Protocol of the Session on March 21, 2018

(Allgemeine Heiterkeit)

Vieles ist am Ende Realität geworden. Hätten Sie Anregungen von uns früher übernommen, wäre Ihnen politisch viel Ärger erspart geblieben. In der politischen Gewichtung sehen wir vieles anders. Deshalb werden wir den neuen Kabinettszuschnitt ablehnen. Wir werden uns aber bei der Wahl der Personen enthalten. Wir geben ihnen eine faire Chance. Machen Sie für Bayern und für unsere Heimat das Beste daraus.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt darf ich Frau Kollegin Schulze für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Macht eines Regierungschefs oder einer Regierungschefin hört dort auf, wo die Rücksichtnahme auf Koalitionspartner oder Parteiflügel anfängt. Hierzu kann man gut Frau Merkel fragen. Ich bin mir sicher, sie hat freiwillig weder Jens Spahn noch Horst Seehofer ins Kabinett geholt. Diese zwei Personen verfolgen ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl ihre persönliche Agenda und nehmen in Kauf, dass sie damit das gesellschaftliche Klima vergiften.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie, Herr Söder, haben da mehr Freiheit. Sie müssen noch nicht auf einen Koalitionspartner Rücksicht nehmen. Aber ich finde, dass Sie Ihre Freiheit nicht richtig genutzt haben. Sie haben sich vorhin hier hingestellt und sich dafür feiern lassen, dass Sie Ihr Kabinett weiblicher gemacht hätten. Sie haben gesagt, es gebe jetzt fünf Ministerinnen. Ich möchte Sie nur einmal daran erinnern, dass das Kabinett davor auch fünf Ministerinnen hatte. Ich wusste nicht, dass man sofort die Grundrechenarten verlernt, wenn man kein Finanzminister mehr ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war einfach eine falsche Aussage. Außerdem hätte ich mir mehr Frauen in den Schlüsselressorts des Kabinetts gewünscht, also den Ressorts, in denen wir in Bayern tatsächlich viel entscheiden können. Leider ist es so nicht gekommen. Der Ministerpräsident? – Ein Mann. Der Innenminister? – Ein Mann. Der Finanzminister? – Ein Mann. Der Bildungsminister? – Ein Mann. Der Wirtschaftsminister? – Auch ein Mann. Da haben Sie, ehrlich gesagt, Ihre Chance verpasst.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich hätte mir ein Kabinett gewünscht, das gestaltet statt zu verwalten. Ich hätte mir ein Kabinett gewünscht, das die Zukunftsfragen anpackt, statt Rechtspopulisten hinterherzulaufen und sie dadurch erst stark zu machen. Ich hätte mir ein Kabinett gewünscht, das den Menschen hilft, das Leben von heute zu meistern, statt ihnen Steine in den Weg zu legen – ein Kabinett also, das die wirklichen Zukunftsfragen von uns allen von den gefühlten Problemen einiger unterscheiden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, in der CSU ging es in den letzten Tagen hauptsächlich um die großen Fragen: Wer kommt? Wer bleibt? Wer geht? Uns, den GRÜNEN, geht es vor allem um die Fragen: Was kommt? Was bleibt? Was geht?

Die Situation in Bayern sieht wie folgt aus: Beispielsweise gibt es nicht genügend Hebammen. Frauen wird geraten, sich schon vor der Zeugung des Kindes eine Hebamme zu suchen. Wir haben nicht genug Pflegekräfte, sodass jetzt schon viele Menschen besorgt sind, wie wohl der Lebensabend aussehen wird. Eltern suchen verzweifelt einen Betreuungsplatz für ihre Kinder und versuchen irgendwie, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Die Mieten explodieren, sodass sich Alleinerziehende, Familien und Menschen mit weniger Einkommen die Wohnungen nicht mehr leisten können. Die Luft in den Städten

macht krank, weil die Automobilkonzerne bewusst betrogen haben. Und hey, so etwas wie einen Klimawandel gibt es auch noch! Das sind doch die Fragen, die die Menschen umtreiben und auf die sie eigentlich eine Antwort haben möchten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn ich nun lese, dass sich Markus Söder als "Manager von Bayern" versteht, dann wachsen schon meine Zweifel daran, ob Sie überhaupt die richtigen Antworten geben wollen und geben können. Herr Söder, "Manager von Bayern", was soll das denn sein? – Ist das so eine Art Donald Trump für Arme, der den ausscheidenden Ministerinnen und Ministern "You are fired" sagt? Ist es die Sorte von Managern, die Firmen ruinieren und sich danach keiner Schuld bewusst sind und nur an sich selber denken? Ich möchte Sie daran erinnern: Der Freistaat Bayern ist keine Firma.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht hier nicht um die Ökonomisierung der Politik. Wir sprechen hier nicht von Gewinnmaximierung. Es geht um Gemeinwohl. Es geht um die Gestaltung der Zukunft unseres Landes, nicht um den Shareholder Value. Wir sprechen hier auch nicht von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die man irgendwie optimieren sollte. Hier geht es um Bürgerinnen und Bürger, die der Souverän des Landes sind. Herr Söder, deswegen ist die Frage nicht, was das Land für Sie tun kann, sondern die Frage ist, was Sie für das Land tun können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann Ihnen nur raten: Schauen Sie sich nicht zu viel von Ihrem Mentor Stoiber ab; der hat nämlich mit seiner Bayern AG Schiffbruch erlitten und hat in seinem Übereifer Fehlentscheidungen getroffen, die wir heute noch korrigieren müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU)

Ich habe ehrlich gesagt keine Lust, in einigen Jahren Ihre Fehler korrigieren zu müssen. Es geht für einen Ministerpräsidenten oder eine Ministerpräsidentin – auch das ist im Freistaat Bayern möglich – um die Gestaltung der Gesellschaft mit den Menschen, die hier leben. Es geht um den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, damit auch die nachfolgenden Generationen noch gut bei uns leben können. Es geht um die gleichen Rechte und Möglichkeiten für alle Menschen, egal ob Frauen, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund, Homosexuelle, Trans, Queer, oder wie auch immer man sich

fühlt oder sich selber sieht. Es geht darum, den Schwächsten in der Gesellschaft die Hand zu reichen, ihnen nicht die kalte Schulter zu zeigen. Es geht darum, dass alle Menschen in diesem Land frei und sicher leben können. Es geht darum, ein weltoffenes Land zu bleiben in dem Wissen, dass die Zukunft in einem starken Europa liegt. Das alles muss ein Ministerpräsident oder eine Ministerpräsidentin leisten. Das kann ein Manager nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber ich will an dieser Stelle die Skepsis einmal kurz beiseiteschieben. Wir sollten Politikerinnen und Politiker daran messen, was sie am Ende für das Land tun, also auch dieses Kabinett; das hat immerhin noch 206 Tage bis zur Wahl. Sie können, wenn Sie das wollen und es tun, auch noch einiges für das Land bewegen. Ich habe ein paar konkrete Erwartungen aufgeschrieben, die ich Ihnen gerne mitgeben möchte. Beginnen wir doch gleich mal mit dem Umweltministerium. Leider ist in den letzten Jahren in puncto Umweltschutz kaum etwas passiert. Deswegen erwarte ich zum Abschluss der Legislaturperiode wenigstens eine Sache – ich bin in dem Bereich schon sehr bescheiden geworden –: Der dritte Nationalpark muss kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben keinerlei Verständnis dafür, wenn er nicht kommt. Das ist eine klare Aufgabe. Das wird man doch wohl in 206 Tagen durchsetzen können. Das ist das, was ich von Ihnen erwarte. Den Rest machen wir dann im Herbst.

Das Landwirtschaftsministerium hat eine neue Chefin. Ich freue mich, wenn Sie gleich einmal Duftmarken setzen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, nicht Ihrem ehemaligen Kollegen auf Bundesebene zu folgen, der den Menschen gerne Gift auf dem Teller präsentiert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich empfehle ein Verbot von Phosphat und Neonikotinoiden in Bayern und prinzipiell den Einstieg in die giftfreie Landwirtschaft. Das hilft den Böden, dem Grundwasser, den Tieren und vor allem auch uns Menschen. Das Schöne an der ganzen Sache ist: Es ist möglich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Finanzministerium ist weiterhin für Heimat zuständig. Herr Füracker, Sie sollten sich von Ihrem Vorgänger lösen. Es gibt diesen schönen Satz: Man kann keine Spuren hinterlassen, wenn man in die Fußstapfen anderer tritt. Die Fußstapfen Ihres Vorgängers

waren leider keine schönen. Ich nenne die Stichwörter: Riedberger Horn, Flächenversiegelung, mangelnder Glasfaserausbau und vieles mehr. Ich finde, das könnten Sie doch besser machen, indem Sie zum Beispiel unser Volksbegehren "Betonflut eindämmen" unterstützen; denn fünf Hektar Flächenversiegelung am Tag reichen. Wir GRÜNE wollen, dass unser schönes Bayern auch so schön bleibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Pschierer, Sie können gleich zuhören. Das Wirtschaftsministerium ist weiterhin für Energie zuständig. Ich setze auf Sie. Ich erwarte, dass die 10-H-Regelung endlich wegfällt. Ich sichere Ihnen auch gerne unsere Unterstützung bei diesem Vorhaben zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Aigner, die Themen Bauen und Wohnen befinden sich in Ihrem Ressort. Ich finde, Sie können gleich einmal loslegen. Es ist viel liegengeblieben. Sie sollten Genossenschaften fördern, staatliche Grundstücke nur noch für den sozialen Mietwohnungsbau verwenden und bestehende Sozialwohnungen erhalten. Derzeit fallen mehr Wohnungen aus der Sozialbindung, als neue entstehen. Ich glaube, dass Sie das hinbekommen, wenn Sie nur wollen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie damit aufhören würden, Kupferkabel zu subventionieren. Schaffen Sie endlich die Voraussetzungen für einen Glasfaseranschluss für wirklich jedes Haus. Zeigen Sie Herrn Söder, wie man die Digitalisierung richtig gestaltet.

(Zurufe von der CSU)

Heutzutage gehört zur Infrastruktur auch die Digitalisierung. Da sieht man wieder, wie engstirnig die CSU denkt.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf der Abgeordne- ten Ingrid Heckner (CSU))

Es gibt Einzelpersonen, die irgendwie für die Digitalisierung zuständig sind, aber doch keine eigenen Zuständigkeiten haben. Das sieht man auch auf Bundesebene bei Frau Bär. Die Digitalisierung befindet sich bei Ihnen nicht in einer Hand. Sie haben keinerlei Plan, wie man die Digitalisierung konkret umsetzt und richtig gestaltet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich komme zum Sozialministerium; das hat viele wichtige Aufgaben zu bewältigen. Eine wichtige Aufgabe wurde Ihnen gleich einmal entzogen, nämlich die Gestaltung der Integration. Frau Schreyer, deshalb erwarte ich von Ihnen, dass Sie wenigstens eine Kita-

und Kindergartenplatzoffensive starten. Die Einrichtungen sollten mindestens bis 20.00 Uhr geöffnet sein, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Damit wir genügend Erzieherinnen und Erzieher bekommen, müssen wir schon in der Ausbildung ein vernünftiges Gehalt bezahlen, nicht nur ein Taschengeld.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt komme ich zum Innenminister. Herr Herrmann, wir kennen uns schon lange. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich bin enttäuscht. Erst vor Kurzem habe ich gehört, dass Sie Herrn Seehofer bei seinem Grenzkontrollen-Unfug beigepflichtet haben. Ich habe mir gedacht: Das muss dieser Mann doch nicht mehr tun. Horst Seehofer ist nicht mehr Ihr Ministerpräsident. Wenn wir unsere Polizei stärken wollen und möchten, dass alle Menschen in diesem Land frei und sicher leben, müssten wir die Polizei personell und im Hinblick auf die Ressourcen aufstocken. Wir müssen die europäische Zusammenarbeit forcieren. Wir müssen endlich die polizeiliche Arbeit im Cyberraum stärken. Wir müssen aufhören, unser vereintes Europa zu spalten. Sie sagen, wir müssten in einem vereinten Europa ein paar Grenzen mit einer Landespolizei kontrollieren. Ich kann Ihnen nur sagen: So geht keine zukunftsgerichtete und sinnvolle Innenpolitik. Das muss anders werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie möchten, können Sie mich mit einer anderen Sache erfreuen; das wäre ein kleiner Schritt mit einer riesigen Wirkung; das schaffen Sie in 206 Tagen: Sie sollten die Morde am OEZ als das einstufen, was sie sind, nämlich als rechtsextremistische Tat.

Sie sind nicht nur für Abschiebungen, sondern auch für Integration zuständig. Das ist neu. Das ist die konsequente Fortführung der CSU-Abschreckungspolitik und Abschottungspolitik. Wenn man Zynikerin wäre, könnte man sagen: Herr Söder, wenigstens sind Sie bei dem Thema konsequent. Von Menschlichkeit und Nächstenliebe sieht man nicht viel. Herr Herrmann, ich erwarte von Ihnen eine klare Ansage. Sie sollten konsequent dafür sorgen, dass die 3-plus-2-Regelung umgesetzt wird. Es ist eine Schande, dass Geflüchtete, obwohl sie eigentlich einen Arbeitsplatz hätten, nicht arbeiten können. Unternehmen können ihre Arbeitsplätze nicht besetzen. Die Ehrenamtlichen werden ständig mit Behördengängen belastet. Das muss aufhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)