bere Kleidung. Sie brauchen ein warmes Essen. Sie brauchen eine Überprüfung, ob sie gesund sind oder nicht. Sie brauchen gewisse Hilfestellungen, um an dem Ort, wo sie jetzt leben müssen, zurechtzukommen. Sie müssen lernen, sich auf Regeln einzulassen.
Aber dann ist es doch auch unheimlich wichtig, dass man diesen Kindern und Jugendlichen, die möglicherweise schon sehr lange keine Schule mehr besucht haben und keine Bildungs- und Förderangebote mehr genutzt haben, Angebote macht; denn man darf doch ihre Potenziale und Möglichkeiten nicht einfach brachliegen lassen. Möglicherweise haben die Kinder und Jugendlichen gar kein Selbstvertrauen mehr und können ihre Fähigkeiten nicht mehr einschätzen. Womöglich haben sie keine Motivation mehr und wissen nicht mehr, wie interessant zum Beispiel ein Buch sein kann und wie schön Musik, Tanz oder Bewegung sein können. All das ist wichtig. Man muss ganz einfach sagen: Es ist doch nicht schade, wenn es ein Konzept gibt, wie man hier vorgeht.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass sich sehr viele Frauen, Männer und Initiativen um die Kinder kümmern und Sprachangebote machen - keine Frage. Ich kenne Leute, die Malerei usw. anbieten. Aber es ist doch wirklich wichtig, dass man diese Förderung plant, organisiert, koordiniert und Abstufungen macht.
Es ist in der Tat nicht so, dass die Staatsregierung hier viel unternimmt. Tatsächlich engagieren sich vor Ort die Initiativen, die Frauen und Männer ehrenamtlich und geben Deutschunterricht. Das macht nicht die Staatsregierung.
Wenn es schon Bekenntnisse gibt, dass Integration wichtig ist – ein wesentlicher Pfeiler von Integration sind Sprache und Bildung -, dann muss man diese Bekenntnisse ernst nehmen und mit Inhalten füllen. Keiner von uns sagt, dass das Angebot schulisch sein muss. Aber das Angebot muss doch vorbereiten, helfen und unterstützen. Mit Sicherheit stellt keiner in Abrede, dass das Angebot den Kindern möglicherweise unheimlich guttut, weil es sie von den Schrecknissen, die sie erlebt haben, wegholen kann. Da schadet es doch nicht, wenn man sich einmal Gedanken macht und ein Konzept entwickelt, sodass man – wie wir es immer sagen - eine gute Förderung von Anfang an ermöglichen kann und der Weg in die Schule unabhängig von der künftigen Schulart erleichtert wird. Was für unsere Kinder gilt, muss doch auch für die anderen Kinder gelten.
Das hat in keiner Weise etwas mit Euphorie zu tun. Es hat etwas mit Humanität zu tun; es hat etwas mit Verantwortung zu tun. Da fasse ich Sie an Ihre Nase; denn Sie behaupten ja immer: Wir wollen sie auf dem Arbeitsmarkt integrieren, und die Integration steht im Vordergrund. – Wenn Sie sie auf dem Arbeitsmarkt integrieren wollen, ist der bestmögliche Schüssel dazu eine gute Bildung. Die können Sie schon früh anbieten. Sie können die Kinder fördern und Impulse geben. Von Schule oder Verschulung, wie es die GRÜNEN behaupten, wenn ich sie richtig verstanden habe, war überhaupt keine Rede.
Ich finde es sehr gut - das will ich nicht verhehlen -, dass man jetzt auch in Berlin zu einer Erkenntnis gelangt ist und die Bildungsministerin Frau Wanka angekündigt hat, dass im Dezember das Projekt "Lesestart" anlaufen soll. Das habe ich in einer Zeitung gelesen. Das ist toll und wunderbar; Lesen ist etwas Wunderschönes. Auch wenn man eine Sprache noch nicht so gut beherrscht, ist das Anschauen eines Bilderbuches etwas Wunderbares. Aber auch dafür braucht man Ehrenamtliche, und das sind, wie ich vorhin schon gesagt habe, viele Frauen und Männer.
- Nein. Sie behaupten, Ihr Weg sei der richtige und alles, was sie tun, sei gut und richtig. – Alles, was gut ist, kann man auch besser machen.
Man könnte doch in so einem Fall auch einmal sagen: Ja, da gehen wir mit; es wäre doch auch für uns gut, wenn wir ein Konzept hätten, mit dem wir hinausgehen und mithilfe dessen wir sagen könnten, was mit den Kindern und Jugendlichen passiert.
Ich sage Ihnen: Wenn wir hier nicht handeln, vertun wir viele Chancen. Daran, wie wir hier Bildung organisieren, werden wir noch viele Jahre gemessen werden. Das wird uns noch sehr lange beschäftigen. Man sollte nicht sagen: Wir machen jetzt schon alles sehr gut. – Noch einmal: Bildung lebt vom Wiederholen, vom Üben. Nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen kann.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Über einiges sind wir uns einig: Das Recht auf Bildung ist ein Menschenrecht; die Förderung der Sprache soll so früh wie möglich erfolgen; ein früher Einstieg ist gut.
Die Frage, über die wir heute diskutieren, lautet: Brauchen wir ein Konzept? – Grundsätzlich bin ich ein Freund von Konzepten. Die Frage stellt sich nur, ob es gerade in diesem Bereich sinnvoll ist, ein einheitliches Konzept zu finden. Ich glaube, es gibt so viel Verschiedenartigkeit bei den Kindern, die ankommen, an den Orten, an die sie kommen, und bei der Länge ihres Aufenthalts, dass man sie kaum einheitlich behandeln kann.
Es ist schon erwähnt worden, dass es in Bayern sehr große Erstaufnahmeeinrichtungen gibt, in denen sehr viele Kinder untergebracht sind. Inzwischen gibt es aber auch sehr viele sehr kleine Erstaufnahmeeinrichtungen. Es wird schon vieles unternommen. Das ist von der Kollegin bereits erwähnt worden. Die Gestaltung eines einheitlichen Konzepts ist sehr schwierig, wenn es so große Unterschiede hinsichtlich der Herkunftsländer, des Alters und der Voraussetzungen der Kinder gibt und die zeitlichen Rahmenbedingungen sich unterscheiden. In diesem Fall ist es sinnvoller, vor Ort flexibel und individuell zu reagieren.
Genau das geschieht nach meiner Feststellung schon vielfach. Das geschieht zwar nicht in gleichem Maße; das geht auch gar nicht. Es gibt schon sehr viel ehrenamtliches Engagement. Es gibt auch schon an der einen oder anderen Stelle planvolles Handeln. Aber es lässt sich nicht durchsetzen, für Erstaufnahmeeinrichtungen, in denen sich die Kinder teilweise nur drei Wochen lang aufhalten, ein fertiges Konzept vorzulegen und es auf alle Kinder in gleicher Weise anzuwenden. Diese Vorstellung steht zwar nicht im Antrag, aber sie lässt sich ihm entnehmen. Insofern lautet meine Einschätzung: Der Antrag enthält zwar viel Richtiges, gerade hinsichtlich der Ausgangssituation; aber das Mittel, ein Konzept zu entwickeln, das wir dann auf alle Kinder, die zu uns kommen, eins zu eins anwenden können, lässt sich nicht realisieren und ist auch nicht das richtige.
Wir FREIE WÄHLER fordern eine möglichst schnelle Vermittlung von Bildung, ein möglichst schnelles Erlernen von Sprache und ein möglichst individuelles und flexibles Reagieren und Agieren. Dafür braucht es Geld und Personal. Dafür braucht es aus meiner Sicht nicht – das ist auch nicht im Antrag der GRÜ
NEN enthalten – Verschulung vom ersten Tag an, sondern dafür braucht es sehr viel Empathie, sehr viel Zuneigung und sicherlich auch Sprache. Dieses Angebot muss man individuell auf jedes Kind zuschneiden. Deshalb werden wir dem Antrag nicht folgen können. Wir nehmen aber die damit verbundene Intention auf und hoffen, dass die dahinterstehenden Ideen, die Sie einbringen, flexibel und individuell verwirklicht werden.
Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Dr. Spaenle um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! In der Tat, die möglichst frühe Beschulung der Kinder, vor allem der Kinder mit hoher Bleibeperspektive, ist ein wichtiges Anliegen. In meinem Stimmkreis liegt die Bayernkaserne. Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung und als Mitglied des dortigen Bezirksausschusses habe ich sehr früh die Notwendigkeit erkannt, dass wir in den Erstaufnahmeeinrichtungen staatlich getragene Beschulungsangebote benötigen. Wir haben ein Konzept, wonach wir in jeder staatlichen Erstaufnahmeeinrichtung mit staatlichen Lehrkräften Unterrichtsangebote machen. Frau Kollegin Wild, das gilt auch für Einrichtungen, die erst in der Zukunft öffnen werden. Insofern ist Ihr Sachstand bereits um Monate überholt.
Wir haben solche Angebote in München, in Zirndorf, in Deggendorf und in Regensburg, und wir bauen diese Angebote weiter aus. Die Einrichtung in Schweinfurt ist bereits in Betrieb, dort besteht aber noch keine so große Nachfrage. In der Regel geht es dabei um Kurse im Umfang von sechs Wochen, da dies im Moment die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist. Das ist die erste Stufe.
Die zweite Stufe ist eine möglichst frühe Überführung dieser Kinder in die Übergangsklassen. Sobald die nötigen Sprachfähigkeiten vorhanden sind, sollten die Kinder in die Regelklassen überführt werden, und zwar in den Grundschulen und allen weiterführenden Schularten.
Bayern hat darüber hinaus das besondere und bundesweit einmalige Angebot der Berufsintegrationsklassen. Wir haben auch schon den nächsten Schritt unternommen, indem wir die jungen Leute in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit in der dualen Ausbildung begleiten. Wir haben zwei Modelle, mit denen wir junge Menschen, bei denen die entsprechenden Bildungsvoraussetzungen erreicht wor
den sind, an den Realschulen und den Gymnasien unterstützen wollen. Diese Modelle wollen wir im kommenden Schuljahr deutlich ausweiten. Das ist unsere Gesamtkonzeption.
Das momentane System beruht auf den Erfahrungen mit den Flüchtlingsbewegungen der Neunzigerjahre. Damals wurde die Definition der Schulpflicht im jetzigen Umfang und der jetzigen Konfiguration entwickelt. Eine nachhaltige Beschulung und das Einsetzen der Schulpflicht ist danach vorgesehen, wenn ein längerer Verbleib in einer Einrichtung, zum Beispiel einer Gemeinschaftsunterkunft, sicher ist. Dann sollen die Integrationsleistungen möglichst früh einsetzen. Die frühe Begegnung der Kinder mit der deutschen Sprache im Rahmen eines staatlichen Angebots ist jedoch an allen Erstaufnahmeeinrichtungen in Bayern State of the Art.
Frau Kollegin Wild, Sie haben richtigerweise festgestellt, dass es daneben Angebote dritter Träger, zum Beispiel der Inneren Mission oder Ehrenamtlicher, zum Erlernen der deutschen Sprache gibt. Außerdem haben wir in Bayern rund 70 Bildungsregionen, die wir darauf hingewiesen haben, dass die Integration der jungen Flüchtlinge in den allgemeinbildenden Schulen und auf ihrem Weg durch die duale Ausbildung eine Aufgabe ist, die zusammen mit den Experten in den Bildungsregionen in den Landkreisen und kreisfreien Städte angegangen werden sollte. Wir haben des Weiteren die Entwicklungen der Schulpflicht im Hinblick auf die aktuellen Anforderungen im Blick. Die Anforderungen sind heute möglicherweise andere als in den Neunzigerjahren, als die Schulpflicht neu gefasst wurde. Wir werden darauf reagieren. Das ist die momentane Situation. Ich würde das, zumindest in Umrissen, als Konzept bezeichnen.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Nachdem die CSU jetzt eine namentliche Abstimmung beantragt hat -
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass ich die Pflicht habe, dies so mitzuteilen. Das tue ich hiermit.
- Ich auch, Frau Kollegin. - Ich möchte noch bekannt geben, dass die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/8936, 17/8937 und 17/8939 bis einschließlich 17/8941 sowie 17/8953 und 17/8954 in die zuständigen federführenden Ausschüsse überwiesen werden.
Antrag der Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein, Volkmar Halbleib, Harald Güller u. a. (SPD) Verlängerung des Erbbaurechts für die Baugenossenschaft Oberwiesenfeld (Drs. 17/8075)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 24 Minuten. Als Erster hat Herr Kollege Dr. Kränzlein das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Antrag geht es nicht nur um ein kleines regionales Anliegen, sondern es geht um die Frage, wie wir mit staatlichen Grundstücken umgehen, die bereits mit Wohnungen bebaut sind und sich im Besitz von anderen Trägern befinden. Es geht darum, wie wir überhaupt mit Grundstücken, die dem Wohnungsbau zugeführt werden sollen, umgehen wollen. Wir können dies sehr gut an dem interessanten Beispiel der Baugenossenschaft Oberwiesenfeld diskutieren. Diese Wohnungsbaugenossenschaft feiert in Kürze ihr hundertjähriges Bestehen. Sie hat im Jahre 1918, in einer Notlage nach dem Ersten Weltkrieg, ein großes Grundstück des Freistaates Bayern erhalten, um der damaligen Wohnungsnot zu begegnen.
In einem Geviert in Schwabing im Bereich der Ackermannstraße und der Deidesheimer Straße wurde ein Wohnblock mit 169 Wohnungen gebaut, der heute zu einem Viertel von Staatsbediensteten bewohnt wird. Die Durchschnittsmiete in diesem Geviert liegt bei 7,40 Euro, was für München geradezu sensationell ist. Bei Alt-Wohnungen liegt die Miete bei 4 Euro. Bei einem Neubezug und einer Totalsanierung im Wert von 100.000 Euro liegt der Mietpreis bei 9,90 Euro.
Diese Erbpacht läuft nun aus. Die Baugenossenschaft Oberwiesenfeld will ihr Grundstück und diese Wohnanlage behalten und weiterführen. Deshalb möchte sie eine Verlängerung der Erbpacht erreichen. Die Verhandlungen mit der IMBY sind gelaufen und waren eigentlich positiv. Die CSU hat jedoch über das Finanzministerium im Haushaltsausschuss einen Stopp verfügt. Der Finanzminister will keine Erbpacht-Verlängerung und auch keinen Verkauf des Grundstücks an die Baugenossenschaft Oberwiesenfeld zu einem verträglichen Preis. Der Freistaat will dieses Wohnbau-Projekt an sich ziehen und die Anlage in der Zu
kunft sukzessive allein für Staatsbedienstete nutzen. Die Alt-Mieter können zwar noch bleiben, aber jede frei werdende Wohnung wird mit einem Staatsbediensteten belegt. Andere Gruppen der Bevölkerung brauchen aber ebenfalls günstige Mieten. Das ist die Ausgangslage.
Eine Ausschreibung, wie sie im Ausschuss schon einmal im Gespräch war, verbietet sich auf jeden Fall, da die Preise, die dabei erzielt würden, einer gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft keine Chance mehr geben würden, mitzuhalten. Wir haben im Falle der GBW gesehen, was passiert, wenn ein kommunales Konsortium gegen Investoren antritt, die hohe Rendite und Spekulationsgewinne anstreben. Wenn wir das Bekenntnis zur Schaffung und Erhaltung bezahlbaren Wohnraums ernst nehmen, aber vor dem Hintergrund einer entfesselten Marktsituation Genossenschaften in München aus dem Markt drängen, werden wir in Zukunft einen erheblichen Einbruch beim sozialen Wohnungsbau haben und kaum noch Wohnungen mit einer annähernd bezahlbaren Miete.
Die Wohnungsfürsorge für Staatsbedienstete ist vernünftig, aber nicht so. Bei dem Modell, das jetzt umgesetzt werden soll, wird keine einzige neue Wohnung entstehen. Mit diesem Modell wird lediglich eine andere Mietergruppe in die Wohnungen gebracht, und die bisherige Mietergruppe wird hinausgedrängt.