Herr Kollege Ganserer, es ist Ihr gutes Recht und das Recht Ihrer Fraktion, diese Position seit zehn Jahren zu vertreten. Wir kommen jedoch keinen Schritt weiter. Wir brauchen in der Region München einen deutlichen Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs. Täglich nutzen zwei von drei Fahrgästen im gesamten bayerischen Schienenpersonennahverkehr die Züge der S-Bahn-Region München.
Das ist nicht allen bayerischen Bürgerinnen und Bürgern bewusst. Das sage ich bewusst, weil ich privat in Franken zu Hause bin. Beim Ausbau der Infrastruktur geht es um viel Geld. Man muss sich jedoch die Zahlendimensionen verdeutlichen: Zwei Drittel aller Menschen, die täglich den Schienenpersonennahverkehr in Bayern nutzen, befinden sich allein in der S-BahnRegion München. Diese Situation ist außergewöhnlich.
Vorhin haben wir darüber gesprochen, dass dieses Angebot stark nachgefragt wird. Die Alternative wäre, im Stau zu stehen – mit all den damit verbundenen Problemen wie der Luftreinhaltung. Deshalb sage ich ausdrücklich: Wir müssen froh darüber sein, dass sich die Menschen bewusst für den Schienenpersonennahverkehr, für die S-Bahn, entscheiden. Deshalb ist es dringend notwendig, das Angebot zu verbessern, um die ständigen Staus der S-Bahn zu reduzieren. In keiner anderen Region gibt es auf der Schiene so viel Staus wie im S-Bahn-Gebiet München. Das gilt insbesondere für die Stammstrecke.
Wir brauchen die zweite Stammstrecke. Meine Damen und Herren, ich bin froh darüber, dass uns seit April dieses Jahres für die gesamte Strecke Planfeststellungsbeschlüsse vorliegen. Das Gerede, es würde nichts vorangehen, ist einfach falsch. Solange kein Planfeststellungsbeschluss vorliegt, kann bekanntermaßen nirgendwo gebaut werden.
Seit April liegen alle Planfeststellungsbeschlüsse vor. Zwar sind sie noch nicht alle endgültig bestandskräf
tig, wir gehen aber davon aus, dass sie Bestand haben. Deshalb hat sich die Staatsregierung fest zum Ziel gesetzt, noch in diesem Jahr 2016 endgültig über die Realisierung der zweiten Stammstrecke zu entscheiden. Hierzu bedarf es einer von der Bahn noch in diesem Sommer vorzulegenden Kostenermittlung für die zweite Stammstrecke unter Berücksichtigung der ersten Ausschreibungsergebnisse. Schließlich erfolgt darauf aufbauend eine Erklärung des Bundes über seine Mitfinanzierung. Ich gehe davon aus, dass wir das schaffen. Dann können noch in diesem Jahr die ersten Baumaßnahmen für die zweite Stammstrecke beginnen. Ich sage es noch einmal: Mein festes Ziel ist es, dies noch in diesem Kalenderjahr 2016 zu erreichen.
Wir brauchen noch weitere qualitative Verbesserungen im S-Bahn-Bereich. Ich brauche die verschiedenen Maßnahmen des Bahnknotenkonzepts und des 13-Punkte-Sofortprogramms nicht noch einmal aufzuzählen. Klar ist, dass wir viele dieser Maßnahmen schneller realisieren wollen, damit sie fertig werden, bevor die zweite Stammstrecke in Betrieb geht. Klar ist aber auch, dass die Bahn, die letztendlich nun einmal verantwortlich ist, viele Maßnahmen nicht realisieren und beschleunigen wird, solange die endgültige Entscheidung über die zweite Stammstrecke nicht getroffen ist. Ich gehe davon aus, dass wir diese Maßnahmen, auch die des 13-Punkte-Sofortprogramms und die anderen Maßnahmen des Bahnknotenkonzepts, jetzt voranbringen können.
Ich will an dieser Stelle kein Hehl daraus machen, dass ich mit dem konkreten Fortgang der Projekte, jedenfalls einiger Projekte, bei der Bahn nicht zufrieden bin. Obwohl der Freistaat die inhaltlichen und finanziellen Voraussetzungen für die Planungen geschaffen hat, dauern die Planungs-, Abstimmungs- und Genehmigungsprozesse bei vielen mitwirkenden Fachstellen deutlich zu lang. Das Tempo muss insbesondere bei der Bahn deutlich erhöht werden. Klar ist aber auch, dass wir immer nur appellieren können, dass wir nur versuchen können, Druck zu machen, und dass wir freundlich oder weniger freundlich darüber reden können. Die Entscheidungen liegen aber nicht in unserer Macht. Das muss man ganz einfach sehen, sie liegen in der Hand der Deutschen Bahn.
Ich sage es aus der Sicht meiner Verantwortung. Ich kann nur sagen, wir setzen uns dafür ein, dass die Maßnahmen weiter vorangebracht werden.
Wir sind uns einig: Die S-Bahn München muss leistungsfähiger werden. Ein zentrales Thema ist dabei die Ertüchtigung der Infrastruktur. Wir haben die erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Wir wollen alles dafür tun, dass die Entscheidungen für die zweite Stammstrecke noch in diesem Jahr getroffen werden. Eine ganze Reihe von Teilmaßnahmen ist Bestandteil des Gesamtprojekts zweite Stammstrecke. Die Finanzierung einer Reihe weiterer Ausbaumaßnahmen ist darin mit enthalten. Das alles wird dann auf den Weg gebracht. Dann können wir den Menschen in der SBahn-Region München auch eine klare Perspektive für die Verbesserungen der künftigen Angebote geben.
Mein Ziel ist es, Herr Kollege Ganserer, dass wir, sobald die endgültige Entscheidung über die zweite Stammstrecke getroffen ist, das Betriebskonzept für die S-Bahn im Jahr 2023, oder wann auch immer, entwickeln und dann konkret festlegen, welche Zugangebote es dann gibt. Ich sage es ganz klar, und das ist der große Unterschied zwischen uns: Ich will ein Betriebskonzept mit der zweiten Stammstrecke und nicht ohne sie vorlegen. Dafür haben wir auch eine klare Mehrheit in diesem Haus. Alle wollen, dass es schneller geht. Eine klare Mehrheit will aber vor allem, dass die zweite Stammstrecke realisiert wird. Diesen Auftrag erfüllen wir.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, wenn Sie bereit sind, den Menschen draußen die Wahrheit zu sagen, dann erzählen Sie ihnen bitte auch, was ihnen bei einer zweiten Stammstrecke blüht. In vielen Bereichen werden sie keine Verbesserungen, sondern sogar Verschlechterungen haben. Dafür habe ich sogar den Kollegen Bernhard von Ihrer Fraktion auf meiner Seite. Er hat schon im Ausschuss bei der Debatte über diese Anträge bestätigt, dass die meisten Menschen in der S-Bahn-Region noch gar nicht wissen, was ihnen bei einer zweiten Röhre blüht. Es wird Verschlechterungen im Takt geben, bei vielen Bahnhöfen wird es sogar Verschlechterungen bei den Umsteigemöglichkeiten geben. Sind Sie bereit, das den Menschen draußen ganz klar zu vermitteln, damit sie sich ein echtes und ehrliches Bild darüber machen können, was Sie ihnen mit dieser zweiten Röhre einbrocken?
verständlich werden die Menschen erfahren, wie es aussieht. Zu Ihren Argumenten möchte ich nur auf das Beispiel der Express-S-Bahn verweisen. Wenn ich den Menschen verspreche, dass die S-Bahn zum Flughafen schneller fährt, dann wird diese Express-SBahn an allen möglichen Stationen unterwegs nicht halten; denn sonst kommt sie nicht schneller zum Ziel.
So ist es auch bei anderen Zügen, wie zum Beispiel bei den Zügen auf der zweiten Stammstrecke, die wesentlich weniger S-Bahnhöfe als die alte Stammstrecke hat. Der Vorteil dieser Strecke liegt aber darin, dass es schneller geht und mehr Züge durchfahren können. Dafür hält die S-Bahn an weniger Haltestellen. Das wird doch nicht verheimlicht. Das ist vielmehr die Voraussetzung dafür, dass wir den Gesamtverkehr noch attraktiver machen können. Wenn ich an der Hackerbrücke aussteigen will, kann ich nicht mit den Zügen durch die zweite Stammstrecke weiterfahren. Das ist so. Es ist doch nicht so, als würden wir jemandem die Wahrheit vorenthalten. Diese Art von Argumentation – sonst fällt Ihnen nichts Besseres ein, Herr Ganserer – ist wirklich erbärmlich.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, es war interessant, etwas über die zweite Stammstrecke oder, genauer gesagt, über den zweiten Stammstreckentunnel zu hören. Es hatte nur nichts mit den sechs Anträgen zu tun, die hier zur Debatte standen. Deshalb bitte ich Sie noch einmal: Nehmen Sie zu den einzelnen Projekten Stellung und nicht zu dem, was Herr Bernhard sagte. Die Finanzierung wird sicher nicht ganz leicht werden. Sagen Sie bitte, welche Maßnahmen auch nach Ihren Vorstellungen und Ihrem gesamten Konzept wünschenswert sind; denn schließlich nutzen zwei Drittel der Menschen in Bayern, wie Sie mehrmals betont haben, das Nahverkehrssystem Münchens, insbesondere auch auf den Außenästen.
Ich setze mich für die Maßnahmen auch auf den Außenästen nachdrücklich ein. Insgesamt können diese Maßnahmen ihre Wirkung aber nur entfalten, wenn die zweite Stammstrecke gebaut wird. Darauf ist in der Debatte vorhin von mehreren Rednern eingegangen worden. Auf diese Redner habe ich mich in meinem Beitrag bezogen, weil ich nicht einfach im luftleeren Raum diskutieren, sondern versuchen will, auf das einzugehen, was die Kollegen vorher in der Debatte angesprochen haben. Das ist der Sinn einer Parlamentsdebatte. Das halte ich auch weiterhin für sinnvoll.
Vielen Dank. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich lasse abstimmen. Besteht damit Einverständnis, dass ich über die Anträge insgesamt abstimmen lasse und der Abstimmung die Voten des federführenden Ausschusses für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie zugrunde lege? – Das ist der Fall. Dann lasse ich so abstimmen.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion in dem vorgenannten federführenden Ausschuss einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Sitzung für heute beendet. Wir haben die Tagesordnungspunkte abgearbeitet. Ich muss Sie jetzt auch nicht mehr ermahnen. Einen schönen Abend!