwurf vorzulegen. Danach folgt die Abstimmung über den Gesetzentwurf und die Änderungsanträge.

Der federführende Ausschuss für Gesundheit und Pflege empfiehlt die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags der SPD. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen! – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Es folgt nun die Abstimmung über den Gesetzentwurf der Staatsregierung und der dazu vorliegenden Änderungsanträge. Der Abstimmung zugrunde liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/12630, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 17/14428 und 17/14466 sowie die Beschlussempfehlung des endbe

ratenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen auf der Drucksache 17/15525.

Vorweg ist über den von den Ausschüssen zur Ablehnung empfohlenen Änderungsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER abzustimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/14428 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen nur zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Der federführende Ausschuss für Gesundheit und Pflege empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe von Änderungen. Der Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses mit der Maßgabe einer weiteren Änderung zu. Ergänzend schlägt er vor, in den betroffenen Absätzen der Artikel 17a und 18 als Ablaufdatum jeweils den "31. März 2017" und als Datum des Inkrafttretens den "1. April 2017" einzufügen. Im Einzelnen verweise ich hierzu auf die Drucksache 17/15525. Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen! – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Damit ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Dann ist das Gesetz so angenommen. Es hat den Titel: "Bayerisches Krebsregistergesetz".

Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung hat der Änderungsantrag von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf der Drucksache 17/14466 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis. Die Tagesordnungspunkte 2 und 3 sind damit erledigt. Ich danke Ihnen.

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Staatsvertrag über die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung (Drs. 17/12889) Zweite Lesung

Im Einvernehmen der Fraktionen findet hierzu keine Aussprache statt. Wir kommen deshalb sofort zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Staatsvertrag auf Drucksache 17/12889 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Wissenschaft und Kunst auf Drucksache 17/15509 zugrunde. Gemäß § 58 der Geschäftsordnung kann die Abstimmung nur über den gesamten Staatsvertrag erfolgen. Der federführende Ausschuss für Wissenschaft und Kunst empfiehlt Zustimmung. Der endberatende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt nach seiner Endberatung ebenfalls Zustimmung.

Wer dem Staatsvertrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die CSUFraktion, SPD-Fraktion und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine Gegenstimme. Stimmenthaltungen! – Bei Stimmenthaltung der FREIEN WÄHLER. Dem Staatsvertrag ist damit zugestimmt worden.

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bestattungsgesetzes (Drs. 17/12957) Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und weise darauf hin, dass als Gesamtredezeit der Fraktionen 24 Minuten vereinbart wurden. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Erste Rednerin ist die Kollegin Gote.

Danke schön, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen das Anliegen unseres Gesetzentwurfes, den wir heute in der Zweiten Lesung hier haben, mal anhand von zwei Beispielen auf einer menschlichen Ebene etwas näher bringen in der Hoffnung, dass unsere Argumente Sie dann doch noch erreichen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Erstes Beispiel: Es geht um eine bayerische Familie, die Eltern sind hier geboren, sie sind gläubige Muslime, ihr Kind ist schwer krank, es stirbt. Diese Familie steht in Bayern nun vor dem Problem, dieses Kind nicht in ihrer Heimatstadt nach ihren religiösen Riten

bestatten zu können. Die Eltern müssen sich nun innerhalb einer sehr kurzen Zeit – muslimische Bestattungen sollen innerhalb von 24 Stunden stattfinden – entscheiden, wo sie ihr Kind bestatten lassen, ob sie in ein anderes Bundesland gehen oder ob sie das Kind im Ausland bestatten lassen. In Bayern ist ihnen ein ihren religiösen Bedürfnissen angemessener Trauerort für ihr totes Kind gesetzlich verwehrt.

Zweites Beispiel: Wir hatten ein Gespräch mit Vertretern der Liberalen jüdischen Gemeinde. Sie haben uns sehr eindringlich geschildert, dass es in absehbarer Zeit für Mitglieder der Liberalen jüdischen Gemeinde in München schwer sein wird, noch Grabstätten zu finden, bei denen die ewige Grabesruhe gewährleistet ist. Erstens gibt es sowieso zu wenige Grabstätten für Juden und Jüdinnen in dieser Stadt. Zweitens sind sie bei allem, was die ewige Grabesruhe und auch die finanzielle und rechtliche Ausgestaltung dieser ewigen Grabesruhe angeht, auf das Wohlwollen der Kommune München angewiesen, können sich nicht auf eine klare rechtliche Grundlage berufen. – Das sind zwei Beispiele, die in Bayern Realität sind.

Die Bayerische Verfassung sagt in Artikel 107 Absatz 2: "Die ungestörte Religionsausübung steht unter staatlichem Schutz." Artikel 149 Absatz 2 sagt: "In Friedhöfen, die nur für einzelne Religionsgemeinschaften bestimmt sind, ist die Beisetzung Andersgläubiger unter den für sie üblichen Formen … zu gestatten,...". – Das steht in unserer Verfassung.

Die Sargpflicht, Kolleginnen und Kollegen, ist in Deutschland und auch in Bayern keine Jahrhunderte alte Tradition. Bestattungen im Sarg gibt es eigentlich erst seit dem 19. Jahrhundert. Bestattungen ohne Sarg hingegen waren bis ins 19. Jahrhundert Praxis in Deutschland, auch in Bayern. Es gab sogar eine Sargsteuer, Kolleginnen und Kollegen, für diejenigen, die meinten, unbedingt einen Sarg benutzen zu müssen.