Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich lassen sich die extremen Niederschlagsereignisse der letzten Wochen nur schwer in einen kausalen Zusammenhang mit der Klimaveränderung bringen. Es wäre aber auch naiv, sie als einfache Wetterkapriolen abzutun. Die Klimakrise ist ja bereits Realität. Das bestätigen uns die Klimaforscher. Die Extremereignisse nehmen zu und verursachen immer größere volkswirtschaftliche Schäden.
Die Klimakrise findet auch in Bayern statt. Das haben die fränkischen Landwirte beim letzten Jahrhundertdürresommer im vergangenen Jahr am eigenen Leib zu spüren bekommen, wobei "Jahrhundertsommer" schon gar nicht mehr richtig ist. Die letzte Jahrhunderthitzewelle gab es im Jahr 2003; das ist gerade einmal 13 Jahre her. Mittlerweile erwarten uns, so sagen die Klimaexperten, solche Extremereignisse, statistisch gesehen, alle 25 Jahre. Der bayerische Landwirtschaftsminister hat die Schäden letztes Jahr im Herbst hochrechnen lassen. Bei den bayerischen Waldbesitzern sind volkswirtschaftliche Schäden allein durch die Zuwachseinbußen, die die Bäume verzeichnet haben, von mindestens 500 Millionen Euro aufgelaufen.
Die Frage ist jetzt: Was machen wir? Was macht die Bayerische Staatsregierung dagegen? Oder die Frage ist, wie der ehemalige Weltbank-Chefökonom Sir Nicholas Stern formuliert hat, ob wir das russische Roulette in Zukunft mit einer oder zwei Kugeln spielen wollen.
Mobilität ist ein Grundbedürfnis von uns Menschen. Aber die Art und Weise, wie wir heute Mobilität bewerkstelligen, nämlich im Wesentlichen auf das Auto zentriert, verursacht einen Haufen Probleme.
Der Verkehr verursacht Lärm und Abgase und trägt in erheblichem Maße zum Ausstoß von klimaschädlichen Gasen bei. Um die Ziele des Klimaschutzübereinkommens von Paris zu erreichen, müssen wir in Deutschland bis zur Mitte des Jahrhunderts – da bleiben uns noch weniger als 35 Jahre Zeit – unsere
CO2-Emissionen um 80 bis 95 % reduzieren. Die Klimaschutzziele werden wir aber nur erreichen, wenn wir neben der Energiewende gleichzeitig eine Verkehrswende einleiten. In Bayern trägt der Verkehr nämlich mittlerweile 40 % zu den energiebedingten CO2-Emissionen bei.
Wir haben ein ganzes Antragspaket vorgelegt, mit dem wir Möglichkeiten aufzeigen, wie wir in Bayern zum Klimaschutz im Bereich der Mobilität beitragen können. Natürlich ist eine ganze Reihe der Maßnahmen ordnungspolitischer Natur und erfordert Entscheidungen in Berlin oder sogar in Brüssel. Aber wir erwarten, dass der bayerische Löwe bei diesen Themen genauso laut brüllt wie bei anderen Themen, zum Beispiel bei der Abschaffung der Subventionen für den Flugverkehr.
Der Flugverkehr ist die schädlichste Art und Weise, sich fortzubewegen. In Bayern haben sich die CO2Emissionen des Flugverkehrs seit den Neunzigerjahren sogar verdreifacht. Mittlerweile trägt der Flugverkehr zu 14 % der verkehrsbedingten CO2-Emissionen in Bayern bei. Deswegen fordern wir, dass sich die Staatsregierung dafür einsetzt, die klimaschädlichen Subventionen im Flugverkehr zu reduzieren und auf einen weiteren Ausbau der Flughafeninfrastruktur in Bayern zu verzichten.
Ein weiteres Beispiel. Carsharing ist auf dem Siegeszug. Aber wie die "Süddeutsche Zeitung" an diesem Wochenende treffend formulierte, hinkt die Politik oder, genauer gesagt, die CSU-Regierung bei dieser dynamischen Entwicklung weit hinterher. Wir fordern, dass Carsharing auch in der bayerischen Verwaltung endlich als Möglichkeit der umweltfreundlichen Mobilität genutzt wird und der Freistaat Bayern den Carsharing-Unternehmen geeignete Parkplätze auf staatlichen Flächen zur Verfügung stellt.
Unsere Verkehrsmittelwahl wird im Wesentlichen, ohne lang nachzudenken, aufgrund von Gewohnheiten getroffen. Man denkt nicht lang, sondern nutzt das Verkehrsmittel, das man gewohnt ist. Deswegen sind Information und Beratung unverzichtbare Instrumente auf dem Weg hin zur umweltfreundlichen Mobilität. Wir fordern, in Bayern analog zu den Energieagenturen ein Beraternetzwerk für Mobilitätsmanagement aufzubauen. Dieses Beraternetzwerk sollte den Unternehmen eine kostenlose Erstberatung ermöglichen. Dabei geht es nicht nur darum, den Warenverkehr und die Logistik zu durchleuchten, sondern auch darum, die Mitarbeitermobilität unter die Lupe zu neh
men; denn oftmals reicht es, dass man die Schicht nur ein paar Minuten später anfangen lässt, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit haben, mit Bus und Bahn anzureisen.
Solche Mobilitätsberater hätten zuallererst bei der bayerischen CSU-Regierung alle Hände voll zu tun, allen voran beim bayerischen Finanzministerium; denn es ist mir absolut unverständlich, warum die Staatsbediensteten im Gebiet des Verkehrsverbunds Großraum Nürnberg im Gegensatz zu ihren Kolleginnen und Kollegen im Gebiet des Münchner Verkehrsund Tarifverbunds kein Jobticket-Angebot erhalten und somit keinen Anreiz bekommen, umweltfreundlich zu ihrem Dienstort zu reisen. Nehmen Sie sich da einmal ein Beispiel an der Regierung in Baden-Württemberg. Die hat es geschafft, ein Jobticket für alle Staatsbediensteten im ganzen Land einzuführen.
Darüber hinaus schlagen wir noch eine ganze Reihe von anderen Maßnahmen vor, auf die ich aufgrund der Zeit nicht mehr im Einzelnen eingehen kann. Wir fordern einen Aktionsplan zur Förderung der Nahmobilität, die Förderung von Bürgerbussen, eine Überarbeitung des Reisekostenrechts und die Einführung des Tempolimits, eine sehr kostengünstige Maßnahme, die sofort CO2-Einsparungen zur Folge hat.
Wenn Sie aufgrund Ihrer Ideologie einzelne unserer Anträge ablehnen, kann man mit mir reden. Aber dann müssen Sie halt für jeden Antrag, den Sie ablehnen, Vorschläge bringen, wie man in anderen Bereichen CO2 einsparen kann. Ich sage Ihnen nur eines: Die Klimakrise verhandelt nicht und ist auch nicht kompromissbereit. Stimmen Sie deswegen unseren Anträgen zu. Geben Sie endlich Gas beim Klimaschutz und leiten Sie die Verkehrswende ein!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Ganserer, ideologisch sind nicht wir, ideologisch sind Sie.
Das sage ich nicht immer, sondern das mache ich tatsächlich auch daran fest, dass wir das Thema Klimaschutz ernst nehmen müssen. Insoweit haben wir einen Konsens; das will ich gar nicht abstreiten.
(Florian von Brunn (SPD): Sie müssen Ihren Worten auch Taten folgen lassen! – Zuruf des Abgeordneten Markus Ganserer (GRÜNE))
Aber Sie schießen wie immer mit Ihren Anträgen über das Ziel hinaus. Wir können nicht alle Bürgerinnen und Bürger permanent bevormunden und ihnen nur noch Vorschriften machen, was sie zu tun und zu lassen haben.
Das ist nicht das Verständnis, das wir von einem Staat haben, Herr Ganserer. Deswegen werden wir auch viele dieser Anträge ablehnen müssen und ihnen nicht zustimmen können.
Zum Beispiel fordern Sie wieder einmal das Tempolimit. Das ist ein beliebter Antrag, der in regelmäßigen Abständen immer wieder gestellt wird. Die Argumente sind größtenteils ausgetauscht. Sie stellen ihn wieder, wohl wissend, dass sich in der Zwischenzeit viel getan hat, dass wir heute natürlich andere Fahrzeuge haben,
dass wir auf Autobahnen die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h ohnehin nicht permanent halten können, weil es Verkehrsstörungen gibt.
Es ist tatsächlich kaum möglich, dass jeder auf der Autobahn frei fährt, weil sich auch viele Dinge und Parameter geändert haben. Aber Sie kommen wieder mit diesem Antrag daher. Auch heute werden wir ihn wieder ablehnen, weil er nichts bringt, meine Damen und Herren.
Wir haben Konzepte, die werden Sie heute noch hören, Herr Kollege; aber ich möchte erst einmal zu Ihren Anträgen Stellung nehmen. Sie haben Anträge gestellt und das Recht darauf, dass wir auf diese eingehen.
Als Nächstes komme ich zum Thema Carsharing. Carsharing ist gut und richtig und wird von der Bayerischen Staatregierung auch dadurch unterstützt, dass diese die Öffentlichkeitsarbeit hierfür, zum Beispiel die Broschüren des Bundesverbandes, unterstützt.
Aber jetzt stelle ich mir einmal vor, dass wir – so Ihr Vorschlag – am Wochenende Carsharing mit den
Dienstwagen machen. Sie wissen, dass viele Dienstwagen gekennzeichnet sind, die der Polizei und des Vermessungsamts beispielsweise. Ich will das jetzt nicht überspitzen, aber wenn ich mir vorstelle, dass am Wochenende ein Polizeiauto als Carsharing-Fahrzeug zur Verfügung steht, dann kann ich das nicht so recht glauben und weiß nicht, was Sie damit verfolgen. Es ist einfach aus wirtschaftlichen, organisatorischen und steuerlichen Gründen nicht möglich, diesem Vorschlag zu folgen.
Sie haben das Thema der Bürgerbusse angesprochen. Das ist auch ein wichtiges, zentrales Thema. Wir sind der Meinung, "Bürger fahren Bürger" ist gut und richtig. Aber auch insoweit investieren wir ja jetzt schon in den ÖPNV. Wenn diese Busse im Linienverkehr einsetzbar sind, dann können sie auch bezuschusst werden. Auch können die Fahrzeuge bezuschusst werden. In diesem Bereich passiert also schon einiges.
Zum Thema der neuen Beraternetzwerke. Beratung muss vor Ort passieren, in den Landkreisen, bei den Verkehrsunternehmen. Ich denke nicht, dass wir neue Berater brauchen. Wir unterstützen zum Beispiel die Fahrradfreundlichkeit. Das wissen Sie. Wir haben diesbezüglich etliche Anträge eingebracht und setzen darauf, dass sich diese Dinge auch weiterentwickeln. Das ist gut und richtig. Diesbezüglich gibt es Initiativen, die fortgeführt werden müssen.
Aber wir brauchen keine neuen Berater. Ich bin wirklich der Letzte, der sagt, Informationen sollten zurückgehalten werden; aber wir sollten die Informationen nutzen, die wir haben, und nicht noch einmal neue Einheiten schaffen, die meiner Meinung nach nichts bringen, sondern nur etwas kosten.
Sie haben außerdem das Thema der Nahmobilität aufgegriffen. Das ist für mich ein wichtiges Thema, weil viele Menschen sie in ihren Quartieren schätzen, wenn sie nicht motorisiert von einem Platz zum anderen kommen. Auch insoweit tun wir schon viel, zum Beispiel – ich habe es gesagt – durch die Unterstützung der Fahrradfreundlichkeit, auch im Rahmen des Städtebaus, indem wir Quartiere ertüchtigen, sodass Nahmobilität auch möglich ist. Auch in diesen Bereich fließen Mittel. Diese müssen wir vielleicht verstetigen und verstärken.
Aber wir brauchen meiner Meinung nach nicht noch einen fünften Masterplan. Auch das ist aus meiner Sicht Aktionismus, der in diesem Bereich nicht notwendig ist.
Wir müssen die Umsetzung unterstützen, aber nicht noch einmal die anderen Bereiche, wo die Mittel nur in organisatorische Einheiten fließen.
Fazit ist: Klimaschutz und Mobilität sind sicherlich wichtig und richtig. Mit Ihren Anträgen erreichen wir die Ziele allerdings nicht. Wir müssen die Maßnahmen verstetigen, die wir jetzt schon auf den Weg gebracht haben – ich habe einige erwähnt –, und sollten nicht immer wieder dieselben ideologischen Phrasen dreschen, so wie Sie es tun, indem Sie die Bürger bevormunden und ihnen etwas vorschreiben, was sie nicht brauchen. Deswegen lehnen wir Ihre Anträge ab.
(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Nichts haben wir gehört! – Christine Kamm (GRÜNE): Wenn Sie Ihre Redezeit nicht sinnvoll verwenden! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN)
Wir fahren in der Rednerliste fort. Dann hören wir wieder etwas. Herr Kollege Roos, bitte sehr. Sie sind an der Reihe.