Protocol of the Session on October 28, 2015

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Eine starke Interessenvertretung für die Pflege eine Pflegekammer für Bayern! (Drs. 17/6737)

Ich darf bekannt geben, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER für diesen Antrag namentliche Abstim

mung beantragt hat. Ich eröffne die Aussprache. Als Erstem darf ich Herrn Professor Dr. Bauer das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau Staatsministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Pflege auf Kante genäht", "Pflegenotstand", "Pflegechaos". Und gestern die große Demonstration, die am Odeonsplatz begann und vor der Staatskanzlei endete, zu dem Thema: "Uns reicht es! Jetzt! Die Pflege wird laut!" Ich war selbst dabei. Es haben sicherlich 3.000 Menschen an der Kundgebung teilgenommen.

Ich möchte kurz zurückblicken: Was war 2011? – In diesem Jahr hat sich Staatsminister Söder, der damals für Gesundheit und Pflege zuständig war, zu einer Pflegekammer bekannt. Er hat gesagt: Bayern bekommt eine Pflegekammer. Im Jahr 2013 ging es mit der Regierung von Ministerpräsident Seehofer weiter. Er hat gesagt, eine Pflegekammer in Bayern komme, wenn sich die Mehrheit der Pflegenden dafür ausspreche. Frau Ministerin, diese repräsentative Umfrage hat stattgefunden. Sie haben uns die Ergebnisse vorgestellt. In dieser repräsentativen Umfrage haben sich 50 % – das ist nun einmal die Mehrheit – für eine Pflegekammer ausgesprochen. Es haben sich die Leute für die Pflegekammer ausgesprochen, die davon betroffen sind und etwas davon verstehen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, in Ihrer Fraktion befindet sich der pflegepolitische Beauftragte der Staatsregierung mit hohem Sachverstand, der sich voll engagiert und weiß, was an der Basis los ist. Er kommt zu den Leuten und spricht mit ihnen. Auch er hat sich eindeutig für eine Pflegekammer ausgesprochen.

Die Bayerische Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Pflegeberufe mit 15 Mitgliedsverbänden spricht sich für die Pflegekammer aus. Erstmals – das war gestern eine gewisse Sensation auf der Demonstration – hat sich ein bedeutender Vertreter eines Verbandes, nämlich der Landescaritasdirektor Prälat Piendl, öffentlich für eine Pflegekammer ausgesprochen! Die bayerische Dekanekonferenz Pflege spricht sich ebenfalls für die Pflegekammer aus. Welchen Sachverstand, der sich für die Kammerlösung einsetzt, wollen wir noch einholen? Meine Damen und Herren, ich als Arzt kann Ihnen sagen, welche Vorteile eine Kammer hat. Eine Kammer hat für die Mitglieder ganz viele Vorteile. Die Pflegekammer könnte viel Wichtiges regeln, zum Beispiel die Ausbildung und die Qualitätskontrolle. Es wird auf Augenhöhe verhandelt. Dass man auf Augenhöhe verhandeln kann, ist besonders wichtig – das kann nur die Pflegekammer.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Schade, dass Herr Kreuzer nicht da ist. Er kritisiert immer, dass die Opposition nur meckert und nicht anerkennt, was die Staatsregierung richtig macht. An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass die Einsetzung eines eigenständigen Ministeriums für Gesundheit und Pflege ein richtiger Schritt war. Gehen Sie doch diese Schritte weiter! Die logische Folge ist die Errichtung einer Pflegekammer.

Meine Damen und Herren, die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir mit den jetzigen Instrumenten nicht weiterkommen. Frau Sonnenholzner, ich möchte zu Ihrem Argument, eine Pflegekammer bringe keine Lösung der Probleme, das sicherlich wieder kommt, sagen: Natürlich löst sie nicht alle Probleme. Die Pflegekammer ist jedoch ein wichtiger Baustein, um die Probleme in der Pflege zu mindern oder zu bessern. Das ist die Aufgabe der Pflegekammer. Es wäre zu einfach gedacht, dass die Pflegekammer alle Probleme lösen könnte.

Ich verstehe auch die anderen Argumente gegen die Pflegekammer von der SPD nicht. Selbst Ihre Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz spricht sich für eine Pflegekammer aus. Vor einigen Jahren haben Sie der Pflegekammer auch noch zugestimmt. Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Berlin und andere Bundesländer, in denen Sie an der Regierung beteiligt sind, überlegen sich mit Recht, eine Pflegekammer einzuführen. Deshalb sollten Sie diesen Weg gehen. Sie haben keine guten Argumente, die gegen eine Pflegekammer sprechen. Heute haben Sie die letzte Gelegenheit zuzustimmen. Stimmen Sie der Pflegekammer zu!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Bayern geht einen Sonderweg in der Pflege – völlig unerprobt, einmalig. Grundsätzlich habe ich nichts gegen Sonderwege, aber sie müssen mit Futter unterlegt sein. Dass die Einladung, an diesem Dialog teilzunehmen, ausgeschlagen wird, sollte uns letztendlich zu denken geben. Viele haben abgesagt.

Eine Sache möchte ich noch kritisieren. Sie haben 86.000 Euro ausgegeben, um mit Broschüren für den Pflegering zu werben. Dort sollte der Rechnungshof einmal drüberschauen. Ich denke, das ist eine Verschleuderung von Steuergeldern. Ich finde es unfair, von Ministerseite den Pflegering nur einseitig darzustellen. Die Gegenargumente werden nicht vorgebracht. – So stelle ich mir eine funktionierende Demokratie nicht vor. Sie sollen nicht über uns reden und entscheiden, sondern mit uns reden und entscheiden. Deswegen: Pflegekammer jetzt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Jetzt darf ich Herrn Kollegen Holetschek das Wort erteilen. Bitte schön.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch diese Debatte mit einem Dank und der Bekundung von großem Respekt für die Pflegekräfte, die wirklich einen großartigen Dienst an den Menschen tun, eröffnen. Wir sollten im Sinne der Wertschätzung, die wir immer wieder auch in diesem Hohen Hause zum Ausdruck bringen, Danke sagen. Gestern haben wir auf der Demonstration gesehen – Bernhard Seidenath, Thomas Goppel und ich waren auch dort –, dass die Pflegekammer wirklich ein wichtiges Thema ist, das die Pflegekräfte auch bewegt. Es geht aber nicht nur um die Pflegekammer, sondern auch um die Rahmenbedingungen der Pflege. Jeder von uns weiß, was die Pflegekräfte bewegt, weil wir vor Ort in den Pflegeheimen sind: der Druck, Schichtdienst und das Gefühl, ausgebrannt zu sein. Nicht ohne guten Grund ist die Krankheitsquote der Pflegekräfte um 36 % höher als in anderen Berufen. Diese Dinge sollten uns zu denken geben.

Die Basis der Debatte ist, dass wir alle etwas auf den Weg bringen wollen, was der Pflege hilft und was der Pflege nutzt. Ich danke der Ministerin, dass sie mit dem Vorschlag einer Interessenvertretung genau dem gerecht wird, was die Umfrage erbracht hat. Das Ergebnis der Umfrage hat gezeigt, dass die Pflegekräfte zwar für eine Pflegekammer sind, sich jedoch – das darf man nicht verschweigen – gegen eine Pflichtmitgliedschaft wenden. Das haben die Petitionen im Ausschuss widergespiegelt. Es gehört zur Klarheit und Wahrheit in diesem Haus, dass wir eine Interessenvertretung wollen, aber gleichzeitig darauf achten müssen, was die Pflegekräfte tatsächlich mit dieser Interessenvertretung erreichen wollen.

Ich will drei Punkte, die für diese Debatte wichtig sind, ansprechen. Die Expertise der Pflegekräfte sollte in die Debatte eingebunden werden. Das ist ein ganz zentrales Thema. Diese Interessenvertretung wird keine Vertretung der Arbeitgeber. Dafür gäbe es in meiner Fraktion keine Mehrheit. Wir wollen eine Interessenvertretung der Pflegekräfte mit einem Vorstand und einer Vollversammlung. Eine punktuelle Beteiligung der Arbeitgeber in einem Beirat bei bestimmten Themen ist zwar sicherlich sinnvoll, aber es geht um eine Interessenvertretung der Pflegekräfte. Das ist der erste Punkt.

(Beifall bei der CSU)

Es muss und wird auch sichergestellt werden, dass diese Interessenvertretung mit einer Bundeskammer oder einem Konstrukt, das sich auf Bundesebene finden wird, kompatibel ist. Natürlich muss sich ein bayerischer Weg auf Bundesebene einbringen lassen. Dies wird ein Gesetzentwurf, über den wir bald diskutieren werden, aufzeigen. Das heißt nicht, dass sich Bayern isoliert, sondern dass ein guter bayerischer Weg auch ein Vorbild für die Bundesebene sein kann. Dafür stehen wir mit dieser Interessenvertretung, die wir andenken.

Wir werden auch eine Lösung für das drängende Problem der Registrierung der Pflegekräfte suchen. Natürlich brauchen wir einen Überblick. Natürlich wollen wir mit dem Erlass einer Berufsordnung die Voraussetzung schaffen, die Pflegekräfte zu erfassen. Hierzu befindet sich die Ministerin im Gespräch mit dem Datenschutzbeauftragten, um diesen Weg vorzugeben und aufgrund einer Berufsordnung die Registrierung der Pflegekräfte zu ermöglichen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen sollten dort die Bedenken ausgeräumt werden.

Ich glaube, dass der Dialog nach wie vor wichtig ist. Das kann ich Ihnen versichern, weil ich diesen Dialog heute mehrfach in diesem Hohen Haus führen durfte. Ich begrüße ganz herzlich Frau Generaloberin, Frau Dr. Biederbeck und andere, die sich unter den Zuhörern befinden. Sie beobachten die Debatte und haben sich am Rande des Plenums in verschiedenen Gesprächen mit ihren Anliegen an die Abgeordneten gewandt. Das halte ich für legitim und wichtig, weil wir alle um die besten Lösungen ringen. Ich darf Ihnen versichern, die Grundlage – das sage ich noch einmal ganz dezidiert – besteht darin, dass wir für Sie etwas Gutes auf den Weg bringen wollen. Wir wollen Ihre Expertise und Ihre Meinung in diese Interessenvertretung einbringen. Das ist die Basis aller, die ihre Meinung immer wieder äußern. Ich will mich auch beim Pflegebeauftragten Hermann Imhof ganz herzlich bedanken. Lieber Hermann, du bist viel draußen unterwegs an den Pflegestammtischen. Es ist wichtig, dass die Pflegekräfte einen Ansprechpartner haben.

Herr Kollege Bauer, Sie sprechen den Rechnungshof an. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir machen die Politik. Wenn wir der Meinung sind, dass wir für eine Information Geld ausgeben, sollten wir das tun und nicht schon im Vorfeld auf den Rechnungshof verweisen. Wir, die hier sind, sind die Gestalter und nicht der Rechnungshof.

(Beifall bei der CSU)

Ich glaube, dass der Dialog in diesem Sinne fortgesetzt werden muss und dass wir weiter im Gespräch

bleiben müssen. Ich glaube aber auch, dass wir die Vorschläge verwirklichen müssen. Es gibt eine Zeit zum Reden, es gibt eine Zeit zum Planen, und irgendwann einmal kommt die Zeit, die Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Ich will nicht ausschließen – das sage ich an die Damen, die dort oben sitzen -, dass wir mit der Interessenvertretung beginnen und diesen bayerischen Weg gemeinsam gehen. Darum bitte ich Sie eindringlich. Nach einer gewissen Zeit sollten wir uns dann die Entwicklung noch einmal anschauen, sie hinterfragen und überprüfen: Sind wir auf dem richtigen Weg? Müssen wir nachjustieren? Oder können wir schon sagen, dass wir etwas Gutes geschaffen haben? Diese Freiheit wollen wir uns im Interesse der Pflegekräfte nehmen. Diese Freiheit sollten wir uns nehmen. Deswegen werden wir jetzt den Antrag der FREIEN WÄHLER ablehnen, aber weiter an unserem Konzept und am Gesetzentwurf arbeiten. Ich hoffe, dass wir im Sinne der Pflegekräfte etwas Gutes in diesem Land auf den Weg bringen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. - Ich erteile jetzt Frau Kollegin Sonnenholzner das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Der Zeitpunkt der Endberatung dieses Antrags im Plenum fällt zufällig auf den heutigen Tag. Trotzdem trifft sich das am Tag nach der großen Pflegedemonstration am Odeonsplatz inhaltlich tatsächlich gut. "Die Pflege wird laut", hieß das Motto der Demonstration, und das ist gut so. Das sage ich seit ganz vielen Jahren. Die Zeiten von Florence Nightingale sind Gott sei Dank endgültig vorbei. Natürlich ist es richtig und wichtig, dass die Pflege ihre berechtigten Anliegen laut, deutlich und selbstbewusst artikuliert. Kollege Bauer hat es gesagt. Wir diskutieren seit mehr als vier Jahren in diesem Haus über das Für und Wider der Pflegekammer. Auch aus den Reihen der Pflegekräfte gibt es wellenweise immer wieder – das hält sich so ungefähr die Waage – einmal hundert Petitionen dafür und dann wieder hundert Petitionen dagegen. Unter den Pflegekräften gehen die Meinungen sehr auseinander.

Selbstverständlich soll die Pflege auf Augenhöhe mit den Medizinern sein. Das sage ich hier, und das sage ich auch laut. Jeder Chefarzt und jeder Arzt, der das nicht von Haus aus praktiziert, lebt noch nicht einmal im letzten, sondern noch im vorletzten Jahrhundert. Ich glaube, dass man aber auch mit einer Pflegekammer diesem Problem nicht beikommt; denn gegen Borniertheit hilft eine Institution nicht. Da muss man in den Köpfen der Menschen etwas bewegen.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Dr. Bauer, wir waren nie dafür. Es ist das Privileg, eine Eigenschaft oder ein Fehler der FREIEN WÄHLER, ihre Meinung regelmäßig wie die Fahne in den Wind zu hängen und zu ändern. Wir tun das nicht. Wir waren immer dagegen, und wir waren aus guten Gründen dagegen.

Die Pflege braucht wirklich eine Verbesserung der Situation der Pflegekräfte. Diese Verbesserung braucht die Pflege nicht nur für sich, sondern wir brauchen sie alle in unserem eigenen Interesse, weil wir irgendwann alle einmal Patienten sein werden und weil wir sonst den Pflegenotstand nicht in den Griff bekommen werden, den wir jetzt schon haben.

Selbstverständlich brauchen wir dazu auch politische Maßnahmen. Zum Beispiel brauchen wir dazu das von uns und auch von der SPD auf Bundesebene schon mehrfach geforderte Instrument der Personalbemessung in den Krankenhäusern und den Altenpflegeeinrichtungen, weil dieses Instrument tatsächlich dazu beitragen kann, dass die Arbeitsbelastung nicht immer höher wird. Frau Ministerin, wir wünschen uns, dass Sie in der Großen Koalition endlich Ihre Blockade gegenüber diesem Instrument aufgeben.

Natürlich brauchen wir auch mehr Wertschätzung für die Pflegekräfte, und die bitte nicht nur in Sonntagsreden. Wir brauchen eine Wertschätzung, die sich am Ende des Monats auf dem Konto sehen lässt. Ich wünsche mir, dass wir nicht immer nur aus der Sicht der Beitragssatzstabilität diskutieren, sondern auch aus der Sicht der Frage, wieviel Geld wir brauchen, um das zu finanzieren, was wir finanzieren wollen.

Was erwarten jetzt die Befürworter und Befürworterinnen einer Pflegekammer von dieser Einrichtung? Die Kammer wird als die Lösung für alle Probleme dargestellt. Ich sage nach wie vor: Die Kammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die gesetzliche Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis übernimmt und eben genau keine Pressure Group ist. Die Pflege braucht aber eine Pressure Group. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Politik nicht scheinbar leichten Lösungen nachgehen soll, die sich dann als Illusion erweisen; denn das erhöht noch mehr die Politikverdrossenheit und den Ärger der Betroffenen, statt ihn zu senken.

In der "Süddeutschen Zeitung" von heute stehen drei Interviews mit Teilnehmern und Teilnehmerinnen an dieser Pflegedemonstration. Sie artikulieren, warum sie auf die Straße gegangen sind. Die erste Teilnehmerin hat gesagt, sie brauche mehr Zeit für die Patienten und Patientinnen. Der zweite Teilnehmer hat gesagt, die Arbeitsbedingungen allgemein müssten

sich verändern, und die Dritte hat gesagt, sie brauche mehr Zeit und mehr Geld. Alles das ist richtig. Alles das unterstütze ich. Aber nichts von alledem kann die Pflegekammer lösen. Deshalb ist auch die Presseberichterstattung nicht dazu angetan, mich von etwas anderem zu überzeugen als von dem, was ich mir nach vielen sowohl kontroversen als auch konsensualen Gesprächen mit Pflegekräften als Meinung gebildet habe.

Nachdem ich noch ein bisschen Zeit habe, darf ich eines sagen: In der "Süddeutschen Zeitung" war von dieser Demonstration ein Bild mit Politikern im Rollstuhl. Wahrscheinlich ärgere ich mich öfter als die Pflegekräfte über den bayerischen Ministerpräsidenten. Dennoch ist diese Form der Darstellung unmöglich. Ich mag das schon bei Faschingsumzügen nicht. In einer Zeit, in der in der Öffentlichkeit die Herabwürdigung von Menschen allgemein, aber besonders von Politikern immer ein bisschen mehr Raum greift, sollte man sich so etwas ersparen. - Bitte nicht klatschen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU; denn ich muss noch meinen Satz an die Ministerin loswerden. Ich habe es zur Kenntnis genommen.

Frau Ministerin, von Ihnen erwarte ich, dass Sie umgehend den Gesetzentwurf vorlegen, über den wir im Ausschuss kritisch beraten werden. Ich teile die Meinung des Kollegen Bauer, dass es mega ungeschickt war, dem Gesetzentwurf eine Medienkampagne voranzustellen. Ihre Aufgabe wäre es gewesen, den Gesetzentwurf schnell auf den Tisch zu legen und ihn mit allen Betroffenen und auch mit uns zu diskutieren, statt dieses Instrument mit teurem Geld zu bewerben, bevor Nägel mit Köpfen gemacht werden. Ich glaube, da haben Sie sich selbst und auch der Sache keinen Gefallen getan. Heute werden wir aber selbstverständlich in namentlicher Abstimmung diesen Antrag ablehnen und uns weiter mit unseren politischen Mitteln und mit aller Kraft für die Interessen der Pflege einsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Kommen Sie bitte ans Rednerpult zurück. Herr Professor Bauer hat eine Zwischenbemerkung.

Frau Kollegin Sonnenholzner, nachdem Sie mich direkt angesprochen haben, möchte ich mich doch noch einmal zu Wort melden. Können Sie mir sagen, was Sie damit gemeint haben, dass wir unsere Meinung wie ein Fähnchen nach dem Wind richten? Wenn Sie so argumentieren, bedenken Sie überhaupt nicht die Entwicklungen, die es in den letzten Jahren gegeben hat. Genauso ist es in der Asyldebatte. Wir

müssen die Not, die sich in den letzten Jahren in der Pflege aufgestaut hat, zur Kenntnis nehmen und daraus die richtigen politischen Schlüsse ziehen. Wir dürfen nicht Vergangenheitsbewältigung betreiben und rückwärtsgewandt argumentieren.

Das macht mich jetzt fast sprachlos, Herr Kollege, weil Ihr Redebeitrag im Wesentlichen darin bestanden hat, der SPD Fehler in der Frage der Pflegekammer, die wir aus Ihrer Sicht begangen haben, vorzuwerfen. Darauf zu antworten, habe ich mir erlaubt. Wir haben unsere Position von Anfang an und gut begründet vertreten.

Ich kann es nur noch wiederholen, ich habe noch eine Minute und 39 Sekunden. Mit großem Ernst kann ich sagen: Selbstverständlich gibt es viele Probleme in der Pflege, die gelöst werden müssen. Wir haben vieles verschlafen, und da nehme ich in der Politik niemanden aus – vielleicht nur die FREIEN WÄHLER; denn sie haben im Bund und auch hier in Bayern noch nie Verantwortung getragen. Alle anderen aber haben ihren Anteil dazu beigetragen. Weil das so ist, dürfen wir nicht noch einmal eine falsche Entscheidung treffen. Wir wären endlich gut beraten, wenn wir gemeinsam die Weichen richtig stellen würden.

Aus zwölfjähriger Erfahrung als Abgeordnete kann ich sagen, dass in meinem Büro kein Thema so viele Beschwerden hervorgerufen hat wie die verschiedensten, mit Zwangsmitgliedschaften verbundenen Kammern, egal ob sie von Mitgliedern der IHK, Mitgliedern der Ärztekammer, Mitgliedern der neuen Psychotherapeutenkammer, Mitgliedern der Ingenieurkammer oder Mitgliedern anderer Kammern kamen. Wir alle bekommen regelmäßig Beschwerden von Leuten, die sagen, die Kammer kostet uns Geld, bringt uns aber keinen Nutzen. Ich sehe keinen Grund, warum wir diesen Fehler in der Pflege ohne Not machen sollten, wenn der Effekt, den wir erwarten, nicht rauskommen kann, weil das Aufgabenspektrum den Erwartungen, die Pflegekräfte an die Kammer richten, nicht gerecht werden kann.

(Beifall bei der SPD und der CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt darf ich Herrn Kollegen Leiner das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon erwähnt: Gestern fand eine Demo für Verbesserungen in der Pflege mit über 2.500 Teilnehmern statt. Frau Sonnenholzner, das Motto hieß: "Uns! Reicht’s! Jetzt!" Das ist genau die Situation, die ich Ihnen in meiner letzten Rede als Antwort auf die Regierungserklärung