Frau Präsidentin, Frau Staatsministerin, Kolleginnen und Kollegen! In der mir verbleibenden Redezeit und in den Redebeiträgen meiner Vorgänger spiegelt sich das Verhältnis zwischen dem Umweltschutz und dem Verbraucherschutz in diesem Ministerium. Herr Kollege Dr. Hünnerkopf lobt die Verbraucherverbände, lehnt aber gleichzeitig in unserem Ausschuss alle Anträge ab, die zugunsten dieser Verbraucherverbände gestellt worden sind.
Die beiden Verbände arbeiten mit großem Idealismus und Engagement. Ihre Aufgaben werden immer vielfältiger. Wir haben noch gar nicht über das Thema Finanzen gesprochen, das in Zukunft in den Verbraucherzentralen ein Riesenthema sein wird. Ich nenne nur das Internet und die Cyber-Kriminalität. Normale Bürger bekommen Rechnungen von Anwälten und bezahlen diese Rechnungen aus Angst und Scham, weil sie nicht wissen, dass dies nur eine riesige Abzocke ist. Die Verbraucherarbeit ist für mich ein Gradmesser, mit dem man feststellen kann, wie die gut gemeinte Politik, wie Gesetze und Verordnungen, die wir in Bayern erlassen, umgesetzt werden. Wenn das so einfach wäre, würden wir diese Einrichtungen nicht brauchen.
Heute stand unter anderem in der Zeitung: In Unterschleißheim hat eine Familie einem Schlüsseldienst für eine Viertelstunde Arbeit 740 Euro bezahlt. Die Verbraucherzentrale hat diesen Fall publik gemacht, damit die Menschen solchen Firmen nicht mehr auf den Leim gehen. Wir wollten zur Stärkung der Verbraucherberatung sieben Stellen. Dies wurde abgelehnt. Wir wollten eine Verdoppelung des Prozesskostenbudgets. Gott sei Dank sind diese 100.000 Euro im
neuen Haushalt drin. Wir wollten aber auch Stellen für das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz. Sobald eine hilfsbedürftige Person einmal in einem Heim ist, ist die Hemmschwelle sehr groß, sich mit dem Pflegepersonal anzulegen. Schließlich sind die Menschen froh, einen Platz gefunden zu haben. Diese Verträge sind oft sehr fragwürdig. In Berlin wurden 25 Stichproben genommen, von denen 22 mangelhaft oder fehlerhaft waren. Ich finde es sehr schade, dass Oppositionsanträge grundsätzlich abgelehnt werden.
Am Ende meiner Redezeit möchte ich noch ganz kurz auf den Biber eingehen, weil er ebenfalls in die Zuständigkeit dieses Ministeriums fällt. Die Frau Ministerin weiß, dass wir die dafür vorgesehenen 450.000 Euro alleine in ihrem Heimatlandkreis für Biberschäden ausgeben könnten. Leider ist auch dieser Haushaltstitel nicht erhöht worden. Im Jahr 2013 sind nur 75 % der Schäden bezahlt worden. Die Dunkelziffer ist um ein Vielfaches höher.
Die Optimierung der Fischverträglichkeit von Kleinwasserkraftanlagen ist ein weiteres Thema, ebenso wie die Energiewende. Bei der Energiewende sind die Wasserkraftanlagen für uns ein entscheidendes Thema. Zu guter Letzt möchte ich unter Überziehung meiner Redezeit der Frau Staatsministerin einen ganz breiten Buckel und ein ganz dickes Fell beim Thema dritte Startbahn wünschen. Die Verhinderung der dritten Startbahn wäre Umweltschutz und Verbraucherschutz in Vollendung.
Ich wünsche Ihnen in dieser Fraktion und in diesem Kabinett alles Gute und drücke Ihnen die Daumen, dass Sie Ihre bisherige Stellung beibehalten können.
Vielen Dank, Herr Kollege. Jetzt hat Frau Kollegin Steinberger das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin, Frau Staatsministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Verbraucherschutz scheint in Bayern keine besonders große Rolle zu spielen. In jeder Legislaturperiode wird er einem anderen Ressort zugeschlagen; früher war er beim Justizressort, jetzt ist er beim Umweltministerium angesiedelt. Anscheinend ist der Verbraucherschutz Verfügungsmasse, um irgendein Ministerium zu komplettieren.
Nun ist also das Umweltministerium zuständig. Das macht erst mal Sinn; denn gerade Umwelteinflüsse sind es, die die Gesundheit und Unbedenklichkeit unserer Lebensmittel gefährden. Zusatzstoffe und Herstellungsmethoden müssen ungefährlich sein. Der Staat hat die Aufgabe, das zu garantieren. Leider gibt es immer wieder Lebensmittelskandale, auf die der Staat reagieren muss. Die erhöhten Gehalte von Aluminium im bayerischen Nationalgebäck, in der Breze, haben uns alarmiert. Wir haben es heute schon gehört. Nun wird angekündigt, dass auf diese Überschreitung reagiert wird. Ja, genau, das ist richtig. Aber das passiert viel zu spät. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit moniert diese Überschreitungen bereits seit mindestens zehn Jahren. Wir empfehlen dazu ein Vorgehen wie in BadenWürttemberg. Dort hat man die Kontrollen verschärft und empfindliche Strafen eingeführt. Damit ist die Beanstandungsquote deutlich gesunken. Aber man findet nur dort etwas, wo man auch sucht. Das Bayerische Landesamt hat die Proben bei Gebäck und Fleisch leider zurückgefahren. Genau in diesem gesundheitsrelevanten Bereich müsste mehr passieren, nicht weniger.
Wir fragen uns auch, warum der Schwerpunkt der Probennahme ausgerechnet beim Wein gesetzt wird. Wäre es nicht sinnvoller, die vorhandenen Mittel dort einzusetzen, wo eine Gefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher droht? Als Beispiel möchte ich die Rückstände im Fleisch ansprechen, die viel zu wenig kontrolliert werden. Dafür reichen die Erhöhungen im Haushalt leider nicht aus. Auch im Bundesdurchschnitt schauen wir auf diesem Gebiet nicht besonders gut aus; denn nicht nur die Höhe der Mittel ist wichtig, sondern wichtig ist vor allem auch, wie diese Mittel eingesetzt werden. Es muss auch evaluiert werden, ob diese Mittel sinnvoll eingesetzt werden. Auch das passiert zu wenig.
Aber offensichtlich setzt die Staatsregierung mehr auf Öffentlichkeitsarbeit. So ist heute der Ansatz für Veranstaltungen dreimal höher als 2013.
Unser Lebensmittel Nummer 1 ist das Wasser. Sie wissen, dass unser Wasser ernsthaft in Gefahr ist. Deutschland droht gerade ein Vertragsverletzungsverfahren, weil es seinen Nitrataustrag nicht in den Griff bekommt. Aber die CSU blockiert im Schulterschluss
mit der Aiwanger-Partei alle Versuche, die Überdüngung unserer Felder und damit die Auswaschung von Nitrat ins Grundwasser einzudämmen. Nicht einmal die Auswaschung von Antibiotika konnte Sie von der CSU alarmieren.
Immer mehr Wasserversorger brauchen vom Gesundheitsamt eine Ausnahmegenehmigung, um überhaupt noch Wasser liefern zu dürfen. Aber was sagen Sie dazu? Ihre Antwort war eine Ablehnung unserer Anträge, genauso wie Sie unsere Anträge zu Bisphenol A im Spielzeug, zur Pelzkennzeichnung oder zur Gentechnik abgelehnt haben.
Der Verbraucherschutz fristet in Bayern ein Schattendasein. Zum Glück gibt es die EU, die im Verbraucherschutz gute Standards gesetzt hat. In diesem Haus wird leider viel zu oft über die EU geschimpft. Aber gerade im Verbraucherschutz haben wir ihr sehr viel verdanken.
Aus eigenem Antrieb passiert hier in Bayern leider viel zu wenig. Ehrenamt und Gesellschaft leisten einen großen Beitrag. Aber der Staat könnte wesentlich mehr tun.
Vielen Dank, Frau Kollegin. Für die Staatsregierung hat jetzt Frau Staatsministerin Scharf das Wort. Bitte schön, Frau Staatsministerin Scharf.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Ihnen, die Sie jetzt im Plenum nach diesem langen Debattentag um den Haushalt und trotz der Champions-League-Spielzeiten noch anwesend sind. Ich kann Ihnen versichern: Es gibt auch außerhalb der Allianz-Arena Grund zur Freude; dort steht es 1 : 0 für den FC Bayern.
Ich freue mich heute mit einer Mehrheit des Hohen Hauses über den Verantwortungshaushalt 2015/2016. Dieser Haushalt macht deutlich: Die Zukunft ist weißblau. Wir schaffen den Spagat zwischen Schuldentilgung und Investitionskraft. Wir bekennen uns zur Generationenverantwortung und zur Nachhaltigkeit. Wir beweisen einmal mehr: Der Umwelt- und Verbraucherschutz ist und bleibt Herzstück bayerischer Politik.
Bayern ist zum Sehnsuchtsort für Millionen Menschen geworden, weil wir die Schöpfung bewahren und die Lebensgrundlagen erhalten. Darauf können wir stolz sein, und darauf sind wir sehr stolz.
Der Doppelhaushalt 2015/2016 ist ein Musterbeispiel hoher Haushaltskunst. Die Zahlen im Einzelplan 12 für die nächsten beiden Jahre sind 855 Millionen Euro und 865 Millionen Euro. Das ist ein starkes Bekenntnis zu einem Umwelt- und Verbraucherschutz nach Maß und ein kräftiger Aufschlag für zwei weitere erfolgreiche Jahre Politik. Wir werden für die großen Disziplinen mehr Geld zur Verfügung haben, mehr Geld für die Naturschutz- und Landschaftspflege, für den Klimaschutz, für die Umweltbildung, für den Verbraucherschutz und für Verbraucherinformationen, für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit. Trotz leichten Rückgangs durch den Wegfall von Bundesmitteln haben wir im Umwelt- und Verbraucherschutz wieder eine Top-Investitionsquote von über 30 %; ich wiederhole: von über 30 %. Wir können gerne über Details reden. Aber die Wahrheit ist nicht verhandelbar. Die Wahrheit ist: Wir schreiben schwarze Zahlen für den Umwelt- und Verbraucherschutz in Bayern.
Ganz oben auf unserer Agenda steht die Vorsorge. Allein für den Hochwasserschutz ermöglichen wir mit unserem "Aktionsprogramm 2020plus" 150 Millionen Euro im Jahr. Zusätzlich stellen wir jährlich 35 Millionen Euro für unser Sonderprogramm an der Donau zwischen Straubing und Vilshofen bereit. Insgesamt haben wir damit ein wasserbauliches Infrastrukturprogramm aufgelegt, das man getrost als historisch bezeichnen kann: 3,4 Milliarden Euro für den Hochwasserschutz der Zukunft. Hochwasserschutz in Bayern steht für eine intelligente Kombination aus natürlichem und aus technischem Rückhalt. Wir unternehmen gemeinsam mit unseren Kommunen eine gewaltige Kraftanstrengung, um den Hochwasserschutz bayernweit auf ein hundertjährliches Hochwasserereignis auszurichten. Dabei bauen wir eine Klimareserve von 15 % mit ein. Wir befreien die Flüsse durch Deichrückverlegungen und Renaturierungen aus ihrem Korsett. Auf diese Weise geben wir den Flüssen mehr Raum und schaffen natürliche Retentionsräume. Gleichzeitig schmieden wir eine Kette von gesteuerten Flutpoldern. Damit können wir beispielsweise an der Donau extreme Hochwasserwellen schnell und wirkungsvoll kappen. Wenn die Welle mit Volldampf anrollt, brauchen Sie eine Notbremse. Nichts wirkt besser als ein gesteuerter Flutpolder an der richtigen Stelle.
Für mich ist dabei entscheidend: Wir setzen unsere Hochwasserschutz-Agenda gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern um. Ich war vorletzten Freitag in Deggendorf zum Auftakt unseres Hochwasserdialogs. Mit dem Hochwasserdialog bringen wir alle Betroffenen an einen Tisch. Wir nehmen jede Sorge ernst. Wir garantieren volle Transparenz. Bayern hat das Patronat für Lebensqualität inne, weil wir Politik mit den Menschen machen, statt über ihre Köpfe hinweg.
Politik mit den Menschen bedeutet auch: Wir schließen Gefahren für unsere Lebensgrundlagen aus. Die Berichterstattung der letzten Wochen hat zur Verunsicherung beim Thema Trinkwasser geführt. Ich wiederhole gerne die Position der Staatsregierung: Der Schutz unseres Trinkwassers hat oberste Priorität. Wir wollen kein unkonventionelles Fracking unter Einsatz wassergefährdender Chemikalien, solange Gefahren für Mensch und Natur nicht völlig ausgeschlossen sind. Wir pflegen in Bayern bei Risikotechnologien die umgekehrte Beweislast. Das bedeutet ein Null-Promille-Risiko für die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger.
Ein klares und unmissverständliches Nein sage ich zur grünen Gentechnik. Wir haben hier im Hohen Haus gemeinsam einige Beschlüsse zur grünen Gentechnik gefasst. Das Engagement unserer bayerischen Brauer unterstützen wir im 498. Jahr des Reinheitsgebots aus fraktionsübergreifender Überzeugung.
Vor fünf Wochen haben wir mit "Fünf Jahre gentechnikanbaufrei" einen Weg gefeiert, den wir als Volksvertreter gemeinsam mit über 200 Kommunen und gemeinsam mit einer großen Mehrheit der Menschen in unserem Land mutig und geschlossen begonnen haben. Mein Appell: Gehen wir diesen Weg gemeinsam weiter! Halten wir Bayern auch in Zukunft in großer parlamentarischer Geschlossenheit gentechnikanbaufrei!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich von Vorsorge als oberstem Prinzip spreche, gilt dies insbesondere für die Lebensmittelsicherheit. Höchste Lebensmittelqualität gehört für die Menschen in Bayern zum erweiterten Grundrechtskatalog. Wir haben im Freistaat Hunderte hoch qualifizierte Veterinäre und Überwachungsbeamte. Diese Frauen und Männer leisten eine wahre Herkulesarbeit, nämlich 150.000 Betriebskontrollen und 70.000 untersuchte Proben im Jahr. Gemeinsam mit unseren Lebensmittelproduzenten sorgen sie für ein Höchstmaß an Lebensmittelsicherheit in unserem Land.
Dazu gehört auch der gemeinsame Kampf gegen Antibiotikaresistenzen, die eine ernst zu nehmende Gefahr für jeden von uns sind. Wir wollen den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung verringern. Wir setzen die 16. AMG-Novelle nicht gegen, sondern mit Ihnen individuell, betriebsgerecht und fair um. Daher haben wir bereits in der Vergangenheit ein bundesweit einzigartiges Begleitprojekt aufgelegt, und daher stellen wir im Doppelhaushalt zielgerichtet höhere Personalmittel bereit. "Hergestellt in Bayern" ist ein Ritterschlag für jedes Lebensmittel. Unser Anspruch ist klar und lautet: höchste Qualität auch in Zukunft für ungetrübten Genuss und zum Wohle unserer Verbraucherinnen und Verbraucher.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das zweite Leitmotiv ist neben der Vorsorge die Verantwortung. Ich habe zu Beginn meiner Rede vom Verantwortungshaushalt 2015/2016 gesprochen. Das gilt doppelt, nämlich im Sinne der Selbstverantwortung und im Sinne der Fremdverantwortung. Wir schützen die Menschen, wo sie sich selbst nicht schützen können, zum Beispiel durch unsere Gewerbeaufsicht. Wir unterstützen sie als eigenverantwortliche, mündige und selbstbewusste Verbraucher auf Augenhöhe.
Kern unserer Verbraucherpolitik sind schnelle Information, gute Verbraucherbildung und effektive Rechtsetzung. Wir arbeiten eng und erfolgreich mit der Verbraucherzentrale und dem Verbraucherservice in Bayern zusammen. Deswegen freue ich mich über zusätzliche Mittel, die wir im Verbraucherschutz ausweisen. Das Plus von 200.000 Euro ist zwar kein Königreich; aber es ist Ausdruck unseres klaren Willens, den Verbraucherschutz in Bayern auf hohem Niveau weiterzuführen. Den Berichterstattern für unseren Einzelplan und dem Hohen Haus sage ich meinen ganz herzlichen Dank für dieses klare Signal.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Königsdisziplin der Verantwortung ist der Naturschutz. Seit Alfons Goppel beruht Regierungshandeln in Bayern auf dem Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und Respekt vor der Schöpfung. Die Gründung des ersten Umweltministe
riums der Welt wurde in diesem Hohen Haus vor 44 Jahren beschlossen. Daher ist ein kapitaler Mittelansatz für den Naturschutz in Bayern fast schon Ehrensache. 6,2 Millionen Euro mehr im Doppelhaushalt sind ein Paukenschlag für Vielfalt und Artenreichtum. Das sind gute Nachrichten für gefährdete Tiere und Pflanzen, die wir mit unserem Biodiversitätsprogramm Bayern 2030 schützen wollen, gute Nachrichten für unsere Landwirte, die sich über den Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege engagieren, und gute Nachrichten für alle ehren- und hauptamtlichen Helfer. Sie sind die Seelen des Naturschutzes in Bayern.