Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, ich befürchte, Ihr Wunsch nach einer sachlichen und vernünftigen Auseinandersetzung im Hohen Haus in diesem Wahljahr ist schon beim ersten Redebeitrag völlig zunichtegemacht worden. Lieber Herr Aiwanger, das ist Ihnen gelungen.
Ich hatte erwartet und sogar gehofft, dass Sie heute in Ihrem Beitrag konkrete Vorschläge unterbreiten.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das habe ich! Das war konkreter als das, was von Ihnen kommt! Sie haben das Problem nicht erkannt!)
Herr Kollege Aiwanger, ich bitte Sie vorsichtshalber jetzt schon, nicht ständig Zwischenrufe zu machen. Man hat Ihnen bei Ihrem Wortbeitrag auch zugehört.
Deshalb ist es heute auch keine Aktuelle Stunde, sondern eine Lehrstunde, und zwar eine Lehrstunde in Populismus, lieber Herr Aiwanger.
Man merkt bei Ihrem Redebeitrag nämlich sehr deutlich, dass Sie mit großen Stangen im Nebel herumstochern. Sie wirbeln in erster Linie Staub auf und verunsichern die Leute. Sie verursachen mehr Schwierigkeiten, als ohnehin schon vorhanden sind. Sie zündeln und hauen ab, wenn es brennt.
Nahezu in jeder Plenardebatte beschäftigen wir uns mit diesem Thema. Darum fällt mir als Erstes ein: Und täglich grüßt das Murmeltier.
In der Plenardebatte vor Weihnachten hatte ich Ihnen zugerufen, Sie sollten im Zusammenhang mit diesem Thema zu einem normalen Umgang in diesem Hohen Hause zurückkehren, zurück zu einer vernünftigen Diskussion, so wie vor zwei Jahren, als wir zu diesem Thema in großer Einmütigkeit hier diskutiert haben. Da waren Sie noch völlig anderer Ansicht; da haben Sie alles das, was wir einstimmig hier beschlossen
Ich hatte die Hoffnung, dass der Appell, von dieser politischen Flegelhaftigkeit im Umgang miteinander wieder Abstand zu nehmen,
Wirkung gezeigt hätte, sodass wir wieder vernünftig darüber reden können. Sie aber setzen mit dieser Aktuellen Stunde heute Morgen und mit dem Dringlichkeitsantrag zu diesem Thema heute Nachmittag noch eins drauf. Ich finde, da kann man nur noch von einer völligen Infantilisierung der politischen Diskussion sprechen.
"Infantilisierung" im Übrigen deshalb, weil das ungefähr so ist, wie wenn man mit kleinen Kindern eine längere Autofahrt unternimmt und diese alle fünf Minuten fragen: Wann sind wir endlich da?
(Heiterkeit bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Dann muss der Papa aber auch sagen, wo er hinwill!)
Die CSU-Landtagsfraktion hat auf der Winterklausur im Kloster Banz in der letzten Woche erstens beschlossen, die Straßenausbaubeiträge so schnell wie möglich abzuschaffen. Wir haben zweitens beschlossen, dass wir die Einzelheiten der Übergangsregelungen sowie der finanziellen Unterstützung der Kommunen in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden erarbeiten werden.
Aus unserer Sicht ist deshalb völlig klar: Die Eigentümer werden künftig nicht mehr am Ausbau kommunaler Straßen beteiligt. Wir lassen aber auch die Kommunen nicht im Regen stehen.
Das bedeutet zugleich: Parolen wie "Die Strabs muss weg!" – also die Straßenausbaubeitragssatzung – sind das eine. Tragfähige Lösungen, also konkrete
und belastbare Antworten, wie künftig die kommunalen Straßen finanziert werden sollen, sind das andere.
Wem es also wie uns um eine echte, nachhaltige Befriedung bei diesem komplizierten Thema geht und nicht nur um die flotte Schlagzeile, der muss in die Einzelheiten der Lösungen einsteigen. Es ist doch so: Wenn man künftig keine Beitragsfinanzierung im Kommunalstraßenausbau mehr möchte, dann bedeutet das einen Systemwechsel. Das wäre ein Systemwechsel, der sich von der Praxis, die seit den Siebzigerjahren gilt, abkehrt und zu etwas anderem führt.
Es ist aber völlig normal, dass ein Systemwechsel mit einer Phase des Übergangs einhergeht. Diese Übergangsphase wirft eine Reihe von komplizierten Rechtsfragen auf. Die Antwort darauf ist nicht der Hinweis auf die Umverteilung im Bereich der Kfz-Steuer; denn das ist nur die Antwort auf die Frage, woher das Geld kommt, aber nicht auf die Frage, wohin es geht. Das ist der entscheidende Unterschied. Das hätten Sie auch bemerkt, liebe FREIE WÄHLER, wenn Sie das vorher einfach mal mit den Innenpolitikern aus Ihrer Fraktion oder mit Ihren Bürgermeistern draußen vor Ort besprochen hätten.
Diese Bürgermeister fragen übrigens jetzt uns, wie es weitergeht. Dann hätten Sie nämlich bemerkt, dass es nicht damit getan ist, nur zu rufen: "Die Strabs muss weg!", sondern dass man eine tragfähige Lösung für eine ganze Reihe von komplizierten Fragestellungen braucht.
Zweitens. Was geschieht in den Fällen, in denen Maßnahmen geplant, aber noch nicht fertiggestellt sind?
Fünftens. Was passiert eigentlich mit dem Kernstück unserer damaligen Regelung, nämlich mit der Begrenzung der Ersterschließung? Die Frist läuft im Jahr 2021 ab. Das hat natürlich Auswirkungen, wenn die anschließende Beitragsfinanzierung wegfällt.
Das alles sind Fragen, auf die wir Antworten finden müssen. Wenn Sie seriöse Politik machen würden, hätten Sie entsprechende Antworten gebracht.
Das hätten Sie bei Ihren Vorschlägen berücksichtigt. Wenn man bei diesem Thema vernünftig vorgehen will, wenn wir so verfahren wären, wie wir es vereinbart hatten, nämlich mit einer Evaluierung, mit der Herausarbeitung der Problemstellung und nicht mit einem populistischen Schnellschuss mit Blick auf die Landtagswahlen,