Protocol of the Session on October 28, 2015

Es wird also zeitnah und umfassend unterrichtet. Man hat ein umfassendes Fragerecht. Intransparenz ist wohl Fehlanzeige. Übrigens sind die Fraktionen vertreten: Den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden eines Anstaltsbeirats wählt der Bayerische Landtag.

Auch im Maßregelvollzug sind Ansprechpartner der Vorsitzende des Beirates und der Stellvertreter. Das Gremium hier hat am 20. Oktober auch diese Positionen besetzt. Anders als im Gesetzentwurf vorgesehen, wird zeitnah und direkt dem Beiratsvorsitzenden und seinem Stellvertreter berichtet - von Intransparenz also auch hier keine Spur.

Zudem hat – darauf wurde auch schon hingewiesen – jeder einzelne Abgeordnete natürlich dann ein Fragerecht, wenn er meint, irgendeine Todesursache wäre nicht richtig aufgeklärt worden. Ich habe mir im Vorfeld der Debatte die Mühe gemacht festzustellen, um wie viele Fälle es hier eigentlich geht. Trotz vieler Vorerkrankungen bei den Gefangenen sind im Jahr 2014 20 verstorben und 2015 bisher 17. Im Maßregelvollzug sind die Zahlen noch wesentlich geringer.

Was passiert denn, wenn es eine ungeklärte Todesursache gibt? - Dann wird zunächst einmal ermittelt, ob diese auf Fremdverursachung zurückzuführen ist. Die Staatsanwaltschaft hat das Recht und die Möglichkeit, eine Obduktion, eine Leichenöffnung anzuordnen, um sich ein Bild davon zu machen, wo die Todesursache liegt. Auch das ist alles transparent, für jeden ersichtlich.

Nun zur Suizidprävention, die ja hier immer wieder kommt: Dass jeder Suizid in einer Haftanstalt oder in einem Maßregelvollzug einer zu viel ist, brauchen wir hier nicht zu diskutieren. Das sehen wir alle gleich. Gerade Bayern ist in der Prävention vorbildhaft. Bereits beim Zugang eines Gefangenen wird darauf geachtet, ob es irgendwelche Anzeichen dafür gibt, dass eine Suizidgefahr besteht. Es gibt eine Vielzahl von Sicherungsmöglichkeiten zum Schutz des jeweiligen Gefangenen, um gerade einen Suizid zu verhindern. Nicht ohne guten Grund gab es deshalb für die Bayerische Staatsregierung den Suizidpräventionspreis der entsprechenden Bundesarbeitsgruppe im Jahr 2013 – eben weil man hier vorbildlich arbeitet.

Gleiches gilt im Bereich des Maßregelvollzugs. Hier gibt es ständig Qualitätskontrollen, um zu sehen, ob eine Gefährdung vorliegt oder nicht. Ich frage mich, welchen zusätzlichen Wert für den Schutz des einzelnen Gefangenen oder desjenigen, der sich in einer Maßregelvollzugsanstalt befindet, ein solches Gesetz hätte. Ich sage Ihnen: Wir sehen keinen zusätzlichen Wert.

Man hat den Eindruck, dass alles geprägt ist von einem tiefen Misstrauen: Man könnte ja vielleicht nicht immer alles offenlegen, darum brauche man jetzt ein Gesetz. Es gibt jede Menge Möglichkeiten; ich habe sie gerade aufgezählt. Alles ist absolut transparent. Ungeklärte Todesfälle werden umfassend untersucht. Jeder im Anstaltsbeirat hat ein umfassendes Fragerecht. Deshalb muss ich sagen, für so ein Gesetz sehen wir überhaupt keinen Raum. So ein Gesetz ist entbehrlich, sodass wir gerne darauf verzichten können und das transparente und in der Suizidprävention überaus erfolgreiche bayerische Verfahren weiterführen können.

(Beifall bei der CSU)

Bitte verbleiben Sie am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung der Kollegin Gote.

Frau Kollegin, Sie haben ausgeführt, es sei doch alles transparent. Abgesehen davon, dass wir diese Berichte, auch wenn Obduktionen durchgeführt werden oder Ähnliches, natürlich nicht erhalten, sind sie weder öffentlich noch transparent. Außerdem möchte ich Sie fragen, ob Ihnen eigentlich nicht bewusst ist, dass wir GRÜNEN nicht in den Anstaltsbeiräten vertreten sind. Da sind fast ausschließlich SPD und CSU vertreten. Es ist also keineswegs so, dass die Fraktionen überall beteiligt werden und etwas erfahren könnten. Erwecken Sie bitte nicht den Eindruck, dass es so wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Gote, ich möchte keine Schärfe hereinbringen. Aber gegen wen im Anstaltsbeirat richtet sich denn Ihr Misstrauen? Glauben Sie, dass das die SPD oder die CSU nicht ordentlich machen?

(Margarete Bause (GRÜNE): Transparenz ist was anderes!)

Ich habe zu den Vertretern beider Parteien volles Vertrauen. Ich bin der festen Überzeugung, dass sie in der Lage sind, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wenn das das Kriterium ist, dass die GRÜNEN darin nicht vertreten sind, bleibt es umso stärker bei meiner Aussage von vorhin: Unser Verfahren funktioniert hervorragend. Es ist eine gute Schutznorm für die betroffenen Gefangenen. Davon werden wir auch nicht abrücken, weil wir für so ein Gesetz wirklich keinerlei Grundlage und in der Sache keinerlei Vorteil für die Gefangenen sehen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. Nächster Redner ist Herr Staatsminister Professor Dr. Bausback.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, Frau Kollegin Gote, auch Ihnen herzlichen Glückwunsch von dieser Stelle aus!

Ich habe mich zu Wort gemeldet, um vor allem einen dreifachen Dank auszusprechen. Zunächst danke ich Ihnen, Frau Kollegin Guttenberger, Horst Arnold, Frau Kollegin Gote und Kollegen

(Peter Meyer (FREIE WÄHLER): Streibl!)

- ja, Streibl, dafür, dass wir diese Debatte in einer sachlichen Art und Weise, die dem Thema angemessen ist, führen; denn es ist ja kein einfaches Thema. Ich möchte mich an der Stelle herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die das Parlament in den Anstaltsbeiräten repräsentieren.

Die Anstaltsbeiräte – das hat Kollegin Guttenberger dargelegt – haben eine ganz wichtige Funktion. Suizide und besondere Vorkommnisse bei Todesfällen werden nicht, lieber Horst Arnold, erst in der Sitzung vorgetragen, sondern die Anstaltsbeiratsvorsitzenden und die Stellvertreter werden unmittelbar von diesen Vorfällen in Kenntnis gesetzt. Das ist ein wichtiges Moment für unsere Anstalten, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diesen schweren Dienst tun.

Jeder Todesfall, Kolleginnen und Kollegen, ob Suizid oder ein anderer Todesfall in einer Anstalt, ist auch für die Bediensteten eine schwere Belastung, mit der sie sich lange auseinandersetzen müssen. Ich kann Ihnen versichern, dass jeder Todesfall und insbesondere Suizide genau untersucht werden, dass genau analysiert wird. Jeder Suizid ist natürlich einer zu viel. Aber manche sind, wie Kollege Arnold sagt, trotz größtmöglicher Sorgfalt nicht zu verhindern. Jeder Suizid wird analysiert, und in die Anstalten hinein wird transportiert, was man aus so einem Vorfall lernen kann, wo man noch besser werden kann.

Sie stehen am Anfang der parlamentarischen Debatte; deshalb will ich mich noch nicht weiter dazu äußern. Aber eines bitte ich schon zu berücksichtigen. Für den Angehörigen eines Gefangenen, eines Untergebrachten, der die Nachricht vom Tod seines Ehepartners, Bruders oder sonstigen Verwandten erhält, ist die Situation oftmals genauso schwierig wie für die Justizvollzugsbeamten, die im Umfeld tätig sind. Das sollte man bei der Diskussion über das Thema, zu dem Sie jetzt einen Gesetzentwurf einbringen, bedenken und beachten. Manchmal müssen wir eben auch berücksichtigen, wie es auf die Angehörigen wirkt, wenn Dinge in die Öffentlichkeit kommen.

Insgesamt möchte ich mich aber bei Ihnen allen herzlich dafür bedanken, dass heute die Diskussion über dieses Thema von allen Beteiligten in der notwendigen Sachlichkeit und Ruhe begonnen wurde. Ich wünsche Ihnen, dass Sie diese Sachlichkeit und Ruhe auch in den weiteren Diskussionen beibehalten können. Das ist angemessen im Hinblick auf die schwere Tätigkeit, die unsere Justizvollzugsbediensteten leisten; es ist angemessen im Hinblick auf die Angehörigen, die von solchen Unfällen betroffen sind; und es

ist auch angesichts des ernsten Themas angemessen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. Bitte verbleiben Sie am Rednerpult, Herr Minister. Der Kollege Meyer macht noch eine Zwischenbemerkung.

Herr Staatsminister Professor Bausback, Sie wissen, ich schätze Ihre ausgleichende Art und Ihre hohe empathische Kompetenz.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Nein, das ist ernst gemeint. – Da die Frau Kollegin Guttenberger in meinen Augen sehr wortreich an der Sache vorbei argumentiert hat,

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Lachen der Abgeordneten Petra Gut- tenberger (CSU))

möchte ich noch einmal klarstellen – ich glaube, insoweit sind wir auf einer Linie –, dass es nicht um irgendwelche Vorwürfe gegen Anstalten oder gegen das Personal geht - auf keinen Fall. Es geht nicht um Misstrauen gegen die Staatsregierung, auch wenn Frau Guttenberger so argumentiert hat, dass man fast auf dumme Gedanken kommen könnte.

Ein Vorschlag zur Güte, Herr Staatsminister. Wenn sich die Staatsregierung so vehement gegen dieses Gesetz wehrt, dann bieten Sie uns doch an, dass Sie von sich aus den Rechtsausschuss formlos informieren werden. Das wäre doch das Einfachste.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Lieber Kollege Meyer, zunächst herzlichen Dank für das entgegengebrachte Vertrauen und die Sympathie, die am Anfang Ihrer Zwischenbemerkung zum Ausdruck kamen.

Wir stehen am Anfang der Debatte. Jetzt sollte man das alles mit Ruhe und Sachlichkeit analysieren. Es ist ein sehr komplexes Thema. Ich denke, es ist wichtig, dass man sich damit sehr genau befasst.

Es geht eben auch jetzt schon darum, wie die Diskussion, die nicht nur die Aufgaben des Parlaments berührt, mit der notwendigen Transparenz in die Öffentlichkeit getragen wird. Das Parlament bekommt aus meiner Sicht jetzt schon jede Information, die angefordert wird. Aber es geht auch darum, wie wir diese Prozesse im Hinblick auf die Angehörigen derjenigen,

die sich umgebracht haben, begleiten, es geht auch darum, wie wir unseren Justizvollzug, die tagtäglich unmittelbar mit den Gefangenen arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in einer solchen Situation unterstützen. Das sind keine einfachen Fragen. Deshalb sollten wir mit aller Ruhe und Gelassenheit die weitere Diskussion im Parlament abwarten.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Gegenstimmen! – Keine. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 c auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Gesetz über die Behandlung von Petitionen nach Art. 115 der Verfassung sowie über den Bürgerbeauftragten oder die Bürgerbeauftragte des Freistaats Bayern (Bayerisches Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz) (Drs. 17/8524) - Erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und weise auch hier darauf hin, dass nach der Vereinbarung im Ältestenrat die Redezeit für alle zusammen 24 Minuten beträgt.

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Erster Redner ist Herr Kollege Streibl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf betrifft uns als Parlament selbst, und er betrifft das Petitionsrecht. Artikel 115 der Bayerischen Verfassung gibt jedermann das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an den Bayerischen Landtag, an das Parlament, aber auch an die Verwaltung, an die Behörden, zu wenden.

Dieses verfassungsmäßig geschützte Petitionsrecht wird vom Bürger rege wahrgenommen. Es kann unkompliziert wahrgenommen werden, und seine Wahrnehmung ist auch kostenlos. Dem Landtag liegen jährlich über 2.400 Petitionen vor. Unseren Abgeordneten zeigen diese Petitionen oft, wo bei Verordnungen oder bei Behörden Nachbesserungsbedarf besteht. Diese sind auch ein gewisses Korrektiv unserer Arbeit hier und auch wichtig für unsere Kontrollaufgaben. Von daher sind Petitionen ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit hier im Landtag.

Die Petitionen werden in den unterschiedlichen Ausschüssen bearbeitet. Das hat zum einen den Vorteil, dass man hier den fachlichen Verstand des Ausschusses zur Verfügung hat. Der Nachteil besteht zum anderen darin, dass die Ausschüsse höchst unterschiedlich agieren, dass die Petitionen dann erst an die Staatsregierung gegeben werden, um dort eine Stellungnahme einzuholen. Bis die Stellungnahme vorliegt, dauert es zwischen drei und sechs Monaten. Erst dann kann hier weitergearbeitet werden.

Oft haben wir auch den Eindruck, dass die Petitionen in den Ausschüssen unterschiedliche Wertigkeiten haben und unterschiedlich behandelt werden. Im einen Ausschuss kommen Petenten sehr schnell zu Wort und können dort ihr Anliegen vortragen, in anderen Ausschüssen kommen sie so gut wie gar nicht zu Wort. Daher braucht man eine Vereinheitlichung der Qualität.

Petenten reisen teilweise über viele Hundert Kilometer an, um ihr Anliegen hier im Landtag vorzubringen. Wenn sich ein Bürger mit einer Petition an den Bayerischen Landtag wendet, dann wendet er sich an seine Volksvertretung, an seinen Landtag. Für ihn ist das die Ultima Ratio, der letzte Hoffnungsanker, der Strohhalm, an den er sich klammert. Daher müssen wir versuchen, das wesentlich ernster zu nehmen. Jemand reist über Hunderte von Kilometern an, sitzt dann mehrere Stunden im Ausschuss und wartet, bis er endlich an die Reihe kommt, und dann wird die Petition relativ zügig abgehandelt. Es wird in einer unverständlichen Sprache – mit 80/4, 80/3, 80/1 – geantwortet, was keiner nachvollziehen kann. Dass der Petent dann frustriert ist, ist verständlich. Hier, so denken wir, muss man gegensteuern.

Es gibt auch viele Petitionen, bei denen uns als Landtag durch die Verfassung schlicht und ergreifend die Hände gebunden sind. Sie gehen in den Bereich der Gewaltenteilung, in den Bereich der Judikative oder aber auch in den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung, die auch Verfassungsrang hat. Daher können wir hier oftmals nichts machen und müssen dies dem Petenten dann leider auch so sagen.

Aufgrund unserer Fragen haben wir zusammen mit der Fraktion der GRÜNEN eine Expertenanhörung beantragt, um uns noch mehr über das Petitionswesen zu informieren. Sie hat am 21. Mai 2015 stattgefunden.