Frau Präsidentin, vielleicht darf ich noch einen letzten Punkt anfügen. Wir reden von dem Entstehen eines der größten Märkte – da haben Sie schon recht. Das hat sicher auch wirtschaftliche Vorteile. Ich bitte aber, eines nicht zu vergessen. Riesenmärkte sind immer zum Nachteil kleinerer Märkte. Denken Sie an die kleinen Staaten, die Dritte-Welt-Staaten? Denken Sie an die Staaten, die bei wenig Produktivität möglicherweise auf Export angewiesen sind? Man sollte nicht vergessen, dass es auch im Rahmen dieses Abkommens eine soziale Verantwortung gibt.
Für den Antrag der GRÜNEN ist auch namentliche Abstimmung angekündigt worden. Bitte schön, Frau Staatsministerin.
Bei diesem Freihandelsabkommen geht es aber jetzt um Europa und die Vereinigten Staaten, um das deutlich zu sagen. Es geht vor allen Dingen darum, in europäischen Ländern, in denen momentan junge Menschen keine Arbeitsplätze haben, endlich Arbeitsplätze zu generieren, um dort sozial arbeiten zu können und die Menschen zu unterstützen. Daran müssen wir denken – primär in Europa.
- Sie haben sehr lange gesprochen. Erlauben Sie mir bitte, die Redezeit dafür zu verwenden, Ihnen zu antworten, Herr Pfaffmann. Sie haben gefragt, was passiert, wenn im Bundestag eine Regelung durchgeht, die unseren Intentionen nicht entspricht oder den Punkten, die wir jetzt genannt haben, widerspricht. Ich glaube nicht, dass so etwas passiert. Sollte es passieren, werden wir selbstverständlich ablehnen. Das ist doch klar. Was soll denn das?
(Ministerpräsident Horst Seehofer: Außerdem müssen wir dem im Bundestag zuerst zuge- stimmt haben! – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Herr Ministerpräsident, ich habe vom Bundesrat geredet, nicht vom Bundestag!)
Sie haben nach der Definition von Begriffen zur öffentlichen Daseinsvorsorge gefragt. Das ist ein Thema, das in allen europäischen Staaten möglicherweise unterschiedlich beurteilt wird.
- Richtig. Das ist ein Thema, das wir möglicherweise in acht Jahren auch anders beurteilen werden, weil sich unter Umständen Entwicklungen ergeben, von denen wir noch gar keine Ahnung haben. Es kommt immer etwas Neues hinzu. Deswegen hat die öffentliche Daseinsvorsorge in unserem Gesetz auch keine abschließende Definition. Das ist der Punkt. Ich habe mit den kommunalen Spitzenverbänden gesprochen. Wir waren uns einig, dass wir keine abschließende Definition wollen. Wir wollen eine weit gefasste Daseinsvorsorge. Das ist das, wofür wir uns einsetzen. Wir wollen keine enge Definition.
- Sie sagen das so. Ich sage noch einmal: Es gibt Dinge, die heute zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehören, die wir uns vor einigen Jahren nicht hätten vorstellen können.
- Telekomunikation, Digitalisierung. Das sind Punkte, die damals in diesem Ausmaß noch gar nicht von so großer Bedeutung für die Menschen waren, dass man sie zur öffentlichen Daseinsvorsorge gezählt hätte.
Zu diesen Themen sagen wir: Das erfolgt umfassend und im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden. Das ist der Grund, weshalb ich sage, dass die kommunalen Spitzenverbände in das Beratergremium hinein müssen. Sie müssen ihre Belange vor Ort direkt einbringen können. Das ist das Thema: nichts abschneiden, alles eröffnen.
Ich kündige eine weitere namentliche Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER an. Nachdem die Wartezeit noch nicht um ist, rufe ich den nächsten Tagesordnungspunkt auf.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) Ermittlungsverfahren wegen Abrechnungsbetrugs (Drs. 17/1781)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Stellungnahme zu den Vorwürfen in Bezug auf die Ermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit dem Labor Schottdorf (Drs. 17/1785)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Josef Zellmeier, Petra Guttenberger u. a. und Fraktion (CSU) Bericht über Ermittlungen wegen Abrechnungsbetrug im Zusammenhang mit dem Labor Schottdorf (Drs. 17/1801)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das "Handelsblatt" hat am Montag dieser Woche unter der Überschrift "Das
Ende der Soko Labor" berichtet, dass Staatsanwälte angeblich 10.000 Ärzte und einen Laborbetreiber aus Augsburg von Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs zulasten von Krankenkassen und Privatpersonen unbehelligt gelassen haben. Es wurde angeblich nach Auswertung vieler tausend Dokumente der sogenannten Labor-Affäre behauptet, dass die Justiz – gemeint war damit die Staatsanwaltschaft – die Ermittlungen einer Sonderkommission des Landeskriminalamts Bayern mit dem Namen "Labor" behindert habe, dass lediglich in einem einzigen Verfahren Anklage erhoben worden sein solle, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung eines Arztes, einer Freiheitsstrafe, geführt habe, dass die Staatsanwaltschaft Augsburg angeblich 150 Ermittlungsverfahren gegen weitere Ärzte aus Rechtsgründen eingestellt habe und dass in weiteren mehreren tausend Fällen keine verjährungsunterbrechenden Maßnahmen ergriffen worden seien sollen, sodass sie nicht mehr verfolgt werden könnten. Es wird behauptet, dass sich der Schaden der gesamten Betrügereien auf rund eine Milliarde Euro belaufe. Meine Damen und Herren, es ist auch behauptet worden – da wird es schlimm –, dass dies alles mit Wissen der vorgesetzten Generalstaatsanwaltschaft und des Justizministeriums geschehen sein soll.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir machen uns die Behauptungen und Vorwürfe noch – das sage ich in Klammern – nicht zu eigen. Wir bestehen aber auf einer lückenlosen Aufklärung, was an den Behauptungen dran ist. Das ist schon deshalb wichtig, weil wir seit Jahren leider immer wieder mit angeblichen oder auch tatsächlichen Justizaffären konfrontiert werden und das Ansehen der Justiz sehr zu meinem Bedauern mittlerweile ernsthaft Schaden genommen hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, selbstverständlich wissen wir auch, dass wir nicht jedes Wort und jede Kritik am Vorgehen der Staatsanwaltschaft, die von Polizeibeamten geäußert wird, sofort zu 100 % für bare Münze nehmen können, wenn jahrelange Ermittlungen der Polizei von der Staatsanwaltschaft eingestellt oder nicht zur Anklage gebracht werden. Wir wissen, dass es innerhalb der Polizei die Tendenz gibt, sich zu verselbstständigen. Die Polizei meint, sie sei eigentlich Herrin des Ermittlungsverfahrens und nicht die Staatsanwaltschaft. Meine Damen und Herren, das wissen wir alles ganz genau. Dennoch muss man den Vorwürfen im Detail nachgehen. Es geht um den zu behandelnden Fall "Soko Labor" oder, um deutlicher zu werden, um einen der vielen Fälle um den Laborarzt Schottdorf aus Augsburg, der von seinen Konkurrenten – das habe ich jetzt gelesen – als "Grölaz", als größter Laborarzt aller Zeiten, bezeichnet wird, der das größte medizinische Privatlabor
mit bis zu 1.300 Angestellten in der besten Zeit aufgebaut und sich damit viele Neider und Feinde in den Kreisen der anderen Laborärzte gemacht hat und der im Übrigen – das nur in Klammern, aber es gehört dazu, um es richtig einordnen zu können – langjähriges CSU-Mitglied ist und beste Beziehungen dorthin unterhält. Er hat sich in den vielen Ermittlungsverfahren und zivilrechtlichen Klagen, die er selbst angestrengt hat bzw. gegen die er sich verteidigen musste, nicht von irgendjemandem hat vertreten bzw. verteidigen lassen, sondern von ehemaligen CSU-Ministern, sogar von einem ehemaligen Justizminister – dem Herrn Leeb und dem Herrn Gauweiler –, und hat der Augsburger CSU – das ist unstrittig – mehrere Spenden zukommen lassen in der Erwartung, wie er es in einem Schreiben an den früheren Ministerpräsidenten Stoiber ausgedrückt hat, dass er hoffe, dass die Spende helfe, den angestrebten Erfolg zu erzielen.
All das ist nicht neu, meine Damen und Herren. Das ist von einigen Kolleginnen und Kollegen in vielen Anfragen mehrfach aufgegriffen worden und ist im Übrigen auch im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen einen Passauer Journalisten im Landtag, am Rande jedenfalls behandelt worden. Dies bietet Stoff für jede Menge Verschwörungstheorien, zumal auch noch ein ehemaliger, völlig überschuldeter Staatsanwalt inmitten steht, der von dem Laborarzt, wie ich gelesen habe, ein günstiges Darlehen über 160.000 Euro erhalten, sich dafür dienstlich erkenntlich gezeigt und zwei Ermittlungsverfahren eingestellt hat.
Ferner steht noch die Behauptung im Raum, die Staatsanwaltschaft habe nicht nach Recht und Gesetz entschieden, sondern Ermittlungsergebnisse, weil sie politisch unliebsam gewesen sein sollen, bewusst nicht aufgegriffen und die Verfahren im Sande habe verlaufen lassen. Stattdessen habe die Staatsanwaltschaft mit großer Akribie und Hartnäckigkeit gegen Polizeibeamte wegen angeblicher Falschaussagen und gegen einen Journalisten wegen angeblicher Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ermittelt, um eine undichte Stelle im Behördenapparat zu finden, während der Laborarzt und angeblich Tausende von Ärzten, die an einem Abrechnungskartell beteiligt gewesen und einen Schaden bis zu einer halben Milliarde Euro verursacht haben sollen, angeblich wenig oder nichts von der Staatsanwaltschaft zu befürchten haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Wir machen uns diese vielen Behauptungen noch nicht zu eigen, sind aber hellhörig geworden, als wir lesen mussten, dass die Behauptungen jetzt nicht mehr nur auf der Basis von Gerüchten und Erkenntnissen im Flurfunk irgendwelcher Behörden
aufgestellt werden, sondern dass sie angeblich darauf beruhen, dass dem "Handelsblatt" Tausende interne Dokumente der Polizei und der Staatsanwaltschaft vorliegen. Wir haben natürlich zur Kenntnis genommen, dass das Justizministerium alle Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen und jegliche Einflussnahme auf die Ermittlungsverfahren im Umfeld des Laborarztes bestritten hat. Das ist gut so. Das reicht aber in der bisherigen Pauschalität nicht aus, weil sich der Bericht im "Handelsblatt" auf angeblich Tausende interne Dokumente von LKA und Staatsanwaltschaft stützt und weil es leider bereits so weit gekommen ist, dass das Ansehen der Justiz nicht nur wegen dieses Themas angegriffen, ja sogar schon beschädigt ist.
Es ist aus unserer Sicht deshalb dringend erforderlich, die Richtigkeit der Behauptungen nicht nur pauschal zu bestreiten, sondern sie im Einzelnen nachvollziehbar zu widerlegen. Ich hoffe, dass das im Interesse des Ansehens der Justiz und der Vertrauenswürdigkeit in die Institutionen unseres Rechtsstaats auch gelingt. Wenn nicht, meine Damen und Herren, dann müsste ich meine Grundeinstellung verändern, was mir sehr schwerfallen würde. Ich hoffe es einfach, weil ich einige der Personen, die diesbezüglich inmitten stehen, persönlich kenne und als untadelig schätze. Ich hoffe, dass die Vorwürfe zurückgewiesen werden können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werter Herr Ministerpräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Am 5. Mai 2014 hat das "Handelsblatt" über den gerade geschilderten Fall ausführlich berichtet und wirft damit eine Menge an Fragen auf, denen nachzugehen ist. Diese Causa wandert schon längere Zeit durch die Gazetten und hat auch uns in diesem Haus immer wieder beschäftigt. Wir haben schon im Mai 2011 Anfragen im Plenum gestellt und haben auch zwei Schriftliche Anfragen gestellt. Wir haben zwar immer Antworten bekommen, aber diese Antworten stehen nach diesem Artikel nunmehr in einem anderen Licht. Wir fragen uns: Was stimmt jetzt?
Diese Unsicherheit gilt es zu beseitigen, und es muss aufgeklärt werden. Es besteht der Verdacht, dass hier Einfluss auf die Ermittlungen der Polizei und möglicherweise auch von Staatsanwälten genommen wurde. Das muss aufgeklärt werden; denn – Herr Kollege Schindler hat es bereits gesagt – hierbei steht nicht nur das Ansehen der Justiz, sondern auch generell das Ansehen des Rechtsstaates auf dem Spiel.
Deswegen wollen wir eine baldmögliche und umfassende Aufklärung. Dass dies nicht heute hier geschehen kann, ist uns auch klar. Ich hoffe, dass es baldmöglich im Verfassungsausschuss genügend Zeit und Raum dafür gibt, um dieses Thema zu behandeln.
Wir hatten damals in unserem Dringlichkeitsantrag – die Antwort dazu kam im Mai 2011 – gefragt, wie viele Ärzte von diesen Dingen betroffen seien. Wir haben diesbezüglich vom Ministerium die Antwort bekommen: Nur durch eine sehr aufwendige Recherche konnte nachträglich die exakte Zahl festgestellt werden. Anscheinend hat das "Handelsblatt" mehr Rechercheergebnisse gehabt und war besser als das Ministerium. Oder woher kamen diese Zahlen? Stimmen die Angaben, die damals gemacht worden sind, oder ist damals irgendwo etwas beschönigt worden? Von daher ist es wichtig, dass hierzu aufgeklärt wird. Herr Minister, Sie sind mit diesen Vorgängen in der Vergangenheit zwar nicht befasst gewesen, aber jetzt ist es ihre Chance, aufzuklären und tätig zu werden. Wir alle sind es unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig, in diesen Dingen Aufklärung zu leisten.
Das System dieses hier infrage stehenden Labors war anscheinend so, dass ein Arzt eine Probe bei einem Patienten genommen hat, die er im Grunde genommen eigentlich hätte selbst abrechnen können und müssen, die er aber über das Labor bearbeiten ließ. Das Labor hat aber nicht die Abrechnung gegenüber dem Patienten gemacht hat, wie es normal wäre, sondern der Arzt selbst hat die Abrechnung zu einem erhöhten Preis gemacht. Er hat also eine Leistung zu einem erhöhten Preis abgerechnet, und sie haben sich dann womöglich die Gewinne geteilt. Das riecht schon nach einem strafbaren Verhalten, das aufgeklärt werden muss. Wenn dieses Verhalten nicht geahndet worden ist, obwohl Unterlagen und Erkenntnisse vorhanden waren,
dann hat das schon einen gewissen Geschmack. Man fragt sich dann schon: Sind hier irgendwo Beziehungen vorhanden gewesen, die ausgespielt worden sind? Es wäre schlimm, wenn es so wäre.
Diese Fragen stehen im Raum und müssen unbedingt aufgeklärt werden. Deswegen haben wir heute unseren Antrag gestellt und in diesem auch sehr konkrete Fragen gestellt, damit man weiß, in welche Richtung man antworten muss bzw. was wir als Antwort erwarten. Wir erwarten keine pauschale Antwort, sondern wir wollen wissen, worum es geht. Er ist sozusagen eine Art Handreichung für diejenigen, die auf die Fragen zu antworten haben. Wir hoffen, dass die Sache aufgeklärt wird, und das im größtmöglichen Umfang