Die Realität sieht anders aus. Ende Januar wurde der Umweltbericht Bayern 2015 veröffentlicht. Sie mussten sich selbst ganz schlechte Noten ausstellen. Die Fakten lauten, amtlich von dieser Staatsregierung bestätigt: Die verkehrsbedingten CO2-Emissionen in Bayern sind höher als 1990. Der Anteil des Flugverkehrs liegt bei 14 % und ist damit seit 1990 um das Dreifache gestiegen. Also: Klimaschutz? – Fehlanzeige! Das ist das Ergebnis Ihres eigenen Berichts. Damit haben Sie einen klimapolitischen Offenbarungseid geleistet. Das wird auch nicht besser, wenn Sie weiterhin fröhlich in dieser Sackgasse bleiben.
Erlauben Sie mir ein Wort zum Flugverkehr. Was hat der Ministerpräsident in Attaching im letzten Dezember zu den Menschen und zu den Vertretern der Bürgerinitiativen gesagt? – Er sagte: Mit den Bewegungen und Zahlen von heute kann man aktuell eine Notwendigkeit der dritten Startbahn nicht begründen. Heute wird Ihr Fraktionsvorsitzender in der "Süddeutschen Zeitung" mit den Worten zitiert: "Das Ergebnis muss sein: Die Startbahn kommt". – Wir nennen das eine Täuschung der Bürgerinnen und Bürger, das ist nichts anderes.
Das beweist einmal mehr: Sie machen keine klimafreundliche Verkehrspolitik; denn immer mehr Flugverkehr bedeutet unter den heutigen Umständen eine immer schlechtere bayerische Klimabilanz. Deswegen ist es kein Wunder, dass wir beim Bundesländerindex Mobilität 2014/2015 der "Allianz pro Schiene" den vorletzten Platz 15 einnehmen. In der Einzelbewertung liegt der Freistaat beim Klimaschutz im Verkehr sogar auf dem letzten Platz und bei der Luftqualität auf Platz 14. Sie reden von Umweltschutz und tun das Gegenteil.
Dies wird auch durch das Gerichtsurteil unterstrichen, das die Deutsche Umwelthilfe erst vor wenigen Tagen erwirkt hat. Die Schlussfolgerung aus diesem Urteil lautet: Die CSU-Staatsregierung tut viel zu wenig, um den Ausstoß von Schadstoffen wie Feinstaub und Stickoxid zu vermindern. Wir haben darüber erst in der letzten Woche diskutiert, und von der verantwortlichen Ministerin kam nichts bzw. nichts Relevantes. Wo bleiben denn Ihre Programme, mit denen Städte und Gemeinden wirklich beim Ausbau eines klimafreundlichen Nahverkehrs und Umweltverbunds, inklusive Rad- und Fußverkehr, unterstützt werden? – Sie
Was ist von Ihrer eingangs zitierten E-Mobilitätsoffensive aus den Jahren 2007 und 2008 übrig geblieben? – Die Wirtschaftsministerin hat dazu im Januar folgendes ärmliche Fazit gezogen: "Gemeinsam ist es uns gelungen, die Elektromobilität in der Praxis umfassend zu testen". Das ist es, was Sie in zehn Jahren erreicht haben: fast nichts. Den Grund dafür kennen wir: Sie klammern sich an die Konzepte von gestern. Das tut auch Ihr Bundesstraßenbauminister Dobrindt mit seinem zu Recht auch im Bundeskabinett kritisierten Bundesverkehrswegeplan. Die Präsidentin des Umweltbundesamtes Maria Krautzberger sagt dazu, dass wir von einer integrierten, verkehrsmittelübergreifenden Mobilitätsstrategie mit anspruchsvollen Umweltzielen weit entfernt seien. Die "Allianz pro Schiene" hat gerade veröffentlicht, dass Deutschland nur 56 Euro pro Kopf in den Ausbau und den Erhalt der Schienennetze investiere. Zum Vergleich: Die Schweiz gibt 383 Euro und Österreich 192 Euro pro Kopf dafür aus. Deutschland liegt dank einer Verkehrspolitik, die die CSU im Bund und im Land verantwortet, weit abgeschlagen noch hinter Italien. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Herrmann ums Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Klimaschutz ist in der Tat eine der wichtigsten Aufgaben und eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Auf den Verkehrsbereich entfällt rund ein Drittel des gesamten Endenergieverbrauchs und der CO2-Emissionen in Bayern. Angesichts des prognostizierten Verkehrswachstums und zum Schutz des Klimas verfolgt die Bayerische Staatsregierung mit ihrer Verkehrspolitik zahlreiche Maßnahmen, um die umweltfreundliche Mobilität zu stärken. Zur Entlastung der Straßen und der Umwelt wollen wir einen möglichst großen Anteil des Straßenverkehrs auf die Schiene, die Wasserstraße und auf öffentliche Verkehrsmittel verlagern. Ich sage aber ganz klar: Wir wollen das nicht mit Zwangsmaßnahmen erreichen, sondern mit attraktiven Angeboten. Meine Damen und Herren, das ist der grundlegende Unterschied zu Ihrem Antragskonzept.
Ich möchte beispielhaft nur drei Punkte nennen. Erstens. Wir bauen den öffentlichen Personennahverkehr in Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Verkehrsunternehmen in Bayern kontinuierlich weiter
aus. Wir fördern die Kommunen und die Verkehrsunternehmen jährlich mit 200 Millionen Euro. Zudem setzt Bayern von den vom Bund bereitgestellten Regionalisierungsmitteln allein 90 % zur Bestellung der Schienenpersonennahverkehrsleistungen ein. Gerade im Schienenpersonennahverkehr lässt sich das Engagement der Staatsregierung zur Schaffung von Alternativen zum motorisierten Individualverkehr und von Anreizsystemen belegen. Wir konnten kontinuierlich enorme Steigerungen bei den Fahrgastzahlen und den Zugkilometern erreichen.
Sehen wir uns einmal die Entwicklung seit der großen Bahnreform in den Jahren 1995 und 1996 an. Seit dieser Zeit sind die Länder zuständig. Heute, 20 Jahre danach, können wir feststellen: Wir sind ein erfolgreiches Bahnland. Seit 1996 haben wir beispielsweise über 60 neue Haltepunkte eingerichtet. Wir haben aufgehört, Strecken und Haltepunkte stillzulegen. Jetzt werden wieder neue Haltepunkte eingerichtet. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen.
Wir haben das Angebot des Schienenpersonennahverkehrs in den letzten 20 Jahren in Bayern um rund 40 % ausgeweitet. Im Jahre 1995 wurden 82 Millionen Zugkilometer pro Jahr bestellt. Heute sind es über 120 Millionen Zugkilometer pro Jahr. Das ist eine enorme Steigerung, wie wir sie in kaum einem anderen Bundesland in diesem Ausmaß finden. 1,3 Millionen Fahrgäste täglich – das ist eine Steigerung um zwei Drittel gegenüber der Zeit vor der Bahnreform. Diese Zahlen belegen: Seitdem wir in Bayern, aufgrund der vor 20 Jahren durchgeführten Bahnreform, unmittelbar die Möglichkeit haben, Züge zu bestellen und damit zu beeinflussen, wann und wo welche Züge fahren, wurde das Angebot wesentlich ausgeweitet. Dieses Angebot wird auch angenommen. Meine Damen und Herren, das ist es, was wir unter einer Attraktivitätssteigerung verstehen. Wir wollen keine Zwangsmaßnahmen nach dem Motto: Ihr dürft nicht. Wir wollen eine Attraktivitätssteigerung.
Damit komme ich zum zweiten Punkt, zum S-BahnKonzept München. Darüber werden wir beim nächsten Tagesordnungspunkt noch sprechen. Wir müssen gerade im Ballungsraum München das Angebot noch mehr ausweiten, da dieses Angebot sehr gut angenommen wird, was erfreulich ist. Wir müssen deshalb den Ausbau dringend voranbringen. Mein klares Ziel ist, dass wir noch in diesem Jahr die endgültige Entscheidung über die zweite Stammstrecke herbeiführen und dass noch in diesem Jahr mit den Baumaßnahmen für die zweite Stammstrecke begonnen wird.
Das dritte Beispiel, das ich für unsere engagierte Verkehrspolitik nennen will, ist der Ausbau des Radverkehrs in unserem Land. Nach allgemeinen Einschätzungen werden heute bayernweit rund ein Drittel aller Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt. Um Bayerns Zukunft nachhaltig zu gestalten, haben wir den Radverkehr als einen wichtigen Bestandteil unserer gesamten Verkehrspolitik definiert. Die Nutzung des Fahrrads im Alltag soll noch selbstverständlicher werden. Der Freistaat investiert zwischen den Jahren 2015 und 2019 200 Millionen Euro in den Ausbau von Radwegen an Bundes- und Staatsstraßen. Das ist eine absolute Rekordentwicklung.
Meine Damen und Herren, gerade bezüglich der Förderung des Radverkehrs haben wir erfreulicherweise sehr viel Übereinstimmung. Wir haben aber auch hier den klaren Ansatz, dass wir keine Ideologie verfolgen. Wir wollen den Menschen andere Verkehrsmittel nicht verbieten oder verleiden, sondern wir wollen das Angebot an Radwegen und alle Bedingungen für den Radverkehr so attraktiv machen, dass die Menschen von sich aus gern aufs Fahrrad steigen. Das ist unser Ziel.
Außerdem wollen wir die Elektromobilität voranbringen. Meine Damen und Herren, die Entwicklung der Elektromobilität ist in den letzten Jahren in ganz Deutschland und in weiten Teilen Europas hinter den Erwartungen zurückgeblieben, die noch vor zehn Jahren dazu geäußert worden sind. Das ist gar keine Frage. Diese Problematik ist nicht CSU-spezifisch, sondern sie betrifft ganz Deutschland. Der wesentliche Grund dafür sind die Angebote der Industrie. Hier kommen wir jedoch voran. Jetzt gibt es wesentlich bessere Angebote. Wir haben eine gemeinsame Entscheidung getroffen, die vom Land Bayern ganz wesentlich unterstützt und vorangebracht worden ist. Danach gibt es jetzt eine konkrete Förderpolitik der Bundesregierung, mit der Menschen, die sich ein Elektroauto zulegen, entsprechend gefördert werden. Prämien werden gewährt. Wir werden vonseiten des Freistaates die Lade-Infrastruktur dafür weiter ausbauen. Die Rastanlagen werden mit Ladesäulen ausgestattet; ich könnte viele weitere Beispiele nennen.
Mit Blick auf die Hoffnungen, die es vor zehn Jahren gab, hat sich die Entwicklung etwas verzögert, aber nicht nur in Bayern, sondern überall in Deutschland und darüber hinaus. Jetzt bringen wir die Systeme zügig voran. Dabei ziehen wir an einem Strang. Aller
dings bleiben wir auch im Bereich der Elektromobilität bei unserem Grundsatz: Wir wollen den Menschen sozusagen Lust auf Elektroautos machen, aber schreiben niemandem etwas vor. Wir wollen eine umweltfreundliche Mobilität. Das Ziel des Umweltschutzes vertreten wir gemeinsam. Nachhaltigen Umweltschutz erreichen wir allerdings nicht dadurch, dass wir die Mobilität massiv beschränken. Das ist die Fehlkonstruktion vieler Ihrer Anträge, Herr Kollege Ganserer. Wir brauchen für eine positive Zukunft unseres Landes – dazu gehören eine gute wirtschaftliche Entwicklung und der Erhalt unserer Arbeitsplätze – eher mehr statt weniger Mobilität. Wir brauchen umweltgerechte Mobilität, nicht aber Beschränkungen der Mobilität. Das ist unser Konzept. Wir werden es weiterhin konsequent umsetzen.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie sagten, dass Sie Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern wollen. Zudem sprachen Sie von "umweltgerechter Mobilität". Es ist schön, wenn Sie unsere Formulierungen übernehmen.
Wenn Sie das Ziel der Verlagerung des Verkehrs tatsächlich anstreben, dann müssen Sie zunächst einmal den Investitionsschwerpunkt von der Straße auf die Schiene verlagern. Nur dann wird es möglich, attraktive, umweltfreundliche Mobilitätsangebote zu machen bzw. diese auszubauen.
Wie wollen Sie das umsetzen? Folgte man Ihren Vorschlägen zum Bundesverkehrswegeplan, würde nach wie vor das meiste Geld in das System Straße und viel zu wenig Geld in den Ausbau der Schieneninfrastruktur fließen.
Sie haben die ÖPNV-Zuwendungen des Freistaates Bayern angesprochen. Sagen Sie den Menschen bitte auch, dass der Freistaat in diesem Jahr im Vergleich zum Jahr 2003 wesentlich weniger ÖPNV-Zuschüsse zur Verfügung stellt. Ich greife als Beispiel die Busförderung heraus: Im Jahr 2003 waren es noch 60 Millionen Euro. Zwischendurch wurde sie sogar auf null heruntergefahren. Momentan liegen wir gerade einmal bei der Hälfte des damaligen Wertes.
Wenn Sie umweltfreundliche Mobilität voranbringen wollen, dann müssten Sie zumindest für den Inflationsausgleich, aber im Grunde für deutlich mehr Geld sorgen. Ich wiederhole es: Sagen Sie den Menschen, wie viel Geld der Freistaat Bayern durch Kürzung von Zuschüssen für den ÖPNV in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eingespart hat. Nach den Aufzeichnungen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen – VDV – sind es mittlerweile 800 Millionen Euro! Wenn Sie in den nächsten Jahren Mittel in diesem Umfang zusätzlich bereitstellen würden, dann kämen wir ein deutliches Stück voran. Mit Ihrer heutigen Rede allein haben Sie keinen Beitrag dazu geleistet.
Lieber Herr Kollege Ganserer, wenn Sie die Bundesländer vergleichen, dann sehen Sie, dass die ÖPNV-Förderung in Bayern nach wie vor überaus bemerkenswert ist. Wir werden darüber demnächst wieder im Detail diskutieren. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir sind da auf einem sehr guten Weg.
Was die Gesamtinvestitionen anbetrifft: Laut Aussage der Deutschen Bahn bekommt sie in diesem Jahr über eine Milliarde Euro für Investitionen in die Schienenstrecken Bayerns. Das ist fast genauso viel, wie wir vom Bund für den Ausbau der Autobahnen und Bundesstraßen in Bayern erhalten. Vor diesem Hintergrund kann ich für das laufende Jahr 2016 überhaupt nicht erkennen, dass hier eine Schieflage bestünde. Im Gegenteil, wir können feststellen, dass der Schienenverkehr – was dringend notwendig ist – deutlich ausgebaut wird. Auf diesem Weg wollen wir fortfahren.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Die Ausschüsse empfehlen, dem Antrag auf Drucksache 17/11055 zuzustimmen, und bei den übrigen Anträgen die Ablehnung.
Besteht Einverständnis damit, dass wir über die Anträge insgesamt abstimmen und der Abstimmung die Voten der federführenden Ausschüsse – es sind dies der Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie, der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen, der Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes, der Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz und bei
dem Antrag unter Tagesordnungspunkt 14 das Votum des mitberatenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen – zugrunde legen? – Das ist der Fall. Die Fraktionen sind so übereingekommen.
Dann lasse ich so abstimmen. Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion in den vorgenannten Ausschüssen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Ertüchtigung des S-Bahn-Netzes München I: Verlässliches, laufend aktualisiertes und öffentliches Projektmanagement der Ertüchtigungsmaßnahmen einführen und vorausschauend planen (Drs. 17/11048)
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Ertüchtigung des S-Bahn-Netzes München II: Ertüchtigungsmaßnahmen auf Außenästen mit Betroffenen abstimmen (Drs. 17/11049)