Es ist unbestritten, dass Spitzensportlerinnen und Spitzensportler, A-, B- und C-Kader, große Herausforderungen zu bewältigen haben, zum Beispiel in ihrer Schulzeit. Herr Kollege Güll und ich haben uns schon vor Jahren – damals waren wir beide noch keine Abgeordneten – die Spitzenschule in Berchtesgaden an
geschaut. Dort haben wir Lehrerinnen und Lehrer erlebt, die am Wochenende das kompensiert haben, was Schule nicht leisten konnte. Deren Einsatz war sensationell, und ich hätte ihn mir eigentlich für jede Schülerin und jeden Schüler in ganz Bayern gewünscht.
Kollege Kränzle, die Feststellung, dass wir die Spitzensportlerinnen und Spitzensportler, A-, B- und CKader, unterstützen müssen, ist richtig. Dieses gilt für ihre Schulzeit und auch dann, wenn sie sich dem tertiären Bildungsbereich der Universitäten und Hochschulen zuwenden. Man sollte ihre schulischen und beruflichen Bedürfnisse wecken, indem dieser Weg einfacher gemacht wird. Aber, Kolleginnen und Kollegen der CSU, das gilt für jeden Menschen auf dieser Welt; es gilt für Menschen mit Behinderung; es gilt für junge Menschen, die ein Kind bekommen haben und gerne in Teilzeit studieren würden, oder für Menschen, die in der Endphase des Abiturs ein Kind bekommen; es gilt auch für Menschen, die Angehörige pflegen. Auch ihnen wollen wir nicht die Wege versperren, sondern wollen, dass sie ihre schulische und berufliche Ausbildung gut voranbringen.
In einem sind wir, denke ich, beieinander: Wir müssen darüber nachdenken, wie wir Hochschulzulassungen gestalten. Hierzu haben übrigens auch die FREIEN WÄHLER vor Kurzem einen Gesetzentwurf vorgelegt. Ich habe kürzlich viel lesen können. Wir hatten ja Pfingstferien, und im Urlaub weiß man nicht so recht, was man mit seiner Freizeit anfangen soll. Dabei habe ich erfahren, dass an den Universitäten Mainz und Göttingen – man höre und staune – einige ohne Abitur Medizin studieren. Es gibt 33.000 Menschen in Deutschland, die ohne Abitur studieren. Für diese hat man auch andere Zugänge entwickeln können. Die Universitäten und Hochschulen sind der Meinung, junge Menschen, die dies wollen und können, sollten auch studieren dürfen.
Kolleginnen und Kollegen, es ist richtig, dass wir Sportlerinnen und Sportler unterstützen. Wenn sie keine FIFA-Herkunft oder Zukunft haben, bin ich da ganz bei euch. Aber wir müssen auch darüber nachdenken, wie die Hochschulzulassung generell zu organisieren ist. Das ist doch die Frage. Wie ist sie für Menschen, die sich in besonderen Lebenssituationen befinden, zu organisieren? Wir wissen doch alle: Noten sind zwar zu ungefähr 70 % das ausschlaggebende Moment, sie sagen aber gar nichts aus. Sie sind nicht vergleichbar. Eine Eins in Husum ist gar nicht mit einer Eins in München zu vergleichen und umgekehrt, um einmal meine beiden Heimaten zu nennen. Noten sind selbst in München nicht vergleich
bar. Dennoch sind sie der entscheidende Gradmesser, um an die Universitäten und Hochschulen zu gelangen.
Kolleginnen und Kollegen, wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen, wenn ihr zustimmt, dass wir auch andere Zielgruppen wie Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, Menschen, die Angehörige pflegen, und Menschen, die ein Kind bekommen, einbeziehen. Wenn wir hier zueinander kommen, dann helfen wir, die Universitätsstandorte in Bayern weit voranzubringen, und den Spitzensport halten wir damit auch ganz weit oben.
Danke schön, Frau Kollegin. - Bevor ich Herrn Professor Piazolo das Wort erteile, darf ich mitteilen, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER zu Tagesordnungspunkt 11 Antrag betreffend "Gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa", namentliche Abstimmung beantragt hat. Jetzt hat Herr Kollege Piazolo das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen! Ich finde es schön, dass die CSU-Fraktion und der Kollege Kränzle rechtzeitig zur Frauenfußball-WM diesen Gesetzentwurf eingebracht haben. Das lenkt auch den Blick des Bayerischen Landtags auf den Spitzensport, in diesem Falle auf Spitzensportlerinnen. Also bitte auch einmal den Blick nach Kanada werfen!
Dieses Gesetz – das ist schon von Kollegen gesagt worden – soll den Hochschulzugang für bestimmte Gruppen erleichtern. Das Problem ist richtig erkannt worden. Frau Kollegin Zacharias hat es schon richtig benannt. Genau dieses Problem hatten auch wir FREIE WÄHLER mit unserem Gesetzentwurf aufgegriffen. Ich sage ganz offen: Es hat mich gewundert, dass die CSU-Fraktion damals nicht zugestimmt hat, obwohl dieser Gesetzentwurf auch diese Fälle erleichtert hätte, zwar nicht in gleicher Weise, aber auch Spitzensportler und andere hätten einen leichteren Hochschulzugang und größere Flexibilität in der Aufnahme des Studiums gehabt, hätte man unserem Gesetzentwurf zugestimmt. Insofern ist es vielleicht auch nicht verwunderlich, dass die CSU-Fraktion kurz nach der Ablehnung des Gesetzesvorschlags der FREIEN WÄHLER einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet hat.
In dieser Ersten Lesung kann ich schon sagen: So wie ich den Gesetzentwurf sehe, können wir ihm zustimmen. Er geht in die richtige Richtung. Die Frage ist aus meiner Sicht nur, warum man sich jetzt ausschließlich auf die Spitzensportler konzentriert und nicht auf alle, die im öffentlichen Interesse stehen.
Das heißt, wenn wir diesem Gesetzentwurf zustimmen, haben wir etwas für die Spitzensportler und Spitzensportlerinnen getan. Man könnte aber in diesem Fall auch etwas für jene tun, die in den Bereichen Musik, Theater und Kultur höchste Leistungen erbringen, und man könnte etwas für jene tun, die im Ehrenamt hohe Leistungen erbringen. Genau das wollen wir.
Auch wollen wir den Hochschulen die Möglichkeit geben – auch insoweit geht das Gesetz in die richtige Richtung -, in diesem Bereich freier zu agieren. Sie könnten bei Zulassungsbeschränkungen die Zulassungsquote für diese Gruppe von 1 % auf 3 % erhöhen. Das gilt übrigens nur für die örtlich beschränkten und nicht für die klassischen NC-Fächer. Diese werden von dem Gesetzentwurf nicht erfasst.
Ich hätte mir gewünscht – darüber kann man im Hochschulausschuss und auch in der Zweiten Lesung noch diskutieren -, dass wir dies nicht nur auf Spitzensportler einengen, sondern dass wir sagen: Es gibt viele, bei denen es in unserem Interesse ist, dass sie einen erleichteren Studienzugang haben, sodass wir die Hochschulen ermuntern, die Quote anzuheben. Die Gruppen habe ich schon genannt.
Um es abschließend deutlich zu machen: Mit diesem Gesetzentwurf ermöglichen wir nur eine leichtere Wahrnehmung; sie ist nicht automatisch gegeben. Das Gesetz stellt es in die Autonomie der Hochschulen, das heißt, die Hochschulen können es tun, aber sie müssen nicht. Daher sollten wir uns auch noch Gedanken darüber machen, wie wir Hochschulen, Universitäten und Fachhochschulen ermuntern können, von der klassischen Vergabe, wobei nur nach der Note entschieden wird, abzuweichen und auch andere Kriterien einzubeziehen. Ein solches Ermuntern ist immer leichter umzusetzen, wenn es mit personellen beziehungsweise finanziellen Mitteln unterfüttert wird.
Lieber Herr Kollege Kränzle, lieber Herr Kollege Waschler, ich denke, die Idee stammt vor allem von jenen aus der CSU-Fraktion, die sich intensiv mit Sport befassen. Sie ist richtig. Wir werden sie im Ausschuss nicht nur wohlwollend begleiten, sondern sie auch wirklich unterstützen und deutlich machen, für welche Gruppen der Gesetzentwurf noch gelten könnte.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der Diskussion schon gehört, dass es um die große, weite Welt des Hochschulzugangs geht und dass wir diesbezüglich noch viele Maßnahmen ergreifen müssen. Wichtige Themen sind dabei die Chancengerechtigkeit und die Senkung der Studienabbrecherquoten. Ich denke, darin sind wir uns alle einig.
Wir haben auch in unserer Fraktion heute schon darüber diskutiert und festgestellt, dass es um ein sehr kleines und spezielles Thema aus der großen, weiten Hochschulwelt geht, mit dem sich bisher wohl nur die Fachabgeordneten befasst haben. Wenn ich die Besetzung der Abgeordnetenreihen anschaue, stelle ich fest, dass die Beteiligung auch bei Ihnen in der Mehrheitsfraktion nicht allzu hoch ist. Wir alle müssen uns das Thema aber dennoch genau ansehen und intensiv und sorgfältig darüber diskutieren; denn das ist unsere Aufgabe. Nicht nur ich, sondern sicherlich wir alle sind davon überzeugt, dass Menschen, die in besonderen Umständen leben, grundsätzlich auch besondere Förderung brauchen. Insofern geht die Intention des Gesetzentwurfs in die richtige Richtung. Über die Details müssen wir aber noch beraten.
Auch ich meine, dass man durchaus von einem Ungleichgewicht sprechen kann, wenn die Vorabquote für Härtefälle – dazu zählen zum Beispiel Erziehende und Pflegende – bei 2 % liegt, für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler aber auf 3 % erhöht werden soll. Anspruch auf besondere Förderung müssen alle Menschen haben, die Leistungen erbringen, die im besonderen öffentlichen Interesse liegen. Spitzensportlerinnen und Spitzensportler sind zweifellos eine wichtige Zielgruppe der Förderung, da sie viel Zeit investieren und aufgrund der speziellen Trainingserfordernisse an den Wohn- bzw. Trainingsort gebunden sind. Diese besondere Belastung erkennen wir an. Deshalb ist die besondere Förderung richtig. Ob die Erhöhung der Vorabquote von 1 % auf 3 % angesichts dessen, dass sie bei Härtefällen bloß 2 % beträgt, richtig ist, bedarf der weiteren Diskussion; ich erwähnte es bereits.
Herr Piazolo hat es schon gesagt: Auch andere Menschen erbringen besondere Leistungen, die im öffentlichen Interesse liegen. Das Gesetz ermöglicht mit der Formulierung "besonderer berechtigter Umstände" zwar prinzipiell auch deren Förderung. Wir sollten aber darüber nachdenken, ob wir das nicht genauer fassen können. Auch künstlerische Hochleistungen
sollten Berücksichtigung finden. Ich erwähne auch die Frauen und Männer, die in Gemeinderäten sitzen und dafür erhebliche zeitliche und ideelle Belastungen auf sich nehmen. Ich gehe davon aus, dass die meisten Hochschulen das in ihren Satzungen vorbildlich regeln werden. Dennoch sollten wir noch einige Vorgaben machen, um sie darin weiter zu motivieren.
Die vorgesehene Förderung angehender Spitzensportlerinnen und Spitzensportler möchte ich in einem weiteren Punkt hinterfragen. In dem Gesetzentwurf ist die Rede von A-, B- und C-Kadern des Deutschen Olympischen Sportbundes. Ich habe mir die Regelungen in anderen Ländern angeschaut. Nordrhein-Westfalen und Hamburg berücksichtigen auch D-Kader. Darüber, ob das auch bei uns sinnvoll wäre, sollten wir im Ausschuss nachdenken. Angesichts der Verkürzung auf G 8, die wir kritisch hinterfragen, bewerben sich häufig jüngere Sportlerinnen und Sportler um einen Studienplatz; sind sie aber meist noch nicht in dem Auswahlverfahren für die C-Kader. Wir müssen uns fragen, ob wir nicht dort ansetzen sollten. Möglicherweise wäre es sinnvoller, das Ganze breiter aufzustellen. Gerade die jüngeren Sportlerinnen und Sportler sind auf wohnortnahe Trainings- und Studienmöglichkeiten angewiesen.
Im Grundsatz können wir mit dem Gesetzentwurf mitgehen. Wir würden darüber aber gern noch intensiver diskutieren. Es ist wichtig, dass wir unsere Sportlerinnen und Sportler fördern. Über 40 % aller Olympiateilnehmerinnen und Olympiateilnehmer aus Deutschland sind Studierende. Deren Förderung liegt auch uns am Herzen. Aber ich bitte darum, auch die anderen Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler in den Blick zu nehmen, und freue mich auf die weitere Diskussion.
Danke schön, Frau Kollegin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch sehe oder höre ich nicht. Dann ist so beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Martin Güll, Kathi Petersen u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs und Unterrichtswesen
(Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums) (Drs. 17/2361) Zweite Lesung und Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs und Unterrichtswesen Gymnasium plus: Lernen im eigenen Takt durch pädagogische Reformen in der Unter und Mittelstufe und Stärkung der Eigenverantwortung in der Oberstufe durch Kurssystem und flexibler Oberstufe (Drs. 17/2447) Zweite Lesung
Zum ersten Gesetzentwurf ist von der SPD-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt worden. Das ist bereits mitgeteilt worden, die Frist ist somit eingehalten.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Kollege Güll von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab!" So lautet eine Weisheit der Dakota-Indianer.
Liebe CSU-Fraktion, wann sehen Sie endlich ein, dass Sie mit Ihrem sturen Festhalten am G 8 ein totes Pferd reiten?
Seit über zehn Jahren dauert schon die Diskussion; 2004 hat sie begonnen. Herr Kultusminister, Sie haben damals - - Ach, er ist gar nicht da. Es ist bemerkenswert, dass der Herr Minister bei einem so wichtigen Thema nicht anwesend ist, sondern vom Staatssekretär, der gar nicht zuständig ist, vertreten wird. Kollege Sibler, Sie sind Gymnasiallehrer; also haben Sie auch etwas davon. Sie können es dem Herrn Kultusminister weitersagen.
Der Kultusminister sagt immer, er sei nicht glücklich über den Prozess, habe aber 2004 noch keine Verantwortung für den Kultusbereich getragen. Aber heute ist der Kultusminister Dr. Spaenle verantwortlich; seit 2008 ist er Minister. Er hat dafür zu sorgen, dass die
Unzufriedenheit mit der Entwicklung des bayerischen Gymnasiums abgestellt wird. Nach unserer Wahrnehmung ist die Unzufriedenheit aber eher größer als kleiner geworden. Das mussten wir in der gesamten vergangenen Legislaturperiode beobachten; in dieser Legislaturperiode, die 2013 begonnen hat, setzt sich das fort. Ich bin davon überzeugt, dass sich an der Unzufriedenheit nichts ändern wird, wenn Sie, Herr Kultusminister, in dieser Frage nicht zu einer grundsätzlich anderen Haltung kommen.
Bisher haben Sie nur an Stellschrauben gedreht: Das eine Mal wollten Sie den Lehrplan kürzen, ohne genau zu wissen, an welchen Stellen. Ein anderes Mal haben Sie eine Verwaltungsvorschrift geändert, ohne genau zu wissen, was Sie damit bewirken wollen. Dann haben Sie ein Flexi-Jahr eingeführt, das niemand haben wollte. Normalerweise würde man sagen: Mit Pauken und Trompeten durchgefallen! Alles Rohrkrepierer! Sie haben keine Lösungen gefunden für ein G 8, das auch niemand haben will.
Dann kam dem Herrn Staatsminister, der mittlerweile eingetroffen ist, eine glorreiche Idee: Er startete einen Dialogprozess. "Dialog" klingt immer gut. Das hat auch Frau Ministerin Aigner erkannt. Aber dem Dialogprozess folgte die Entscheidung im stillen Kämmerlein. Entscheiden wollte man nicht im Dialog.
Dann kam eine "viel bestaunte" – Sie hören sicherlich die Anführungszeichen – Lösung, die Mittelstufe plus. Diese ist wirklich einmalig in Deutschland. Nirgendwo sonst findet man sie. Nach elf Jahren erreichen die Schülerinnen und Schüler die mittlere Reife, nach 14 Jahren über die FOS das Abitur. Das bedeutet eine Schulzeitverlängerung, nicht eine Schulzeitverkürzung. Eigentlich war dieses Modellprojekt nur für sehr wenige, 20 bis 25, Schulen gedacht.