Protocol of the Session on March 26, 2015

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bilder, die wir von den Ausschreitungen am Rande der Eröffnung der EZBZentrale in Frankfurt gesehen haben, machen uns alle fassungslos: brennende Einsatzfahrzeuge, viele verletzte Menschen in Zivil und in Uniform und zerstörte Einrichtungen. Über die Parteigrenzen hinweg muss eines klar sein: Gewalt ist kein legitimes Mittel des Protests.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)

Wir verurteilen die Zerstörungswut, mit der gewaltbereite Randalierer die Stadt überzogen haben. Für Gewalt und für Angriffe auf Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Unbeteiligte gibt es keine Rechtfertigung. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte schützen Sachen, Menschen und das hohe Gut der Versammlungsfreiheit. Ihnen gilt unser Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)

Bei aller notwendigen Kritik am Verhalten der Randalierer darf aber nicht übersehen werden, dass der weitaus größere Teil der Menschen friedlich für seine Überzeugung auf die Straße gegangen ist.

(Zuruf von der CSU)

Die Krawalle von Frankfurt überlagerten die friedlichen Demonstrationen vieler Bürgerinnen und Bürger, die durchaus berechtigte Kritik zum Ausdruck bringen wollten.

(Beifall bei den GRÜNEN – Jürgen W. Heike (CSU): Die sich aber nicht dagegen gewandt haben!)

Ich persönlich habe es noch nie verstanden, wie zerstörte Polizeiautos die ungerechte Vermögensverteilung ändern sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das führt nur dazu, dass die Botschaft, die von den friedlichen und bunten Demonstrationen ausgehen sollte, völlig untergegangen ist. Ganz ehrlich, liebe CSU-Fraktion: Sie machen bei dieser Sache in der Hinsicht mit, dass Sie mit Ihrem Antrag die gesamte Protestbewegung diskreditieren.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU: Oh!)

Für Sie sind das jetzt offenbar alles gewaltbereite Chaoten, die das Versammlungsrecht missbraucht haben, dazu linksextrem sind und sofort in ein Programm gegen Linksextremismus gesteckt werden müssen. Ehrlich gesagt ist das albern, unsachlich und einer Regierungsfraktion nicht würdig.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Florian Herrmann (CSU): Hört, hört!)

Vor allem ist die Beurteilung nicht differenziert. Ich rate dringend dazu, besonnen zu agieren und sich die Lage genau anzusehen.

(Jürgen W. Heike (CSU): Da seid ihr genau die Richtigen!)

Wenn Sie sich die Lage genau ansehen würden, würden Sie zum Beispiel erkennen, dass auch Neonazis an den Blockupy-Protesten teilgenommen haben. Mehrere Zeitungen berichten, dass im Internet zahlreiche internationalistische Gruppierungen zur Teilnahme aufgerufen haben. Wenn Sie genauer hinschauen und die Sache differenziert betrachten würden, würden Sie sehen, dass der größere Teil der Menschen friedlich demonstriert hat. Mit Ihrem Antrag werfen Sie das alles in einen Topf.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Florian Herrmann (CSU): Nein, machen wir nicht!)

- Genau das machen Sie. - Sie greifen dann in die Mottenkiste und holen die Extremismusklausel wieder hervor. Ich muss Ihnen aber sagen, dass die Extremismusklausel solche schrecklichen Ausschreitungen wie in Frankfurt nicht verhindern wird. Der Antrag zeigt mir ganz deutlich, dass es Ihnen weniger um die Ächtung von Gewalt und Hetze als vielmehr um die Instrumentalisierung der Vorfälle für Ihre eigenen ideologischen Zwecke geht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe CSU, zum Mitschreiben: Ihre Auffassung, dass es in unserer Gesellschaft Rechtsextreme, Linksextreme und in der Mitte verfassungstreue Bürgerinnen und Bürger gibt und dass die Gefahr für die Demokratie und den Rechtsstaat nur von den Rändern her ausgeht, ist platt und pauschalisierend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNE stellen uns eindeutig gegen den Versuch, die Welt durch Schablonendenken zu erklären. Die Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus

wird der Realität nicht gerecht und ist vor allem wissenschaftlich nicht haltbar.

(Beifall bei den GRÜNEN – Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): So ein Schmarrn!)

Auch juristisch ist die Extremismusklausel nicht haltbar. Sie wissen es doch selber. Im Jahr 2012 hat das Verwaltungsgericht in Dresden bestätigt, dass die Extremismusklausel rechtswidrig ist. Dass Sie sie jetzt wieder einführen wollen, zeigt eindeutig Ihr Misstrauen gegen die Zivilgesellschaft.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): So ein Schmarrn!)

Wer sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, gegen Rechtsextremismus und für die Vielfalt in der Gesellschaft engagiert, wird dafür oft von Neonazis beschimpft, bedroht oder sogar tätlich angegriffen. Diese Menschen wollen die Demokratie schützen und stärken. Mit der Extremismusklausel, die Sie wieder einführen möchten, stellen Sie all diese Menschen unter Generalverdacht. Wer sich tagtäglich für Vielfalt und Demokratie engagiert, braucht Unterstützung und keinen Generalverdacht.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Florian Herrmann (CSU): Eben!)

Der Staat kann Unterstützung leisten, indem er zum Beispiel das Handlungskonzept gegen Rechts überarbeitet, schulische und außerschulische Programme für Demokratieförderung ins Leben ruft und die Schulen zu einem Ort lebendiger Demokratie weiterentwickelt.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Es geht in dieser Debatte um Linksextremismus!)

So können wir die Bürgerinnen und Bürger stärken und dafür sorgen, dass solche Ausschreitungen möglichst nicht mehr vorkommen. Genau das fordern wir mit unserem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie müssen sich nicht so aufregen, liebe CSU-Fraktion. Auch wir fordern in unserem Antrag, dass die Staatsregierung mit Blick auf den G-7-Gipfel die Einsatzvorbereitungen und die Durchführung durch die hessischen Sicherheitskräfte analysiert und daraus Lehren zieht. Dazu gehört zum Beispiel, dass die vielen guten deeskalierenden Maßnahmen des Einsatzkonzeptes, zum Beispiel die umfangreichen Kommunikationsangebote an die Organisatoren der Demonstrationen und die Einführung der Kennzeichnungspflicht der Polizeikräfte, in das G-7-Konzept mit einfließen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der CSU: Ein Wahnsinn!)

Wir möchten nämlich, dass von Bayern aus das folgende Signal in die Welt hinausgeht: Jede und jeder, der in Bayern gegen die verfehlte Klimapolitik der G 7 friedlich – ich wiederhole es extra für Sie, damit Sie mich nicht missverstehen –: friedlich demonstrieren will, kann das machen.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Es geht aber um die Radikalen, die Gewalttätigen!)

Dafür müssen wir diese Optionen herstellen; denn das möchten nicht nur wir GRÜNE und viele andere, sondern das möchten auch das Grundgesetz und die Bayerische Verfassung. Unsere Demokratie lebt von einer friedlichen, bunten und kreativen Demonstrationskultur.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeord- neten Manfred Ländner (CSU))

Bitte verbleiben Sie noch am Rednerpult. – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich gebe bekannt, dass die CSU-Fraktion für die Nummer 2 ihres Antrags eine namentliche Abstimmung beantragt hat. Die erste Zwischenbemerkung kommt vom Herrn Kollegen Heike. Zweiter ist Herr Kollege Pohl.

Frau Kollegin Schulze, es ist sehr interessant gewesen, das alles von Ihnen zu hören. Ich muss Ihnen aber ganz deutlich sagen: Was haben eigentlich Ihre angeblich so friedlichen Demonstranten gegen die gewaltbereiten Linksradikalen, die Sie ja selber so einschätzen, unternommen?

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Mei, ist der ahnungslos!)

Ich habe Polizeiberichte gelesen, dass sie nichts unternommen haben. Wenn Ihre Occupy-Bewegung tatsächlich so, wie Sie es uns heute hier weismachen wollen, reagiert hätte, hätte das etwas anders aussehen müssen.

Wenn Sie von Schablonendenken reden, erinnere ich Sie an die Diskussion, die wir vor Kurzem im Rechtsausschuss hatten. Was tun Sie eigentlich, außer dass Sie immer – dabei haben Sie häufig unsere Unterstützung – gegen die Rechtsradikalen diskutieren und Mittel für deren Bekämpfung freigeben wollen? Was tun Sie eigentlich auf der linken Seite? Wo haben Sie sich da einmal unterstützend an unsere Seite gestellt?

(Beifall bei der CSU)

Lieber Herr Heike, erst mal sind das nicht meine Demonstrantinnen und Demonstranten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens ist es nicht die Occupy-Bewegung, sondern die Blockupy-Bewegung, und drittens möchte ich Ihnen sagen: Sie erwarten doch nicht tatsächlich von den Menschen, die friedlich in Frankfurt demonstriert haben, sich zwischen Linksextreme und die Polizei zu stellen und zu versuchen, sie zurückzuhalten!? Diesen Punkt wollte ich die ganze Zeit verdeutlichen. Das möchten Sie nicht verstehen. Wir haben uns ganz klar von den Gewaltausschreitungen in Frankfurt distanziert. Wir haben gesagt: Das geht nicht, so etwas möchten wir nicht. Das bedeutet nicht, dass wir den Fehler machen und alles über einen Kamm scheren. Diesen Fehler begehen Sie. Gerade haben Sie gesagt: Wieso haben sich die Demonstranten nicht dagegengestellt? Es gab eine friedliche Demo. Es ist absolut legitim, dass diese Menschen auf die Straße gehen. Sie brauchen nicht alles in einen Topf werfen, indem Sie sagen: Alle waren linksextrem und haben nichts gegen Ausschreitungen unternommen. Das ist Ihre Argumentation, die so leider falsch ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Pohl und Herr Kollege Scheuenstuhl haben sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet, bitte.

Wir haben immer gegen Extremismus und für Toleranz geworben, und zwar gegen Extremismus jeder Couleur. Wir haben uns oft von Ihnen im Rechtsausschuss anhören müssen, dass es nicht wirklich eine Gewalt von Links gäbe, diese würde aufgebauscht, während die Gewalt von Rechts verharmlost würde.