Protocol of the Session on February 27, 2018

Genau so sieht doch Ihre Politik aus. Einer möchte möglichst schnell weg, er ist kaum mehr da. Der andere aber weiß nicht, wohin er möchte. Das Gleiche trifft für Ihre Fraktion zu.

(Unruhe bei der CSU)

Wenn man die Haushaltsberatungen genauer betrachtet, merkt man doch, die entscheidende Frage, was wir tun müssen, damit unser Bayern lebenswert und liebenswert bleibt, wurde von Ihnen gar nicht beantwortet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auf der Strecke bleiben der Naturschutz und Maßnahmen, um die Lebensgrundlagen zu bewahren. Minister Söder – im Moment ist er nicht da – hat ein kurzes Zehn-Punkte-Programm als Antrittsgeschenk bei der CSU-Klausur vorgestellt. Ich will es mal als eine Art Tischfeuerwerk beschreiben, mehr war das nicht. Für den Umweltschutz enthielt dieses Programm nichts. Er ist noch nicht einmal Ministerpräsident, er ist dafür gerade einmal nominiert, aber er möchte den dritten Nationalpark streichen, ins Riedberger Horn eine Skilifttrasse fräsen, und was die dritte Startbahn angeht, so möchte er diese durchdrücken, er weiß nur noch nicht, wie und wann er das machen will. Ich weiß nicht, ob wir jemals einen Ministerpräsidenten, einen Anwärter oder Aspiranten dafür hatten, der so zukunftsvergessen die Aufgabe angegangen ist. Genau das trifft auch auf Ihren Nachtragshaushalt zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn ich das Verhalten mit dem Auftreten von Ministerpräsident Seehofer vergleiche, dann stelle ich fest, der stand immerhin manchmal hier und hat zumindest so getan, als ob ihn der Umweltschutz interessiert. Söder macht das gar nicht zur Schau, er macht es gar nicht. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion, der vorliegende Nachtragshaushalt ist ein Rekordhaushalt, darin sind wir uns alle einig. Was aber die Ausgaben für den Schutz des Erdklimas und für den Schutz der Lebensgrundlagen anbelangt, so fallen Sie auf ein Niveau zurück, auf dem Sie schon einmal standen. Sehen wir uns einmal die Ausgaben im Jahr 2006, 2007, 2008 und 2011 an, als Sie die Energiewende noch voranbringen wollten. Sie sind zurückgefallen. Was die energetische Sanierung von Gebäuden im staatlichen Besitz anbelangt, so hätten wir uns einen Klimaschutzvorstoß in diesem Nach

tragshaushalt vorgestellt. Das hätten wir uns vorgestellt, um diesen Aufgaben endlich gerecht zu werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Alles andere ist eine Schande für ein Land, das wirtschaftlich und finanziell doch sehr stark dasteht. Aber statt die Herausforderungen mit Mut und Zuversicht anzugehen, hängen wir im Klimaschutz seit Jahren in einer CSU-Flaute fest.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was könnten wir nicht alles bewirken? – Wir könnten für den Schutz unserer Lebensgrundlagen Verantwortung übernehmen. Wir könnten zeigen, dass man mit modernen Technologien für ein gutes Morgen sorgen kann. Wir könnten Wohlstand sichern und zukünftige Arbeitsplätze schaffen. Was aber macht die CSU-Regierung? – Sie kapituliert vor der Aufgabe. Sie kapituliert trotz eines dicken Geldbeutels. Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, wir GRÜNEN haben Ideen in die Beratung eingebracht, und hier sind wir genau beim Haushalt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie wäre es mit einer Förderung für den flexiblen Einsatz von Biogasanlagen bis zum Jahr 2022, wenn das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet ist? – Da brauchen wir das. Es ist unsinnig, wenn eine Biogasanlage dann Strom produziert, wenn Wind und Sonne ein Angebot liefern. Für regenerative Kombikraftwerke wollten wir 20 Millionen Euro in die Hand nehmen, um endlich voranzukommen. Sie aber haben dagegen gestimmt. Wir wollten die dezentrale Kraft-WärmeKopplung voranbringen. Das ist ein Thema, das hier oft diskutiert wurde. Die zuständige Ministerin hat oft davon gesprochen und es auch als wichtige Ersatzkapazität erachtet. Wir könnten auch CO2 reduzieren. Sie waren aber noch nicht einmal bereit, 15 Millionen Euro für ein Förderprogramm bereitzustellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir alle wissen, dass der Kampf gegen die Erdüberhitzung in den vielen Regionen Bayerns unterschiedlich angegangen werden muss. Das muss so vielfältig angegangen werden, wie unser Land vielfältig ist. Wir brauchen deshalb in jedem Landkreis eine Energieagentur, die die Menschen mitnimmt und beraten kann. Das würde 10 Millionen Euro kosten. Auch die hatten Sie nicht im Haushalt.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, trotz einem Rekord nach dem anderen bei den Steuereinnahmen bleibt eine Zukunftsaufgabe nach der anderen liegen. Das ist Ihre Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kaum jemand surft im Internet so langsam wie wir hier in Bayern, und kaum einer zahlt dafür so viel Geld. Die Telekom verkauft Ihnen doch ihre alten Kupferleitungen als den neuesten heißen Techniktrend. Sie fallen dann auch noch darauf rein. Es fließen Hunderte von Millionen in alte Kupferleitungen und ins Vectoring. Wir GRÜNEN sagen ganz klar: Der Glasfaser gehört die Zukunft. Wir brauchen einen Glasfaseranschluss in jedem Haus in Bayern. Damit stärken wir den ländlichen Raum.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weg mit dem Söder-Tempolimit im bayerischen Datennetz! Das würde den ländlichen Raum wirklich stärken. Denken Sie doch endlich einmal groß. Wir in Bayern haben ein Haushaltsvolumen, wie wir es noch nie hatten. Von der großen Vision, Glasfaser in Bayern flächendeckend voranzubringen, sind wir mit dieser Staatsregierung aber meilenweit entfernt. Es geht nicht nur um Technik; das ist ein ganz entscheidender Punkt im Flächenland Bayern: Es geht hier um Gerechtigkeit. Es geht um Gerechtigkeit für alle Menschen, die nicht in den Ballungsräumen leben. Das Internet ist das Tor zur Welt – ich glaube, das ist unstrittig. In vielen bayerischen Regionen ist dieses Tor aber nur einen Spalt offen. Das hört man immer wieder, wenn man in Bayern Unternehmen besucht. Warum sollen die Menschen im ländlichen Raum aber nicht dieselben Chancen haben? Warum sollen sie nicht Videos online anschauen, warum sollen sie nicht an Telefon- oder Onlinekonferenzen teilnehmen? – Auch die Chancen der Telemedizin sollten sie endlich und sicher nutzen können. Das sollte vor allem in den Regionen in Bayern möglich sein, wo der nächste Facharzt vielleicht 30 km entfernt ist. Eine bessere digitale Versorgung des ländlichen Raumes hat das Potenzial, für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu sorgen. Das stammt aus einer Umfrage des Verbands kommunaler Unternehmen aus der letzten Woche. Die hat deutlich zum Vorschein gebracht, was wir dort alles erreichen könnten. Warum nutzen wir im Flächenland Bayern nicht endlich diese Chance?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Kollege der FREIEN WÄHLER hat es bereits angesprochen, wir haben uns bei den Beratungen im Haushaltsausschuss mit vielen Anträgen auseinandergesetzt, um für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen. Für uns GRÜNE ist ganz klar, das Ziel in Bayern muss heißen: gleiche Chancen, egal wo man in Bayern lebt. – Das ist eine große Aufgabe. Dazu

hatten wir einige Anträge eingereicht, wir wollten auch dafür Geld bereitstellen.

Dazu gehört auch die Elektrifizierung der Bahnstrecken. Für uns GRÜNE ist das eine Mobilitätsgarantie für ganz Bayern. Wir wollen ein Stundenangebot von Bus und Bahn in ganz Bayern von 5.00 Uhr in der Früh bis Mitternacht, und zwar von Montag bis Samstag. Das wäre ein verlässliches Angebot, gerade für Menschen, die kein Auto haben oder nicht mehr Auto fahren können. Das wäre ein Angebot für ältere und für jüngere Menschen. Da müssen wir doch ein Angebot liefern, um in Bayern für Chancengerechtigkeit zu sorgen. Der große Unterschied zwischen Ihnen und uns ist – das hat man bei den Haushaltsberatungen deutlich gemerkt –, dass wir Mobilität vom Menschen her denken und nicht ausgehend vom Auto. So hatten wir beispielsweise Anträge, um das Jobticket auszubauen oder die ÖPNV-Zuweisungen um 7 Millionen Euro zu erhöhen. Wir wollten auch einen neuen Posten einführen, und zwar einen ganz entscheidenden Posten. Im Zuge der Digitalisierung ist es doch unstrittig, dass ein bedarfsorientiertes Angebot vorgehalten werden muss, beispielsweise mit Anrufsammeltaxis, mit Rufbussen und vielem mehr. Dafür wollten wir 17 Millionen Euro ausgeben, aber das war Ihnen zu viel. Trotz der Rekordeinnahmen bleiben Sie die Antwort schuldig, wie ein neues Mobilitätskonzept in ländlichen Räumen aussehen soll.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch einen anderen Bereich, für den wir deutlich mehr Geld ausgeben müssen, um für eine bessere Politik zu sorgen. Das ist die Kinderbetreuung. Wenn beide Eltern arbeiten, bringt es wenig, wenn die Krippe bereits um 14.00 Uhr zusperrt. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Sie mit Ihrem Betreuungsgeld junge Familien aufs Land locken können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nein, wir erwarten das, was von ihnen auch im Berufsleben erwartet wird: Flexibilität und gute Qualität. Das gilt für die Städte genauso wie für das flache Land. Glauben Sie mir als Vater eines zweijährigen Sohnes: Keiner will sein Kind bis 20.00 Uhr oder bis spätabends in der Krippe lassen. Das Leben ist aber nicht immer planbar. Manchmal hat man einen Termin am späten Nachmittag oder einen Arzttermin. Da brauchen wir Flexibilität.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie soll das funktionieren, wenn die Großeltern bis zu 300 km weit weg wohnen? Was machen dann die jungen Eltern? Was macht eine Alleinerziehende? – Sie hat keine Möglichkeit. Da müssen wir besser werden.

Dafür müssen wir richtig viel Geld in die Hand nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um das zu erreichen, brauchen wir vor allem eines: mehr Personal. Für uns, die GRÜNEN, gibt es im Gegensatz zur SPD eine ganz klare Reihenfolge: Zuerst müssen die Qualität und das Angebot ausgeweitet werden, dann kommt die Beitragsfreiheit. Alles andere ist nett und klingt schön, aber geht zulasten der Kleinsten, unserer Kinder. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das darf nicht passieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bessere Öffnungszeiten, ein besserer Betreuungsschlüssel und mehr Plätze wären für uns weitere 300 Millionen Euro im Nachtragshaushalt allemal wert. Hier müssen wir endlich vorankommen. Wir dürfen nicht beim Istzustand stehen bleiben.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, nicht nur für die Schwächeren, sondern auch für die Stärkeren gilt: Wir bereiten unsere Kinder in unserem Bildungssystem nicht gut genug auf die digitale Gesellschaft vor. Wir nutzen die Möglichkeiten, die uns die digitale Gesellschaft bietet, viel zu wenig. Natürlich müssen wir unsere Schulen in Bezug auf die Hardware ertüchtigen. Der Computerraum, die Datenleitung und vieles mehr müssen verbessert werden. Aber das reicht selbstverständlich nicht aus. Die digitale Gesellschaft muss ganz nach oben in den Lehrplänen. Unsere Kinder sollen sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Wie unterscheide ich Fakten von Fake News? Wie arbeitet eigentlich ein Algorithmus? Warum ist er nie objektiv? Wie wehre ich mich, wenn ich von Cybermobbing betroffen bin? Wie organisiere ich mein eigenes digitales Ich? Wie gehe ich verantwortungsvoll mit meinen Daten und den Daten anderer um? – Auf diese Fragen müssen wir in den Klassenzimmern Antworten geben. Diese Themen müssen in die Lehrpläne.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beim individuellen Lernen und der Stärkung der Persönlichkeit sind wir uns in der Bildungspolitik einig. Aber der digitale Wandel bietet uns viele Möglichkeiten, die wir leider nicht nutzen. Heute sind Fakten immer und überall verfügbar. Daher muss man die Frage stellen: Warum pressen wir im Unterricht immer noch eine wahnsinnige Menge an Faktenwissen, das auswendig gelernt werden muss, in die Hirne unserer Kinder? Wieso nützen wir nicht digitale Lernplattformen? Warum nützen wir keine Lern-Apps, die an die Stärken und Schwächen der Schüler angepasst sind?

Jeder lernt etwas anders. Hier gibt es riesige Möglichkeiten.

Man kann auch so fragen: Warum gibt es noch die gleichen Bücher für alle Schüler? – Wir könnten hier deutlich weiter sein, wenn wir die Chancen nutzen würden. Ich weiß, dass das ein Kulturbruch ist. Aber der findet doch in der Gesellschaft schon längst statt. Dem können wir uns nicht verschließen. Dafür brauchen wir motivierte Lehrerinnen und Lehrer.

Jetzt komme ich wieder zum Nachtragshaushalt. Wir wollten für die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte richtig viel Geld in die Hand nehmen, um sie für die Aufgaben der Zukunft fit zu machen, damit sie unseren Kindern den souveränen Umgang mit der digitalen Technik zeigen und lehren können. Sie aber haben es abgelehnt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Digitalisierung gehört aber nicht nur in die Schule, sondern auch auf die Felder unserer Landwirte. Es ist unstrittig, dass das Artensterben eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit ist. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen ist die Insektenmasse bereits um bis zu 80 % zurückgegangen. Das liegt daran, dass zu viel Gift auf die Äcker gespritzt wird. Mit den Insekten verschwinden die Vögel; die Böden und das Wasser leiden ebenfalls darunter. Ich blicke in meine Kindheit zurück: Wir haben oft Urlaub in Bayern gemacht. Wir waren wandern, Rad fahren und Kanu fahren. Damals habe ich eine Artenvielfalt erlebt, die ich heute in Bayern nicht wiederfinde. Der Schmetterling, der Vogel, die Distel am Wegesrand sowie die ein oder andere Blindschleiche waren eine Selbstverständlichkeit. Diese Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten ist auf den Fluren Bayerns heute kaum noch zu finden. Daran muss sich etwas ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man sich die Berichte in den Medien anschaut, dann liest man, dass der Feldhase vom Aussterben bedroht ist. Seit Neuestem ist selbst der Igel vom Aussterben bedroht. Der Igel ist in meiner Kindheit schmatzend durchs Laub im Garten geraschelt. Der Igel im Garten war damals so selbstverständlich wie der Christbaum zu Heiligabend. Der Igel ist heute vom Aussterben bedroht.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Ist das die neue Heimatstrategie?)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der CSU, es ist Zeit, dass sich hier etwas ändert. Unsere Lebensgrundlagen stehen nicht zum Verkauf. Es

geht auch anders. Hier bin ich wieder beim Nachtragshaushalt. Wir, die GRÜNEN, haben ein Konzept auf den Tisch gelegt, wie wir das Problem angehen können. Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll der Gifteinsatz in Bayern halbiert werden. Diesen Weg können wir gehen. Besonders gefährliche Giftstoffe wie Glyphosat müssen sofort vom Markt genommen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich freue mich nicht, dass der Minister Brunner gerade den Raum verlassen hat. Brunner hat bei diesem Thema um eine sachliche Diskussion gebeten. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ihre CSU-AussitzMentalität in diesem Bereich ist eine Politik nach dem Motto "Nach uns die Sintflut".

(Ingrid Heckner (CSU): Ja, ja!)