Protocol of the Session on April 18, 2018

(Zuruf von der CSU: Genau das Gegenteil ist der Fall!)

Das heißt: Schaffen Sie ganz gezielt Voraussetzungen, schaffen Sie die Rahmenbedingungen dafür, dass das zukünftige Mengenwachstum, die Inanspruchnahme von Flächen der Wirtschaft und die Wohnungsansiedlung tendenziell deutlich stärker auf dem Land als in den Städten erfolgen. Ihre Politik favorisiert weiterhin die Verdichtung in den Metropolregionen. Warum? – Weil es die großen Strippenzieher und Investoren so wollen. Hier ist immer noch die alte Denke von McKinsey in den Köpfen. McKinsey hat damals schon Stoiber umfrisiert, und das Motto ist immer noch in den Köpfen: Einen Euro in der Großstadt zu investieren, rentiert sich mehr als einen Euro auf dem Land zu investieren. – Das mag aus Investorensicht richtig sein, aber volkswirtschaftlich ist es falsch.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Deshalb unser Plädoyer: Genau dort, auf dem Land, ansetzen und die Bürgermeister, die Kommunen ins Spiel nehmen! Das sind unsere Fachleute vor Ort. Ich rede hier nicht von 2.000 Wohnungen, sondern wir brauchen 100.000 bis 200.000 Wohnungen, um das Wohnungsproblem in Bayern in den Griff zu bekommen, die Mieten wieder sozialer zu gestalten und zu verhindern, dass uns die Mietpreise völlig davongaloppieren. Setzen Sie darauf, gemeinsam mit den Bürgermeistern Konzepte zu entwickeln, damit die Menschen in der Fläche bleiben. Das ist unser Plädoyer, seit wir hier im Landtag sind, und auch schon aus den Jahren zuvor. Damals haben Sie es aber noch nicht gehört: Wir müssen den ländlichen Raum stärken und Bayern vernünftig weiterentwickeln. Meine Damen und Herren, was wir hier von der CSU zur

Wohnungspolitik hören, ist nicht nur nicht hilfreich, das wird am Ende schädlich sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das Wort "Bürgermeister" fehlt in der Regierungserklärung von Herrn Söder völlig.

(Manfred Ländner (CSU): Der Bürgermeister ist nicht der Ministerpräsident! )

Ich habe seine Rede durchgeblättert; nur zweimal findet sich zufällig das Wort Kommunen, aber es gibt weder ein eigenes Kapitel noch irgendwo eine Passage dazu, welche Rolle die Kommunen spielen sollen oder wie man die Kommunen entlasten will. Meine Damen und Herren, für uns sind die Kommunen die zentralen Akteure, wenn Bayern neue Ideen umsetzen will,

(Zuruf von der CSU)

wenn Bayern zu neuen Ufern aufbrechen will. Das Thema Kommunen findet sich in Ihrem Programm in keiner Zeile. Verzeihen Sie mir den süffisanten Vergleich: Ihre berittene bayerische Kavallerie bekommt fünf Zeilen, und die Kommunen bekommen nur zwei Worte. Schämen Sie sich, Sie haben die Kommunen schlichtweg vergessen!

(Manfred Ländner (CSU): Ein Quatsch!)

Jetzt schreien Sie auf. Daran sieht man, dass wir Sie getroffen haben. Sie haben auch die kommunalen Themen völlig vergessen. Sie haben heute mit keinem Wort erwähnt, wie die Zukunft der Straßenbaufinanzierung aussehen soll. Das werden wir heute Abend nicht erfahren. Sie sind angeblich immer noch in Verhandlungen mit den Spitzenverbänden und wissen nicht, wohin es laufen soll. Ich sage Ihnen: Nach dem hoffentlich baldigen Wegfall der Straßenausbaubeiträge muss eine kommunale Ersatzfinanzierung auf den Tisch. Man muss jetzt wissen, und zwar bevor das Gesetz verabschiedet ist, wohin Sie wollen.

Es ist für mich schon erstaunlich, dass Sie hier überhaupt keine Fantasie haben. Natürlich wird es in die Richtung gehen müssen, allen Kommunen, ob mit oder ohne Satzung, für die Zukunft eine ordentliche Finanzierung ihrer kommunalen Straßen anzubieten. Das kann nur ein Förderprogramm sein, durch das, Pi mal Daumen, die Hälfte der Investitionen für einen Standardausbau bei den Kommunen ankommt und nicht irgendwo in einem allgemeinen FAG oder KAG versteckt wird.

Meine Damen und Herren, diese Mittel müssen eins zu eins abrufbar sein. Sie tun mir leid, wenn Sie dazu

nicht in der Lage sind. Dann muss ich fast Ihren Mut gegenüber den Kommunen bewundern, mit einem Nichtgesetz in die Debatte zu gehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, im Bereich der Kommunen haben wir weitere große Baustellen, die mit keinem Wort erwähnt wurden: Das ganze Thema der kommunalen Infrastruktur, Wasser, Abwasser erfordert Milliardeninvestitionen, die den Bürgern und den Kommunen in den nächsten Jahren dieselben großen Probleme bereiten werden wie die Straßenausbaubeiträge. Wir haben hier die Problematik, dass die Gemeinden zwar in den Siebziger- und Achtzigerjahren mit großen Zuschüssen von 80 bis 90 % ihre Wasser- und Abwassernetze ausgebaut oder verlegt haben, jetzt aber die Sanierung ansteht. Jetzt kommt außer Härtefallregelungen nichts.

Denken Sie intensiv darüber nach! Wir plädieren dafür, den Gemeinden wirklich den Rücken freizuhalten. Wir haben hier sonst in Kürze die nächsten großen Probleme. Entweder wird dann die Infrastruktur nicht mehr erhalten und sie vergammelt, was das Grundwasser verseucht, oder Privatinvestoren stehen auf der Matte und lösen den Gemeinden diese Infrastruktur ab, um dann selbst Reibach zu machen, oder die Bürger bluten bis zum Exzess. Die Gemeinden werden all ihre Mittel verpulvern müssen. Hier ist Gefahr in Verzug, das sage ich Ihnen heute. Sie werden wieder antworten: Interessiert uns nicht. Das sind aber Themen, die uns betreffen und die Sie lösen müssen.

Hinsichtlich der Bildungspolitik und des sozialen Bereichs sehen wir erste Erkenntnisgewinne. Wir haben das Thema Hebammen gebetsmühlenartig wiederholt. Nun haben Sie pro Jahr 1.000 Euro für eine freiberufliche Hebamme angeboten. Das ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber wir brauchen den Haftungsfreistellungsfonds. Die öffentliche Hand muss die Summe übernehmen, die eine Hebamme aufwenden muss, um sich gegen eventuelle Schäden abzusichern. Ansonsten werden die Hebammen weiterhin ihren Beruf aufgeben. Das wäre gefährlich und ist nicht akzeptabel. Bessern Sie nach und sichern Sie die Situation ab!

Bei der Lehrerversorgung kritisieren wir das "Saisonarbeitertum" massiv. Zu Beginn der Ferien werden in Bayern etwa 7.000 bis 8.000 Lehrer mit der Hoffnung entlassen, dass sie nach den Ferien wieder eingestellt werden. Gebt diesen Lehrkräften die Sicherheit einer Anstellung! – Ich setze noch eine Forderung drauf: Die Eingangsbesoldung der Grund- und Mittelschullehrkräfte muss sich an der Besoldung der Realschul-

und Gymnasiallehrkräfte orientieren. Der momentane Gehaltsunterschied ist weder akzeptabel noch zeitgemäß; zudem ist er demotivierend und diskriminierend. Legen Sie hier nach. Das ist angesichts der Leistung dieser Lehrkräfte dringend notwendig. Wir brauchen hier ein Quäntchen mehr.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Beim Thema Bildungspolitik habe nichts darüber gehört, wie es mit dem Gymnasium weitergehen soll. Die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium wurde Ihnen schließlich per Volksbegehren abgerungen. Nun stellt sich die Frage, wie es in der Oberstufe weitergeht. Wir fordern mindestens die Einrichtung eines Leistungskurses. Sie müssen uns zeitnah Klarheit geben. Diese Klarheit besteht noch nicht. Liefern Sie! Es ist höchste Zeit, dass wir wissen, was an dieser Stelle zu tun ist.

Meine Damen und Herren, wir, die FREIEN WÄHLER, sehen im Bildungsbereich weiterhin eine große Kostenzunahme auf die öffentliche Hand zukommen. Das wissen wir. Die Anzahl der zu beschulenden Personen und die Anforderungen werden ansteigen. Bildung wird Geld kosten, aber das ist auch berechtigt. Das muss uns die Zukunft unserer Kinder wert sein.

Bereits die frühkindliche Bildung muss uns Investitionen wert sein. Sie wollen nun auf ein Familiengeld umsatteln. Zuvor war die Geldleistung daran gebunden, dass die Kinder keine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen. Zumindest haben Sie nun erkannt, dass das ein falscher Anreiz war. Nun ist es egal, ob die Kinder eine Krippe besuchen oder nicht, die Familien bekommen dennoch das Geld. Jedoch haben wir, die FREIEN WÄHLER, eine andere Wahrnehmung als Sie. Jeder Euro, der in den Familien ankommt, ist gut investiert. Aber mit einer Unterstützung von 250 Euro ist das Thema der frühkindlichen Bildung noch nicht abgefrühstückt. Solange es zu wenige öffentliche Kinderbetreuungsplätze gibt und gerade in Großstädten wie München Kosten für Kinderkrippenplätze von 500 bis über 1.000 Euro auf der Tagesordnung stehen, sind 250 Euro zu wenig. 250 Euro sind zwar schön zu haben, aber wenn der Platz für die Kinderkrippe 800 bzw. 900 Euro kostet, sind diese 250 Euro sofort aufgefressen. Das reicht nicht aus. Wir kommen nicht daran vorbei, die Kinderbetreuung während der Kernbuchungszeiten weitestgehend kostenfrei anzubieten. Die frühkindliche Phase gehört zur Bildung. Das können Sie nicht ausblenden. Wenn Sie diese Tatsache ausblenden, versündigen Sie sich an den Kindern. Wir halten unsere Forderung der weitgehenden Kostenfreiheit der Kinderbetreuung in Kindergärten und Kinderkrippen aufrecht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich komme zu weiteren Themen, die Sie zwar gestreift, aber nicht tief genug aufgearbeitet haben. Beim Thema "schnelles Internet und Breitbandausbau" wurde angekündigt, dass die Übertragungsleistungen erhöht werden. Das haben Sie in den letzten Jahren immer wieder angekündigt. Jedoch sind Sie bei der Umsetzung ständig ein paar Jahre hinter der Realität zurückgeblieben. Ihre Ausbauleistungen waren immer von vorgestern. Auch heute vermisse ich eine klare Ansage zu den Themen "Breitbandausbau" und "Glasfaserkabel in jedes Haus". Nehmen Sie meine konstruktive Kritik mit. Ich hoffe, dass einer von Ihnen mitschreibt. Jetzt ist der Herr Söder wieder anwesend.

(Tobias Reiß (CSU): Der war ja da! – Ministerpräsident Dr. Markus Söder: Ich sitze hier, mein Freund!)

Ich werfe ihm das auch nicht vor, er kann sich ja nicht andauernd reinsetzen.

(Ministerpräsident Dr. Markus Söder: Bayern schlecht reden!)

Herr Söder, Sie können jetzt sagen, dass ich Bayern schlecht rede, aber das ist nicht so. Von mehreren Bürgermeistern habe ich mittlerweile die Botschaft erhalten, dass sie für den Breitbandausbau von Telekommunikationsunternehmen nur noch Verträge mit horrenden Preisen angeboten bekommen oder die Information, dass gar nicht mehr bzw. erst in vier Jahren ausgebaut wird. Es gibt also massive Kapazitätsengpässe. Hier besteht die Gefahr, dass Steuergelder zum Fenster hinausgeschmissen werden. Die Monopolisten können beinahe verlangen, was sie wollen, weil die Wirtschaft und die Bürger den Bürgermeistern im Nacken sitzen.

Statt von eigenen Bau-Behörden, was das auch immer werden soll, oder von Ihrer Wohnungsbaugesellschaft zu reden, wäre es besser, sich dieser Thematik zu widmen. Dort ist außer den wenigen Monopolisten niemand am Werk. Sie sollten den Ausbau und die Resterschließung gewisser Gebiete interkommunal, überregional oder sogar staatlich in die Hand nehmen, um eine gewisse Konkurrenz zu den privaten Anbietern aufzubauen. Somit könnte unterbunden werden, dass in diesem Bereich Mondscheinpreise verlangt werden. Greifen Sie das auf. Denken Sie darüber nach. Das wäre zielführend und sinnvoll.

In der Regierungserklärung und in den folgenden Erwiderungen habe ich die dritte Startbahn völlig vermisst. Bis vor Kurzem hat es geheißen: Wer nicht für die dritte Startbahn ist, versündigt sich an der Zukunft

des Freistaates Bayern. Herr Söder, zuletzt habe ich von Ihnen gehört, dass sich die dritte Startbahn bis eventuell 2025 in der Schublade befinde. Die nächste Wahl und damit ihre mögliche Wiederwahl sind 2023. Diese Wiederwahl wollen Sie noch rumbringen, die Zeit danach ist Ihnen egal, dann soll sich der Nachfolger in der übernächsten Legislaturperiode damit auseinandersetzen. Nachdem die dritte Startbahn schon einmal so dringend war, vermissen wir Ihre Position dazu. Unsere Position ist, dass wir diese Startbahn nicht brauchen. Wir müssen Maßnahmen ergreifen, um sie überflüssig zu machen und zu halten. Wir wollen den Bedarf erst gar nicht herbeidiskutieren. Vor mindestens zehn Jahren, als wir frisch in den Landtag kamen, wurde uns schon vorgeworfen, wir seien gegen die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns und die dritte Startbahn. Zehn Jahre später verkünden Sie, dass es die nächsten sieben Jahre auch nicht pressiert. Was denn nun? – Zur dritten Startbahn sagen wir Nein, Sie sagen: Fragezeichen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie sagen, der dritte Nationalpark ist weit nach hinten geschoben. Bedeutet "weit nach hinten" knapp nach der Landtagswahl, nächstes Jahr oder in der übernächsten Legislaturperiode? – Wir, die FREIEN WÄHLER, sagen, den dritten Nationalpark brauchen wir nicht.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Doch, doch!)

Der hat nur die Menschen verunsichert und schon viel Planungsgeld gekostet.

(Katharina Schulze (GRÜNE): Das ist doch Quatsch!)

Er hat eine Ministerin das Amt gekostet, die in gutem Glauben unterwegs war. Gehen Sie mit diesem Geld stattdessen in die Fläche. Führen Sie in der Landwirtschaft produktionsintegrierte Maßnahmen durch. Lassen Sie Landwirten dieses Geld zukommen, damit sie gewisse Parzellen stilllegen, Randstreifen aufwerten und in der Produktion auf den Einsatz gewisser Mittel verzichten. Somit käme viel Geld in der Landwirtschaft anstatt in irgendwelchen Wasserköpfen an. Sie wollen ja überall Zentren und Anschauungs-Wasauch-immer gründen. Setzen Sie nicht wieder nur auf Showeffekte, sondern darauf, dass das frei werdende Geld wirklich in der Realwirtschaft ankommt. Ich schlage die Landwirtschaft vor. Die Landwirte sind sicherlich nicht die falschen Empfänger, wenn es um Naturschutzleistungen geht. Das wären vielleicht sogar Einkommensalternativen und würden in der Fläche deutlich weiterhelfen.

Wir haben uns bei anderen Dingen, die Sie angekündigt haben, gewundert. Sie wollen das Oberste Bayerische Landesgericht wiederbeleben. Hier sage ich: Hurra! Unter Stoiber ist es abgeschafft worden. Sie haben eigentlich fast alles reanimiert, was unter Stoiber abgeschafft worden ist: Das G 9 wurde wieder eingeführt. Er hat das Büchergeld eingeführt. Das wurde abgeschafft. Er hat die Studiengebühren eingeführt. Die wurden abgeschafft. Stoiber wurde quasi rückabgewickelt. Das Oberste Bayerische Landesgericht ist nun der letzte Punkt, der übriggeblieben ist. Ein alter DDR-Handwerkerspruch lautet: Wir bauen auf und reißen nieder, Arbeit gibt es immer wieder.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Mit diesem Slogan kann man die CSU-Politik der letzten Jahre durchaus richtig charakterisieren. Es werden neue Dinge ausgerufen und wieder eingesammelt. Am Ende können Sie sich die Rettungsmedaille verpassen lassen. Sie rufen den Nationalpark aus und fahren schließlich hin, um zu sagen: Wir bewahren euch vor dem Nationalpark. Was sind wir doch für tolle Hechte.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Zuruf des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder)

Ja, der tolle Hecht. Darauf kommen wir noch. Sie schmieden schon Pläne für eine bayerische Weltraumfahrt. Ich war enttäuscht, dass Sie an unbemannte Flugkörper denken, die Sie zum Mond schicken wollen.

(Lachen bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Söder, eigentlich gehört dort schon ein Mann hinein, nach dem Motto der CSU: Nur die Besten gehören in dieses Weltraumprogramm. Fliegen Sie einmal los und grüßen Sie uns vom Mond.

(Ministerpräsident Dr. Markus Söder: Herrn Ai- wanger könnte man doch zum Mond schießen!)

Solche Visionen, haben Sie heute in den Raum gestellt. Neben der eigenen berittenen Polizei, der bayerischen Kavallerie fehlt nur noch die berittene Gebirgsmarine.

(Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN)