Protocol of the Session on July 19, 2017

(Inge Aures (SPD): Mit denen hat es keinen Sinn!)

Nein, es hat wirklich keinen Sinn! Es kommt doch keiner auf die Idee, dort die Landtagskriterien der so

zialen Berücksichtigung anzuwenden. Dort wird klar akzeptiert, dass jeder oberbayerische Lehrer in seiner Heimat bleiben kann.

(Tobias Reiß (CSU): Das stand klar in der Peti tion!)

Jetzt kommt ein Lösungsvorschlag.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Die Petition will letztlich nichts anderes erreichen. Die Petition fordert nicht, dass wir den Untermain "sonder behandeln" sollen.

(Petra Guttenberger (CSU): Doch, genau das stand doch drin!)

Sonderbehandlung ist in dem Sinn gemeint, dass wir die Fluktuation durchbrechen müssen.

(Inge Aures (SPD): Das ist ja unerträglich!)

Ich glaube, dass es zu einer Lösung führen würde, wenn man das Rotationsprinzip überdenken würde. Das habe ich bereits im Ausschuss gesagt. Leider gibt es bei der Lehrerzuweisung in Bayern keine Sys tematik. Man sieht den Bedarf und schickt die Lehrer einfach in die Regionen. Man fängt bei den ledigen Lehrkräften an, und wenn deren Anzahl nicht reicht, dann werden auch noch verheiratete Lehrkräfte hin geschickt, Hauptsache, der Bedarf ist gedeckt.

Zum Nachdenken: Was wäre denn, wenn wir uns da rauf einigen könnten, dass Lehrkräfte – ich meine ganz bewusst auch die Verheirateten und eventuell auch die mit Kind – beispielsweise zwei Turnusse lang in Bayern rotieren müssen. Danach kommen sie sicher zurück in ihre Heimat, und nicht erst nach zwölf Jahren. Ich habe das Modell nicht durchgerechnet, weil ich die Mittel dafür nicht habe. Ich möchte ledig lich, dass man diesen Vorschlag prüft. Der Effekt wäre, dass wir die Lehrkräfte mittelfristig wieder in ihre Heimatregionen zurückschicken könnten. Diese brauchen wir gerade in den Schulen, um eine ver nünftige Schulentwicklung und Werteerziehung betrei ben zu können. Aus eigener Erfahrung an meiner ehemaligen Schule in Oberbayern weiß ich, wie schwierig es ist, wenn ich mit Lehrkräften arbeiten muss, die auf Abruf sind.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Diese Lehrkräfte warten nur darauf, wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Mit diesen Lehrkräften kann man keine Schulentwicklung und auch keine Projekte machen. Diese Lehrkräfte sind immer auf dem Sprung. Es kann doch nicht sein, dass uns in Bayern

für die nächsten fünf bis zehn Jahre nichts anderes einfällt als das vorhandene System, zumal wir mo mentan eine Unterversorgung mit Lehrkräften haben, bei der wir es uns nicht leisten können, auch nur eine Lehrkraft aus dem System zu verlieren. Ich möchte keine Lehrkraft nach Hessen abgeben, sondern ich möchte jede Lehrkraft bei uns halten. Ich bin davon überzeugt, dass wir die Leute bei uns halten können, wenn wir ihnen eine Perspektive in Bayern anbieten.

(Beifall bei der SPD)

Nichts anderes soll über diese Petition geschehen. Das haben Sie abgelehnt. Eine ernsthafte Diskussion wird leider nicht geführt.

(Peter Winter (CSU): In der Petition stand aber etwas anderes!)

Ich bedauere das sehr. Klar ist, dass wir, die SPD, der Petition zustimmen werden. Das hat auch schon meine Kollegin Frau Fehlner gesagt. Wir wollen das Problem von Grund auf lösen, und es ist lösbar.

(Beifall bei der SPD – Peter Winter (CSU): Wie bitte?)

Vielen Dank.

– Ich habe doch gerade einen Vorschlag gemacht! Lasst uns das doch einmal durch sprechen.

Einen Moment bitte!

(Unruhe)

Der Kollege Ländner hat sich für eine Zwischenbe merkung gemeldet. Bitte, vielleicht geht es ein biss chen ruhiger.

(Abgeordneter Manfred Ländner (CSU) hat Pro bleme, das Mikrofon einzuschalten. – Florian von Brunn (SPD): Das liegt am bayerischen Schul system! – Volkmar Halbleib (SPD): Das ist die Hitze!)

– Nein, das liegt nicht am bayerischen Schulsystem, sondern an der bevorste henden Sommerpause! Diese bringt manches in der Technik und in anderen Bereichen durcheinander.

Kollege Güll, wir gehen davon aus, dass wir ein Pro blem gemeinsam erkennen und nach Lösungen su chen. Es gibt aber Dinge, die sich einfach schwierig gestalten. Der Kollege Reiß hat die Probleme sehr sachlich aufgezeigt. Der Kollege Reiß – Oberpfalz! – hat nicht die Probleme, die wir am Untermain haben. Eine Lehrkraft wandert einfach nicht nach Tschechien

ab. Wir können aber unseren jungen Frauen und Männern mit abgeschlossenem Studium nicht verbie ten, in andere Regionen zu gehen. Das wollt ihr nicht. Aber ihr wollt ein Rotationsprinzip einführen. Das wollt ihr. Viele, die in ihrer Heimatregion eingesetzt werden könnten, würden dadurch in andere Regionen ge schickt. In einem bayerischen Rotationssystem muss jede Lehrkraft für eine gewisse Zeit weg von der Hei mat. Das kann ja auch nicht funktionieren.

Man kann sich auch alles schönreden. Es gibt nicht nur ein Problem am Untermain, sondern auch in Un terfranken. Die Lehrkräfte gehen nach Unterfranken und sind glücklich, in der Heimat zu sein. Werden sie jedoch an den Untermain versetzt, dann ist die erste Amtshandlung, dass sie einen Versetzungsantrag stellen, und zwar vom Untermain weg. Sie wollen sich nach Würzburg, nach Schweinfurt oder in die Rhön versetzen lassen. Wie wollen Sie dieses Problem lösen? Muss man dann in Unterfranken bleiben, wenn man erst einmal in Unterfranken ist? – Das kommt nämlich noch hinzu. Die Lehrkräfte wollen nämlich nicht an den Untermain. Herr Kollege Fahn, ich würde mich jetzt fragen, wieso diese Lehrkräfte nicht an den Untermain wollen. An dir liegt es wahrscheinlich nicht. Das nehme ich jetzt einmal an. Ich bitte Sie, zu be denken, dass bei jungen Menschen, die einen Beruf suchen, irgendwann das Umfeld passen muss. Den ken Sie bitte Ihre Vorschläge zu Ende. Wir können nicht jungen Menschen auf Dauer sagen, wo sie hin müssen, um die Probleme am Untermain zu lösen. Wir können jungen Menschen nicht verbieten, irgend wo anders hinzugehen. Das wäre nämlich nicht im Sinne einer freiheitlichen Gesellschaft.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Güll, ich gebe Ihnen die Zeit dazu. Gut? – Bitte schön.

Lieber Herr Kollege Ländner, ver bieten möchte ich niemandem etwas. Ich suche nach einer Lösung für das Versorgungsproblem, das in den nächsten zehn Jahren noch gravierender werden wird. Herr Kollege Ländner, wenn Sie aus der Region Würzburg nach Miltenberg versetzt werden, würden Sie wahrscheinlich, wenn Ihr Haus in Würzburg steht, auch zurück wollen. Da spielt es keine Rolle, dass beide Orte in Unterfranken liegen. Die Heimat ist dort, wo man aufwächst. Sind wir uns da einig? – Das ist doch klar.

Für die jungen Lehrkräfte und für die jungen Polizisten gilt gleichermaßen, dass sie am effektivsten in ihrer Heimat wirken, weil sie dort verwurzelt sind und sich dort auskennen. Dort können sie den Kindern etwas mitgeben. Das muss doch unser gemeinsames Ziel

sein. Ich frage Sie, was ist gescheiter: Sollen wir eine Kohorte von jungen Lehrern zwölf Jahre lang oder noch länger in die Diaspora nach Oberbayern schi cken? Diese Leute hätten dann keine Chance zurück zukommen, ein Haus zu bauen oder eine Familie zu gründen. Oder diese Leute müssen eine Familie grün den und Kinder kriegen, damit sie zurückkommen können. Ist es da nicht besser, ein kalkulierbares, überschaubares und klar definiertes Rotationsprinzip einzuführen? Dieses Thema ist noch nicht einmal durchgedacht, aber Sie sagen bereits das "Aber", bevor das "Wenn" zu Ende gedacht worden ist.

Wir könnten mit diesem Modell jedem in die Karten spielen. Das müssen wir auch tun, da wir jetzt eine Situation haben, die nicht mehr mit der Situation vor zehn bis fünfzehn Jahren vergleichbar ist. Als ich Junglehrer war, sind die Oberbayern nach Franken geschickt worden. Damals hat die Rotation noch funk tioniert. Jetzt funktioniert sie nicht mehr. Deshalb brauchen wir ein neues Verfahren. Das sehen wir am Beispiel Untermain sehr deutlich, da wir die Leute an die Länder Hessen, RheinlandPfalz und BadenWürt temberg verlieren. Diese Leute sind weg, wenn sie in Mainhausen eine Lehrerstelle mit Verbeamtung be kommen. Das möchte ich nicht; denn wir brauchen jeden Grundschullehrer.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH LERN)

Lassen Sie uns doch darüber nachdenken, wie wir dieses Problem lösen können. Sie sagen schon vor her, dass unser Vorschlag nicht funktioniere. Ich sage: Sie wollen das Problem nicht lösen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Jetzt er teile ich Herrn Kollegen Gehring für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Spezialist für den Un termain möchte ich etwas zu diesem Thema sagen. Ich bin davon überzeugt, dass gerade die Menschen im Norden und im Süden Bayerns häufig einen ge meinsamen Blick und die gleichen Probleme haben; denn dort sind die Situationen sehr ähnlich. Wir reden heute über die Unterrichtssituation am Untermain und damit über die allgemeine Lehrerversorgung und dann über die besondere am Untermain. Bei der all gemeinen Lehrerversorgung haben wir in diesen Ge bieten Zyklen. Momentan werden alle Grundschulleh rerinnen und Grundschullehrer eingestellt. Vor ein paar Jahren sind viele Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer nicht eingestellt worden. Momentan

bekommen 90 % der Absolventen für das Gymnasial lehramt keine Planstelle. Diese Zyklen bei der Lehrer einstellung sind ein Problem. Außerdem haben wir noch das Problem, die Lehrkräfte regional zu vertei len.

Am Untermain gibt es viele kleine Schulen. Dieses Jahr ist die Lehrerzuteilung an diese Schulen besser gelungen. Das hat damit zu tun, dass es inzwischen einen demografischen Faktor gibt, wonach kleine Schulen eine Sonderzuweisung bekommen. Ich darf daran erinnern, dass sich die GRÜNEN jahrelang dafür eingesetzt haben. Mein Kollege Adi Sprinkart hat damals diese Anträge gestellt. Dann hat es Jahre gedauert, bis der demografische Faktor eingeführt wurde. Danach musste abgewartet werden, bis der demografische Faktor wirkt. Offensichtlich beginnt er jetzt zu wirken. Das ist ein Erfolg unserer Politik.

Das Problem des Untermains besteht darin, dass er sich aus zentralbayerischer oder oberbayerischer Sicht an der Peripherie des Freistaats Bayern befin det, sozusagen am Schwanz des bayerischen Löwen. Mit der Peripherie ist es im Süden und im Norden Bayerns das Gleiche. Das gilt für den Untermain ge nauso wie für den Landkreis Lindau. Diese Gebiete befinden sich nicht in der Peripherie, sondern im Zen trum hoch attraktiver Regionen. Die jungen Menschen haben die Möglichkeit, in andere Bundesländer zu gehen. Genau das passiert am Untermain. Junge Lehrkräfte sagen: Bevor ich nach Oberbayern muss, weil ich in Unterfranken keine Stelle bekomme, gehe ich lieber nach Hessen oder nach BadenWürttem berg.

Ein Grund, warum die jungen Leute gehen, sind die früheren Einstellungstermine in den anderen Bundes ländern. In Bayern müssen die Leute warten und wer den zwei Tage vor Schulbeginn irgendwo hinverwie sen, wo sie zunächst einmal keine Wohnung haben. In anderen Bundesländern bekommen sie ihre Stelle schneller. Deshalb müssen wir uns das Thema "früh ere Einstellungstermine" näher betrachten und prüfen, warum andere Bundesländer etwas können, was wir nicht können. In BadenWürttemberg kommt hinzu, dass es dort neben den früheren Einstellungsterminen eine schulscharfe Einstellung gibt. Die Schulen kön nen die jungen Leute bereits im Januar einstellen und ihnen eine Stelle garantieren. Erst in einer zweiten Tranche wird versucht, eine landesweite Verteilung zu erreichen. Ich könnte mir für den Untermain einen ent sprechenden Modellversuch vorstellen, um zu prüfen, ob dadurch eine bessere Versorgung mit Lehrkräften erreicht werden kann. Das wäre ein Vorschlag, dem wir nähertreten sollten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Petition wurde von Eltern eingereicht, die natürlich auf die Barrikaden gehen.

(Manfred Ländner (CSU): Die wurde vom Fahn gemacht!)

Ich glaube nicht, dass die Unterschriften alle von Herrn Dr. Fahn sind. Ich glaube nicht, dass er ein so guter Graphologe ist. Diese Unterschriften stammen von den Eltern. Die Eltern erleben die Probleme mit der Unterrichtsversorgung in Unterfranken seit Jah ren. Dort wechseln die Lehrkräfte. Die Lehrkräfte gehen nach der dritten Klasse weg, sodass die Schü lerinnen und Schüler wieder neue Lehrkräfte bekom men. Wir müssen deshalb zusehen, dass wir mehr Stabilität in die Lehrerversorgung bekommen.

Ich finde es richtig, dass wir hier über Lösungsvor schläge diskutieren. Natürlich gibt es keine einfachen Lösungen. Eine Petition wird meistens einfach formu liert. Unsere Aufgabe ist es, auf komplexe Probleme gute Antworten zu finden. Deshalb finde ich es gut, dass diese Petition eingereicht worden ist. Sie regt uns zum Nachdenken, zum Debattieren und zum Ar beiten an. Das ist gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN)