Protocol of the Session on September 30, 2014

Gesetzentwurf der Staatsregierung über die Feststellung des Haushaltsplans des Freistaates Bayern für die Haushaltsjahre 2015

und 2016 (Haushaltsgesetz 2015/2016 - HG 2015/2016) (Drs. 17/2871) - Erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst Herrn Staatsminister Dr. Markus Söder das Wort. Bitte sehr, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt kommen wir zu einem von der Bedeutung her und für die Zukunft Bayerns noch essenziellerem Thema.

(Zuruf von der SPD: Aha!)

Wenn wir die Zeitung lesen und wahrnehmen, wie sich die Welt derzeit entwickelt, dann spüren wir ein hohes Maß an Unsicherheit. Obwohl die Kerndaten Deutschlands und insbesondere Bayerns, was die wirtschaftliche Entwicklung betrifft, hervorragend sind, ist uns klar, dass das, was um uns herum passiert, irgendwann Auswirkungen auf uns haben muss. Manchmal kommt es mir so vor, als diskutierten wir in Deutschland darüber, ob die Bilder noch etwas gerader und besser hängen sollen, während um uns herum die Welt in Flammen steht. Ich nenne die Stichworte Krise zwischen Ukraine und Russland, massive Bedrohung durch ISIS, viele Flüchtlingsströme, von denen auch wir betroffen sind – dazu komme ich später noch -, und die Ebola-Epidemie. Insgesamt befindet sich die Welt im Umbruch. Möglicherweise wird das auch Auswirkungen auf uns haben, die weit über das hinausgehen, was wir uns derzeit vorstellen können.

In einer solchen Zeit ist es umso wichtiger, den Menschen in Bayern das Signal zu geben, dass wir diese Situation nicht ignorieren, sondern mit den Mitteln, über die wir als demokratische Gemeinschaft verfügen, vorsorgen wollen. Deswegen signalisiert der Haushalt, den wir heute vorlegen und über den wir entscheiden, Vorsicht und Vorsorge, meine Damen und Herren, Solidität und Solidarität. Er zeigt eindeutig, dass die Bayern in den nächsten beiden Jahren und darüber hinaus beruhigt sein und ruhig schlafen können. Der Freistaat Bayern ist auf alles vorbereitet. Das ist die Botschaft des heutigen Tages.

(Beifall bei der CSU)

Dass es sich so verhält, ist uns am vergangenen Freitag bestätigt worden. Ich weiß, dass meine folgende Aussage den einen oder anderen nervt: Ratingagenturen sind heute in der Lage, Regierungen zu stürzen, weil der Druck aufgrund der Bewertungen durch die Ratingagenturen so groß ist, dass so manche Regierung nicht in der Lage ist, sich zu refinanzieren, und

sie muss dann unter dem Druck einen Rückzug machen. Das haben wir in der Eurokrise gemerkt.

In Bayern ist genau das Gegenteil der Fall. Während andere Bundesländer, die ich nachher erwähnen werde, ganz extreme Probleme haben und kaum mehr überlebensfähig sind, haben wir erneut als Signal von Standard & Poor‘s das beste Rating AAA mit bestem Ausblick bekommen. Meine Damen und Herren, dies ist ein Testat der Solidität, das sich andere nur wünschen würden, und darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der CSU)

Wir sagen ganz klar: Wir sind die Nummer eins in Deutschland und wollen es auch bleiben. Wir sind auch möglicherweise in Europa, ohne das vermessen zu behaupten, eine der Spitzenregionen, was wirtschaftliche Entwicklung, Dynamik und Solidität betrifft. Das ist ein Erfolg der Menschen und der Wirtschaft. Aber die Grundlage dafür legen, ehrlich gesagt, wir hier gemeinsam; denn die Regionen sind anderswo genauso fleißig. Dass der Erfolg dennoch anders ausfällt, könnte möglicherweise mit unserer Mannschaftsaufstellung in diesen Belangen zu tun haben.

Meine Damen und Herren, deswegen ist es uns wichtig, dass im neuen Haushalt alles so bleibt. Wie lauten die Eckdaten? Der Ministerpräsident hat in einer Presseerklärung nach der Sitzung in Sankt Quirin gesagt: Dies wird der beste Haushalt aller Zeiten. Ich finde, da hat er recht, meine Damen und Herren. Bei den Eckzahlen des Haushalts wird sogar für unsere Verhältnisse ein neuer Maßstab gesetzt. Normalerweise freue ich mich nicht immer über den Bericht des Obersten Rechnungshofes, das gebe ich zu; denn man fragt sich oft, ob die angelegten Maßstäbe tatsächlich identisch sind. Aber dieses Mal glaube ich, es wird nächstes Jahr einen schönen Bericht geben; denn wir gehen den Dingen wirklich auf den Grund. Es wird eigentlich ein ORH-Jubelhaushalt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich bin mal gespannt, ob er diese Erwartung am Ende einlösen wird. Auf jeden Fall versuchen wir, dies an dieser Stelle zu tun.

(Beifall bei der CSU)

Was sind die Leitlinien, worum geht es? Das erste ganz Wichtige und Entscheidende ist: Natürlich machen wir wieder keine Schulden. Das ist ganz klar. Man könnte nun denken, das sei schon ganz normal in Deutschland. Aber es gibt Bundesländer, die trotz Rekordeinnahmen und Rekordniedrigzinsen noch Schulden machen, meine Damen und Herren. Dieser Tage rechtfertigt sich in Nordrhein-Westfalen Frau Kraft mit den Worten, ein ausgeglichener Haushalt sei ein reiner Fetisch. Eine schwarze Null sei ein Fetisch; damit will man nichts zu tun haben. Ich will mich nicht

darauf einlassen, ob ihre Wortwahl zur Sache passt. Ein Bundesland muss trotz Rekordeinnahmen beschließen, dass es bei Bewirtungen des Landes nur noch Leitungswasser und nichts mehr zu essen gibt. Ein peinlicheres Signal kann man als Bundesland nicht setzen, als wenn man trotz Rekordeinnahmen nicht einmal mehr für eine normale Bewirtung sorgen kann. Davon sind wir Gott sei Dank weit entfernt.

(Beifall bei der CSU)

Der erste Punkt lautet also ganz klar: Wir machen keine Schulden.

Der zweite Punkt lautet: Wir setzen die Schuldentilgung fort. Dieses Signal ist gerade jetzt sehr wichtig. Man mag denken, wir diskutieren nur hier im Bayerischen Landtag; aber alles, was wir hier tun, hat tatsächlich Signalwirkung auf Deutschland und von Deutschland aus auf Europa. Die Stärke Bayerns basiert im Übrigen auch darauf, dass wir in einem starken Deutschland leben. Im Moment wird in Europa die Frage diskutiert, wie es mit der Geldpolitik eigentlich weitergeht. Verschiedene Staaten in Europa spüren, dass sie mit billigem Geld von der Europäischen Zentralbank an die Grenze gekommen sind, ohne sich wirtschaftlich besonders zu erholen, und beginnen erneut die Frage zu stellen, ob Konjunktur auf Pump denn nicht besser sei als saubere Fiskalpolitik. Diese Debatte findet derzeit statt. Wenn Sie gelesen haben, dass auf europäischer Ebene überlegt wird, den Kapitalgrundstock des Rettungsfonds Europäischer Stabilitätsmechanismus zur Finanzierung von neuen Konjunkturprogrammen zu verwenden, spüren Sie, dass die Währung möglicherweise erneut ins Wanken geraten könnte; denn die Märkte werden diese Taschenspielertricks nicht hinnehmen. Dessen können Sie sich sicher sein.

Umso wichtiger ist, dass Deutschland hier stark bleibt. Wir müssen von Deutschland aus ein Signal setzen. Ebenso wie der Bund müssen auch wir das Signal setzen, nicht nur keine Schulden zu machen; vielmehr werden wir in den nächsten beiden Jahren die Schuldentilgung mit einem Betrag von über einer Milliarde Euro fortsetzen. Damit reduzieren wir die Schuldenlast und Zinszahlungen und stärken das Rating, meine Damen und Herren. Ganz wichtig ist, dass wir auch gegenüber den Ländern, die nach wie vor überlegen, ob sie nicht lieber Schulden machen, eine Benchmark bleiben. Wir müssen in Deutschland und auch in Europa ein Vorbild sein. Ein solches Vorbild ist der Freistaat Bayern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben uns entschieden, nicht nur einen tatsächlichen positiven Finanzierungssaldo auszuweisen. "Tatsächlich" bedeutet, wir nehmen Geld aus Steuern und anderen Einnahmen ein – beispielsweise kommt die Justizkasse dazu, in letzter Zeit gab es einige populäre Fälle -, und hinzu kommen Steuereinnahmen, die über dem geplanten Betrag liegen.

Ich berichte es immer wieder, weil es mir wichtig ist: Manche Bundesländer planen ihre Steuereinnahmen extrem großzügig und müssen in der Regel am Ende des Jahres feststellen, dass die Planung doch nicht so gut war; dann fangen sie an zu sperren. – Ein Markenkern bayerischer Finanzpolitik seit vielen Jahrzehnten besteht darin, dass man bei Steuereinnahmen die konservative Linie wählt und manchmal mehr einnimmt, sodass sich unsere Kassen stärker füllen können und wir mehr Spielräume haben. Deswegen hatten wir schon immer, Peter Winter, einen richtigen, tatsächlichen, positiven Finanzierungssaldo aufzuweisen.

Nun gehen wir allerdings einen Schritt weiter. Der Oberste Rechnungshof fordert: Seid noch genauer und legt doch einen bilanziellen Saldo vor. – Was bedeutet das? Wir planen nur mit den Steuereinnahmen, die wir schätzen, und können trotzdem noch Schulden tilgen. Das, meine Damen und Herren, ist der eigentliche Quantensprung. Wir sind nicht nur tatsächlich die Solidesten, sondern schaffen es, noch einen Schritt weiter zu gehen. Auch bilanziell setzen wir einen völlig neuen Maßstab. Wir erreichen einen positiven Finanzierungssaldo. Meine Damen und Herren, das schafft tatsächlich niemand sonst in Deutschland; darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der CSU)

Weil wir wissen und spüren, dass wir trotzdem mit den Herausforderungen der Welt zu tun haben, haben wir festgelegt, dass drei Aspekte im Einklang bleiben müssen. Wir müssen nicht nur Schulden tilgen und dürfen nicht nur keine Schulden machen, sondern müssen auch darauf achten, dass drei Elemente in der Balance bleiben, weil davon wirtschaftliche Stärke abhängt:

Der erste, sehr wichtige Aspekt besteht darin, dass wir Investitionsquoten halten. Manche Bundesländer, in denen die Investitionsquoten sinken, leisten fast nur noch das, was die gesetzlichen Auflagen verlangen, befassen sich aber nicht mit den Investitionsquoten. Darauf komme ich im Detail nochmals zurück; ich will es hier ansprechen.

In Bayern verhält es sich wie folgt: Hinsichtlich des Wachstums setzen wir ein maßvolles Signal. In den letzten Jahren ist Bayern nämlich hinsichtlich des

Haushalts und übrigens auch hinsichtlich der Zahl der Menschen stark gewachsen. Ich erwähne nur nebenbei: Der Finanzminister von Sachsen-Anhalt hat mir einmal vorgerechnet, er habe ungefähr 2,2 Millionen Menschen zu betreuen. Diese Zahl entspricht ungefähr der Zahl der Zuwanderer nach Bayern in den letzten Jahren. Natürlich muss sich Zuwanderung auch wirtschaftlich abbilden, in der Zahl der Lehrer, in der Bildung, an Hochschulen und in der Versorgung der Menschen. Deswegen haben wir Wachstumsraten zu verzeichnen gehabt. Wir haben aber festgelegt, dass wir die Herausforderung dieses Mal deutlich vorsichtiger angehen. – Ich danke der Fraktion, dass sie hier den Finanzminister unterstützt hat; normalerweise besteht der Wunsch, eher noch etwas mehr auszugeben. – Eine 3-%-Grenze hinsichtlich des Wachstums bedeutet meiner Meinung nach insgesamt ein maßvolles Signal. Bei einer Begrenzung des Wachstums gleichzeitig die Investitionsquote stabil bei 12 % zu halten, also nahezu 12 Milliarden Euro zu investieren: ein besseres Konjunkturprogramm gibt es derzeit nicht, meine Damen und Herren. Auch darin besteht eine Leitlinie dieses Haushalts.

(Beifall bei der CSU)

Meine Ausführungen haben gezeigt, dass die Kennzahlen an dieser Stelle stimmen: Investitionsquote, Wachstumsbegrenzung, positiver bilanzieller Saldo. Hinzu kommt, dass wir die Personalquote stabil halten; auch das ist nicht immer einfach. Das ist durchaus ein wichtiges Signal, übrigens unter einer ganz besonderen Prämisse, an die wir uns halten. Die Personalquote bedeutet aktuell in dem jeweiligen anstehenden Haushalt kein allzu großes Problem, aber sie erweist sich bei einer auf 20 oder 30 Jahre angelegten Prognose als Problem; denn es verhält sich wie bei uns im Raum: Auch durch unsere Tätigkeit erwachsen Pensionsansprüche, übrigens nicht wenige. Diese müssen immer wieder finanziert werden. Deswegen ist es ein wichtiges Signal, dass wir die Personalquote stabil halten.

Aber, meine Damen und Herren, gleichzeitig schaffen wir es zum Beispiel im Bildungsbereich, lieber Gerhard Waschler, die demografische Rendite in den Schulen zu behalten. Das ist uns ganz besonders wichtig. Obwohl es weniger Schüler gibt, behalten wir die Pädagogen, um die Bildung zu verbessern, zu individualisieren und in ländlichen Räumen Schulstandorte zu erhalten. Wer kann das in Deutschland überhaupt vorweisen?

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte einen Vergleich nennen, aber möchte nicht immer Vergleiche zu Berlin und dem Saarland

ziehen. Das ist auch ein bisschen unfair, selbst wenn solche Vergleiche deutlich wären. Wir müssen uns vielmehr mit dem Land vergleichen, mit dem wir uns im stärksten Wettbewerb befinden. Das ist NordrheinWestfalen; da kann man das machen. Dort sitzen DAX-Konzerne. Das Land verfügt über eine hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das war in den letzten 60 Jahren nicht immer so. Früher hat Bayern die Leistungskraft von Nordrhein-Westfalen fasziniert. Wie sieht es denn heute aus etwa beim Thema Schulden? - Bayern tilgt insgesamt eine Milliarde Euro Schulden. Was macht NRW? - Eine Neuverschuldung von 2,4 Milliarden Euro.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Hört! Hört!)

Im allgemeinen Haushalt liegt die Schuldenlast Bayerns unter 20 Milliarden Euro. NRW hat derzeit mit neuer Nettokreditaufnahme eine absolute Schuldenlast von 190 Milliarden Euro. Wenn das ehedem stärkste und bevölkerungsreichste Bundesland in Deutschland sagt, dass es trotz Rekordeinnahmen und Rekordniedrigzinsen nicht mehr lebensfähig sei, dann ist damit die finanzielle Symmetrie in ganz Deutschland gefährdet. Bayern kann machen, was es will. Wir brauchen mehr Bayern in der deutschen Finanzpolitik.

(Beifall bei der CSU)

Nur für die Statistiker sage ich Folgendes – ich glaube das ist spannend -: Man muss einmal sehen, was NRW allein an Zinsen zahlt. NRW zahlt durch das, was es aufnimmt, insgesamt noch einmal fast drei Milliarden Euro mehr an Zinsen. Damit könnte man 1.000 km Staatsstraßen bauen, 54.000 neue Polizisten bezahlen oder 46.000 neue Lehrerstellen finanzieren. Das ist allein wegen der Schuldzinsen nicht finanzierbar.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Wer regiert denn dort?)

Wir führen immer die Personaldebatte.

(Zuruf von den GRÜNEN)

- Das wird nichts für mich werden. Nehmen Sie doch einmal einen anderen Aspekt. Schön, dass Sie es ansprechen. Sie möchten noch mehr von NRW hören?

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich habe noch eine Zahl für Sie. In den Landtagsdebatten wurde uns vorgeworfen – ich bin sicher, das wird später noch kommen –, wir hätten zu wenig Beamte, mal abgesehen von den Finanzbeamten. Zwischen den Jahren 2014 und 2016 werden 700 zusätz

liche Finanzbeamte eingestellt. Nächstes Jahr werden wir vom ORH ein mildes Signal – wie die es halt können - bekommen, dass wir vielleicht auf dem richtigen Weg sind. Wie sieht es generell mit dem öffentlichen Dienst aus? Wie geht man mit ihm um? Wie gehen wir und andere mit dem öffentlichen Dienst um? Kollegin Heckner als Schutzpatronin des öffentlichen Dienstes, jedenfalls in unserer Fraktion, weiß das.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wir haben mit den Beamten nicht etwa gespielt und über Bezüge geredet. In Nordrhein-Westfalen hat man gesagt: Wir übertragen Tarifbeschlüsse nicht vollständig. Wir verweigern das. Die dortige Beamtenschaft ist vor das Landesverfassungsgericht gegangen, und, meine Damen und Herren, es gab eine ganz üble Klatsche. Das Landesverfassungsgericht in NRW hat gesagt: Ihr verhaltet euch gegenüber den Beamten unanständig. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein solcher Weg wäre in Bayern undenkbar. Den gehen wir nicht.

(Beifall bei der CSU)