Im Hinblick auf die Gewinnung und die Förderung von Nachwuchs halte ich es für angebracht, über die Einführung eines weiteren Ehrenzeichens für eine 15-jährige Dienstzeit nachzudenken, wie das in BadenWürttemberg auf Anregung des dortigen Landesfeuerwehrverbandes geschehen ist. Über diese beiden Aspekte sollten wir im Rahmen der weiteren Beratung im federführenden Ausschuss noch vertieft diskutieren.
Der Gesetzentwurf hat noch eine weitere Zielsetzung: Die Abrechnung der Luftrettungseinsätze soll in die für die Landrettung vereinbarte Systematik überführt werden, was zu einer Vereinfachung und zu einer Reduzierung des Aufwands führen soll. Aus unserer Sicht ist dies schlüssig und nachvollziehbar. Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNE begrüßen alles in allem den Vorschlag, ehrenamtliches Engagement mit einem neuen Ehrenzeichen wertzuschätzen, insbesondere in Zeiten, in denen der Respekt gegenüber den Einsatzkräften schwindet, wie die Zahlen zunehmender Übergriffe auf Helferinnen und Helfer traurigerweise belegen. Wir GRÜNEN werden diesem Gesetzentwurf auch in der Zweiten Lesung zustimmen. Wir zeigen mit unserer Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, dass wir hinter unseren Einsatzkräften stehen.
Danke schön, Herr Kollege. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch sehe und höre ich nicht. Dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) (Drs. 17/20425) - Erste Lesung
Den Gesetzentwurf begründet Herr Staatsminister Joachim Herrmann. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.
Sie haben eine umfassende Novellierung des Bayerischen Polizeirechts vor sich. Das erste der drei Ziele dieser Novelle ist die Umsetzung des EU-Datenschutzrechts bei der Polizei. Konkret bedeutet das eine Erweiterung der Benachrichtigungs-, Auskunfts- und Löschpflichten zugunsten von durch Polizeimaßnahmen betroffenen Personen. Der Leitgedanke dabei ist, diese hochkomplexe Materie so zu regeln, dass alle Beamten im täglichen Dienst praxisgerecht arbeiten können.
Das zweite Ziel der Novelle ist es, unsere Regelungen an die verschärften Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anzupassen. Das bedeutet zum Beispiel Richtervorbehalte, etwa für längerfristige Observationen, verdeckte Ermittler und für Vertrauenspersonen. Daneben brauchen wir dezidierte Regelungen für die eingeschränkte Weiterverwendung und Übermittlung personenbezogener Daten aus verdeckten Maßnahmen. Darüber hinaus müssen Daten aus besonders sensiblen Maßnahmen, zum Beispiel aus der Aufzeichnung überwachter Telefongespräche, durch eine unabhängige Stelle vorab darauf gesichtet werden, ob darin der Kernbereich privater Lebensführung betroffen ist. Hierzu soll eine neue Zentralstelle für Datenprüfung beim Polizeiverwaltungsamt geschaffen werden.
Das dritte und gleichfalls wesentliche Ziel der Novelle ist die Weiterentwicklung der präventiv-polizeilichen Eingriffsbefugnisse, unter anderem mit Blick auf die fortschreitende technische Entwicklung und die Notwendigkeit effizienter Terrorabwehr. Lassen Sie mich einige Beispiele aus dem umfangreichen Gesetzespaket vorstellen: Wir wollen das Instrument der DNA-Untersuchung besser für die Gefahrenabwehr nutzen. In bestimmten Fällen ist eine sichere Identifizierung von Gefährdern nicht möglich. In diesen Ausnahmefällen soll die Polizei die Befugnis zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters als Ergänzung zu normalen erkennungsdienstlichen Maßnahmen, zum Beispiel der Abnahme von Fingerabdrücken usw., haben.
Daneben wollen wir eine klare Rechtsgrundlage für die DNA-Untersuchung von Spurenmaterial unbekannter Herkunft. Konkret bedeutet das: Werden in einer Wohnung Materialien für eine Bombe gefunden, ohne dass zunächst erkennbar ist, wer der Gefährder ist, kann der Kreis der potenziellen Gefährder mittels der DNA-Untersuchung eingegrenzt und damit die Identifizierung erleichtert werden. In einem derartigen Fall, aber auch bei vielen anderen polizeilichen Ermittlungsmaßnahmen, besteht außerdem die Gefahr, dass das gewünschte Ergebnis durch so genannte Trugspuren zunichte gemacht wird. Es kommt immer wieder vor, dass versehentlich die DNA eines Tatortermittlers in die Untersuchungen gerät. Aufgrund die
Um diese Gefahr auszuschließen, soll jetzt eine klare Rechtsgrundlage für eine so genannte Trugspurendatei geschaffen werden. Das bedeutet, dass die DNA von Personen, die regelmäßig Umgang mit Spurenmaterial haben, zum Beispiel Personen aus der Rechtsmedizin oder aus dem Landeskriminalamt, mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung in die Datenbank aufgenommen werden kann. So können aufwendige Ermittlungen in die falsche Richtung vermieden werden.
Auch beim Thema Sicherstellung müssen wir mit der Zeit gehen. Zukünftig soll die offene Sicherstellung auch bei nichtkörperlichen Dingen möglich sein. Im Finanzbereich sind das etwa unbare Vermögenswerte, zum Beispiel Forderungen, virtuelle Währungen wie zum Beispiel Bitcoins, aber auch Daten. Diese virtuellen Materialien sollen sichergestellt werden können. Beispielsweise kann eine solche Sicherstellung erforderlich sein, um einen rechtmäßigen Inhaber vor Verlust zu schützen oder um zu verhindern, dass Bitcoins für illegale Käufe genutzt werden. Gerade im Finanzbereich darf es keinen Unterschied machen, ob es sich um inkriminiertes Bargeld oder um Buchgeld handelt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl sich die Kriminalität immer stärker ins Internet verlagert, wollen wir im präventiven Bereich bei Gefahren für bedeutende Rechtsgüter die sogenannte Postsicherstellung ermöglichen. Gerade bei verdeckten Bestellungen von Waffen über das Darknet wird für die Auslieferung häufig der konventionelle Postweg genutzt. Diese Postsendungen müssen natürlich sichergestellt werden, wenn die Polizei darauf aufmerksam wird.
Im Hinblick auf den Grenzschutz wird nun ausdrücklich klargestellt, dass die bayerische Polizei die gleichen Befugnisse wie die Bundespolizei hat, wenn sie im Auftrag oder mit Zustimmung des Bundes grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt. Dies ist im Hinblick auf die Wiedereinführung einer bayerischen Grenzpolizei schon jetzt sehr wichtig.
Auch im technischen Bereich muss die bayerische Polizei fit für die Zukunft sein. Deshalb ist eine klare Regelung für die Anfertigung offener Bild- und Tonaufnahmen mittels Bodycam vorgesehen. Die Bodycams wurden in einem vielversprechenden Pilotversuch getestet und sollen dem Eigenschutz der Polizeibeamten und dem Schutz Dritter dienen. Ich werde die Ergebnisse des Pilotprojekts dem Bayerischen Landtag in absehbarer Zeit vorlegen. Ohne vorgreifen zu wollen, sage ich: Die ersten Ergebnisse deuten klar darauf hin, dass ein potenzieller Täter gegenüber einem
Beamten, wenn er die polizeilichen Aufnahmen wahrnimmt, häufig weniger aggressiv reagiert. Allein die Tatsache, dass ein Polizeibeamter eine Bodycam trägt und die Aussagen und Handlungen eines potenziellen Täters aufnimmt, führt dazu, dass sich mancher Täter eher zurückzieht, statt mit der Faust zuzuschlagen.
Auch bei der sonstigen Videokameratechnik gibt es neue Entwicklungen, etwa bei der automatischen Bilderkennung. Wir wollen daher zukunftssicher und rechtsklar regeln, dass bestimmte Muster automatisch erkannt werden können. Dies könnte zum Beispiel ein allein stehender Koffer am Bahnsteig oder ein bestimmtes verdächtiges Verhalten von Personen sein. Unter strengeren Voraussetzungen wollen wir mittels Echtzeitlichtbildabgleichs die Identität eines eventuellen Gefährders feststellen.
Schließlich wollen wir mit dieser Gesetzesnovelle auch eine klare Regelung für den Einsatz von Drohnen schaffen. Drohnen stellen eine wichtige Ergänzung der Hilfsmittel der Polizei dar, etwa bei der Videoüberwachung, bei der Ortung von Handysignalen oder bei der Vermisstensuche. In solchen und anderen Fällen können Drohnen eine wichtige und ergänzende Hilfe leisten. Drohnen können eingesetzt werden, wenn beispielsweise ein Polizeihubschrauber witterungsbedingt nicht zur Verfügung steht.
Meine Damen und Herren, diese und eine Fülle weiterer Details sind in dieser umfassenden Polizeirechtsnovelle enthalten, die Ihnen vorliegt. Es ist bekanntlich seit jeher Bayerns Markenkern, alles Menschenmögliche für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu tun. Diese Gesetzesnovelle schreibt diesen Erfolgsweg fort. Ich bitte Sie herzlich um Ihre Unterstützung, damit wir diesen Weg weiter erfolgreich gehen können.
Danke schön, Herr Staatsminister. – Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der Kollege Schindler von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf umfasst 110 Seiten. Deswegen wird er gar nicht verteilt. Er ist sehr umfangreich, und Sie sollen offensichtlich nicht mit 110 Seiten eines PAG-Neuordnungsgesetzes belästigt werden. Es ist nicht möglich, innerhalb der sechs Minuten, die mir zur Verfügung stehen, zu diesem Riesengesetzentwurf auch nur einigermaßen umfassend Stellung zu nehmen. Deswegen möchte ich in der Ersten Lesung nur folgende Anmerkungen machen:
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll eine EURichtlinie umgesetzt werden; das ist ausgeführt worden. Zudem soll die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den verfassungsgerichtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung polizeilicher Eingriffsbefugnisse aus dem sogenannten BKA-GesetzUrteil in das Polizeiaufgabengesetz implementiert werden. Das betrifft neben dem, was der Herr Staatsminister schon angesprochen hat, auch Fragen des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung und Fragen des Schutzes von Berufsgeheimnisträgern und Richtervorbehalten usw. So weit, so gut.
Das sind wichtige Neuregelungen. Sie dürfen aber den Blick darauf nicht trüben, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch die polizeilichen Befugnisse in einem Umfang ausgeweitet werden sollen, wie das seit Einführung der Wohnraumüberwachung und der Telekommunikationsüberwachung vor mittlerweile zehn, fünfzehn Jahren nicht mehr der Fall war. Ich rede von der Ausweitung von Befugnissen wie der Anordnung von DNA-Analysen bis hin zu biogeografischen Identifizierungsmustern. Das ist eine Befugnis, die der Staatsanwalt nicht hat, wenn eine Straftat vorliegt. Der Staatsanwalt darf das nicht. Die bayerische Polizei soll es künftig dürfen. Ich rede von der Durchsuchung von Speichermedien bis hin zur Cloud. Ich rede vom Einsatz von Dashcams und Bodycams. Ich rede vom Einsatz von Verhaltens- und Gesichtserkennungssystemen. Ich rede von der Postbeschlagnahme und der Sicherstellung, vom Tracking und vom Betretungs- und Durchsuchungsrecht als Annexkompetenz.
Ich darf daran erinnern, dass die CSU das 2009 zusammen mit der FDP abgeschafft hat. Jetzt wird die Annexkompetenz wieder eingeführt. Die Möglichkeiten hierzu erscheinen in diesen Monaten noch günstig. Ich gehe davon aus, dass Sie diese Gelegenheit in wenigen Monaten nicht mehr haben werden. Also nutzen Sie die Gelegenheit noch schnell, um das wiedereinzuführen, was Sie vor ein paar Jahren auf Druck anderer herausgestrichen haben. Ich rede vom Einsatz verdeckter Ermittler und von V-Leuten im präventiven Bereich. Wir sind nicht dabei, Straftaten aufzuklären. Wir reden lediglich vom präventiven Bereich. Ich freue mich, dass nun eingeräumt wird, dass wir bislang keine Rechtsgrundlage für den Einsatz von V-Leuten im präventiven Bereich hatten. Wir hatten bisher lediglich die Meinung des Landespolizeipräsidenten, dass das schon in Ordnung geht. Eine gesetzliche Regelung gab es bisher nicht. Das soll nun gemacht werden. Wir reden über den Einsatz von unbemannten Luftfahrtsystemen, dem Zugriff auf informationstechnische Systeme und die Ermöglichung des Einsatzes von Handgranaten und sonstigen Ex
Meine Damen und Herren, das alles gilt im präventiven Bereich. Damit soll eine Gefahr bzw. eine drohende Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut abgewehrt werden. Bedeutende Rechtsgüter können nach der Neufassung des Artikels 11 PAG durch das Gesetz zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen auch Eigentumspositionen und Sachen sein. Ich weiß natürlich, dass man gut argumentieren kann, dass die Abwehr von Gefahren wichtiger ist als die Verfolgung begangener Straftaten. Wer das aber zu Ende denkt, der landet notwendigerweise bei einem Präventionsstaat, der die Freiheit seiner Bürger einschränken muss, wenn er verhindern will, dass Straftaten überhaupt entstehen oder begangen werden. Hier stellt sich schon die Frage, ob wir das wollen.
Der vorliegende Gesetzentwurf kann nicht für sich alleine beurteilt werden, sondern muss im Zusammenhang mit dem bereits beschlossenen Gesetz zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen und dem ebenfalls bereits beschlossenen neuen Bayerischen Verfassungsschutzgesetz vom Frühjahr 2016 gesehen werden. Auch mit den genannten Gesetzen sind Befugnisse ausgeweitet und Eingriffsschwellen abgesenkt worden. Begründet wurde und wird das Ganze, so auch dieser Gesetzentwurf, mit der allgegenwärtigen Bedrohungslage durch den islamistischen Terrorismus. Jedoch wird ausgeblendet, dass Bayern Gott sei Dank und dank unserer Polizei das sicherste Bundesland Deutschlands und Deutschland das sicherste Land in Europa und Europa die sicherste Region in der Welt ist. Die Sicherheitslage ist so gut, weil wir eine gute Polizei haben, ohne die Befugnisse, die Sie jetzt neu einführen wollen.
Meine Damen und Herren, übertüncht wird auch, dass die neuen Befugnisse nicht nur der Abwehr von terroristischen Gefahren dienen sollen, sondern generell zur Abwehr von Gefahren bzw. sogar von drohenden Gefahren.
Meines Erachtens kann die sehr umfangreiche und detaillierte Kritik des Herrn Prof. Dr. Petri nicht einfach als "typisch Datenschützer", "typisch Täterschützer" abgetan werden. Das kennen wir ja. Er führt aus, dass die Ausweitung des polizeilichen Befugniskatalogs und die konsequente Herabsenkung der Einschreitschwellen Sorge bereiten. Er stellt die Frage, ob die sogenannte Überwachungsgesamtrechnung noch stimmt. Meine Damen und Herren, wir werden
Zum Schluss möchte ich noch sagen: Das ist kein Gesetz für den polizeilichen Alltag. Das ist ein Gesetz für die 4. Qualifikationsebene. Das ist ein Gesetz für Leitende Polizeidirektoren. Da bekommen wir auch zwölf neue Stellen. Wir bekommen auch zwölf neue Richterstellen. Das ist ein Gesetz für diejenigen ganz oben in der Polizei, die dann, wenn Gefahr in Verzug ist, Befugnisse bekommen sollen, die ein Staatsanwalt und ein Richter nicht haben. Das bitte ich bei der weiteren Diskussion zu bedenken.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Dr. Herrmann von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Schindler! Es wird Sie nicht wundern, aber ich bin im Gegensatz zu Ihnen der Auffassung, dass der Innenminister mit dem umfangreichen Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, den man in der Tat als vorbildlich bezeichnen muss.
Das Polizeiaufgabengesetz ist das Herzstück des Polizeirechts. Es stellt die gesetzliche Grundlage für das Handeln von über 40.000 Polizistinnen und Polizisten in Bayern dar. Es ist gewissermaßen der rechtliche Werkzeugkasten und das rechtliche Handwerkszeug der Polizei, da es regelt, welche Befugnisse die Polizistinnen und Polizisten haben, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Der Gesetzentwurf, der in der Tat sehr umfangreich und kompliziert ist, ist im Detail natürlich Spezialmaterie für Polizisten und andere Experten des Polizeirechts, des Datenschutzrechts und des Verfassungsrechts. Wenn man die Sprache der Juristen in die Praxis übersetzt, dann bedeutet diese Neufassung des PAG, dass sich der Freistaat einer doppelten und gewissermaßen gegensätzlich anmutenden Herausforderung stellt.
Die eine Herausforderung lautet: Welche Befugnisse geben wir unserer Polizei an die Hand – und zwar heute, nicht vor 70 Jahren, nicht vor 20 Jahren, sondern heute und mit Blick auf die nahe Zukunft –, um Kriminalitätsphänomenen so zu begegnen, dass Straftaten, so gut es möglich ist, gar nicht erst begangen werden können, dass Rechtsgüter der Bürgerinnen und Bürger, vor allem Leib und Leben sowie Gesundheit, Eigentum und andere Grund- und
Die andere Hausforderung lautet: Wie sind diese Befugnisse auszugestalten, damit sie unseren hohen Anforderungen an rechtsstaatliches Handeln gerecht werden? Wie wird dabei die Privatsphäre, zu der auch der möglichst weitreichende Schutz der persönlichen Daten der Menschen gehört, gewährleistet? Es geht also um nichts Geringeres als um das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit, das im Rechtsstaat immer wieder aufs Neue austariert werden muss. Sicherheit und Freiheit sind ein ungleiches Geschwisterpaar, aber trotzdem zwei Seiten derselben Medaille. Wir sagen: Freiheit braucht Sicherheit; denn die Sicherheit ist die Voraussetzung für die Freiheit.
Es ist also in der Tat eine Frage der politischen Schwerpunktsetzung und der politischen Grundeinstellung, ob es sich der Staat zum Ziel setzt, alles Menschenmögliche zu tun, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.
Der Gesetzentwurf muss dabei folgende Aspekte berücksichtigen und zu einem praxistauglichen Ausgleich bringen, wobei die richtige Lagebewertung gerade im Sicherheitsbereich ganz wichtig ist: Da sind einerseits die neuen Herausforderungen angesichts neuer Kriminalitätsphänomene. Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche trägt dazu bei, dass viele Kriminelle nur noch digitale Spuren hinterlassen und dass es mit IT-Netzwerken neue Tatmittel, aber auch neue Ziele von Straftaten gibt. Als Stichwort nenne ich nur Kritische Infrastruktur. – Andererseits bedroht auch der internationale Terrorismus zunehmend unsere Sicherheit.
Schließlich gibt es neue Technologien, deren Einsatz für die Abwehr von Straftaten möglich und sinnvoll ist. Diesen Einsatz erwarten die Bürgerinnen und Bürger, weil wir neue technische Möglichkeiten eben nicht nur den Straftätern überlassen dürfen. Dies alles muss in einem zeitgemäßen und wirksamen Polizeiaufgabengesetz berücksichtigt werden; denn wir wollen wirksame Gesetze und keine Gesetzesattrappen.
Gleichzeitig müssen auch die Herausforderungen des Datenschutzes und die Anforderungen unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung berücksichtigt werden. Big Data und das Internet der Dinge bestimmen schon heute unsere Lebenswirklichkeit. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von den staatlichen Stellen zu Recht ein Höchstmaß an Schutz und Rechtsstaatlichkeit.
Unser Anspruch lautet also: Wir wollen alles Menschenmögliche tun, um die Menschen vor Straftaten in der realen und in der digitalen Welt zu schützen,
und dabei gleichzeitig ein Höchstmaß an Rechtsstaatlichkeit gewährleisten. Ich meine, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ist das sehr gut gelungen.
Der Gesetzentwurf berücksichtigt einerseits die EURichtlinie 2016/680, die den Schutz bei der behördlichen Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten stärken soll. Es geht dabei unter anderem um die Einführung umfassenderer Rechte betroffener Personen zur Datenlöschung und Datenberichtigung, zur Auskunft von gespeicherten Daten sowie um umfängliche Hinweis- und Belehrungspflichten.
Der Gesetzentwurf berücksichtigt außerdem – das wurde bereits angesprochen – die Maßgaben der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Stichwort BKAG-Urteil von 2016. Dies bedeutet konkret die Einführung weiterer Richtervorbehalte für längerfristige Observationen, explizite Regelungen und Vorgaben betreffend den Einsatz von Vertrauenspersonen im PAG sowie eine Stärkung des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Zusammenhang mit verdeckter Datenerhebung. Auch in diesem Zusammenhang sind uns Transparenz und Datenschutz sehr wichtig. Es muss aber auch hierbei das richtige Maß gefunden werden. Dies gelingt mit dem Gesetzesentwurf, da der Datenschutz zwar Bürgerschutz sein muss, aber eben nicht zum Täterschutz werden darf.
Mir sind bei diesem Gesetzesentwurf aber besonders die neuen polizeilichen Befugnisse sehr wichtig. Wir setzen mit ihnen die Erfolgsgeschichte der robusten bayerischen Sicherheitsarchitektur konsequent fort. Ich verweise dabei zum Beispiel auf den Begriff der drohenden Gefahr, den wir bereits im letzten Jahr gesetzlich normiert haben; denn der Rechtsstaat darf nicht warten, bis Rechtsgüter der Menschen verletzt wurden, bis schwerste Straftaten – Stichwort Terroranschläge – eingetreten sind, sondern er muss rechtlich dazu in der Lage sein, dies im Vorfeld zu verhindern. Ich verweise auf die zukünftige Möglichkeit eines präventiven DNA-Abgleichs. Ich verweise auf die Regelungen zur Sicherstellung unbarer Vermögenswerte, Stichwort Bitcoins. Ich verweise auf die explizite gesetzliche Regelung für den Einsatz von Bodycams. Schließlich verweise ich auf die konkrete Regelung zum Einsatz von Drohnen.