Herr Magerl, wie schaut es dort mit der Artenvielfalt aus? Wir haben keine belastbaren Zahlen darüber, wie es beispielsweise im Grünlandbereich, in den Bergen oder im Alpenvorland aussieht.
Andere Länder haben doch auch nicht mehr getan. Wir haben parallel dazu immer Forschungen betrieben. Jetzt brauchen wir es noch genauer.
Es hilft nicht, nur einen Weg zu gehen. Herr von Brunn, das diskutieren wir im Landwirtschaftsausschuss auch ständig. Wir gehen zwei Wege. Jeder zweite Bauer in Bayern ist bereit, nicht nur Agrarumweltprogramme in Anspruch zu nehmen, sondern mehr zu tun, als notwendig ist. Das bezieht sich auf den Klima-, den Arten- und den Wasserschutz. Unsere Bauern machen in diesen Bereichen mehr als notwendig. Das muss auch einmal honoriert werden. Es geht darum, nicht nur anzuprangern, sondern Wege aufzuzeigen, wie es besser gemacht werden kann. In diesem Punkt sind wir wieder beieinander.
Herr Kollege Arnold, lassen Sie uns im Ausschuss darüber diskutieren, wie es noch schneller vorangehen kann.
Die Vorredner haben bereits aufgezeigt, dass unsere jungen Landwirte besser ausgebildet sind. Wir haben die verbesserte Ausbildung nicht nur angestoßen, sondern sie wird auch ständig verbessert. Die Landwirte sind gut ausgebildet für einen besseren Umgang mit der Artenvielfalt und für deren Vergrößerung. Dazu setzen wir nicht nur Berater ein, Herr von Brunn. Der Einsatz der Berater ist sehr positiv. Das haben wir erst letzte Woche in der Ausstellung erfahren. Die Gebietsbetreuer arbeiten seit Jahren sehr positiv in den Regionen. Das alles kann nicht einfach zur Seite geschoben werden.
Ich möchte heute festhalten, dass der Fokus nicht auf eine alleinige Schuld der Bauern gerichtet werden darf. Wir haben immer wieder darüber diskutiert, dass es viele Faktoren gibt. Hier müssen die Gärten und Wohnanlagen, die öffentlichen Flächen, die Kommunen, die Straßenränder und die Bahn in den Fokus genommen werden. Alle tragen Verantwortung, nicht allein die Landwirte. Die Gesamtverantwortung muss deutlich gemacht werden.
Herr von Brunn, die privaten Haushalte setzen nur noch Rasenroboter ein. Das muss auch erwähnt werden. Was sagen Sie dazu? – Hier wird nichts für die Artenvielfalt getan. Es wird nichts dafür getan, dass sich zukünftig noch eine Biene in einem Privatgarten aufhält. Auch das müssen Sie erwähnen. Das ist notwendig.
(Florian von Brunn (SPD): Das sind alles christlich-soziale Hausbesitzer! – Horst Arnold (SPD): Das ist doch nicht verhältnismäßig!)
Die Privaten müssen auch etwas leisten, nicht nur die Landwirte. Da immer wieder der Vorwurf kommt, dass wir in der Landwirtschaft nichts tun würden, möchte ich darauf hinweisen, dass wir den Ausbau zum Thema Agrarökologie bereits auf den Weg gebracht haben. Das ist der bayerische Weg. Der baye
Ich spreche jetzt die Frau Kollegin Sengl an: Wieso schaut sich ein Minister für Landwirtschaft und Umwelt aus Schleswig-Holstein die bayerische Landwirtschaft an, wenn wir alles falsch machen und auf dem falschen Weg sind? – Nein, er nimmt sich die Arbeitsweisen Bayerns in vielen Bereichen zum Vorbild. Ich möchte zum Schluss sagen: Wir nehmen die Umwelt und den Naturschutz nicht nur ernst, sondern unsere Landwirte tun bereits sehr, sehr viel. Wir müssen beide Wege beschreiten, nämlich die Ursachen noch genauer benennen und unsere Programme weiter intensivieren. Ich bitte Sie, mit uns gemeinsam auf diesem Weg zu gehen.
Danke schön, Frau Kollegin. – Jetzt hat Herr Staatsminister Brunner das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müsste ich jetzt gar nichts mehr sagen. Frau Sengl, alle Redner der Opposition und der Regierungsfraktion haben Sie heute fachlich in die Schranken gewiesen. Ich kann Ihre heutige Rede auch nicht verstehen. Sie haben in den vergangenen vier Jahren schon bessere Reden gehalten. Zehn Monate vor der Wahl sind Sie vermutlich schon vom Wahlkampffieber angesteckt. Ansonsten kann ich mir die Horrorszenarien, die Sie zu Beginn Ihrer Rede gemalt haben, überhaupt nicht erklären. Sie sprechen davon, wie verheerend sich die Agrarstruktur in Bayern entwickelt hätte. Dabei wird jeder dritte Bauernhof Deutschlands in Bayern bewirtschaftet. Sie sprechen von zunehmend großen Flurstücken. Sie beklagen, dass möglicherweise nicht jede Hecke erhalten bleibt. Sie sprechen von nassen Wiesen. Nehmen Sie doch bitte auch zur Kenntnis, dass bei uns nicht mehr mit Ochsen und Pferden gewirtschaftet wird, sondern mit modernen Maschinen. Dafür benötigt man entsprechend große Flurstücke, um wettbewerbs- und konkurrenzfähig zu bleiben.
Im Übrigen scheinen Sie auch nicht zur Kenntnis genommen zu haben, dass die Flurbereinigung der früheren Jahrzehnte in eine Flurneuordnung übergegangen ist. Dabei sollen nicht nur die Flurstücksgrößen im Blick behalten werden, sondern die naturschutzfachlichen Elemente sollen aufrechterhalten werden. Heckenpflegeprogramme werden aufgelegt und angeboten. Wir unterstützen die Landwirte. Die Vorredner
der CSU-Fraktion haben das KULAP bereits erwähnt. Das brauche ich jetzt nicht zu wiederholen. Wir haben für dieses extensive Programm mehr Geld als jemals zuvor und mehr als in irgendeinem anderen Bundesland ausgegeben. Jeder dritte Hektar Land wird über das KULAP bewirtschaftet. Fast jeder zweite Landwirt in Bayern nutzt dieses Angebot. Sie haben das Tierwohl und die artgerechte Haltung angesprochen. Ich habe im Jahre 2017 extra ein bayerisches Förderprogramm aufgelegt. Damit können auch die kleineren Betriebe mit 20 oder 25 Kühen unterstützt und gefördert werden. Mit dieser Förderung muss nicht zwangsläufig eine Produktionserhöhung verbunden sein.
Bitte seien Sie hier realistischer. Malen Sie keine Szenarien an die Wand, die für Bayern nicht zutreffen. Ich möchte mich jetzt nicht in Vergleichen mit anderen Bundesländern und anderen Strukturen ergehen. Glauben Sie mir: Viele schauen neidvoll auf Bayern. Wir haben es geschafft, auch im Jahre 2017 diese bäuerlichen Strukturen zu erhalten und gleichzeitig ein vernünftiges Einkommen für unsere Landwirte zu ermöglichen. Zudem stellen wir eine flächendeckende Landbewirtschaftung sicher. Ich unterstütze die Argumentation all derer, die darauf hingewiesen haben, dass das Thema Biodiversität, Artenvielfalt, beileibe nicht nur ein Thema für Grundstücksbesitzer und Landbewirtschafter ist. Dazu müssen sich schon alle bekennen.
Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es in unserem Umfeld Veränderungen gegeben hat, im Interesse der Wohlstandssicherung und im Interesse der Schaffung von Infrastrukturen für Neubürger. Natürlich haben wir Straßen gebaut. Natürlich wurde die Landschaft teilweise durchschnitten. Selbstverständlich brauchen wir neue Wohnungen. Selbstverständlich brauchen wir neue Arbeitsplätze. Bayern zählt seit der Wiedervereinigung zwei Millionen mehr Einwohner. Das kann man doch nicht einfach ignorieren. Frau Sengl, ich verstehe daher beim besten Willen nicht, was Sie vorgetragen haben.
Ehrlicherweise muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass sich selbst der Klimawandel manchmal auch negativ auf die Biodiversität auswirkt, sodass invasive Arten zunehmen. Unser bayerisches Biodiversitätsprogramm und der Weg des Schützens und Nutzens sind letzten Endes der Schlüssel zum Erfolg. Gerade über dieses Programm ermöglichen wir, dass wir nicht eine Zweiteilung in unserer Landschaft vornehmen, sondern wir wollen in unseren Wäldern wie auch in der Landwirtschaft nachhaltig wirtschaften. Ich bekenne mich zu einer bodengebundenen, ressourcen
schonenden Landbewirtschaftung. Das ist letzten Endes auch Ausdruck der Ehrfurcht vor der Schöpfung. Das wollen wir auch künftig so handhaben.
Herr von Brunn, wenn Sie Anmerkungen haben, können Sie sich hinterher gerne melden. Das trifft auch für die Frau Sengl zu. – Meine Damen und Herren, Sie wissen haargenau: Vor vier Jahren, als die Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik – GAP – auch national umgesetzt werden musste, haben wir es geschafft, dass wir erstmals nicht mehr stur nach Hektar und Quadratmetern in der ersten Säule finanzieren, auszahlen und ausgleichen, sondern dass dank uns aus Bayern ein Struktureinsatz dazugekommen ist. Genau das ist für mich auch für die Zukunft Wegweiser, dass wir in diesem Sinne auch die neuen Bedingungen in Brüssel und damit auch in Deutschland entsprechend umsetzen.
Wir sind viele Biotopverbünde eingegangen. Die Wildlebensraumberater und der ökologische Landbau sind genannt worden. Ich denke, ich brauche nicht zu wiederholen, was ich in verschiedenen anderen Reden hier im Landtag zum Ausdruck gebracht habe. Wir sind mit der ökologischen Landbauförderung Spitzenreiter in ganz Deutschland.
Ich erinnere auch daran, dass wir über die Forschung sehr wohl neue Akzente setzen. In Oberfranken läuft ein verheißungsvolles Projekt zu der Durchwachsenen Silphie als Energiepflanze, die eine Alternative zum Mais bietet.
Ja, in ganz Bayern laufen verschiedene Forschungsprojekte, Herr Arnold, und ich habe mit dem BUND Naturschutz das eine oder andere Projekt auf den Weg gebracht. Ich erinnere an die Wiesenmeisterschaft und an den Ackerwildkraut-Wettbewerb, bei dem Äcker prämiert werden, die den nötigen Lebensraum für Ackerwildkräuter bieten und damit einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt leisten. Ich nenne die Initiative "Boden:ständig" und die Projekte der "Ländlichen Entwicklung in Bayern"; ich könnte eine ganze Litanei an weiteren Beispielen aufzählen.
Sie sollten dabei allerdings nicht die Nostalgie als Gradmesser nehmen, sondern die Realität. Fahren Sie mit mir durch unser Bayernland, und dann machen wir einen Abstecher in andere Bundesländer; dann können Sie frei entscheiden, wo Sie lieber leben möchten.
Meine Damen und Herren, auf dem Weg, verantwortungsvoll mit Pflanzenschutzmitteln umzugehen, werden wir auch durch die neuen Möglichkeiten des technischen Fortschritts und der Digitalisierung unterstützt. Denken Sie an die Sensortechnik; denken Sie an die Robotik! Möglicherweise können wir die Roboter auch im mechanischen Pflanzenschutz künftig mehr einsetzen. Ich habe zumindest vor, dass wir zum Thema Ökosystemforschung ein entsprechendes Zentrum bei der LfL-Zweigstelle in Ruhstorf einrichten. Wir von der Staatsregierung machen nicht nur unsere Hausaufgaben, meine Damen und Herren; wir stellen die Weichen für die Zukunft, damit wir auch beim Thema Biodiversität und Artenvielfalt erster Sieger in Deutschland sind. Das ist mein Ziel und mein Ehrgeiz.
Abschließend bitte ich noch einmal alle, nicht nur der Landwirtschaft hier Verantwortung zuzuweisen,
sondern insgesamt der Wirtschaft und allen Bürgerinnen und Bürgern. Ich bitte auch um mehr Ehrlichkeit anstelle von purer Scheinheiligkeit in der Diskussion. Viele unserer Mitbürger erwarten, dass unsere Bauern bessere, ökologischere, vielfältigere und auf kleineren Strukturen erzeugte Lebens- und Nahrungsmittel zur Verfügung stellen und dann auch noch billiger sind als die anderen. Das ist nicht fair; das ist ungerecht. Wir müssen auch alle Mitbürgerinnen und Mitbürger in unser Leitbild einbinden. Dann können wir ehrlicher miteinander umgehen. Es soll nicht so sein wie neulich, als ich die Information bekam, dass die katholische Friedhofsverwaltung in Burghausen um eine Ausnahmegenehmigung ersucht, um bei nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen Pflanzenschutzmittel einsetzen zu dürfen, weil diese um das Siebenfache billiger sind als Alternativen. Das ist auch die Realität, meine Damen und Herren, in unserer Welt, und das bitte ich einfach zur Kenntnis zu nehmen.