Protocol of the Session on January 24, 2017

Auch die Zusammenarbeit der und der Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Behörden müssen ernsthaft analysiert werden. Im Gegensatz zu Ihnen stehen wir GRÜNEN einer eventuellen Anpassung der föderalen Sicherheitsarchitektur an die heutigen Erfordernisse im Kampf gegen demokratie- und menschenfeindliche Bestrebungen offen gegenüber. Wir verschließen uns einer Debatte darüber nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vor allem wissen wir GRÜNEN, dass internationaler Terrorismus nicht aus Bayern allein bekämpft werden kann. Wir müssen endlich – auch das fordern wir seit Jahren – die europäische Polizei- und Sicherheitspolitik stärken, insbesondere durch intensivere Kooperation und einen besseren, rechtsstaatlich organisierten Informationsaustausch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dazu gehört zum Beispiel, dass es endlich eine einheitliche Definition und Handhabung des Begriffs "Gefährder" gibt.

Herr Herrmann, wenn Sie tatsächlich so schnell etwas Konkretes für die Sicherheit tun wollen, gebe ich

Ihnen einen kleinen Tipp: Verweigern Sie sich nicht mehr einer Verschärfung unseres Waffenrechts!

(Beifall bei den GRÜNEN – Unruhe bei der CSU – Glocke der Präsidentin)

Wir brauchen natürlich auch einen Ausbau bei der Prävention und der Deradikalisierung, genauso wie eine personell und ressourcenmäßig gut ausgestattete Polizei.

All diese Forderungen hätte man längst umsetzen können. Die CSU stellt hier in Bayern – noch – den Innenminister und trägt seit 12 Jahren im Bund die Verantwortung für die Sicherheit. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie die Tat allumfassend analysieren. Dann können wir uns gern noch einmal über die Schließung etwaiger Gesetzeslücken unterhalten. Bis dahin können wir uns Ihren Schnellschüssen, die auch rechtsstaatlich höchst bedenklich sind, nicht anschließen.

Das Gleiche gilt für den Antrag der FREIEN WÄHLER.

An dem Antrag der SPD-Fraktion finden wir sehr viele Punkte sehr gut. Ein paar Punkte wie die Forderung nach personeller Aufstockung der Schleierfahndung können wir nicht ganz mittragen.

(Zurufe von der CSU: Aha! – Josef Zellmeier (CSU): Typisch!)

Daher werden wir uns dazu der Stimme enthalten.

Ansonsten bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag,

(Josef Zellmeier (CSU): Wischiwaschi-Antrag!)

damit unser Rechtsstaat eine zielgerichtete Gefahrenabwehr durchführen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER: Frau Kollegin Gottstein. Sie ist schon bereit. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade angesichts des Themas des letzten heutigen Dringlichkeitsantrags der heutigen Sitzung finde ich es nicht angemessen, wenn wir so übereinander herfallen. Es geht um ein Thema, das uns speziell seit dem Anschlag in Berlin extrem betroffen macht. Wir alle wissen doch voneinander, dass wir es ernst meinen. Uns allen ist es wichtig, unsere Bevölkerung zu schützen. Auch von der politischen Seite her müssen deshalb die Maßnahmen getroffen werden, die nötig sind.

Daher finde ich es nicht so toll, wenn hier so locker gesagt wird, die FREIEN WÄHLER hätten ihren Antrag von dem der CSU abgeschrieben. Wir arbeiten in vielen Kommunalparlamenten so eng zusammen, dass wir eigentlich wissen müssten, was wir voneinander zu halten haben. Sie wissen, dass wir es draufhaben; wir wissen, dass Sie es draufhaben. Das gilt natürlich auch für die anderen Parteien. Angesichts dessen sind solche Äußerungen lächerlich, gerade wenn es um ein so ernstes Thema geht.

In Debatten über dieses Thema haben wir FREIEN WÄHLER schon oft Vorwürfe zu hören bekommen. Einmal hieß es, wir stünden rechts von Ihnen. Ein anderes Mal hieß es, wir stünden links von Ihnen. Einmal hieß es sogar, wir stünden in Ihnen. Tatsächlich ist es so, dass wir bei diesem Thema in vielen Punkten gleicher Meinung sind. Daher sind so locker daher gesagte Bemerkungen wie "Ihr schreibt von uns ab" gerade im vorliegenden Fall nicht angemessen.

Auch die Unterstellung, der eine wolle den anderen überholen, entspricht nicht dem Ernst der Situation. Ich möchte auch diese Gelegenheit nutzen, um deutlich zu sagen, dass wir alle mitbetroffen sind. Wir fühlen mit denen, die das Schreckliche erlebt haben. Wir bedanken uns doch alle miteinander immer eifrig und auch mit Ernst bei denen, die helfen und ihr Leben in Gefahr bringen. Wir bringen uns nicht in Gefahr, wir sind doch am Grünen Tisch. Unsere Polizei und unsere Rettungskräfte stehen aber an vorderster Front. Deshalb an sie ein Danke von dieser Stelle aus.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir alle haben auf unseren Klausurtagungen unsere Programme teilweise geändert, weil wir wissen, dass wir uns mit diesem Thema ernsthaft beschäftigen müssen. Dies zeigt auch, wie wichtig uns dieses Thema ist. Wir alle haben das auf unseren Klausurtagungen gemacht, und das zeigt die Ernsthaftigkeit von allen in dieser Frage. Wir FREIE WÄHLER – das sagen wir auch in diesem Dringlichkeitsantrag – meinen, dass unsere bestehenden Gesetze in unserem Rechtsstaat schon jetzt alle Möglichkeiten bieten, diesen Gefahren vorzubeugen bzw. sie in den Griff zu bekommen, wenn wir nur diese Möglichkeiten ausschöpfen. Wir müssen das tun. Deshalb heißt unsere Forderung in erster Linie: Wir brauchen bei der Polizei und bei der Justiz noch mehr Personal. Wir wissen, dass Stellenmehrungen erfolgt sind. Sie wissen aber genauso wie wir, dass wir zuvor einen extremen Stellenrückbau hatten, den wir jetzt aufholen müssen. Davon sollten wir jetzt nicht ablenken. Das muss passieren.

Kollegin Schulze, Sie haben eben gefordert, dass nicht mehr Schleierfahndung erfolgen soll. Wir wissen doch inzwischen, dass die Schleierfahndung das wirkungsvollste Mittel ist, das wir haben. Dafür müssen wir Personal einsetzen, und die Mittel dafür müssen wir uns zur Not auch aus den Rippen schneiden.

Deshalb bitten wir um Unterstützung unseres Antrags. Ich brauche die einzelnen Punkte gar nicht aufzuzählen. Wir haben bei der Vorratsdatenspeicherung eine Erweiterung auch auf die moderne Kommunikationsmöglichkeit WhatsApp vorgesehen. Wir gehen aber nicht so weit – deswegen stimmen wir dem Antrag der CSU auch nicht zu –, dass wir auf allen möglichen Ebenen noch mehr draufsetzen. Wir haben Angst, dass neue Vorschriften wieder von einem Verfassungsgericht oder einem EU-Gericht gekippt werden. Dann stehen wir nur noch blöder als zuvor da. Deshalb bitten wir, das auszunützen, was die bestehende Rechtslage hergibt. Das sollten wir dann aber auch bis zum i-Tüpfelchen ausnützen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir stimmen dem Antrag der SPD zu. Er enthält Forderungen, die Sie auch bei uns in ganz vielen Anträgen und Redebeiträgen der Vergangenheit nachlesen können. Das ist der richtige Weg, der weitergegangen werden soll. Wir lehnen die Forderungen der GRÜNEN ab, weil danach ganz klar das Waffenrecht verschärft werden soll. Wir meinen, dass das nicht der richtige Ansatz ist. Auch hier gilt: Das, was wir an Gesetzen haben, müssen wir ausnützen und dürfen nicht wegschauen. Natürlich müssen wir die erforderlichen Kontrollen durchführen. Das genügt. Dazu brauchen wir keine neuen Gesetze.

An die CSU habe ich die Bitte – vielleicht ist es mit den heutigen Beschlüssen des Kabinetts getan –, nicht jeden Tag neue Vorschläge zu machen. Die Bevölkerung wird nur verunsichert, wenn Sie jeden Tag mit einem neuen Vorschlag kommen.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Seit zwei Jahren sind es immer dieselben!)

Dann machen Sie es vielleicht gegenüber der Presse nicht richtig, oder die Presse ist schuld. Bei der Bevölkerung erscheint fast jeden Tag eine neue Meldung, und das verunsichert sie. Niemand bestreitet, dass Sie viel tun, was nötig ist. Manchmal aber kommen einem Ihre Vorschläge nur wie ein Ablenkungsmanöver vor. Deshalb noch einmal die Bitte, die Gesetze, die wir haben, endlich mit noch mehr Personal auch in der Justiz anzuwenden. Dann können wir wirklich sagen: Wir tun das Nötige für unsere Bürger.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Prof. Dr. Peter Paul Gantzer das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Besucher, liebe Vertreter der Presse, liebe Mitarbeiter der Ministerien und des Landtagsamts! Wir behandeln am Schluss der Plenardebatte ein so wichtiges Thema, dass ich bedauere, es jetzt vor leerer Kulisse besprechen zu müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich greife dabei auch die Anregung der Kollegin Gottstein auf. Letztlich ist uns das Thema so wichtig, dass wir eigentlich alle an einem Strick ziehen müssten. Zu einem großen Teil können wir das auch.

Deswegen sage ich es ganz kurz: Dem Antrag der GRÜNEN werden wir zustimmen. Beim Antrag der FREIEN WÄHLER enthalten wir uns – das habe ich schon mit Frau Gottstein besprochen. Bei den Nummern 3, 4 und 8 hätten wir Nachbesserungsbedarf. Das wäre jetzt aber nicht zu leisten.

Es bleibt der CSU-Antrag. Herr Kollege Herrmann, Sie haben es selber gesagt: Unser Antrag enthält eine Menge an Forderungen, denen Sie zustimmen könnten. Umgekehrt enthält auch Ihr Antrag sehr viel, dem wir zustimmen könnten. Ich muss nur die sechs Spiegelstriche nehmen, die Sie formuliert haben. Darüber könnten wir uns sofort unterhalten. Die Einleitung Ihres Antrags hat uns aber ein bisschen gestört. Sie wollen, dass wir dem Sicherheitskonzept der Staatsregierung vom 10. Januar 2017 uneingeschränkt zustimmen. Dieses enthält aber einige Giftzähne, die wir nicht akzeptieren können.

Schon aus den Überschriften ergibt sich ein grundsätzlicher Unterschied zwischen unseren Anträgen. Ihr Antrag lautet: "Freiheit und Sicherheit durch Recht und Ordnung – Bayern handelt!" Das ist ein typischer Law-and-Order-Antrag. Sie haben so tief in die Kiste der inneren Sicherheit gegriffen, dass nicht einmal eine Schraube mehr übrig geblieben ist. Sie haben alles herausgeholt und alles verwurschtelt. Unser Antrag trägt dagegen die Überschrift: "Balance zwischen Freiheit und Sicherheit wahren." Darum geht es in unserer Sicherheitspolitik immer wieder. Freiheit und Sicherheit sind zwei Seiten derselben Medaille. Wie gewährt man genügend Sicherheit, ohne die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger entscheidend zu schmälern? Über dieses Thema unterhalten wir uns immer wieder, und dabei fallen wir auch immer wieder auseinander.

Deswegen sage ich Ihnen gleich: Über einige Punkte im Sicherheitskonzept der Staatsregierung kann mit

uns nicht verhandelt werden. Ich will nur einen Punkt aufgreifen, weil der Herr Minister selber da ist. Es ist wieder einmal die Forderung gestellt, die Bundeswehr im Inland einzusetzen. Sie haben es zwar schon ein bisschen differenziert und gesagt, die Bundeswehr soll nur in Ausnahmesituationen eingesetzt werden. Damit haben Sie von der ursprünglichen Forderung, dass die Bundeswehr überhaupt eingesetzt werden soll, schon einmal Abstriche gemacht. Sie haben also dazugelernt.

Lieber Herr Minister, Sie selber kennen sich auch ein bisschen bei der Bundeswehr aus. Ich war letzte Woche bei der Schule für Luftlande- und Lufttransportwesen. Dabei ist auch über Bundeswehreinsätze im Inland gesprochen worden. Ein Fallschirmjäger hat vor nichts Angst. Ein Einsatz im Inland wurde aber total abgelehnt. Sie finden keinen Soldaten, der sagt, der Einsatz im Inland mache irgendeinen Sinn. Im Grundgesetz ist genau aufgeführt, wann die Bundeswehr im Inland eingesetzt werden kann, nämlich bei Katastrophenfällen oder auch dann, wenn chemische Angriffe durch islamistische Terroristen Wahrheit werden würden. Da steht die Bundeswehr sofort zur Verfügung.

Herr Minister, Sie kennen doch die Situation bei der Bundeswehr. Wir haben 170.000 Soldaten, wissen aber gar nicht mehr, wo wir sie noch einsetzen können. Wenn ich die Soldaten bei den Auslandseinsätzen, die Piloten und die Sanitäter abziehe, habe ich gar nicht genug Personal bei der Bundeswehr, das wir noch einsetzen könnten. Im Gegensatz dazu haben wir bundesweit 250.000 Polizeibeamte, die für die Gefahrenabwehr ausgebildet sind. Sie machen Schichtdienst und sind rund um die Uhr einsatzbereit. Wer von Ihnen gedient hat, weiß, was am Wochenende los ist. Wenn am Freitagabend ein Alarm gegeben würde, wenn ein Einsatz durchgeführt werden sollte, bekommen Sie die Bundeswehr gar nicht zusammen, weil alle Soldaten auf der Heimfahrt sind. Da ist niemand mehr in der Kaserne. Deswegen ist der Einsatz der Bundeswehr eine Schnapsidee, Herr Minister.

Sie haben einen ziemlich hohen Dienstgrad, Herr Minister. Ich weiß nicht, welcher der letzte ist. Vielleicht offenbaren Sie es uns noch, ob Sie befördert worden sind. Sie haben doch gerade an einer Wehrübung teilgenommen. Ich habe den Eindruck, dass Sie Ihre Wehrübungen in der Regel – so sehe ich es auch aus Ihren Dienstplänen – in der Riege der Generäle ableisten. Die Generäle haben natürlich jedes Interesse daran, dass die Bundeswehr im Inneren eingesetzt wird, weil das einen Kompetenzgewinn für das Militär bedeuten würde. weiß aus dem Verteidigungsministerium, dass die Generäle sagen, das würde uns wieder mehr Aufgaben und Kompetenzen geben und unser

Ansehen stärken. Das darf einfach keine Rolle spielen. Deswegen appelliere ich an Ihr Soldatenherz, das noch einmal genau zu überdenken.

Ich habe nichts dagegen – das hat die SPD auch gesagt –, dass Sie im Februar oder März diese Übung abhalten. Ich weiß es nicht mehr genau, wann die Übung stattfinden wird. Ich bitte an dieser Stelle auch, dass man zu einem Besuch dieser Übung eingeladen wird, damit man sieht, was da genau geübt wird. Aber grundsätzlich bleiben wir dabei: keine Bundeswehreinsätze im Inneren zur Verteidigung der inneren Sicherheit. Das ist Polizeiaufgabe. Davon lassen wir nicht ab. – Vielen Dank und schönen Abend.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Herrmann das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nur drei kurze Anmerkungen machen.

Erstens. Frau Kollegin Schulze, Ihrem interessanten Fragenkatalog zum Fall Amri habe ich vorhin natürlich sehr aufmerksam zugehört. Ich empfehle Ihnen nur, diesen ganzen Fragenkatalog möglichst schnell der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen vorzulegen. Diese ist nämlich dafür zuständig, all diese Fragen zu beantworten.

(Beifall bei der CSU)

Wir Bayern sind jedenfalls nicht zuständig. Morgen wird Frau Ministerpräsidentin Kraft im Nordrhein-westfälischen Landtag dazu eine Erklärung abgeben. Liebe Frau Kollegin Schulze, ich bin gespannt, ob sie all Ihre Fragen beantworten wird oder ob noch etliche Fragen übrig bleiben. Aber auch dann bitte ich, in Nordrhein-Westfalen nachzufragen. Wir wollen jedenfalls nicht abwarten, bis all diese Fragen von Nordrhein-Westfalen beantwortet oder nicht beantwortet sind. Uns geht es darum, dass wir Tag für Tag das Menschenmögliche tun, damit die Menschen in unserem Land so sicher wie möglich leben können.