Protocol of the Session on November 27, 2014

cheren Rahmen für eine digitale Verwaltung. Mit diesem Gesetz werden erstmalig die Voraussetzungen für digitale Unterschrift, digitales Bezahlen und digitale Sicherheit normiert. Das bedeutet: keine Unterschrift mehr auf Papier, direktes Online-Bezahlen – und das alles sicher über das Portal. Mit dem fortgeschriebenen E-Government-Pakt zwischen Freistaat und kommunalen Spitzenverbänden, den sogar der Präsident des Gemeindetages ausdrücklich gelobt hat, sollen alle Kommunen an das BayernPortal angeschlossen werden. Damit ist Bayern komplett vernetzt und der ländliche Raum online. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei der CSU)

BayernLabs: Digitalisierung im ländlichen Raum braucht aber noch mehr. Unser Ziel ist es, regionale IT-Zentren zu schaffen. IT-Zentren sind kein Privileg von Großstädten. Regionale IT-Labore, die BayernLabs, richten sich an Schulen, Kommunen und Wirtschaft. Sie vereinen digitale Innovationen, modernes E-Government und eine IT-Wissensbörse unter einem Dach.

Was passiert in diesen BayernLabs? – Wir wollen dort einen Anschluss für mindestens 150 Mbit/s und damit in jedem dieser Labore die schnellste öffentliche Verbindung im Landkreis. Die BayernLabs bieten Firmen die Plattform, um neue digitale Trends und Produkte vor Ort vorzustellen. Schulklassen können dort lernen, wie man in der digitalen Welt am besten und sichersten navigiert.

Wo sollen die BayernLabs entstehen? – Bis 2018 sollen acht dieser Labore entstehen, angeschlossen an bereits bestehende Ämter für Digitalisierung und Breitband. Wir werden diese BayernLabs mit vorhandenen Bordmitteln ohne neue Stellen finanzieren und damit bestehende Strukturen nutzen. Deshalb sind nur Standorte geeignet, die ohne große und teure Baumaßnahmen rasch genutzt werden können. Im kommenden Jahr starten wir mit diesen Laboren. Die ersten beiden Stützpunkte werden in Wunsiedel und Traunstein starten. Danach sollen weitere sechs BayernLabs entstehen, nämlich in Bad Neustadt an der Saale, in Nabburg, in Neustadt an der Aisch, in Vilshofen, in Eichstätt und in Kaufbeuren. Das ist eine echte Strukturmaßnahme für den ländlichen Raum.

(Beifall bei der CSU)

Freies WLAN: Viele reden davon, wir kümmern uns darum. Ich gebe zu, das Ziel, bis 2020 ein Netz für freies WLAN im ländlichen Raum zu entwickeln, ist ambitioniert. Deswegen kann man hier seriöserweise nur in Stufen vorgehen. In einem ersten Schritt soll die sogenannte Störerhaftung, ein rechtliches Hindernis, beseitigt werden. Bayern wird deshalb eine Bun

desratsinitiative starten und eine Veränderung der Störerhaftung einfordern, um freies WLAN zu ermöglichen.

Im zweiten Schritt werden wir über Behörden WLANHotspots aufbauen. Im Jahr 2015 starten wir im Geschäftsbereich des Finanz- und Heimatministeriums an rund 60 Standorten, und zwar an Digitalisierungsund Finanzämtern, an Schlössern und Burgen sowie auf Schiffen der Bayerischen Seenschifffahrt. Ausgehend von diesen Standorten soll dann das Angebot mit freiem WLAN in konzentrischen Kreisen im ländlichen Raum ausgeweitet werden.

Um das Ganze für alle Behörden effektiv zu ermöglichen, werden wir bei der Neuausschreibung des BayernNetzes, also hinsichtlich der gesamten Gestaltung aller Behördenverbindungen, dem künftigen Provider vorgeben, dass solche WLAN-Hotspots ab 2016 an allen bayerischen Behördenstandorten betrieben werden. Das wird ein Teil der Neuausschreibung werden und damit als Service vom neuen Provider bereitgestellt.

Im dritten Schritt können sich die Kommunen über den erweiterten E-Government-Pakt beteiligen, sodass das Ziel, freies WLAN in konzentrischen Kreisen in ländlichen Räumen zu etablieren, bis 2020 erreichbar ist. Das ist anspruchsvoll, aber machbar. Wir sind in Deutschland die einzigen, die ein solches Konzept verfolgen. Das macht kein anderer.

(Beifall bei der CSU)

Regionale Innovation: Bildung vor Ort schafft Attraktivität für junge Menschen und Arbeitsplätze. Fachhochschulen und Technologietransferzentren sind wichtige Infrastruktureinrichtungen für den ländlichen Raum. Der Ausbau einer dezentralen Wissenschaftspolitik bietet neue Chancen. Auf Initiative unseres Ministerpräsidenten haben Ilse Aigner, Ludwig Spaenle und ich in Teamarbeit mit anderen die Nordbayern-Initiative gestartet. 56 Projekte mit einem Volumen von knapp 600 Millionen Euro sollen bis 2018 in Nordbayern umgesetzt werden. Das ist ein riesiges Infrastrukturprogramm für den gesamten Raum.

Aber auch in Südbayern gibt es regionale Offensiven, und zwar in ähnlicher Größenordnung. Es finden sich 44 Projekte im Haushalt mit einem Volumen von rund 650 Millionen Euro, die bis 2018 angesetzt sind. Darin sind allein 200 Millionen Euro für München enthalten, unter anderem für das Gründerzentrum "Internet und Digitale Medien". Die Stammstrecke als mögliche Investition ist gar nicht mitgezählt.

Meine Damen und Herren, wir entwickeln den Norden, wir entwickeln den Süden, wir entwickeln ganz Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Neben sicheren Arbeitsplätzen und gut ausgestatteten Hochschulen ist auch die Behördenverlagerung ein wichtiges Mittel der Strukturpolitik in Bayern. Die Landeshauptstadt als Behördenstandort wächst dabei auf jeden Fall. Durch die Bevölkerungsentwicklung wird natürlich die Zahl der Beamten wachsen, die zur Versorgung und Begleitung der Bevölkerung notwendig sind. Vor allem gilt das für Lehrer und Polizisten. Das heißt aber nicht, dass jede Behörde in der Landeshauptstadt angesiedelt sein muss. Wir wissen, dass die Verlagerung einer Behörde ein sensibler Prozess ist, der aber im Endeffekt notwendig sein kann. Zwangsversetzungen aus dem Großraum München wird es nicht geben. Das Konzept, das wir derzeit erarbeiten, wird mit allen Ministerien besprochen und mit den Personalvertretungen intensiv diskutiert werden. Im ersten Quartal wollen wir ein gemeinsam abgestimmtes Konzept vorlegen.

Unser Zeitplan sieht vor, bis 2025 1.500 Arbeitsplätze zu verlagern. Dazu braucht es einen Mix aus drei Varianten: Einzelbehörden, Behördenzentren und Aufstockung vorhandener Behördenstandorte.

Als Zielorte kommen vor allem strukturschwache Gebiete in Betracht, die noch keine oder wenige Hochschuleinrichtungen haben; denn dort hilft eine Behörde enorm.

Prioritäre Regionen sind dabei Hochfranken – Kronach wird gerade durch die Finanzakademie unterstützt –, die nördliche Oberpfalz, die Rhön/Main-Spessart und die Haßberge, West-Mittelfranken, vor allem Weißenburg-Gunzenhausen, der Bayerische Wald, Konversionsstädte wie Kaufbeuren, Amberg oder Kitzingen, aber auch in Oberbayern Landkreise wie zum Beispiel Mühldorf am Inn, Garmisch-Partenkirchen oder das Berchtesgadener Land. Diese Regionen, meine Damen und Herren, stehen im Fokus, wenn es um Behördenverlagerungen geht.

Zusätzlich schaffen wir neue Förderstützpunkte unserer großen bayerischen Förderbanken. Die LfA Förderbank Bayern, ein zentrales, wichtiges Instrument zur Unterstützung der ortsansässigen Wirtschaft, soll künftig auch in Hof präsent sein, die LaBo, Bayerische Landesbodenkreditanstalt, im Bayerischen Wald. Wir wollen strukturschwachen Räumen und strukturschwachen Gemeinden mit Behördenstandorten, aber auch mit Bankenstandorten eine neue Dynamik verleihen. Meine Damen und Herren, das ist ein gutes Signal.

(Beifall bei der CSU)

Schließlich geht es auch um weiche Faktoren wie Image und Marketing. Das Heimatministerium baut zum 1. Januar 2015 das Regionalmanagement massiv aus. Bislang hat der Freistaat 1,5 Millionen Euro pro Jahr für das Netzwerk Regionalmanagement zur Verfügung gestellt. Diese Summe wird im Doppelhaushalt kraftvoll auf 7 Millionen Euro angehoben. Damit kann Regionalmanagement, Regionalmarketing überall verbessert werden, und damit kann die Attraktivität ländlicher Räume aus eigener Kraft gestärkt werden.

Das Netzwerk der Regionalmanager wird durch die neue Servicestelle "Bayern Regional" am Heimatministerium Nürnberg koordiniert und unterstützt.

Zudem soll dort mit allen Ministerien zusammen das digitale "Förderprogramm auf einen Klick" erstellt werden. Das bedeutet: ein Fördernavigationssystem, bei dem alle bayerischen Förderprogramme digitalisiert und so synchronisiert werden, dass Kommunen und Wirtschaft das für sie passende Förderkonzept auf einen Blick und einen Klick abrufen können. Sie müssen also nicht von Pontius zu Pilatus laufen, sondern finden auf einen Blick das für die jeweilige Kommune richtige Förderprogramm. Das brauchen wir dringend.

(Beifall bei der CSU)

Letztlich soll ein neuer Heimatpreis als Zukunftspreis gestaltet werden, um Identifikation zu erreichen, vor allem bei jungen Menschen. Ideen, Initiativen und Projekte von Kindern und Jugendlichen sollen prämiert werden. Außerdem starten wir eine Kampagne "Bayern Heimat 2020", um die Standortvorteile des ländlichen Raums besser herauszustellen.

Das sind insgesamt, wenn man alles zusammennimmt, 25 Maßnahmen. Ich gebe zu, das ist viel. Aber ich finde, es geht auch um viel, nämlich um unsere Heimat Bayern. Manche dieser Maßnahmen ist schneller umsetzbar, leichter machbar, manche wird dauern und ihren Erfolg erst auf lange Sicht zeigen.

Meine Damen und Herren, für Landesentwicklung braucht man einen langen Atem. Aber wir haben ein durchdachtes Konzept. Wir haben ein ernsthaftes Programm, und wir haben ein Gemeinschaftswerk. Wir wollen ländliche Räume tatsächlich nicht alimentieren, sondern aktivieren. Wir wollen keine Resignation, sondern Innovation, und wir brauchen nicht nur Nörgler und Mahner, sondern wir brauchen endlich auch Macher für den ländlichen Raum, damit etwas passiert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Jetzt brauchen Sie endlich Macher?)

Bayern steht vor einer neuen Entwicklungsstufe. Das ist angesichts der demografischen Entwicklung unbestritten. Franz Josef Strauß hat unseren Freistaat von einem Agrarland zu einem industriellen Standort entwickelt. Edmund Stoiber hat Bayern zu einem Hightech-Land gemacht.

(Zuruf des Abgeordneten Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER) – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Hören Sie zu! Es geht auch um Ihre Zukunft und um die Ihrer Kinder. Wenn dieses Hohe Haus von den Menschen draußen ernst genommen werden soll, dann ist es wichtig, über Inhalte zu diskutieren, meine Damen und Herren, und sich nicht in Geschäftsordnungen und kleinen Hakeleien zu verlieren. Der Inhalt zählt für die Menschen. Da müssen Sie liefern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Wir müssen liefern?)

Wir werden mit Ihnen oder ohne Sie, auf jeden Fall aber mit den Kommunen, das Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung, die Herausforderung der Demografie angehen, um unsere bayerische Heimat im Kern zu bewahren, kulturelle Stabilität zu erhalten, aber auch um neue Chancen zu eröffnen und weiterhin das Land der unbegrenzten Möglichkeiten in Deutschland zu bleiben. Das wird ein spannender Weg, meine Damen und Herren. Die Bayern sind aber gut darauf vorbereitet. Das Abenteuer geht weiter. Machen wir alle mit, meine Damen und Herren! Bayern braucht eine neue Strategie. – Herzlichen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Aussprache. Wenn ich auf die Uhr schaue, darf ich sagen – ich runde nicht ab, sondern auf –: 34 Minuten pro Fraktion. Ich bitte Sie, sich daran zu halten. Als Erster darf ich Frau Kollegin Karl von der SPD-Fraktion das Wort erteilen. – Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister Söder, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Ich frage mich allerdings, warum haben Sie heute geredet, warum haben Sie so lange geredet, wo Sie uns doch inhaltlich so wenig mitzuteilen haben?

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Bravo!)

Da hilft auch kein Trachtenjanker, wenn die Inhalte fehlen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben gegenüber "dpa" Ihr Programm als das umfassendste Heimatprogramm – whatever – angekündigt. Das ist natürlich einfach einzuhalten; denn in 55 Jahren hat es die CSU-Staatsregierung bis jetzt nicht einmal geschafft, sich mit der Heimat zu beschäftigen und so etwas wie ein Konzept vorzulegen.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

Von daher kann man diese Ansammlung heißer Luft natürlich als umfassendes Programm bezeichnen. Positiv an Ihren Ausführungen ist, dass Sie in Ihrer Analyse die Realität in Bayern zur Kenntnis nehmen, die unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten. Für diese Analyse sind wir in den letzten Jahren immer als Schlechtredner beschimpft worden. Das lässt hoffen, dass wir in der Entwicklung jetzt gemeinsam weiterkommen.

(Beifall bei der SPD – Glocke der Präsidentin)

Sie sind durch die Verfassungsänderung jetzt unter Zugzwang gesetzt, durch den Verfassungsauftrag zur Schaffung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen. Das wird natürlich Auswirkungen auf die Politik haben müssen. Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen herzustellen bedeutet eine aktive Ausgleichspolitik. Es bedeutet das Ende der Fokussierung auf einzelne Leuchttürme und das Ende des CSU-Zentralismus Montgelasscher Prägung.

(Beifall bei der SPD)

Es bedeutet, Dezentralität, Subsidiarität und Konnexität endlich ernst zunehmen und in die Tat umzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es bedeutet nicht nur die Kommunalisierung von Ärger, die Kommunalisierung von Standortwettkämpfen, sondern die Kommunalisierung der Gestaltungsmöglichkeiten für die Zukunft. 79 % aller Bayern leben sehr gerne in ihrer Heimat. Heimat bedeutet klare Strukturen, Kleinteiligkeit, überschaubare Einheiten und ein Wohlfühlen im sozialen Gefüge. Dabei sind die Vorstellungen von Heimat so unterschiedlich wie die Regionen in Bayern. Aufgabe der Politik ist es dabei, den Menschen die Möglichkeit zu geben, in ihrer angestammten Heimat zu bleiben und damit die Auswirkungen der demografischen Veränderungen in Bayern abzumildern.

Herr Minister, Sie haben jetzt ein Konzept vorgelegt, das nach Ihren Ausführungen ein Prozess, ein ernsthaftes Programm und ein Abenteuer ist. Vielleicht entscheiden Sie sich einmal, was Sie heute vorgelegt haben.