Protocol of the Session on May 15, 2018

den Titel: "Gesetz zur Änderung personalaktenrechtlicher und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften".

Mit der Annahme des Gesetzentwurfes in der soeben beschlossenen Fassung haben die Änderungsanträge von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf den Drucksachen 17/21474, 17/21511 und 17/21591 ihre Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Ich teile Ihnen mit, dass der Tagesordnungspunkt 10 im Einvernehmen der Fraktionen auf eine andere Sitzung verlegt wird. Das ist die Zweite Lesung zum Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Bayern e. V., Drucksache 17/20900.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf und kündige die namentliche Abstimmung an, die dazu von der SPD beantragt wurde:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Feiertagsgesetzes Festlegung des 8. November 2018 als einmaliger gesetzlicher Feiertag in Bayern anlässlich der 100. Wiederkehr des Datums der Ausrufung des Freistaates Bayern am 8. November 1918 (Drs. 17/20325) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Rosenthal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die Änderung des Feiertagsgesetzes, und zwar um die Festlegung des 8. November 2018 als einmaliger gesetzlicher Feiertag. Der November ist ein Schicksalsmonat der Deutschen. Der 8. November 2018 ist auch ein Schicksalstag –sowohl ein positiver, weil es um die Wiederkehr des Datums der Ausrufung des Freistaats Bayern geht, aber gleichzeitig auch um das Werden eines demokratischen Staates. Sie feiern an der Gaibacher Konstitutionssäule beides. Sie vermischen 200 Jahre Verfassungsgeschichte mit Billigung des Königs mit der 100. Wiederkehr der Ausrufung des Freistaates Bayern, die Sie gleichzeitig feiern wollen. Sie verbinden etwas, was historisch gesehen schwere Brückenbauarbeit erfordert. Umso wichtiger ist es, dass wir uns unserer eigenen Republik erinnern. Ich möchte mit einem Zitat beginnen:

Die hundert Tage der Regierung Eisners haben mehr Ideen, mehr Freuden der Vernunft, mehr Belebung der Geister gebracht, als die fünfzig

Jahre vorher. Sein Glaube an die Kraft des Gedankens, sich in Wirklichkeit zu verwandeln, ergriff selbst Ungläubige.

Dieses Wort sprach Heinrich Mann in seiner Gedächtnisrede 1919, drei Wochen nach Eisners Ermordung. Kurt Eisner war ein fortschrittlicher Mann der Tat. Als Streikführer nach dem Ersten Weltkrieg verhaftet, kurz vor der Revolution im Oktober 1918 aus der Untersuchungshaft freigekommen, wurde er der erste Bayerische Ministerpräsident.

Es war sicherlich kein einfaches Jahr für die Menschen in Bayern. Die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges, die Räterepublik, die Revolution – all das gehört zur gelebten bayerischen Geschichte. Dies zu feiern, heißt auch, die Republik wertzuschätzen. Bayern ist voll von Denkmälern, aber es sind Generäle, es sind Könige. Die demokratischen Denkmäler sieht man selten.

Ein wichtiges Jubiläum wäre es auch für uns alle, Kurt Eisner Abbitte zu leisten; denn über viele Jahre war er auch in unserer Bundesrepublik Deutschland geächtet. Ihm wurden Taten zugeschrieben, und die Missachtung der Bayerischen Staatsregierung war an vielen Stellen definitiv zu spüren. Auch deshalb wäre es gut, unsere Verfassungsgeschichte, das Werden des Freistaates Bayern und die Befreiung der Menschen von der Monarchie zu würdigen, gleichzeitig aber auch den föderalistischen Anspruch, der damals hinsichtlich des Staatsaufbaus in Deutschland sehr deutlich zum Ausdruck kam.

Wie weit das heute geht, sieht man, wenn man sich ein bisschen hier in dieser Stadt umsieht. Dann erinnert man sich dieses Freistaates, aber man erinnert sich nicht mehr dieser Geschichte. Die republikanischen Werte, die Demokratie, der Föderalismus, das Recht aller Bürgerinnen und Bürger, gleiche, geheime Wahlen durchzuführen – all das ist eher verschüttet. Im Münchner Hofbräuhaus steht im Monatskalender: Im November 1918 ruft Kurt Eisner, der erste Ministerpräsident, den Freistaat aus. Unter Freistaat versteht man einen Staat, frei von Monarchie und Ständen. Die Volkskrone löst die Königskrone ab. Die Bayern bleiben zwar der Dynastie der Wittelsbacher eng verbunden, regieren sich aber ab jetzt selbst. Und das ist wahrlich ein großer Tag, den man feiern sollte.

Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf für einen einmaligen Gedenktag in das Parlament eingebracht: 100 Jahre Verfassungsgeschichte, 100 Jahre Freiheit, 100 Jahre Loslösung von der Dynastie der Wittelsbacher. Bayern ist fortan ein Freistaat – wahrlich ein Grund, sich dieser Staatsgewalt, die vom Volke ausgeht, zu erinnern und das zu feiern.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie alle sich hinter diesen Gesetzentwurf stellen und ausrufen könnten: Alle Macht geht vom Volke aus, und das wollen wir an diesem Tag auch gemeinsam feiern. Wir wollen unserer Verfassungsgeschichte gemeinsam gedenken; denn bis dahin waren lediglich männliche Staatsangehörige ab 25 Jahren, die eine direkte Steuer zahlten, wahlberechtigt. Das ist erst 100 Jahre her. Frauen durften gar nicht wählen. Insofern haben wir noch einen weiteren Grund zu feiern:

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.

100 Jahre Frauenwahlrecht. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Westphal.

Verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Über den Gesetzentwurf haben wir schon ausführlich diskutiert, sowohl hier im Plenum als auch im Ausschuss, sodass ich mich hier relativ kurzfassen kann. Trotzdem möchte ich noch einmal ausführen, warum wir bei unserer Ablehnung des Gesetzentwurfs bleiben.

Erstens. Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass ein solcher Einzelfeiertag, mit dem 100 Jahre Freistaat Bayern, aber auch 200 Jahre Verfassungsstaat gefeiert werden sollen, nicht zum Konzept des Jubiläumsjahres passt. Der Vielfalt unserer bayerischen Geschichte werden wir mit diesem Konzept eines Jubiläumsjahres besser gerecht, können dieses besser abbilden; denn die bayerische Geschichte hatte in den letzten 100 Jahren viele Höhepunkte, aber auch schwere Rückschläge zu verzeichnen. Ich darf hier insbesondere die Zeit des Dritten Reiches hervorheben.

Diese unterschiedliche Geschichte macht es aus meiner Sicht fast zwingend erforderlich, dass wir sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und sie mit einer Vielzahl unterschiedlicher Veranstaltungen und Veranstaltungsformate begehen, wie es im Konzept des Jubiläumsjahres geplant ist. Durch einen Einzelfeiertag würde dieses Konzept stark überlagert werden. Die Geschichte unserer Kultur, der Regionen, und ihre Entwicklungen können mit diesem Konzept eines Jubiläumsjahres besser dargestellt werden. Wir sollten auch nicht vergessen: Wir feiern eben nicht nur 100 Jahre Freistaat Bayern, sondern auch 200 Jahre Verfassung. Mit der damaligen Verfassung wurde auch eine Sonderrolle Bayerns begründet, nämlich die Entwicklung zum fortschrittlichen, libera

len Verfassungsstaat. Am 26.05.1818 wurde unter König Maximilian I. Joseph von Bayern die Besonderheit geschaffen, dass bayerische Könige nicht mehr gekrönt wurden, sondern seitdem ihren Eid auf die Bayerische Verfassung ablegten. Das war eine zumindest in Kontinentaleuropa einmalige Entwicklung, zu der auch der vorgeschlagene Einzelfeiertag nicht passt. Unter diesem Gesichtspunkt sollten wir keine einzelnen Zeitpunkte hervorheben.

Zweitens. Problematisch ist aus meiner Sicht die unmittelbare Nähe zum 9. November, einem Schicksalstag im positiven wie im negativen Sinne. Am 9. November 1918 wurde die Deutsche Republik in Berlin ausgerufen, 1923 fand an diesem Tag Hitlers Marsch auf die Feldherrnhalle statt. Während des Dritten Reichs wurde dieser Tag als sogenannter Gedenktag für die Gefallenen der Bewegung begangen. 1938 war an diesem Tag die Pogromnacht, 1989 der Fall der Mauer.

(Georg Rosenthal (SPD): Das war aber am 9. November!)

All dies spricht gegen den 8. November als Einzelfeiertag. Oder wollen Sie den 9. November als Feiertag einführen? –

(Georg Rosenthal (SPD): Sie reden vom 9. November, aber die Ausrufung des Freistaats Bayern war am 8. November!)

Genau. Und deswegen wollen Sie den 8. November zum Einzelfeiertag ausrufen. Genau das habe ich gesagt, Herr Kollege. Hören Sie bitte genau zu. Darüber können wir hinterher diskutieren.

Drittens. Wir sollten auch darauf achten, dass Bayern bereits heute die meisten Feiertage hat, nämlich zwölf gesetzliche, davon zehn christliche, dazu den 1. Mai und den 3. Oktober, Mariä Himmelfahrt in überwiegend katholischen Gemeinden und in Augsburg das Friedensfest. Wenngleich wirtschaftliche Überlegungen bei dem Vorschlag eines Einzelfeiertages sicherlich nicht im Vordergrund stehen dürfen, sollten wir trotzdem erwähnen, dass damit für die öffentliche Hand Kosten in Höhe von 120 Millionen Euro verbunden wären; im Bereich der privaten Unternehmen wären sie sicherlich noch wesentlich höher.

Viertens. Gegen Ihren Vorschlag spricht auch, dass keine langfristige Planbarkeit für Unternehmen und Verwaltung gegeben wäre. Das war bereits bei der Einreichung des Gesetzentwurfs nicht der Fall.

Fünftens. Wir sollten auch die Gefahr einer Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung sehen.

Sechstens. Einzelfeiertage sollten auf besondere Ausnahmen beschränkt bleiben, wie 2017 zur 500. Wiederkehr des Reformationsjahres.

Deswegen werden wir den Gesetzentwurf nach wie vor ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Streibl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Zu nachtschlafender Zeit

(Florian von Brunn (SPD): Insbesondere bei der CSU!)

unterhalten wir uns über einen Feiertag und über Kurt Eisner. Vor 100 Jahren war Revolution in Bayern, der Freistaat wurde ausgerufen. Ich weiß nicht, was Kurt Eisner denken würde, wenn er wüsste, dass die SPD ihn 100 Jahre später um Mitternacht im Bayerischen Landtag rehabilitieren möchte. Da ist man vielleicht ein bisschen spät dran. Das hätte man auch schon früher machen können. Die Argumente, die Herr Westphal gebracht hat – –

(Markus Rinderspacher (SPD): Wir haben das schon gefordert, als es die FREIEN WÄHLER noch gar nicht gegeben hat!)

Na ja, Sie hätten sich vielleicht früher bei Kurt Eisner entschuldigen müssen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wir haben mit Eisner zusammengearbeitet! Schauen Sie einmal die Geschichtsbücher an! Das ist wirklich enttäuschend, was Sie da von sich geben!)

Die USPD gibt es heute nicht mehr. Es gibt nur noch die SPD. In den Geschichtsbüchern sieht es schon ein bisschen anders aus. Herr Kollege Dr. Dürr kann nachher auch etwas dazu sagen.

Einen einmaligen Gedenktag einzuführen, ist sicher ganz nett. Es besteht ein ganzes Paket an Gedenkfeiern drumherum. Um die Demokratie zu stärken, genügt es nicht, einen Gedenktag zu begehen. Wir sollten vielmehr für die demokratischen Werte einstehen, wie wir das heute am späten Abend schon getan haben. Wir müssen hier mutig dafür eintreten und kämpfen.

(Reinhold Bocklet (CSU): Sehr gut!)

Ansonsten brauchen wir nach unserer Auffassung keinen Feiertag. Wenn Sie schon für einen Feiertag ein

treten, sollten Sie für den Buß- und Bettag eintreten. Es wäre sicherlich sinnvoll, diesen Feiertag zu rehabilitieren und wieder einzuführen.

(Alexander König (CSU): Sehr gut!)

Wir sehen das Ganze skeptisch und werden bei unserer ablehnenden Haltung bleiben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Streibl, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Rinderspacher.

(Reinhold Bocklet (CSU): Der Chefideologe von der SPD!)