Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Festlegung auf neue Stundentafel blockiert "G9neu" (Drs. 17/18708)
Antrag der Abgeordneten Martin Güll, Kathi Petersen, Dr. Simone Strohmayr u. a. (SPD) Gymnasium neu denken I Biologie, Chemie und Geografie stärken (Drs. 17/18643)
Antrag der Abgeordneten Martin Güll, Kathi Petersen, Dr. Simone Strohmayr u. a. (SPD) Gymnasium neu denken II Moderne Pädagogik mit selbstgesteuertem Lernen ermöglichen (Drs. 17/18644)
Antrag der Abgeordneten Martin Güll, Kathi Petersen, Dr. Simone Strohmayr u. a. (SPD) Gymnasium neu denken III Demokratie Lernen stärken (Drs. 17/18645)
Antrag der Abgeordneten Martin Güll, Kathi Petersen, Dr. Simone Strohmayr u. a. (SPD) Gymnasium neu denken IV Digitale Lernformen in allen Jahrgangsstufen verankern (Drs. 17/18646)
Antrag der Abgeordneten Martin Güll, Kathi Petersen, Dr. Simone Strohmayr u. a. (SPD) Gymnasium neu denken V Vernetztes Lernen durch Neuordnung des Lehrplans ermöglichen (Drs. 17/18647)
Antrag der Abgeordneten Martin Güll, Kathi Petersen, Dr. Simone Strohmayr u. a. (SPD) Gymnasium neu denken VI Pädagogische Vorteile des Ganztags für das Gymnasium nutzbar machen (Drs. 17/18648)
Antrag der Abgeordneten Martin Güll, Kathi Petersen, Dr. Simone Strohmayr u. a. (SPD) Gymnasium neu denken VII Berufsvorbereitungsmodule in Mittel- und Oberstufe fest verankern (Drs. 17/18649)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat 48 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Das heißt im vorliegenden Fall: CSU 16 Minuten, SPD 12 Minuten, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jeweils 10 Minuten, die Staatsregierung 16 Minuten. Die fraktionslosen
Abgeordneten können jeweils bis zu 3 Minuten sprechen. – Erster Redner ist Herr Kollege Lederer. Bitte schön.
Wertes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, Sie stimmen mit mir in der Auffassung überein: Das Gymnasium in Bayern ist hoch anerkannt und sehr erfolgreich und eine starke Säule des differenzierten Schulsystems.
Das differenzierte Schulsystem wiederum ist ein Markenzeichen des bayerischen Bildungssystems, weil es sehr gut auf die Neigungen, Fähigkeiten und Talente der Schüler eingeht und diese bestmöglich fördert. Deshalb ist es meines Erachtens wichtig, alle Schularten des differenzierten Schulsystems zu stärken. Aus diesem Grund haben sich die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion für ein Bildungspaket eingesetzt, das sowohl die berufliche Bildung als auch die Themen Inklusion und Förderzentren oder Mobile und Integrierte Lehrerreserve stärkt. Im Rahmen dieses Bildungspakets sollen auch Schulleitungen entlastet werden; darüber hinaus sollen zusätzlich 150 Stellen für Verwaltungsangestellte geschaffen werden. Ein Bereich dieses Bildungspakets ist die Weiterentwicklung des achtjährigen Gymnasiums zu einem neuen neunjährigen bayerischen Gymnasium.
Der heute vorliegende Gesetzentwurf ist Ausfluss eines Teils dieses Bildungspakets. Mit ihm wollen wir ein grundständig neunjähriges Gymnasium mit einer Überholspur etablieren, aber unter Beibehaltung der pädagogischen Errungenschaften des achtjährigen Gymnasiums. Dadurch wollen wir einen Dreiklang generieren, nämlich mehr Qualität, mehr Zeit und mehr Individualisierung.
Erstens. Wir wollen ein Gymnasium aus einem Guss, das gleichzeitig mit dem LehrplanPLUS, der dafür konzeptionell ausgearbeitet wurde, aufwächst. Wir wollen die Fremdsprache in der sechsten Jahrgangsstufe etablieren. Wir wollen die Profile in den Ausbildungsrichtungen in der achten Jahrgangsstufe belassen, und wir wollen den mittleren Schulabschluss nach einer erfolgreichen zehnten Jahrgangsstufe verleihen.
Der zweite Schwerpunkt ist die individuelle Lernzeit. Wir wollen die individuelle Verkürzung der Lernzeit in einer institutionell verankerten Überholspur anbieten. Das ist deutschlandweit einzigartig; hierauf werden die Schülerinnen und Schüler zwei Jahre lang in ent
Drittens. Anstatt ein Schuljahr auszulassen, nämlich die elfte Jahrgangsstufe, können die Schülerinnen und Schüler auch das Thema Internationalisierung vorantreiben und stattdessen zum Beispiel ein Auslandsjahr in Anspruch nehmen, um so der Globalisierung Rechnung zu tragen.
Vierter Schwerpunkt: Wir wollen mit dieser neuen Konzeption unter anderem Vertiefung, zusätzliche Wiederholung, neue Inhalte für einen vertieften Kompetenzerwerb ermöglichen und politische Bildung und Persönlichkeitsbildung wie auch Digitalisierung und Berufs- und Studienorientierung stärken.
Fünfter Schwerpunkt: Durch innovative Konzepte wollen wir eine neue elfte Jahrgangsstufe kreieren, in der die Propädeutik verstärkt vermittelt wird und in der Digitalisierung und politische Bildung Schwerpunkte sind. Zudem soll hier die berufliche Bildung durch die Vorverlegung des P-Seminars neu akzentuiert werden.
Sechstens. Das Ganze soll durch eine neue Stundentafel gestaltet werden; denn in diesem neunjährigen Gymnasium haben wir insgesamt 19,5 Wochenstunden zusätzlichen Pflichtunterricht. Gleichzeitig wollen wir den Nachmittagsunterricht bis zur neunten Jahrgangsstufe im Vergleich zum achtjährigen Gymnasium reduzieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das stellt uns alle natürlich vor Herausforderungen; denn hier müssen Kompromisse geschlossen werden. Wer Kompromisse machen möchte, braucht natürlich Schwerpunkte. Die Schwerpunkte legen wir auf Digitalisierung, Berufsbildung, politische Bildung. Deswegen haben wir als Prämissen festgelegt:
Erstens. Jedes Fach soll mindestens die Stundenausstattung erhalten, die es schon im achtjährigen Gymnasium gehabt hat.
Das Ganze geht natürlich nicht zum Nulltarif. Wir haben vor, die Stellenäquivalente im Gymnasium in einer Größenordnung von 1.000 zusätzlichen Lehrerstellen anzuheben. Wir wollen natürlich auch die Privatschulen unterstützen, um in diesem Bereich tätig werden zu können. Selbstverständlich müssen auch die Kommunen im Rahmen des Konnexitätsprinzips unterstützt werden, insbesondere wenn es darum
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Gesetzentwurf ist das Ergebnis einer intensiven Dialogphase unter Einbindung aller relevanten Akteure, die zu einem aus meiner Sicht sehr guten Konsens geführt hat. Deshalb gilt mein großer Dank allen Verbänden, allen voran der Landeselternvereinigung, dem Philologenverband, dem Direktorenverband und dem Landesschülerrat und den Vertretern unseres Ministeriums, allen voran unserem Kultusminister Ludwig Spaenle.
Wir haben heute auch eine Reihe von Anträgen zu behandeln. Da möchte ich eines vorausschicken: Die Erfolge, die unsere Schülerinnen und Schüler bei internationalen Bildungsstudien oder auch in nationalen Wettbewerben immer wieder erreichen, zeigen, dass die Ausrichtung des bayerischen Schulsystems, des bayerischen Gymnasiums grundsätzlich stimmt. Dennoch sollten wir uns Optimierungsmöglichkeiten nie verschließen. Im Zuge der Weiterentwicklung des Gymnasiums und im Hinblick auf eine neunjährige Lernzeit ist es meines Erachtens jedoch unabdingbar, dass wir hier ein abgestimmtes Gesamtkonzept auf den Weg bringen. Viele der Anträge, die wir heute zu behandeln haben, thematisieren Einzelaspekte, die für sich genommen zwar durchaus wünschenswert sind, die aber in einem sinnvollen Gesamtkonzept kaum realisiert werden können. Ich bin im Bildungsausschuss intensiv auf die einzelnen Themen eingegangen und möchte hier stichpunktartig noch einmal den einen oder anderen Antrag nennen.
Wenn ich mir vor Augen führe, dass in den Anträgen gefordert wird, Fächer wie Chemie, Biologie, Geografie oder auch Sozialkunde zu stärken, ist das ein Anliegen, das ich grundsätzlich unterstütze. Wenn ich aber weiß, dass ich insgesamt 19,5 zusätzliche Wochenstunden habe, weiß ich auch, dass ich hier Kompromisse machen möchte, dass hier Kompromisse unabdingbar sind. Ich möchte auch ins Gedächtnis rufen, dass es gar nicht so lange her ist, dass die Opposition geschlossen einem Gesetzentwurf zugestimmt hat, bei dem insgesamt nur fünf zusätzliche Wochenstunden geplant gewesen wären. Bei diesem Gesetzentwurf hätte man die Prämissen, die ich vorher genannt habe, schon rein rechnerisch nicht erfüllen können, nämlich dass kein Fach schlechtergestellt wird, dass jedes Kernfach verstärkt wird und dass man die Intensivierungsstunden aufrechterhalten möchte. Selbst bei 19,5 Wochenstunden können wir nicht alle Wünsche erfüllen. Ich bitte, dies einfach zu berücksichtigen.
Andere Anträge berühren Themen, die aus meiner Sicht bereits in das Konzept mit eingeflossen sind, Themen wie digitale Lernformen oder Berufsvorbereitungsmodule, die wir ja im neuen bayerischen Gymnasium als Schwerpunkte gesetzt haben und die deswegen unseres Erachtens bereits erfüllt sind.
Dann gibt es Anträge, die Forderungen enthalten, die wir als bildungspolitisch völlig falsch einschätzen. Ich kann keinen Antrag unterstützen, der beabsichtigt, die Stundentafel nicht jetzt festzulegen, sondern damit zu warten. Wenn wir die Stundentafel nicht über kurz oder lang festlegen, können wir auch den Lehrplan nicht entsprechend ausbauen. Die Schulbuchverlage können dazu keine Schulbücher kreieren, und wir hätten einen Start des neuen bayerischen Gymnasiums, der nicht nur holprig wäre, sondern der meines Erachtens auch dem nicht angemessen wäre, was wir unseren Schülerinnen und Schülern bieten möchten. Aus diesem Grund müssen wir derartige Anträge ablehnen.
Ein anderer Antrag würde zum Beispiel Kontingentstundentafeln einführen, das heißt, den einzelnen Schulen Raum geben, um selbst zu bestimmen, ob zwei, drei oder vier Stunden Mathematik unterrichtet werden. Aus meiner Sicht wäre das der völlig falsche Weg; denn was wir am Gymnasium wollen, ist eine vertiefte Allgemeinbildung, die eine entsprechende Breite und eine entsprechende Tiefe aufweist. Deswegen ist eine Stundenverteilung, die von Schule zu Schule unterschiedlich ist, aus meiner Sicht ganz klar kontraproduktiv.
Ein anderes Ansinnen, nämlich pro Schultag 90 Minuten selbstgesteuertes Lernen mit aufzunehmen, ist nicht nur pädagogisch fragwürdig, sondern aus meiner Sicht in der Umsetzung völlig unrealistisch. Pro Schultag zwei Schulstunden wären der Umfang von etwa einem Drittel der Gesamtstundenzahl. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist aus meiner Sicht nicht durchführbar. Vor diesem Hintergrund werden wir uns vonseiten der CSU-Fraktion den Anträgen nicht anschließen können.
Vielen Dank, Kollege Lederer. – Nächste Wortmeldung: Kollege Prof. Piazolo, FREIE WÄHLER. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass es in Bayern wieder ein neunjähriges Gymnasium gibt.
Das war ein wichtiger Schritt, und dieser Schritt wäre ohne die FREIEN WÄHLER nie zustande gekommen.