Auf meine zweite Anfrage zu diesem Thema hat die Staatsregierung in ihrer Antwort festgestellt: Nach der Regelvermutung ist von einem großflächigen Einzelhandel, der sich nach Art, Lage und Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung nicht nur unwesentlich auswirkt, dann auszugehen, wenn dieser eine Verkaufsfläche von über 800 qm hat. Das war früher die Obergrenze, die wir hatten und die wir dringend wieder brauchen.
Meine Damen und Herren von der CSU, Sie sind doch für Obergrenzen. Hier brauchen wir sie auch. Ordnung muss wieder her. – Auf eine weitere Anfra
ge, wie solche Einzelhandelsgroßprojekte entstanden sind, antwortete die Staatsregierung, dass keine eigenen flächendeckenden Erhebungen darüber vorlägen, welche Kommunen Einzelhandelsgroßprojekte in dieser Größe realisiert haben. Hier läuft es also wieder nach dem Prinzip: Wiss‘ ma ned, juckt uns ned. So kann man keine Landesplanung machen.
Sie von der CSU haben doch die Aufnahme des Prinzips der gleichwertigen Lebensverhältnisse in die Verfassung vorgeschlagen. Also kümmern Sie sich auch darum! Die Grundvoraussetzung dafür ist, dass die umfangreichen Probleme und Ursachen analysiert werden. Deshalb haben wir dem Antrag der SPD, in dem ein staatliches Förderprogramm für kommunale Einzelhandelsgutachten gefordert wurde, zugestimmt, weil ein solches Gutachten die Grundlage für eine Ursachen- und Problemanalyse wäre. Über den Lösungsweg sind wir uns aber doch nicht ganz einig.
Zu den heute zur Debatte stehenden Anträgen möchte ich Folgendes sagen: Was würde es in der Konsequenz bedeuten, wenn die Nahversorgung zu einer kommunalen Pflichtaufgabe würde? Könnte man in diesem Fall die Kommunen, die keine eigene Nahversorgung mehr haben, dazu zwingen, einen eigenen Laden, also praktisch einen eigenen Bayern-Konsum, zu betreiben? Das würde uns zu weit gehen. Wir sehen hier echte Probleme, wenn dies zu einer Pflichtaufgabe gemacht würde.
Dorfladen-Initiativen sind wirklich eine super Sache. Das Beste ist, dass diese Läden funktionieren. Wenn eine gute Marktanalyse gemacht und für diese Läden ein gutes Konzept entwickelt wird, dann sind diese Läden in der Lage, sich selbst wirtschaftlich zu tragen. Diese Läden können dann mit Mitteln der Dorferneuerung gefördert werden. Wir sind der Meinung, dass hier mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden müssten, damit mehr Initiativen davon profitieren können. Dazu brauchen wir aber nach unserer Meinung kein eigenes Förderprogramm. Wenn versucht wird, Dorfläden, die sich selbst wirtschaftlich nicht dauerhaft tragen können, mit Fördermitteln am Leben zu erhalten, würde das nach unserer Auffassung scheitern.
Damit komme ich zu meinem letzten Punkt, nämlich zum Thema Nahversorgung und Servicestellen. Wir sind der Überzeugung, dass wir die Landes- und Regionalplanung deutlich stärken müssen, um gleichwertige Lebensverhältnisse zu erreichen. Wir brauchen hier mehr Personal für die Regionalplanung in den Bezirksregierungen. Wir haben aber unsere Zweifel, dass es notwendig ist, bereits für die Nahversorgung eine eigene Servicestelle zu schaffen.
Zusammenfassend stelle ich fest: Das Thema Nahversorgung ist wichtig. Wir werden weiterhin darüber diskutieren müssen. Die Anträge sind unserer Meinung nach nicht ausgewachsen. Deshalb müssen wir uns dazu der Stimme enthalten.
Herr Kollege Ganserer, Sie haben hier sehr engagiert Stellung genommen. Ich habe mir schon gedacht, Sie hätten irgendein Problem. Darauf möchte ich aber nicht eingehen. Erster Punkt. Bei Bedarf zeige ich Ihnen gerne Fälle auf, in denen Bürgermeister der GRÜNEN ebenfalls Märkte auf der grünen Wiese gebaut haben.
Zum dritten Punkt. Warum kommen Sie eigentlich nie auf die Idee, die Verbraucher zu aktivieren? Wir stimmen täglich darüber ab, wo und wann wir einkaufen. Glauben Sie allen Ernstes, dass Sie die Leute mit starren rechtlichen Festlegungen davon abhalten können, in einem Supermarkt oder einem Discounter einzukaufen? Der Verbraucher stimmt jeden Tag mit den Füßen darüber ab, wo und wie er einkauft. Viele sprechen zwar vom Dorfmarkt und vom Tante-EmmaLaden, aber kaufen dann doch woanders ein.
Wenn was aufgeht, springen wir schnell hinüber; denn da kann man so schön ratschen. Das hat mir neulich einer gesagt. Dann habe ich gesagt: Vom Ratschen kann ein Dorfmarkt nicht leben. Also seien Sie etwas realistischer und schreien Sie hier nicht so rum.
Herr Kollege, wenn Sie mir richtig zugehört hätten, hätten Sie die Antwort schon parat gehabt. Dann hätten Sie mich nicht noch einmal fragen müssen.
indem Sie einfach sagen, das Problem sollte der Verbraucher lösen. Er könnte doch mit dem Einkaufswagen abstimmen.
Tatsache ist doch, dass sich die Nahversorgungssituation im ganzen Land dramatisch verschlechtert hat. Wir haben die politische Verantwortung und müssen politische Maßnahmen ergreifen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und sie einzubremsen. Da kann ich nicht einfach sagen, das müsse der Verbraucher tun, und das ist halt Pech gewesen. Wenn man zur gleichen Zeit mit dem Ordnungsrecht bei der letzten Änderung des LEP sozusagen wie mit einem Brandbeschleuniger gewirkt hat, dann muss man diese Entwicklung zur Kenntnis nehmen und gegensteuern.
Danke sehr. Ich darf nun Herrn Staatssekretär Pschierer bitten. – Meine Damen und Herren, seien Sie doch bitte etwas ruhiger und hören Sie den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs zu.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte das Thema in einen etwas größeren Zusammenhang stellen, insbesondere was das Stichwort ländlicher Raum angeht; denn gelegentlich waren Vorwürfe dahin gehend zu hören, die Staatsregierung würde dem ländlichen Raum nicht die notwendige Aufmerksamkeit widmen.
Ich darf feststellen, dass unter den 16 Bundesländern keines zu finden ist, das ein so umfangreiches Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes hat wie Bayern. Nur ein paar Stichworte dazu: regionale Wirtschaftsförderung, Städtebauförderung, Dorferneuerung. Unser kommunaler Finanzausgleich ist spitze im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Die Ansiedlung von Telekommunikationseinrichtungen sowie die Breitbandversorgung und viele Dinge mehr sind herausragend. Was die Entwicklung des ländlichen Raumes angeht. haben wir also keinen Nachholbedarf.
Herr Kollege Ganserer, Sie haben das Thema Kaiser’s Tengelmann, EDEKA und REWE erwähnt. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die täglich feststellen, dass es zwischen meiner Position und der des Bundeswirtschaftsministers Gabriel eine große Übereinstimmung gäbe. Aber ich darf Ihnen versichern, dass es in dieser Frage zwischen dem Bundeswirtschaftsminister und dem bayerischen Wirtschaftsministerium eine gewisse Interessenidentität gibt. Beiden, dem Bundeswirtschaftsministerium und auch uns, ging es darum, den Erhalt der Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann zu sichern und zu verhindern, dass dieses
Nun zu Ihnen ein Wort, Herr Adelt, und zu Ihren Anträgen. Beim ersten Antrag habe ich mich tatsächlich schwergetan. Da genügt eigentlich ein Blick in die Geschäftsordnung des Bayerischen Landtages. Nehmen Sie § 49 "Einbringung". Sie fordern die Bayerische Staatsregierung auf, zur Thematik einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Wenn Sie von diesem Vorhaben so überzeugt sind, ist es nach § 49 Ihr parlamentarisches Recht und sogar Ihre parlamentarische Pflicht, diesen Gesetzesentwurf als SPD-Landtagsfraktion einzubringen. Dazu brauchen Sie die Staatsregierung nicht.
Was das grundsätzliche Thema angeht, haben es der Kollege Holetschek und andere schon angesprochen. Es geht auch um das Verbraucherverhalten. Sie können Verbraucherverhalten mit ordnungspolitischen Maßnahmen nicht oder nur rudimentär beeinflussen.
Das heißt, die Abstimmung erfolgt mit den Füßen. Und da sage ich Ihnen etwas ganz persönlich: Ich wäre manchmal sehr dankbar, wenn der gleiche Verbraucher, der am Abend in der Ortsversammlung beklagt, wie schlimm das Sterben der Läden im Ort ist, dass Dorfwirtschaften geschlossen werden und vieles andere, am nächsten Tag mit seinem Einkaufswagen nicht auf dem Parkplatz von ALDI, Lidl oder anderen Discountern stehen, sondern stattdessen regionale Märkte bevorzugen würde. Leider wird in diesem Land ja nur danach abgestimmt, wo es am preiswertesten ist. Insofern täten wir uns alle einen Gefallen, wenn wir die Verantwortung des Verbrauchers mit in die Diskussion brächten.
Den ersten Antrag müssen wir also klar ablehnen. Wir sehen zwar die kommunale Nahversorgung als wichtige Aufgabe, können sie aber nicht als Pflichtaufgabe des Staates ansehen. Wir sollten uns hier in diesem Parlament nicht überschätzen. Ich traue mir nicht zu, den Bürgermeistern vor Ort vorzuschreiben, was für ihre Gemeinde das Richtige ist.
Herr Ganserer, in einem muss ich Sie auch noch korrigieren. Der Kollege Steiner hat es schon angesprochen. Die Anträge auf Errichtung von großflächigem
Einzelhandel kommen nicht aus dem Bayerischen Landtag, sondern sie kommen aus den Kommunalparlamenten. Sie tun immer so, als ob wir im Freistaat Bayern die Landschaft flächendeckend mit großen Supermärkten zupflastern würden. Das ist nicht der Fall.
Zum Antrag unter Tagesordnungspunkt 13 mit der Forderung, eine Dorfladenberatung durch Beamte einzuführen, nur Folgendes: Bei aller Wertschätzung der Leistungsfähigkeit der bayerischen Verwaltung: Das ist nicht zielführend. In Bayern sind in den letzten 20 Jahren circa 150 Dorfläden entstanden; dazu bedurfte es keiner staatlichen Beratung. Es hat bislang immer gut funktioniert. Es ist eine irrige Vorstellung, dass das Beamte besser könnten als die Kommunalpolitiker vor Ort. Die Gründung eines Dorfladens ist letztlich eine unternehmerische Angelegenheit. Es geht da um Dinge wie die Rechtsform, die Finanzierung oder die Wahl eines geeigneten Ladenlokals, aber auch um den Kauf und die Einrichtung sowie die Öffnungszeiten und vieles mehr. Das wissen die Menschen vor Ort besser als wir hier im Bayerischen Landtag. Deshalb sollten wir diese Verantwortung bei den Kommunen belassen.
Wir können aber das Ganze mit Anreizsystemen unterstützen. Das tut das bayerische Wirtschaftsministerium. Wir veranstalten ein Vorgründungscoaching, das wir bezuschussen. In den Jahren 2011 bis 2015 ist dieses Coaching in 40 Fällen genutzt worden.
Sie wissen auch – damit bin ich bei Ihrem dritten Antrag –, dass der Ruf nach Förderprogrammen sehr beliebt ist. Aber es ist immer gut, wenn man sich zunächst darüber informiert, welche Förderprogramme es gibt. Unabhängig vom Vorgründungscoaching gibt es sehr vieles. Es gibt das Dorferneuerungsprogramm des bayerischen Landwirtschaftsministeriums, es gibt das LEADER-Programm, die Städtebauförderung und darüber hinaus die Programme der LfA sowie der Kreditanstalt für Wiederaufbau.
Ich halte übrigens nichts davon, wenn Sie sagen, wir müssten die Fördersätze weiter erhöhen. Sie liegen bei der Dorferneuerung bei bis zu 60 %. Bei allem anderen würden Sie, wenn Sie da noch erhöhten, lediglich Mitnahmeeffekte produzieren, sonst nichts.
Entscheidend für den Erfolg eines Dorfladens ist nicht das, was wir hier machen, sondern entscheidend sind das bürgerschaftliche Engagement vor Ort und das beruhigende Gefühl, etwas Eigenes geschaffen zu haben. Das wäre dann zu honorieren, indem man diesen Laden nachfragte. Deshalb ist es unsere Aufgabe, Anreize zu schaffen und Rahmenbedingungen
vorzugeben, aber wir dürfen die wohnortnahe Versorgung nicht als kommunale Pflichtaufgabe verankern.