Protocol of the Session on February 9, 2017

Sechstens. Unsere Bauernmärkte sind ein Volltreffer. Wenn wir an einem Sonntag in München oder Nürnberg eine Bauernmarktmeile abhalten, kommen 20.000 Städter. Meine Damen und Herren, diese Leute kommen doch nicht, weil sie unseren Bäuerinnen und Bauern misstrauen. Sie kommen erstens, weil sie die Produkte kaufen wollen, die vor ihrer Haustür erzeugt werden, und zweitens, weil sie sich gern im Gespräch mit den Urproduzenten informieren. Vielleicht wollen sie auch Vorbehalte oder Vorurteile abbauen. Genau darum geht es: nicht übereinander schimpfen, sondern miteinander reden. Das ist mein Ziel.

(Beifall bei der CSU – Dr. Simone Strohmayr (SPD): Tut das der Bauernverband?)

Erzeuger und Verbraucher an einem Tisch, das ist der bayerische Weg. Deshalb heben wir uns vom Durchschnitt ab. Wir setzen auf Qualität. Wir setzen auf Spezialitäten und Premiumprodukte. Sie können sicher sein, dass wir diesen Weg auch konsequent fortsetzen werden. Da lassen wir uns auch von niemandem beirren, verurteilen oder beschimpfen.

Im Übrigen, an Frau Hendricks gewandt: Wer ständig auf die Bauern hetzt, wird hoffentlich bald versetzt.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄH- LERN)

Herr Staatsminister, darf ich Sie bitten, noch einmal ans Rednerpult zu kommen? – Herr Kollege Zierer für eine Zwischenbemerkung. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Staatsminister, meine Damen und Herren! Ich denke, jeder in diesem Hause steht hinter der Linie, die Sie fahren, und möchte die positive Arbeit Ihres Hauses nach außen verkaufen. Was hilft das aber, wenn sich viele Bauern alleingelassen fühlen, weil wir in Berlin einen Landwirtschaftsminister haben, der nicht hinter uns steht, der nicht handelt und der es nicht fertigbringt, dass die Änderungen in der Landwirtschaft in eine positive Richtung gehen? – Neue Ställe sollen offen und luftig sein. In der Schweinehaltung und in der Geflügelproduktion wird es dadurch besser werden.

Was hilft es, wenn es in der Koalition keine Zusammenarbeit gibt, wenn der Agrarminister schläft und die Umweltministerin auf den Bauernstand einschlägt? Was wird denn draußen beachtet? – Das Einschlagen aufeinander wird beachtet und nicht das, was geleistet wird. Das ist ein Versäumnis der Großen Koalition; denn es gibt eine Zusammenarbeit zwischen den Verbänden und den Landwirten. Dieses Versagen müssen wir ganz schnell bereinigen. Die Landwirte, die Bauern, ernähren unser Volk. Auf Ernährer schlägt man aber nicht ein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Staatsminister.

Herr Zierer, ich finde es unfair, dass man jemanden persönlich angreift, wenn er sich nicht wehren kann.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Frau Hendricks konnte heute auch nicht hier sein!)

Nein, aber sie hat ja die Vorlagen geliefert.

(Wortmeldung des Abgeordneten Benno Zierer (FREIE WÄHLER))

Herr Zierer, Sie können sich nachher noch einmal melden. – Herr Zierer, was Sie sagen, ist fachlich nicht richtig. Ein Bundesminister muss die Situation in 16 Bundesländern berücksichtigen. Ein Bundesminister muss sich eine Mehrheit suchen, um bei 27 EUMitgliedstaaten – jetzt sind es noch 28 EU-Mitgliedstaaten – vernünftige Weichenstellungen zu erreichen. Oft sind dazu Kompromisse notwendig.

Im Übrigen darf ich Sie schon darauf hinweisen, was diese Bundesregierung für die Landwirtschaft tut. Denken Sie an den Sozialbereich. Denken Sie daran, dass jetzt in der Krise die Zuschüsse für die landwirtschaftliche Unfallversicherung um 78 Millionen Euro erhöht worden sind. Denken Sie an das Milchpaket: Der Bundeslandwirtschaftsminister hat damit 581 Millionen Euro zusätzlich für die Landwirte zur Verfügung gestellt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Gegen erbitterten Widerstand! Sie haben das doch abgelehnt!)

Jetzt stellen Sie sich hin und sagen, der Bundeslandwirtschaftsminister würde nichts tun. Das ist erstens falsch und zweitens nicht ganz fair.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Herr Kollege Zierer, ich darf Sie darauf aufmerksam ma

chen, dass Sie nur eine Möglichkeit zur Zwischenbemerkung haben. – Jetzt hat noch Herr Kollege Arnold das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Verlauf der Debatte zeigt, dass unser Antrag sehr wohl zum Thema gehört hat.

(Beifall bei der SPD)

Er betrifft nichts anderes als die Beanstandungen und Anfeindungen gegenüber der Bundesministerin Hendricks und die Folgedebatte, auf die wir von Anfang an hingesteuert sind mit dem Ziel, positive Aspekte der bayerischen Landwirtschaft zu entwickeln.

Herr Kollege Aiwanger, es ist schön, wenn Sie in diesem Zusammenhang die Tränendrüse aktivieren, das Wohlfühl- bzw. Schlechtfühl-Interesse gewisser Berufskreise generieren und auch noch tatsächlich nahezu wie im Bilderbuch herumspringen und den Einzelhandel angreifen. Sie fordern auf der einen Seite, dass die Bundesregierung es richten muss, und vergessen auf der anderen Seite, dass Sie, die FREIEN WÄHLER, tatsächlich eine Stimme im Europaparlament haben.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Noch!)

Diese eine Abgeordnete hat es tatsächlich verabsäumt, die große Chance wahrzunehmen, bei den Verhandlungen der EU die Öffnungsklausel in Anspruch zu nehmen, nach der die einzelnen teilnehmenden Länder tatsächlich marktregulierende Maßnahmen ergreifen könnten. Sie waren dagegen. Das muss man an dieser Stelle erwähnen, wenn wir hier Nägel mit Köpfen machen.

(Beifall bei der SPD)

Genau das ist die Gefahr: Die einen reden so, die anderen reden anders. Wenn man dann genauer drauf schaut, reden Sie in der Tat in Europa anders. Wir haben darüber schon einmal diskutiert; Sie haben diesen Diskurs mit der Kollegin Müller offenbar nicht weitergeführt. Aber die Abstimmung war nun einmal so.

Sehr geehrter Herr Landwirtschaftsminister Brunner, Sie haben in vielen Bereichen – das haben wir auch immer wieder betont – die Zustimmung. Aber wenn Sie jetzt sagen, die Gesinnung von Frau Hendricks sei nur negativ, sei Ihnen mal entgegengehalten: Wir hatten hier auch eine Diskussion über die Genehmigungen für den Stallbau, also über die Bauordnung. Da waren die Mehrheiten so, wie wir es geahnt hatten. Ich erinnere Sie aber auch daran, dass in Bayern nur 2 % der existierenden bayerischen Landwirtschaft Großstallbauvorhaben planen. Sie haben gesagt, das

sei eine Behinderung der bayerischen Landwirtschaft. Nehmen Sie wirklich diesen Ball auf? Subsumieren Sie wirklich die 2 % der bayerischen Landwirtschaft, die Großagrar-Landwirtschaft, bei der Gesamtlandwirtschaft? – Wenn Sie das täten, würden Sie sich als einer entlarven, der auf der einen Seite davon redet, er schütze die Kleinteiligkeit, während er tatsächlich die Großteiligkeit fördert. Das glaube ich nicht. Ich bitte, das noch einmal zu überdenken.

(Beifall bei der SPD)

Das Verfahren, diese Großstallbauvorhaben von Gemeinden, Landkreisen und Städten genehmigen zu lassen, wird auch von den bayerischen Gemeinden, Landkreisen und Städten als zielführend erachtet. Niemand weiß wohl besser, wie man mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort umgeht, als die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker. Auch von daher geht also das Argument daneben, Frau Hendricks würde nur Schlechtes im Schilde führen. Es geht daneben, weil auch der Bayerische Städtetag und der Gemeindetag dieses Verfahren befürwortet haben. Oder wollen Sie in dem Generalaufwasch, den Sie jetzt veranstalten, die Meinung des Städte- und des Gemeindetags ebenfalls verunglimpfen? – Das glaube ich nicht, aber das wäre die logische Konsequenz, wenn Sie das in Form von Bauernregeln plakatieren würden. Das machen Sie nicht, und deswegen ziehen wir auch diese Schlüsse nicht daraus.

(Beifall bei der SPD)

Wir stellen insgesamt fest, dass wir doch irgendwo auf den Punkt kommen und sehen einer vernünftigen Diskussion entgegen. Die Probleme um die Agrarstruktur 2020 müssen gelöst werden. Wir haben ein Riesen-Nitrat-Problem.

(Gudrun Brendel-Fischer (CSU): Nein, haben wir nicht!)

Das muss man ganz nüchtern sehen. Natürlich verursacht die Landwirtschaft das Problem mit, aber weil sie es mit verursacht, ist sie auch die Lösung dazu. Wir müssen überlegen, wie wir das sozial verträglich machen und dabei die Strukturen im ländlichen Raum und unser soziales Gleichgewicht in Bayern stabilisieren. Wenn man sagt, die Landwirtschaft sei für gar nichts verantwortlich, scheut man im Prinzip eine naturwissenschaftliche Ursachenlehre. Ich bin froh, dass die Landwirtschaft da ist; ich bin froh, dass sie weiterhin da sein wird. Wir von der SPD werden alles tun, was wir vertreten können, um ihr Fortkommen zu fördern, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, dass in diesem Land nach wie vor – und dessen sind wir uns bewusst – jeder siebte Arbeitsplatz vorgelagert, zentral und nachgelagert von der Landwirtschaft

abhängt und dass sie ein Motor für das Fortkommen unserer Gesellschaft ist.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Herr Kollege Streibl hat eine Zwischenbemerkung. Bitte schön.

Lieber Kollege Arnold, ich möchte noch eine Sache zum Schluss klarstellen und verdeutlichen, warum die Reaktionen bei uns so sind, wie sie sind. Wir haben ein großes Problem damit, wenn sich staatliche Stellen, exekutive Stellen im Staat, über eine Bevölkerungsgruppe, einen Berufsstand, möglicherweise eine Minderheit im Staat lustig machen und Spott über sie ausgießen. Ich denke, auch die deutsche Sozialdemokratie sollte dabei an unserer Seite sein und das nicht dulden. Wenn ein Kabarettist oder eine Satiresendung das tut, ist das legitim und rechtens. Aber wenn staatliche Stellen sich über Bürgerinnen und Bürger dieses Landes lustig machen, läuft etwas falsch. Da müssen wir als Demokraten dagegenhalten und sagen: Wir wollen nicht, dass vom Staat Leute verächtlich gemacht werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ja, hochgeschätzter Kollege Streibl, das ist Ihre Interpretation. Niemand will in diesem Zusammenhang jemanden verunglimpfen. Ich glaube nicht, dass das überhaupt, ob das jetzt Minderheiten – –

(Gudrun Brendel-Fischer (CSU): So ein Rumgeeiere!)

Rumgeeiere ist gut; das ist ein Stichwort für Sie: Was die Eier betrifft, werden wir uns noch öfters zusammensetzen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Inge Aures (SPD): Bayern-Ei kommt auch noch dran!)

Herr Vocke hat gestern ja schon beim Empfang des Jagdverbandes gemeint, dass die Eier wehtun. Aber das ist eine ganz andere Baustelle.

(Zuruf der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

In diesem Zusammenhang ist das Ihre Interpretation. Ich sage Ihnen als Agrarsprecher der SPD-Landtagsfraktion hier und jetzt deutlich: Ich finde das kein taugliches Mittel, um die Diskussion voranzubringen. Ich finde das zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag, der Mehrheit der Ag

rarpolitiker, die sozialdemokratisch geprägt sind, höchst kritisch. Wir haben alles Erdenkliche unternommen, um diese Kritik vorzubringen. Das ist das, was man politisch machen kann. Ich persönlich distanziere mich von dieser Maßnahme. Aber sie ist nun mal im Gange, und ich bin Realist genug, um aus dem, was dort angerichtet worden ist, mehr machen zu können. Ich weise darauf hin: Diese Diskussion ist ein Resultat dieser Kampagne. Wenn wir positive Schlüsse daraus ziehen, hat auch diese Plakataktion so, wie sie ist, etwas erreicht. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD)