Protocol of the Session on December 8, 2016

Eine Aussprache hierzu findet nicht statt. Wir kommen deshalb gleich zur Abstimmung. Nach der Geschäftsordnung ist der Abstimmung die Entscheidung des die Eingabe behandelnden Ausschusses zugrunde zu legen. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration hat beschlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund des Ausschussbeschlusses für erledigt zu erklären. Wer dem nun zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSUFraktion. Gegenstimmen! – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Dann ist das so beschlossen. Damit ist dem Votum des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration entsprochen worden.

Nun gebe ich noch das Ergebnis der namentlichen Gesamtabstimmung über den Gesetzentwurf bekannt. Mit Ja haben 96 gestimmt, mit Nein haben 49 gestimmt. Stimmenthaltungen gab es 12. Damit wurde dem Gesetzentwurf in Zweiter Lesung zugestimmt.

(Aufgrund technischer Probleme liegt keine Ab- stimmungsliste vor)

Nun haben wir einen Geschäftsordnungsantrag vom Kollegen Pfaffmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sehen: Wir sind noch frisch.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CSU)

Wir sind fit. Sie haben gemerkt, dass die Diskussion um dieses Gesetz sehr viele Fragen aufgeworfen hat. Deshalb wollen wir noch mal die Gelegenheit geben, einen anderen Termin für die Dritte Lesung zu finden.

(Jürgen W. Heike (CSU): Scheinheilig!)

Wir haben auch gehört, dass der eine oder andere Kollege aus der CSU-Fraktion gar nicht darüber informiert war, dass wir diese Möglichkeit angeboten haben. Deswegen wiederholen wir das Angebot.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

Sie haben jetzt noch mal die Gelegenheit, für die Dritte Lesung einen anderen Plenartermin zu finden, um

das Gesetz in Ruhe und aller Sachlichkeit in einer Dritten Lesung zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Danke schön. – Zur Gegenrede hat sich der Herr Zellmeier gemeldet.

(Unruhe)

Ich bitte doch um etwas Ruhe!

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich erhebe Gegenrede. Wir wollen keine Vertagung der Dritten Lesung. Ein weiterer Verzögerungsversuch würde nicht zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen. Im Übrigen war unsere Fraktion informiert, dass Sie das Angebot gemacht haben. Allerdings wurde uns die Uhrzeit von 23.00 Uhr oder 24.00 Uhr vom Kollegen Halbleib so nicht genannt. Es hat geheißen, das wäre etwas früher. Wir haben gesehen, wie lange es gedauert hat. Von Mitternacht war nie die Rede. Deshalb werden wir jetzt natürlich, frisch wie wir sind, die Diskussion zu Ende führen.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Mar- kus Rinderspacher (SPD) – Zurufe von der CSU: Bravo!)

Das war ein Geschäftsordnungsantrag. Ich stelle den Geschäftsordnungsantrag des Kollegen Pfaffmann zur Abstimmung. Wer für die Vertagung ist, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Bevor wir in die Dritte Lesung eintreten, möchte ich Ihnen mitteilen, dass sowohl die CSU als auch die FREIEN WÄHLER mitgeteilt haben, dass ihre Redner weiterhin nicht zur Sache sprechen werden.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh!)

Ich rufe jetzt auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Integrationsgesetz (Drs. 17/11362) - Dritte Lesung

Wir kommen nunmehr zu der von der SPD beantragten Dritten Lesung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Integrationsgesetz, Drucksache 17/11362. Die SPD-Fraktion hat hierzu

eine allgemeine Aussprache sowie Einzelberatung und Einzelabstimmung zu den in der Zweiten Lesung geänderten Artikeln des Gesetzentwurfs beantragt. Einzeln beraten werden somit die Präambel, die Artikel 1, 3 und 4, der neu eingefügte Artikel 9 betreffend die Kommunen sowie der bisherige Artikel 9 "Verantwortung der Wirtschaft", der durch die durchgeführte Einfügung zum neuen Artikel 10 wurde. Des Weiteren werden einzeln beraten die Absätze 2 bis 4 von Artikel 17a – das ist die Änderung der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung und der Bezirksordnung –, Artikel 17a Absatz 5 – das betrifft die Änderung des Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen – und Absatz 6, die Änderung des Kinderbildungs- und betreuungsgesetzes.

Ich eröffne die von der SPD beantragte allgemeine Aussprache und weise darauf hin: Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach unserer Geschäftsordnung 24 Minuten. Die einzelnen Redezeiten sind den Fraktionen bekannt. Ich rufe nun den ersten Redner auf. Das ist der Kollege Gehring.

(Jürgen W. Heike (CSU): Etwas Neues, bitte!)

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt zahlreiche Gründe, warum es notwendig ist, hier eine Dritte Lesung zu machen.

(Lachen bei der CSU)

Ich darf an die Geschichte dieses Gesetzentwurfs erinnern. Es gab ein Treffen in der Staatskanzlei, bei dem alle Fraktionen zusammen waren.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das haben wir vorher schon gehört! Wir wollen Neues hören!)

Lieber Kollege Kreuzer, Parlamentarier, die hier fünf Stunden lang nicht das Wort ergreifen und dann nur mit Zwischenrufen auffallen, bieten parlamentarisch kein besonders gutes Bild.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Thomas Kreuzer (CSU): Erzählen Sie uns doch etwas Neues, Herr Gehring!)

Neu und interessant ist, dass es eine ganze Reihe von Änderungsanträgen der CSU zu diesem Gesetzentwurf gegeben hat. Es waren zum Teil Nachbesserungen an zentralen Begriffen, zum Beispiel dem Begriff der Leitkultur. Offensichtlich hat das nicht funktioniert. Zum Teil sind Sachen verschlimmbessert worden. Also gibt es durchaus Bedarf, das nochmals zu diskutieren. Interessant war auch, dass es von allen Verbänden ablehnende Stellungnahmen gegeben hat: von den Kirchen, von den Ehrenamtlichen,

von den Kommunen. Es gab nirgendwo Zustimmung. Offensichtlich gibt es also Gesprächsbedarf. Sie haben diese negativen Einwände stets ignoriert. Vielleicht nehmen Sie sie jetzt zur Kenntnis.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Ein Grund, hier darüber zu reden, ist auch der Umstand, dass Sie seit 22.00 Uhr nicht mehr an dieser Debatte teilnehmen. Wir wollen Ihnen die Gelegenheit geben, sich noch einmal zu äußern. Wenn Sie nur mit Zwischenrufen kommen, ist das, denke ich, keine gute Leistung. Darauf können Sie nicht besonders stolz sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

In den Beratungen hat sich ganz deutlich gezeigt, dass der Begriff der Leitkultur, der immer wieder in diesem Gesetzentwurf auftaucht, eine unselige Wirkung hat. Er hat allein dadurch bei verschiedenen Punkten eine negative Wirkung, dass er diffus formuliert ist. Ich nenne als Beispiele den Bildungsbereich und – dort ist es besonders eklatant – die Einschränkung der Rundfunk- und Pressefreiheit. Die Presse auf Leitkultur verpflichten zu wollen, verstößt gegen Artikel 111a der Bayerischen Verfassung. Sie trauen den Journalistinnen und Journalisten in unseren öffentlich-rechtlichen und in unseren privaten Medien nicht zu, dass sie selbstständig und aus freien Stücken ihre Arbeit tun können.

(Thomas Kreuzer (CSU): Jetzt wird es richtig lächerlich!)

Dieses Misstrauen ist nicht angebracht. Aber es zieht sich durch dieses Gesetz.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Heute ist noch einmal eine ganze Reihe von Vorwürfen geäußert worden. Ich nenne als Beispiele die Missachtung von Minderheiten und Menschenrechten, den Generalverdacht gegen Migranten im Artikel 14, die Einführung eines Nebenstrafrechts und die Einschränkung von Grundrechten. Das sind Punkte, die darauf schließen lassen, dass dieses Gesetz in Teilen verfassungswidrig ist. Das ist ein sehr ernster Vorwurf. Sie haben Erfahrung mit verfassungswidrigen Gesetzen. Deswegen ist es notwendig, hier noch einmal darüber zu reden und das hier noch einmal deutlich zu sagen. Die Gerichte werden dann handeln.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dieser Gesetzentwurf ist ein Spaltgesetz. Dies ist ein Gesetz, das ausschließt. Dieses Gesetz desintegriert;

es integriert nicht. Das müssen Sie sich anhören. Allein dafür, dass Sie sich das noch einmal anhören müssen, ist diese Dritte Lesung notwendig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Rein- hold Bocklet (CSU): Man merkt, dass er Pädagoge ist!)

Die guten Pädagogen wissen, dass Wiederholung jedem hilft. Irgendwann hat es jeder kapiert, wenn es immer wieder wiederholt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Rein- hold Bocklet (CSU): Autosuggestion ist das!)

Wir leben in einer Zeit, in der uns das Miteinander in dieser Gesellschaft viel wert sein sollte. Wir sehen dieses Miteinander bedroht. Dieses Gesetz hilft nicht dem Miteinander, es arbeitet für das Gegeneinander. Aber nur gemeinsam können wir gewinnen. Deswegen bitte ich Sie, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen. Am besten ziehen Sie ihn jetzt zurück. In den frühen Morgenstunden hat man manchmal Erkenntnisse, die man sonst nicht hat. Ich wünsche sie Ihnen. Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf zurück!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)