Ich habe mir zwei Punkte aus der Regierungserklärung herausgegriffen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Ein Punkt betrifft die Pflegekammer, die vorhin schon einmal angesprochen worden ist. Dieser "Eiertanz", der aufgeführt worden ist, ist eigentlich nicht zu verstehen. Der eingeführte "Pflegering" ist das Gegenteil von Selbstverwaltung! Dieser "Pflegering" hat keine Selbstverwaltung. Das ist ein wichtiger Punkt, der zu kritisieren ist. Das ist eigentlich ein Offenbarungseid der jetzigen Regierung gegenüber der Vorgängerregierung; denn im Jahr 2011 – daran darf ich erinnern – war noch der jetzige Finanzminister Söder für den Bereich Gesundheit zuständig. Minister Söder hat damals schon einen Gesetzentwurf in der Schublade gehabt, der sich klar für eine Pflegekammer ausgesprochen hat!
Frau Ministerin, außerdem haben Sie nach der Bewertung der repräsentativen Umfrage unter den Pflegekräften, die Sie und Ihr Haus in Auftrag gegeben haben, in Ihrer Pressemitteilung selbst geschrieben – ich zitiere –: "Bayerns Pflegekräfte pro Pflegekammer". Was ist denn da passiert? Das kann ich mir nicht zusammenreimen. Für die Pflegekammer haben 50 % der Pflegekräfte, die sich damals an dieser Umfrage beteiligt haben, gestimmt. Diese Pflegekräfte kann man einfach nicht vernachlässigen.
Es gibt keine sachlichen Gründe dafür, warum Pflegerinnen und Pfleger in Bayern nicht auf Augenhöhe mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen stehen sollen. Die Augenhöhe ist eben nicht gewährleistet, wenn wir diesen "Pflegering" einführen. Was soll dieser "Pflegering" eigentlich? – Das ist noch nicht konkret dargestellt und auch nicht verbindlich festgelegt worden.
Der "Pflegering" eignet sich nicht dazu, die unmittelbare Gesamtvertretung der Pflegekräfte zu gewährleisten. Die Mitgliedschaft ist rein freiwillig. Folglich hätte man keine verbindlichen Zahlen – das ist ein wichtiger Punkt pro Kammer –, die aussagen, wie viele Pflegefachkräfte es in Bayern gibt, ob sie Vollzeit oder Teilzeit arbeiten oder überhaupt nicht mehr berufstätig sind. Wir brauchen diese Statistiken dringend, um im Pflegebereich nachsteuern zu können. Wir müssen wissen, wie viele Kräfte wir in Zukunft brauchen.
Der "Pflegering" wäre auch keine reine Interessenvertretung der Pflegeberufe. In erster Linie wären die Verbände Mitglieder dieses "Pflegerings". Die Verbände dominieren in diesem Fall die Pflegekräfte. Das ist ebenfalls eine falsche politische Entscheidung.
Alle Pflegerinnen und Pfleger brauchen vor allen Dingen bessere Rahmenbedingungen. Diese können mit einer eigenen Kammer viel besser geschaffen werden. Sie brauchen eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Vorhin sind schon einmal die enormen psychischen und physischen Belastungen der Pflegekräfte angesprochen worden. Außerdem muss die Anzahl der Pflegekräfte deutlich erhöht werden. Der Pflegenotstand ist bereits angesprochen worden. Ich gehe davon aus, dass die Qualität der Pflege mit mehr Pflegekräften ebenfalls steigen wird. Wir brauchen auch – das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen – eine grundlegende Form der Pflegeversicherung. Wir brauchen eine breitere finanzielle Basis, die sozial ausgewogen ist. Das ist eine alte Forderung der FREIEN WÄHLER. Das ist ein ähnliches Konstrukt – das haben Sie schon von Herrn Vetter gehört – wie der Aufbau der Sozialen Gesundheitsversicherung der FREIEN WÄHLER. Das muss schon noch einmal deutlich gesagt werden.
An dieser Stelle kann ich einflechten: Ich freue mich, dass Sie in Ihrer Regierungserklärung gesagt haben, dass Sie den Risikostrukturausgleich abschaffen wollen. Sie wissen, wer damals Gesundheitsminister war, als dieser eingeführt worden ist. Viele Beteiligte haben gesagt: Das wird so kommen. Leider wurde dies immer wieder abgestritten. Heute wissen wir es besser! Neben den Fehlentwicklungen des Risikostrukturausgleichs gibt es noch den Konvergenzausgleich, der zusätzlich für Bayern geschaffen worden ist; den dürfen Sie nicht vergessen Dieses Damoklesschwert schwebt immer noch über den bayerischen Versicherern. Gelder fließen über den Konvergenzund den Risikostrukturausgleich in andere Bundesländer ab. Das sollten Sie nicht vergessen, wenn Sie für die Abschaffung des Risikostrukturausgleichs plädieren. Dafür haben Sie unsere Unterstützung. Leider ist der Herr Ministerpräsident nicht mehr da. Es wäre gut, wenn er gehört hätte, wie sich die Fehlentwicklungen im Risikostrukturausgleich und im Konvergenzausgleich aufgeschaukelt haben.
Starke Pflegekräfte brauchen eine starke Pflegekammer. Dafür setzen wir FREIE WÄHLER uns nach wie vor ein.
Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Hauswirtschafterinnen. Dieser Punkt liegt mir sehr am Herzen. Ich kann nicht verstehen, warum die Staatsregierung der Weiterbildung der Hauswirtschafterinnen zur Leitung von Pflegeeinrichtungen nicht zustimmt. Ich betone: ohne Zustimmung des Trägers. Das können Sie im Einzelfall. Das haben Sie in Ihrer letzten Rede gesagt, Frau Ministerin. Das ist doch eine unglaubliche Diskri
minierung und ein einmaliger Fall in Deutschland. So etwas gibt es in keinem anderen Bundesland, dass Hauswirtschafterinnen sich nur mit Zustimmung des Trägers der Einrichtung zur Leitung von Pflegeeinrichtungen fortbilden können!
Wir brauchen beste Rahmenbedingungen. Wir brauchen das gesamte Fachkräftepotenzial und mehr Anerkennung für unsere Pflegerinnen und Pfleger. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Digitalisierung ist schon eine Art Revolution. Sie wird unsere Gesellschaft völlig neu prägen. Mit der Digitalisierung erhalten wir vielfältige neue Chancen. Die Digitalisierung besitzt das Potenzial, große Fragestellungen unserer heutigen Gesellschaft in der heutigen Zeit positiv zu gestalten. Man muss feststellen, von nichts kommt auch nichts. Unser Heimatminister Markus Söder hat den Breitbandausbau gepusht und die Internetversorgung genial über das Land aufgerollt. Die Summe in Höhe von 1,5 Milliarden Euro ist einmalig in Europa – und in Deutschland sowieso.
Unsere Wirtschaftsministerin Ilse Aigner setzt mit dem Digitalisierungszentrum einen Maßstab, damit die Bits und Bytes nicht mehr nur null und eins sind, sondern auch weiß und blau. Die Fläche wird ebenfalls maßgeblich an der Digitalisierung beteiligt werden, indem sie Hightech-Impulse setzen wird.
Mit der heutigen Regierungserklärung hat unsere Gesundheitsministerin Melanie Huml einen weiteren wichtigen Aufschlag bezüglich der Digitalisierung gemacht, indem sie die Digitalisierung im Gesundheitswesen als Schwerpunktthema gesetzt hat. Für unsere Patientinnen und Patienten und für unser gesamtes Gesundheitssystem eröffnen sich riesige Chancen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Bayern zeigt auf, dass Bayern schon wieder federführend ist. Innovative Versorgungskonzepte sind bereits verfügbar. Das digitale Krankenhaus ist bereits mit einem Modellprojekt definiert. Ein Bayerisches Gesundheitsdatenzentrum befindet sich in der Prüfung. Applikationen wie DocConnect, Teleview, SmartCare und Stroke Angel sind längst präsent dank der vom Freistaat Bayern ins Leben gerufenen Zentren für Telemedizin. Auf der einen Seite befindet sich das Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen in einer Modellregion im ländlichen Raum. Das ist eine Gesundheitsregion in Bayern, die von der demografischen Entwicklung berührt wird. Auf der anderen Seite befindet sich die Bayerische TelemedAllianz in Ingolstadt. Auf diese Weise wird an die Ballungszentren und Metropolregionen herangetreten. Die Telemedizin unterstützt die Medizin, sie ersetzt aber nicht die Medizin. Wie die Frau Staatsministerin richtig angemerkt hat, kommt die Medizin durch die Digitalisierung noch näher zum Menschen. Die Umfragen bestätigen, dass die Akzeptanz der Telemedizin bei den Patienten gerade bei den Versorgungsthemen sehr hoch ist. Gerade die Telemedizin hat das Potenzial, sich den Herausforderungen unseres aktuellen Gesundheitssystems zu stellen und sich dort mit einzubringen.
Sie kann vor allem die flächendeckende Gesundheitsversorgung auch auf dem Land durch räumlich entfernte Dienstleistungen sicherstellen, bei der Regelversorgung die Kosten der Gesundheitsversorgung durch Prozess- und Ressourcenoptimierung senken, innovative reguläre Arbeitsplätze im Gesundheitssektor und bei der Technologisierung schaffen, die Attraktivität der Gesundheitsberufe steigern und die medizinische und pflegerische Exzellenz Bayerns auch für die Gesundheitstouristen mit erschließen. Das Thema telemedizinische Geriatrie ist vorhin schon angesprochen worden. Vor allem aber soll das Netzwerk der medizinischen Kompetenz zusammengeführt werden, um damit ein Stück weit die Digitalisierung gesundheitsrelevanter Informationen zu bündeln.
Dies alles und noch viel mehr ist die Leistung unserer bayerischen Kompetenzzentren im Bereich der Telemedizin in Bad Kissingen und in Ingolstadt. Über die Digitalisierung im Gesundheitswesen müssen wir die Innovationsführerschaft Bayerns in der Technologie und gerade in der Telemedizin ausbauen. Eine gute Möglichkeit hierfür besteht in der Anerkennung der Zentren in Bad Kissingen und Ingolstadt als institutionelle Einrichtungen. Das ZTM Bad Kissingen und die BTA Ingolstadt müssen Hand in Hand als institutionelle Einrichtungen für die zukünftige telemedizinische Gestaltung in der Fläche Bayerns und als Vorreiter für den Bund verstanden werden.
Dies alles und die bisherige Bündelung der telemedizinischen Aktivitäten haben genau gezeigt, dass dies positive Ergebnisse mit sich bringt. Für die Gestaltung einer modernen Gesundheitsversorgung unter Beachtung der demografischen Herausforderungen, die sich in Bayern stellen, ist eine weitere Förderung solcher Einrichtungen im Allgemeinen und dieser beiden Einrichtungen im Speziellen unverzichtbar und für die politischen Entscheidungen der kommenden Jahre hier im Haus von essenzieller Bedeutung.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen eine bestmögliche Gesundheit für die Menschen in Bayern, wie der Kollege Ulli Leiner vorhin gesagt hat, und wir verstehen es auch so: überall in Bayern. Unsere Ministerin vertritt eine menschliche und moderne Gesundheitspolitik, wofür sie sich mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen ganz besonders einsetzt. Sie vernetzt im wahrsten Sinne des Wortes alle Ebenen, die dafür relevant sind. Sehr geehrte Frau Ministerin, an dieser Stelle herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Einrichtung eines Ministeriums für Gesundheit und Pflege hat sich bereits nach zwei Jahren bewährt.
Kollege Leiner, ich sage es noch einmal: Es ist in höchstem Maße absurd, heute dem Ministerpräsidenten vorzuwerfen, er würde sich für die Pflege nicht interessieren.
Das war eine tolle Regierungserklärung mit hoher Substanz und viel Perspektive. Frau Staatsministerin, meinen herzlichsten Glückwunsch zu dieser Regierungserklärung!
Wer heute in diesem Hause formuliert, dass der Nachtwachenschlüssel auf Kosten des Tagdienstes generiert würde, erzählt ein Ammenmärchen sondergleichen. Ich danke der Ministerin für ihren Mut und für das Durchsetzen menschenwürdiger Zustände in den Pflegeheimen auch in der Nacht. Liebe Frau Staatsministerin, vielen herzlichen Dank dafür!
Wenn wir über die ärztliche Versorgung in den ländlichen Regionen reden, werden wir feststellen: Es gibt nicht nur eine Antwort. Es ist ein Maßnahmenbündel gefragt. Die großen Herausforderungen dort sind die Demografie, die veränderte Arbeitswelt und der Trend zur Urbanisierung. Kollege Vetter, ich bin da in der Tat bei Ihnen, dass wir einen veränderten Zugang zu den Studienplätzen brauchen. Ich bin sehr davon überzeugt, dass wir mehr Studienplätze brauchen. Ich glaube aber auch, dass wir über eine Verkürzung der Aus- und Fortbildung bei den Ärzten ohne die Hinnahme von Abstrichen in der Qualität reden müssen.
Meine Damen und Herren, es macht keinen Sinn, Ärzte aus der Stadt in den ländlichen Raum zu bringen. Ich bin sehr dafür, jungen Menschen aus dem ländlichen Raum das Medizinstudium mit besonders angezeigten Stipendien und mit der Landarztquote zu ermöglichen. Ich bin sehr davon überzeugt, dass wir uns bei dieser Frage auf den Weg machen müssen.
Meine Damen und Herren, die Politik wird das Problem der veränderten Arbeitswelt nicht lösen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die Selbstverwaltungspartner stärken müssen. Wir müssen die Selbstverwaltung in Bayern stärken und dürfen sie nicht aushöhlen. Wir brauchen weniger Bürokratie und eine angepasste Bedarfsplanung. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir unsere Haus- und Fachärzte angemessen entlohnen müssen.
Meine Damen und Herren, vor allem von den GRÜNEN, wenn Sie die ländliche Entwicklung weiterhin blockieren, brauchen wir uns über die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum nicht mehr zu unterhalten.
(Beifall bei der CSU – Margarete Bause (GRÜNE): Wie blockieren wir denn? – Weitere Zurufe von den GRÜNEN)
Ein Arzt lässt sich dort nieder, wo es attraktiv ist. Sie blockieren die Entwicklung des ländlichen Raums dadurch, dass Sie jedes Infrastrukturprojekt in Bayern blockieren und sabotieren.
Wir brauchen Familienfreundlichkeit. Wir brauchen einen Pool an Arbeitsplätzen auch für die Partner der Ärzte. Wir brauchen nicht nur eine gute Stimmung für die Haus- und Fachärzte, sondern auch ein gutes Image für unsere Pflegerinnen und Pfleger. Ich habe hier heute zugehört, und es wird mir himmelangst um die Zukunft der Pflegerinnen und Pfleger. Hier soll nicht schlechtgeredet und kritisiert werden.
Ich sage Ihnen: Ich bin oft in den Pflegeheimen. Ich habe hohen Respekt vor der Arbeit der Pflegerinnen und Pfleger und kann attestieren, dass sie sich in höchster Qualität für Bayern und für die Menschen engagieren.
Danke schön. Sie dürfen schon abtreten, Herr Baumgärtner. Der Herr Leiner will noch seine Redezeit ausschöpfen.