Man muss immer wieder betonen: Hier geht es ausschließlich um eine verfahrensmäßige Erleichterung, und wenn wir an anderer Stelle – das haben die beiden Vorredner von der SPD und den GRÜNEN Gott sei Dank auch gesagt – über den Wohnungsbedarf als besondere politische Herausforderung sprechen, betonen auch alle Fraktionen, dass alle Mittel ergriffen
werden müssen, um die diesbezüglichen Ziele zu erreichen. Das wird nicht der Königsweg sein, aber ausgehend von den Problemen in den Ballungsräumen ist das für die nächste Zeit schon ein Stück weit eine Erleichterung.
Es gibt allerdings auch einen Wohnungsbedarf außerhalb der Ballungsräume. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Gemeinden, gemessen auch an ihren jeweiligen Problemen und den jeweiligen Herausforderungen und Möglichkeiten zur Innenverdichtung oder einer Nutzung im Innenbereich, unter Wahrung der Vorgabe, der Innenentwicklung den Vorrang zu geben, Außenbereichsflächen nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie den benötigten Wohnbedarf auch nur auf diese Art und Weise realisieren können.
Malen Sie daher an dieser Stelle nicht den Teufel an die Wand. Alle Formulierungen wie "Flächenfraß" oder "Freibrief zur Bebauung im Außenbereich" sind eine Mär. Tatsächlich bleibt das einschlägige Gebot materiell-rechtlich unangetastet. Wir können dem Antrag daher nicht zustimmen.
Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat der Herr Staatsminister Herrmann um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Mangel an Bauland ist in der Tat ein immenses Problem. Durch die starke Zuwanderung hat sich die Situation auf dem angespannten Wohnungsmarkt in Bayern weiter zugespitzt. Wir brauchen deshalb eine gewaltige Steigerung des Wohnungsangebots im ganzen Land für eine angemessene Wohnraumversorgung aller Bevölkerungsteile. Es ist nicht seriös, ständig über mehr Zuwanderung zu sprechen und gleichzeitig draußen den Eindruck zu erwecken, sie wäre ohne neue Wohnbauflächen möglich. Das ist nicht ehrlich, meine Damen und Herren.
Wir sind uns einig hinsichtlich der stärkeren Innenentwicklung, gar keine Frage. Wir müssen vorhandene Potenziale nutzen, auch keine Frage. Aber den Eindruck zu erwecken, als käme man ohne die Ausweisung von neuen Baulandflächen aus, ist einfach nicht vernünftig.
Meine Damen und Herren, die vorrangige Nutzung der Innenentwicklungspotenziale hat erste Priorität, das will ich ausdrücklich unterstreichen; zahlreiche Publikationen, Veranstaltungen und Initiativen der
Obersten Baubehörde haben genau dies zum Thema. Mit unseren Programmen der Städtebauförderung verfolgen wir auch das Ziel, die Ortszentren und Innenstädte funktionsfähig und attraktiv zu gestalten. Wir fördern die Sicherung vitaler Stadt- und Ortskerne und die Wiedernutzung von Gebäudeleerständen und Brachflächen. Für die Wohnraumförderung gilt Entsprechendes mit dem Fördervorrang für den Bau neuen Wohnraums auf innerörtlichen Flächen sowie für den Erwerb vorhandenen Wohnraums.
Darüber hinaus betone ich die Rolle und die Möglichkeiten der Städte und Gemeinden im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit. Durch die Aufstellung und Änderung von Bebauungsplänen können sie die Nachverdichtung gezielt fördern und die Potenziale der Innenentwicklung ausschöpfen. Möglichkeiten der Beschleunigung sieht das Baugesetzbuch dabei für die Bebauungspläne der Innenentwicklung vor.
Aber all dies wird nicht ausreichen. Die Anstrengungen für mehr Wohnungsbau müssen vom Gesetzgeber, in diesem Fall vom Bundesgesetzgeber, durch zusätzliche bauplanungsrechtliche Erleichterungen flankiert werden. Ich denke, dass wir mit der auf drei Jahre befristeten, probeweisen Erweiterung des beschleunigten Bebauungsplanverfahrens auch auf Außenbereichsflächen einen vielversprechenden Ansatz haben – aber nur, wenn sie am Ortsrand liegen, wohlgemerkt, damit die Landschaft nicht zersiedelt wird. Die zu überplanende Grundfläche wird dabei auf einen Hektar beschränkt. Ich möchte mich ausdrücklich dagegen verwahren, dass damit ein unkontrolliertes Ausweisen von Bauflächen an Ortsrändern und in Umlandgemeinden verbunden wäre, wie es in der Antragsbegründung heißt. Davon kann keine Rede sein.
Es gelten die übrigen Vorschriften des Baugesetzbuches, und das Ganze erfordert natürlich eine geordnete Beschlussfassung im Gemeinderat. Es geht aber darum, es manchen Gemeinden in der Tat zu erleichtern, damit sie im Anschluss an vorhandene bebaute Flächen erleichtert und beschleunigt entsprechend neue Wohnbauflächen ausweisen können. Mit Ihren Vorwürfen werden der Charakter und die Ausgestaltung der Bauplanung verkannt. Das beschleunigte Bauleitplanverfahren ist von Gesetzes wegen darauf angelegt, in einem durch hohe Transparenz und Bürgerbeteiligung geprägten Prozess die verschiedenen öffentlichen Belange planmäßig einer gerechten Abwägung zuzuführen.
Ich will an dieser Stelle unterstreichen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir haben die Vorschläge der Bundesumwelt- und -bauministerin zur Erleichterung des Bauens im Innenbereich, in den Innenstädten ausdrücklich unterstützt. Sich aber ausschließlich darauf
zu konzentrieren, nur vom Innenbereich zu sprechen, das nur durch eine Reduktion der Lärmvorschriften usw. zu ermöglichen, ist einfach zu wenig.
Weil Sie gerade die morgige Bundesratssitzung angesprochen haben, will ich ausdrücklich auch darauf hinweisen: Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände – der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund – hat sich zu der morgigen Bundesratssitzung mit einem eindringlichen Appell an die Ministerpräsidenten und die Ministerpräsidentin gewandt, und alle drei kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene haben gemeinsam ausdrücklich gefordert, an der vorgesehenen Neuregelung des § 13b des Baugesetzbuches zur zeitlich befristeten Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren festzuhalten.
Das heißt, dieser Vorschlag, der auf unsere bayerische Initiative zurückgeht, hat die volle Unterstützung der drei kommunalen Spitzenverbände, auf Bundesebene wohlgemerkt. Sie treten nachdrücklich dafür ein, dass der Bundesrat diesen Vorschlägen morgen zustimmt.
Ich darf ganz kurz aus der Begründung der kommunalen Spitzenverbände zitieren: Die geplante Neuregelung erweitert die Handlungsmöglichkeiten gerade in Bezug auf die vielfach bestehenden dringenden Wohnungsbauerfordernisse. Ohne den Vorrang der Innenentwicklung aufzugeben, sollte in Städten und Gemeinden in einem engen gesetzlichen Rahmen ein vereinfachtes Verfahren zur Schaffung nötiger Wohnbauflächen an die Hand gegeben werden. Der eingeschränkte Anwendungsbereich lässt eine ausufernde und ungesteuerte Entwicklung im Außenbereich nicht erwarten. – So die drei kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Gesetzentwurf, wie wir ihn auf Bundesebene durchgesetzt haben, ist ein guter Vorschlag. Das ist ein Angebot an die Kommunen. Die Kommunen haben die Planungshoheit. Sie entscheiden selbst darüber, inwieweit sie davon Gebrauch machen. Es ist völlig absurd, anzunehmen, dass jede Gemeinde mit zig Ortsteilen davon Gebrauch machen würde. Aber dort, wo sich dies anbietet, soll das erleichtert möglich sein. Wir wollen, dass mit dem Wohnungsbau in unserem Land etwas vorangeht und dass nicht gerade das Bauland zum entscheidenden Engpass beim Wohnungsbau wird.
Ich bitte Sie, diesen Antrag der Opposition abzulehnen. Er ist wohnungsbaufeindlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Vielen Dank, Herr Staatsminister, dass Sie für eine Zwischenbemerkung gleich hiergeblieben sind, zunächst vom Herrn Kollegen Mistol. – Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Staatsminister, auch wir GRÜNEN sind der Auffassung, dass sich beim Wohnungsbau einiges tun muss. Aber dies muss auch richtig geschehen. Das, was Sie hier auf den Weg gebracht haben, ist aus unserer Sicht die falsche Lösung.
Das größte Problem in der Wohnungspolitik ist der Mangel an bezahlbarem Mietwohnraum. Da ist das Instrument, die Innenentwicklung mit dem neuen Baugebietstyp "Urbanes Gebiet" zu stärken, der richtige Ansatz. Aber wenn Sie diese Erleichterungen heute im Außenbereich machen, dann brauchen wir kein beschleunigtes Verfahren. Dafür ist schon das vorhandene Verfahren mit der Flächennutzungsplanänderung und dem Aufstellen des Bebauungsplans gut. Das können die Kommunen weiterhin nutzen, und das sollen sie auch nutzen. Im Außenbereich wird es nicht um den Mietwohnungsbau gehen, sondern da wird es in der Regel um Einfamilienhäuser gehen. Ob dieser Siedlungsform allerdings die Zukunft gehört, das möchte ich schon einmal infrage stellen.
Sie haben gesagt, es gelte weiterhin der Grundsatz "Innenentwicklung vor Außenentwicklung". Dazu muss ich sagen: Durch das beschleunigte Verfahren kann ein Flächennutzungsplan erst im Nachgang zum Bebauungsplan geändert werden. Dann hat man die Situation, dass die dringend notwendige Prüfung, insbesondere ob die Bebauung von Außenbereichsflächen verträglich und alternativlos ist, die normalerweise in der Flächennutzungsplanung, in der Bauleitplanung durchgeführt wird, entfällt. Insofern wird dem Grundsatz "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" nicht mehr Genüge getan.
Lieber Herr Kollege Mistol, ich respektiere Ihre persönliche Auffassung. Ich darf aber noch einmal darauf hinweisen, dass nicht nur wir zusammen mit der Mehrheit der gesamten CDU/CSU-Bundestagsfraktion anderer Meinung sind, sondern dass auch alle kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene das anders sehen als Sie.
Was den Wohnungsbedarf anbetrifft, so kann ich Ihnen nur sagen: Ja, natürlich haben wir einen Bedarf
an Wohnraum, an überschaubaren kleineren Wohnungen, auch in den Innenstädten; das ist gar keine Frage. Wenn zum Beispiel eine junge Familie ihr zweites Kind erwartet, dann ist es ganz normal, dass sie schaut, ob sie nicht irgendwo am Ortsrand ein Reihenhaus, eine Doppelhaushälfte oder dergleichen erwerben oder mieten kann. Wenn sie dann dorthin zieht, weil das gerade für die junge Familie sehr schön ist, dann macht sie die kleinere Wohnung frei, die sie bisher in der Innenstadt bewohnt hat. Da einen Gegensatz zu konstruieren und zu sagen, wir bräuchten keinen Wohnraum am Ortsrand mehr, das ist doch völlig absurd und geht an der Lebensrealität der Menschen in unserem Land völlig vorbei.
Herr Staatsminister, wenn Sie bitte hierbleiben. Es gibt noch zwei Zwischenbemerkungen, zunächst von dem Kollegen Dr. Wengert. – Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Kollege Herrmann, so absurd, wie Sie dies jetzt darstellen, ist es nicht, was Sie an der Äußerung des Herrn Kollegen Mistol kritisieren. Lassen Sie sich das einfach einmal aus dem Erfahrungsschatz eines ehemaligen Bürgermeisters sagen.
Ich finde es schön, dass Sie heute gerade die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene so ultimativ zitiert haben. Ich würde mir wünschen, dass das vielleicht häufiger geschieht. Es ist jedenfalls kein durchgängiges Prinzip der Bayerischen Staatsregierung, sich den Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände anzuschließen.
Sie haben die Tatsache übersprungen, dass der Bayerische Städtetag nicht ungeteilt dem § 13b zustimmt, sondern dass er davon spricht, dies müsse zumindest auf Geschosswohnungen beschränkt werden. Das ist genau das, was der Kollege Mistol gesagt hat und was Sie als absurd dargestellt haben, bzw. Sie haben die Situation nicht für realistisch gehalten.
Ich würde gerne von Ihnen wissen, wie Sie sich das unterschiedliche Abstimmungsverhalten Bayerns in den Ausschüssen des Bundesrates erklären. In einem Ausschuss hat man für die Streichung des § 13b gestimmt. In dem anderen Ausschuss hat man dagegen gestimmt. Gilt nun das, was Herrmann sagt oder was Scharf sagt, oder gibt es noch eine Ressortabstimmung, damit wir morgen wissen, was Sache ist?
Ich kann Ihnen gerne versichern, lieber Herr Kollege Wengert, dass das Konzept für diese Gesetzesänderung in der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern ausgearbeitet worden ist, dass das in enger Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen in Berlin eingebracht worden ist und dass sich dann die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD auf diesen Gesetzentwurf geeinigt haben. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Bayerische Staatsregierung diesen Gesetzentwurf unterstützt.
Sie müssen es schon dem Herrn Staatsminister überlassen, wann er meint, dass eine Antwort gegeben worden ist, Herr Kollege.
Herr Staatsminister, der Kollege Bernhard hat schon dargestellt, dass wir diese Dringlichkeitsanträge von SPD und GRÜNEN ablehnen und dass wir dafür sind, diese Erleichterung für den Wohnungsbau durchzuführen.
Ich möchte, weil von SPD und GRÜNEN eine Verengung auf den Geschosswohnungsbau vorgenommen wurde, darauf hinweisen, dass das eine erhebliche Erleichterung auch für Einheimische im ländlichen Bereich ist. Wir wollen ja nicht nur für Zuwanderer Wohnraum schaffen, sondern es soll die Möglichkeit gegeben werden, dass Leute, die in Dörfern und Kleinstädten zu Hause sind, in ihrem Heimatort auch bauen können, meine Damen und Herren.