Protocol of the Session on July 11, 2018

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄHLERN – Tobias Reiß (CSU): Ein Irrglaube!)

Ich danke an dieser Stelle wie Herr Kollege Winter ganz ausdrücklich den von ihm genannten Personen, weil das Arbeitsklima bis zum heutigen Tage mit den Ausnahmen, die auch Herr Kollege Winter genannt hat und denen ich mich in Richtung der FREIEN WÄHLER ausdrücklich anschließe, gut war. Ich bedanke mich auch bei Herrn Kollegen Winter für die gute gemeinsame Führung der Sitzungen und für seine Vorgaben, wobei jeder, so glaube ich, fair behandelt wurde und tatsächlich zu Wort gekommen ist, auch wenn die Ergebnisse mehrheitlich nicht immer gut waren.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Winter (CSU))

Jetzt zum Thema des 2. Nachtragshaushalts. Was liegt denn vor uns? – Vor uns liegt ein Sammelsurium zur Entscheidung, ob wir es annehmen wollen. Ein Sammelsurium erstens aus Dingen, die schon längst hätten gemacht werden müssen, ein Sammelsurium zweitens aus politischem Versorgungswesen für CSUAbgeordnete, die sonst enttäuscht gewesen wären, drittens finden wir Dinge, die rein dem Wahlkampf und der panischen Angst vor Machtverlust geschuldet sind, die aber keine echte Lösung der Probleme, die es gibt, darstellen, und viertens findet sich die Rubrik "pure Effekthascherei".

(Beifall bei der SPD)

Kommen wir zu den Dingen, die schon lange hätten gemacht werden müssen. Man kann auch von den Versäumnissen Seehofers, Stoibers und vor allem

des ehemaligen Finanzministers Söder sprechen. Sicherheit: Was wird angekündigt? – Der Aufbau zusätzlicher Stellen bei der Grenzpolizei,

(Tobias Reiß (CSU): Sehr gut!)

bei der allgemeinen Polizei und dann zusätzliche 200 Polizeipferde mit Ställen und Personal und Polizistinnen und Polizisten, die auf diesen Pferden reiten, die aber an anderer Stelle – auch das darf man nicht verschweigen – der normalen Polizeiarbeit fehlen werden. Das ist Ihre Antwort auf Sicherheitsdefizite,

(Beifall bei der SPD)

das ist Ihre Antwort auf über 2,1 Millionen Überstunden bei der bayerischen Polizei, das ist Ihre Antwort darauf, dass in den meisten Polizeiinspektionen 10 % der Stellen, die dort sein sollten, nicht zur Verfügung stehen. Dort sollten die Polizistinnen und Polizisten ihre Arbeit leisten. Was Sie hier betreiben, ist für uns nichts anderes als eine Placebopolitik.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CSU)

Einfach einmal zuhören, nachdenken und demutsvoll zugeben, dass Sie unseren Anträgen in den letzten Jahren besser zugestimmt hätten! Dann hätten Sie nämlich den 2. Nachtragshaushalt gar nicht gebraucht; denn dann hätten Sie schon lange mehr Ausbildungsstellen für Polizistinnen und Polizisten.

(Beifall bei der SPD)

Sie hätten dann heute nicht diesen Mangel an Polizistinnen und Polizisten.

(Tobias Reiß (CSU): Wir haben 1.700 Anwärter!)

Sie brauchten dann heute keine Grenzpolizei aus anderen Bereichen umzuressortieren, sondern Sie hätten genügend Personal zur Verfügung, wenn Sie den Anträgen der SPD gefolgt wären.

(Beifall bei der SPD)

Aber nein, aus purer Arroganz erst unsere Anträge ablehnen und jetzt dazwischenschreien! Super, eine super Aktion, Kolleginnen und Kollegen der CSU.

Kommen wir zum Bereich Wohnen. Auch hier hätte man schon längst handeln müssen. Wir als SPD haben Anträge vorgelegt, den gesamten Wohnungsbau zu bündeln, eine eigene Wohnungsbaugesellschaft des Freistaates Bayern zu bilden und die Immobilien Bayern dort mit hineinzunehmen, unsere Anteile, die wir jetzt an Stadibau und Siedlungswerk Nürnberg haben, einzubringen und so einen macht

vollen Gesamtaufschlag für ganz Bayern zu haben. Was Sie stattdessen vorschlagen, ist halbherzig: Sie wollen 10.000 Wohnungen in sieben Jahren. Das sind knapp 1.430 Wohnungen pro Jahr für ganz Bayern bei einer Bevölkerung von fast 13 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Das geht besser.

(Beifall bei der SPD)

Da können Sie den heute vorliegenden Anträgen der SPD, zum Beispiel zur Änderung der Grundstückverkehrsrichtlinien des Freistaats und damit einer vergünstigten Abgabe oder auch einem Erbbaurecht für Kommunen, für Landkreise und für deren gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften, zustimmen. Dann machen Sie mehr, als Sie in Ihrem Vorschlag stehen haben.

(Beifall bei der SPD)

Nicht ganz vergessen darf man die Situation der letzten Jahre. Ich weiß, Sie werden das Wort GBW nicht mehr hören wollen. Sie müssen es aber hören. Sie kündigen jetzt groß 10.000 neue Wohnungen in sieben Jahren an, haben aber 33.000 Wohnungen, in denen 85.000 Mieterinnen und Mieter wohnten, vorher verscherbelt. Das ist keine ehrliche Politik.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Es ist auch nicht ehrlich, jetzt mit großem Getöse einen Teil der Kürzungen der Wohnraumförderung, die Sie in den vergangenen Doppelhaushalten und im Nachtragshaushalt vorgenommen haben, mit einem nachgeschobenen Antrag zurückzunehmen und ein paar Millionen Euro mehr zu geben. Zuerst kürzen, dann die Hälfte der Kürzung wieder bewilligen und sich dann noch feiern lassen – diese Art von Politik haben die bayerischen Bürgerinnen und Bürger nicht verdient. Sie haben es verdient, dass der Freistaat konsequent mehr Mittel für die Wohnraumförderung ausgibt; sie haben es verdient, dass Sie unseren Anträgen zum Doppelhaushalt, zum ersten Nachtragshaushalt und auch zu diesem Haushalt zustimmen.

Natascha Kohnen, unsere Spitzenkandidatin für den Landtag, hat richtigerweise gesagt: Wir brauchen eine echte bayerische Wohnungsbauinitiative, eine Wohnungsbauinitiative, in der es darum geht, dass der Staat Wohnraum schafft.

(Beifall bei der SPD – Ingrid Heckner (CSU): Wo ist sie denn?)

Es geht unter anderem darum, Staatsbedienstetenwohnungen kostengünstig anzubieten oder auch

Raum und Fläche zu mobilisieren und zur Verfügung zu stellen, und zwar flächenschonend.

(Zuruf der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Frau Kollegin Heckner, wir waren uns einmal einig, dass wir Initiativen ergreifen, flächenschonend zu bauen. Schauen wir uns einmal an, was Sie in unserem Haushalt vorschlagen: Nothing, was uns in den nächsten Jahren wirklich helfen wird. Wir als SPD haben hier Anträge gestellt. Auch diese haben Sie abgelehnt.

Ich komme zur Bildung. Die Forderung nach 50.000 digitalen Klassenzimmern ist nicht falsch, aber vielleicht wäre es zunächst einmal sinnvoll, dass wir für diese 50.000 digitalen Klassenzimmer genügend Lehrerinnen und Lehrer haben, die überhaupt in diesen Zimmern stehen und Ausbildung betreiben,

(Beifall bei der SPD)

dass wir genügend Personal in den Schulleitungen haben und dass wir Sekretariate so ausstatten, dass die Schulleitungen entsprechend entlastet werden. Dann wäre diese Initiative ernst zu nehmen. Es wäre auch schön, wenn wir für diese 50.000 digitalen Klassenzimmer, die Sie fordern, zunächst einmal Gebäude hätten, die in einem ordentlichen Zustand sind, die saniert sind und die energetisch auf dem neuesten Stand sind.

(Zurufe von der CSU)

Da müssen wir in vielen Regionen Bayerns mehr machen. Sie müssen die Kommunen und die Landkreise stärker unterstützen als bisher. Wir brauchen zusätzliche Investitionsförderprogramme für die Schulen in Bayern.

(Beifall bei der SPD – Tobias Reiß (CSU): Roter OB in München!)

Ich denke jetzt an die Stadt Augsburg. Ich wüsste nicht, dass dort ein roter OB wäre. Ich kenne in Augsburg eine ganze Reihe von Schulen, bei denen man sich schämt, wenn man hineingeht. Das hat nichts mit dem Parteibuch zu tun, sondern das hat etwas damit zu tun, wie wenig Sie die Kommunen in Bayern in dieser Hinsicht unterstützen und wie Sie diese hängenlassen. Somit hat es doch wieder etwas mit dem Parteibuch zu tun, nämlich mit dem schwarzen Parteibuch der CSU-Abgeordneten hier im Bayerischen Landtag.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

ÖPNV und SPNV: Was ist nicht alles angekündigt worden. Markus Rinderspacher hat es in der Ersten Lesung gesagt: Tausende von neuen Bussen, Ausbau des Schienenverkehrs, Elektroantriebe, Unterstützung des Gasantriebes. Und was finden wir im Haushalt? – Praktisch nichts davon. Sie stellen sich den Themen "Erneuerung der Infrastruktur" und "Bereitstellung von genügend öffentlichem Personennahverkehr und Schienenpersonennahverkehr" in diesem Haushalt nicht.

(Tobias Reiß (CSU): 2 Milliarden Euro im Kabinett!)

Sie stellen sich dem Thema "Anreize durch günstige Tickets", zum Beispiel für Schüler, Azubis und Studierende, und dem Thema "Anreize für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Wechsel auf den ÖPNV beim täglichen Weg zur Arbeit" sowie dem Thema "Erhaltung der Mobilität für ältere Menschen", zum Beispiel wenn sie nicht mehr Auto fahren können oder wollen, in diesem Nachtragshaushalt wiederum nicht. Kolleginnen und Kollegen, dies ist ein schweres Versäumnis.

(Beifall bei der SPD)

Die zweite Rubrik des Sammelsuriums betrifft das politische Versorgungswesen. Was tue ich mit sonst enttäuschten CSU-Landtagsabgeordneten, denen Herr Dr. Söder vielleicht doch ein bisschen mehr versprochen hat, als er angesichts eines in der Bayerischen Verfassung festgeschriebenen achtzehnköpfigen Kabinetts leisten kann? Was machen wir da? – Da schaffen wir einfach mal ein paar Beauftragte. Wir haben in Bayern zwar ein gutes Petitionswesen, aber wir schaffen einen Bürgerbeauftragten. Wir haben ein Finanzministerium und einen Bayerischen Landtag, der für die Beteiligungen des Freistaats zuständig ist. Er trägt für die Kontrolle und die weitere Entwicklung der staatlichen Beteiligungen die Verantwortung. Aber nein, weil der Kollege nicht entsprechend versorgt wurde, müssen wir noch einen Beauftragten für die Beteiligungen des Freistaats Bayern schaffen.

Der Spaß für die fünf neuen Beauftragten kostet allein 108.000 Euro an Entschädigungen, weil diese Tätigkeit ja so ehrenamtlich ist. Daneben fallen 420.000 Euro Sachkosten, 1,5 Millionen Euro Personalkosten und 140.000 Euro für neue Dienstfahrzeuge an. Außerdem werden schnell noch 25 Räume in der Staatsverwaltung belegt, also ein mittleres Verwaltungsgebäude. Das ist Ihnen aber wurscht. Hauptsache, Sie können Ihre Machtverschiebungen in der CSU so handhaben, wie Sie das wollen.

Kolleginnen und Kollegen, das ist eines Landtags und der Bayerischen Verfassung, die diese Masse an Be

auftragten so nicht vorsieht, sondern vielmehr eine feine Ausgewogenheit zwischen Legislative und Exekutive, nicht würdig. Deshalb lehnen wir diese neuen Beauftragten, insbesondere den Bürgerbeauftragten und den Beteiligungsbeauftragten, ab. Wir haben Anträge zur Streichung dieser Beauftragten gestellt.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum dritten Punkt. Hier geht es um Themen, die rein dem Wahlkampf und Ihrer panischen Angst vor dem Machtverlust geschuldet sind. Sie bieten mit dem Landespflegegeld, mit dem Bayerischen Familiengeldgesetz und dem Baukindergeld Lösungen nach dem immer gleichen Motto an: Der einfachste Weg ist es, einen Wahlkampfgeldregen mit der Gießkanne über die Bevölkerung auszuschütten. Dann braucht man sich nämlich nicht die Mühe zu machen, etwas zu einzelnen Punkten zu sagen. Man muss kein klares Konzept vorlegen, wie die tatsächlich bestehenden Probleme gelöst werden können. Man muss sich später natürlich auch nicht daran messen lassen, ob man diese Konzepte umgesetzt hat. Man muss nur Geld auszahlen, den Rest regelt schon irgendwie der Markt.