Protocol of the Session on June 1, 2016

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihr Gedanke zur Regionalisierung der Steuer trägt nicht zur Solidarität in Deutschland bei. Wir brauchen mehr Solidarität, nicht weniger.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Dank, der sonst am Anfang einer Rede kommt, muss heute am Schluss der Rede kommen. Es ist heute Ihre letzte Sitzung hier bei uns, Herr Dr. Fischer-Heidlberger. Ich möchte die Gelegenheit gerne nutzen, mich auch im Namen der Fraktion ausdrücklich bei Ihnen für Ihre Arbeit zu bedanken. Die Arbeit des Rechnungshofes, Ihre Arbeit, ist sehr, sehr wertvoll. Das wissen Sie. Auch wenn wir nicht immer Ihrer Meinung waren – das hat auch der Kollege Halbleib gesagt –, Ihre Arbeit ist so wertvoll, weil Sie genau hinschauen, was die Regierung macht, was das Regierungshandeln ausmacht. Sie schauen auch genau hin beim sparsamen Umgang mit dem Geld aller, mit den Steuermitteln.

Wir GRÜNE sind Ihren Vorschlägen nicht immer gefolgt; aber auch das ist wichtig, weil wir die Vorschläge manchmal zu schwach fanden. Wir haben dann noch mehr von der Staatsregierung gefordert. Manchmal haben wir einen Vorschlag auch als nicht gerechtfertigt angesehen. Es ist dennoch wichtig, dass es den Rechnungshof als Institution, als Einrichtung in Bayern gibt. Der Rechnungshof und Sie als Präsident legen immer wieder den Finger in die Wunde – genau dahin, wo es wehtut.

Vielen Dank für Ihre Arbeit und viel Spaß im Ruhestand! Ich bin mir sicher – so wie ich Sie kenne –, es wird ein Unruhestand. Danke schön!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön. – Nächster Redner ist Herr Staatsminister Söder.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja anscheinend eine Debatte des Abschieds, wie ich jetzt vernommen habe, eines endgültigen und, Herr Halbleib, eines halben Abschieds. Dazu sage ich aber gleich noch etwas.

Herr Präsident des Obersten Rechnungshofs, auch wenn wir zugegebenermaßen nicht immer einer Meinung sind, ja sogar immer seltener einer Meinung waren, sage auch ich Ihnen zunächst einmal ein herzliches Dankeschön, nicht nur für die Arbeit beim Obersten Rechnungshof. Sie waren eine lange Zeit in der Staatsverwaltung, in der Staatskanzlei, im Umweltministerium, wurden dort, wie ich einmal gelesen habe, sogar auch einmal von den später eigenen Leuten geprüft und nicht geschont. Insofern wissen Sie, was Sie zu erwarten haben. Von meiner Seite ein persönliches Dankeschön für den Einsatz für den Freistaat Bayern, für die Institution und dafür, dass Sie sich immer auch vor die Prüfer gestellt haben.

Ich bedanke mich ausdrücklich, sage aber auch – das gilt für das gesamte Team –: Wenn wir die Kommunikation noch so optimieren könnten, dass sie zuerst und vor allem zwischen Landtag und ORH stattfindet, nicht zuerst zwischen ORH und "Süddeutscher Zeitung", dann wäre das ein Gewinn für die parlamentarische Kultur. – Ein herzliches Dankeschön für die Arbeit!

(Beifall bei der CSU)

Das Zweite. Lieber Herr Halbleib, auch wenn das, was Sie gesagt haben, natürlich falsch war, möchte ich Ihnen trotzdem ein persönliches – sagen wir es einmal so – "Vergelts Gott" sagen. Wir haben uns immer harte Debatten geliefert und einander nichts geschenkt. Trotzdem, glaube ich, hat das im Parlament immer Freude gemacht. Sie werden – da bin ich ganz sicher – Ihren Stil beibehalten.

(Volkmar Halbleib (SPD): Es bleibt mir nichts anderes übrig!)

Insofern erwarte ich jetzt keine Läuterung. Nein, dafür sehe ich jetzt wenig Hoffnung. Aber trotzdem sage ich Ihnen nochmals Danke schön für die Zusammenarbeit. Beim Herrn Güller, befürchte ich, wird es nicht besser werden.

(Allgemeine Heiterkeit)

Wir werden es aber schon schaffen. – Noch einmal: Danke schön, Herr Halbleib, und ein "Vergelts Gott" für die Zusammenarbeit im Haushaltsausschuss!

(Allgemeiner Beifall)

Das war jetzt aber alles, was an Gemeinsamkeit denkbar war. Ich habe mich über eines gewundert: Anstatt zum Schluss einmal über den eigenen Schatten zu springen, sagen Sie, den ORH entlasten Sie, aber den Freistaat Bayern können Sie de facto nicht entlasten.

(Volkmar Halbleib (SPD): Die Staatsregierung!)

Wenn ich jedes Bundesland und jedes Parlament in Deutschland durchgehe, wenn ich Europa durchgehe – Sie sind ein begeisterter Europäer –, frage ich mich: Welches Land würde nach Ihren Maßstäben überhaupt entlastet werden können, wenn nicht der Freistaat Bayern?

(Beifall bei der CSU – Karl Freller (CSU): Sehr gut!)

Das ist doch eine absurde Diskussion.

(Karl Freller (CSU): Wo bleibt die Antwort der Opposition?)

Sie sagen, man dürfe an sich nicht vergleichen. – Man muss vergleichen, um die Relation und die Kraft zu erkennen, die wir in Bayern aufbringen, meine Damen und Herren. Das hat nichts mit Eigenlob, sondern hat etwas mit der Realität und der Wahrheit zu tun.

Wir haben in Deutschland Rekord-Steuereinnahmen; das ist wahr. Bund, Länder und Gemeinden verbuchen Rekord-Steuereinnahmen. Trotzdem haben die meisten Bundesländer derzeit Probleme, ihre Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten. Viele rufen nach höheren Steuern oder nach höheren Schulden. Der Freistaat Bayern lehnt beides ab, meine Damen und Herren. Wir lehnen höhere Steuern oder neue Schulden ab. Wir finden, ein Staat muss, wenn er Rekord-Steuereinnahmen hat, lernen, mit dem zur Verfügung stehenden Geld auszukommen. Das können wir in Bayern, sonst praktisch niemand.

(Beifall bei der CSU)

Die lange Geschichte des Haushalts ohne Neuverschuldung ist natürlich eine Leistung und ein Auftrag für die Zukunft. Sie dürfen nicht vergessen: Als wir mit der Nullverschuldung begonnen haben, gab es hier schwierige Debatten. Das hat uns übrigens auch auf dieser Seite des Hohen Hauses viel Diskussionsbe

reitschaft abgefordert. Es gab manche schwierige Stunde. Charlie Freller, ich erinnere mich noch an die Diskussion damals, die wir auch in unserer Fraktion hatten, und daran, wie mühsam das war. Wir haben es aber geschafft. Wir haben diesen Pfad der Tugend auch zwischenzeitlich, als die Steuereinnahmen schlechter waren, nie verlassen. Ganz im Gegenteil: Das, was Bayern damals als einziges Bundesland gemacht hat, ist zur Blaupause der verfassungsrechtlichen Situation in Deutschland geworden. Damit haben wir mit der Haushaltspolitik nationale Standards gesetzt wie kein anderes Land.

(Beifall bei der CSU)

Unsere Schuldentilgung wird immer wieder als nicht ernsthaft genug oder als zu gering kritisiert. Zeigen Sie mir ein anderes Bundesland, das eine derart kraftvolle Schuldentilgung vornimmt! Bei uns kommen gleich mehrere Dinge in die Balance: Wir haben Schulden getilgt, bisher über drei Milliarden Euro, und damit den Schuldenstand im allgemeinen Haushalt unter 20 Milliarden Euro gesenkt. Damit ersparen wir uns bis zum Jahr 2030 1,2 Milliarden Euro an Zinsen. Wenn Sie mir ein anderes Bundesland sagen, das so etwas kann und weit über fünf, demnächst vermutlich sechs Milliarden Euro pro Jahr in den Länderfinanzausgleich zahlt, dann ziehe ich den Hut vor Ihnen, meine Damen und Herren. Das kann nur der Freistaat Bayern und sonst keiner in Deutschland.

(Beifall bei der CSU)

Verbesserungen sind im Detail natürlich immer möglich. Einzelne Projekte sind natürlich immer wieder hinterfragbar. Verbesserungen? – Ja. Auch der Stärkste muss an sich arbeiten, um stark zu bleiben; das ist selbstverständlich. Wir nehmen übrigens jeden Vorschlag gerne auf. Aber alles generell zu kritisieren und zu sagen, der Freistaat Bayern bringt es nicht und kann das nicht, zählt an der Stelle nicht.

Welches andere Bundesland kann so in die Bildung investieren? Welches andere Bundesland hat in den letzten Jahren für den Breitbandausbau über 1,5 Milliarden Euro auf den Weg gebracht? Welches andere Bundesland investiert so sehr in die Gesamtentwicklung? – Frau Stamm hat gesagt, sie würde hier gerne weiter leben. Ich sage nur eines: Immer mehr Menschen wollen gerne in Bayern leben. Warum? -Weil sie hier die Zukunft für sich und ihre Familie sehen. Das ist auch in unserem Haushalt zu erkennen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, Verbesserungen sind immer möglich, das ist keine Frage. Aber die Grundstruktur, die Richtung und der Kompass stimmen.

Zum Thema Personal. Manchmal habe ich den Eindruck: Wenn Sie über Steuergerechtigkeit reden, meinen Sie primär Steuererhöhung;

(Volkmar Halbleib (SPD): Nein!)

denn alle Vorschläge, die von Rot-Grün auf Bundesebene bisher gemacht worden sind, laufen in erster Linie darauf hinaus, Steuern zu erhöhen. Eines sage ich Ihnen dazu: Wir haben vonseiten des Freistaats Bayern eine Fülle von Initiativen zur Steuergerechtigkeit gebracht. Darunter war die Verschärfung bei Selbstanzeige, und es ging um die Transparenz bei der gesamten Debatte um Panama, die uns noch beschäftigen wird. Da ging es zum Beispiel auch um die Einrichtung eines internationalen Steuerzentrums, um auf der einen Seite die Vermeidung einer Doppelbesteuerung und auf der anderen Seite das Schließen von Steuerschlupflöchern zu erreichen.

Ich darf auch noch die Abschaffung der kalten Progression erwähnen, ein Thema, das für Leistungsgerechtigkeit in diesem Land elementar ist. Das hat gerade dieser Finanzminister mit einem an Penetranz grenzenden Engagement gefordert, und es ist auch gekommen. Wir haben die Abschaffung durchgesetzt und wollen sie auch dauerhaft beibehalten, weil sie unfair und nicht leistungsgerecht ist.

(Beifall bei der CSU)

Verzeihen Sie mir, wenn ich noch etwas sage. Ich glaube, der ORH hat sich dazu zum 19. Mal geäußert. Die Nachfolger wissen, dass sie auch für das nächste Jahr dieser Meinung sind. Sie können vielleicht auf das Vorjahr verweisen. Allerdings stelle ich fest, dass in den aktuellen Prüfmitteilungen – in den aktuellen und nicht denen von 2014 – anerkannt wird, dass es besser wird. Daran ist vielleicht die gegenseitige Kommunikation des Lernens und Aneinander-Reifens erkennbar.

Meine Damen und Herren, eines will ich dazu schon sagen. Wir haben aktuell mehr Anwärter denn je. Wir haben eine Rekordzahl zu vermelden: 2.100 Personen sind in der Ausbildung. Damit schaffen wir es nicht nur, alte Stellen zu besetzen, sondern auch, die Stellensituation tatsächlich zu verbessern. Wir haben das Personal bei der Steuerfahndung um 21 % erhöht. Wir haben Sonderkommissionen im Bereich Steuer eingesetzt, die bewusst Fällen nachgehen, in denen die Möglichkeit, Steuergerechtigkeit herzustellen, besonders groß ist.

Aber eines müssen Sie wissen: Mit mehr Prüfern ergibt sich nicht automatisch mehr Geld; denn 80 % des Mehrertrags kommen von großen und internationalen Fällen. Sie haben eine alte Denke, eine Denke der

alten Bundesrepublik, die nicht international ist, wenn Sie meinen: Man stellt hinter jeden Bürger einen Steuerbeamten, und dann wird schon mehr Steuer hereinkommen. Wir müssen dort ansetzen, wo die Steuern wirklich von einigen hinterzogen werden, und das ist der internationale Bereich. Da aber sind wir besser und immer besser aufgestellt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Ein Punkt noch zur Schuldentilgung, die Frau Stamm immer wieder anspricht. Ich sage nur: Ein zentraler Ansatz für die Schuldentilgung bis 2030 liegt im Länderfinanzausgleich. Wir wollen – übrigens länderübergreifend, Rot-Grün, Grün-Rot, Grün-Schwarz oder Schwarz-Grün, egal in welchen Farbenkombinationen dieser Welt denkbar – eine Änderung des Ausgleichssystems. Es geht nur mit einer substanziellen Änderung. Ich möchte Ihnen nur einmal die Dimension aufzeigen. Wir haben dieses Jahr – Gott sei Dank – wieder gute Steuereinnahmen. Das liegt am Fleiß der Bürger, aber auch daran, dass sich immer mehr Unternehmer ansiedeln und in Bayern immer erfolgreicher sind, weil die Rahmenbedingungen für den Standort stimmen. Aber wir werden demnächst im engeren Länderfinanzausgleich 6 Milliarden Euro pro Jahr und unter Einbezug des Umsatzsteuervorausgleichs sogar über 8 Milliarden Euro ausgeben müssen.

Für uns ist elementar, dass hier eine Änderung kommt. Sollte eine Änderung beim Bund-Länder-Finanzausgleich mit der Entlastung um 1 Milliarde Euro und einem anderen System nicht möglich sein – es gibt ja von der Bundesebene wieder seltsame Signale mit Zwischenrechnung, Verrechnung und Neurechnung –, ist für uns nicht nur klar, dass es bei der Klage bleibt, wovon Josef Zellmeier zu Recht gesprochen hat, sondern es gilt noch etwas anderes. Dann wird nämlich für uns 2019 klar sein, dass wir einer Verlängerung des Länderfinanzausgleichs nicht einfach zustimmen können. Damit ist auch die Schuldentilgung bis 2030 klar. Wir wollen nicht nur Steuergerechtigkeit in Deutschland, wir wollen auch eine Leistungsgerechtigkeit der Länder haben. Bayerisches Geld ist am besten in Bayern aufgehoben und nicht in Berlin oder Bremen, liebe Freunde. An dieser Stelle muss sich etwas ändern.

(Beifall bei der CSU)

Ein letzter Punkt zur Zukunft und zum aktuellen Haushaltsverfahren, das ja einige angesprochen haben. Natürlich ist unser Ziel: keine Schulden, Schulden tilgen, stabiles Personal, hohe Investitionsquote. Herr Kollege Herold hat das sehr richtig ausgeführt. Auch

das Wachstum ist ein Ziel. Manchmal werden wir kritisiert, dass wir Wachstum haben. Warum haben wir eigentlich im Haushalt Wachstum? Nur weil die Parlamentarier Geld ausgeben wollen? – Wir haben doch Wachstum, weil unser Land wächst, und unser Land wächst asymmetrisch. Wir haben einerseits extreme Verdichtungsräume, die extremes Engagement erfordern, zum Beispiel beim Personal, wenn ich an die Lehrer und die Polizei denke. Der Großraum München stellt zum Beispiel eine Wachstumsherausforderung dar. Wir haben aber auch andere Räume, wo wir mehr investieren müssen, um die Dynamik anzukurbeln, Räume mit besonderem Handlungsbedarf.

Seien wir ehrlich: Erfolge werden nicht immer einfach zu erzielen sein. Aber sie sind da, und sie sind spürbar. Die Bürger und die Bürgermeister nehmen die Anstrengungen ja an. Darum muss es Wachstum geben. Aber wir machen das behutsam, vorsichtig und vertretbar, um auch gewappnet zu sein, wenn etwas passiert. Asyl ist ein gutes Beispiel. Ohne unsere gemeinsame klare Beschränkung mit einer soliden Finanzpolitik in den letzten Jahren hätten wir die Asylproblematik nicht finanzieren können.